9. Persönliche Transformation – Drei Geschichten

In diesem Kapitel lernen Sie ein paar Menschen kennen, die die Energie ihres Bewusstseins auf diese jenseits der sinnlichen Wahrnehmung liegende immaterielle Welt richteten und wiederholt eine neue Möglichkeit für sich annahmen, bis sie sich in ihrem Leben manifestierte.

Lauries Geschichte

Als Laurie 19 war, wurde bei ihr eine seltene degenerative Knochenerkrankung diagnostiziert, die sogenannte Polyostotische Fibröse Dysplasie, bei der der Körper normale Knochen durch ein minderwertiges, fibröses Gewebe ersetzt und das stützende Proteingerüst des Skeletts unnatürlich dünn und unregelmäßig wird. Durch den atypischen Wachstumsprozess, der mit dem Syndrom assoziiert ist, schwellen die Knochen an, werden schwächer und brechen schließlich. Fibröse Dysplasie kann überall am Skelett auftreten. Bei Laurie waren der rechte Oberschenkel, die rechte Hüftpfanne, das rechte Schienbein und einige Knochen im rechten Fuß betroffen. Laut ihren Ärzten konnte die Krankheit nicht geheilt werden.

Fibröse Dysplasie ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die meist erst in der Pubertät ausbricht. Laurie humpelte ein Jahr lang aufgrund einer (nicht erkannten) Oberschenkelfraktur mit Schmerzen auf dem College-Campus herum, bis die Krankheit schließlich diagnostiziert wurde. Der Knochenbruch war ein Schock für sie, denn sie hatte kein Trauma erlitten. Einer ihrer Füße war länger als der andere, aber das war bislang alles, was an Laurie nicht so ganz normal schien. In ihrer Jugend war sie relativ aktiv gewesen, hatte gejoggt, getanzt und Tennis gespielt. Als sie zu humpeln anfing, hatte sie sogar gerade ein Training als Wettkampf-Bodybuilderin angefangen.

Nach der Diagnose veränderte sich Lauries Leben auf einen Schlag. Ihr orthopädischer Chirurg warnte, sie sei zerbrechlich und extrem leicht verletzbar. Er bestand darauf, dass sie nur mit Krücken lief, bis er für sie einen OP-Termin hatte: zunächst ein Knochentransplantat, dann ein »Russell-Taylor-Femurnagel« entlang des Femurschaftes. Als sie davon erfuhren, weinten Laurie und ihre Mutter eine Stunde lang in der Krankenhaus-Cafeteria. Es war wie ein Albtraum. Lauries bisheriges, vertrautes Leben schien plötzlich vorbei zu sein.

Lauries Wahrnehmung ihrer Einschränkungen – sowohl der realen als auch der eingebildeten – dominierten immer stärker ihr Leben. Um weitere Knochenbrüche zu vermeiden, folgte sie den Anweisungen des Chirurgen und lief mit Krücken. Sie musste ihr kurz zuvor bei einem großen Produzenten in Manhattan angefangenes Marketing-Praktikum aufgeben und verbrachte ihre Tage stattdessen mit Arztterminen. Ihr Vater bestand darauf, so viele Orthopäden wie möglich zu konsultieren, und so fuhr die weinende Mutter mit Laurie wochenlang von einer Arztpraxis zur nächsten.

Bei jedem neuen Arzt wartete Laurie geduldig auf eine neue ärztliche Meinung, aber immer wieder erhielt sie dieselben schlechten Nachrichten. Innerhalb weniger Monate gaben zehn Chirurgen ihre Meinung zu ihrer Erkrankung ab.

Der letzte Arzt, den sie aufsuchte, hatte eine andere Meinung: Wie er Laurie sagte, würde die von den anderen Chirurgen empfohlene Operation ihr kein bisschen helfen, weil das Einsetzen des Nagels den erkrankten Knochen nur an der schwächsten Stelle stärken und sogar weitere Brüche an der nächsten anfälligen Stelle bewirken würde. Sein Rat an Laurie lautete: Vergiss die Operation, lauf weiter an Krücken und sitz im Rollstuhl – oder verbringe den Rest deines Lebens im Sitzen.

Von nun an bewegte sich Laurie kaum mehr, aus Angst vor einem Knochenbruch. Sie fühlte sich machtlos, klein und zerbrechlich, war voller Angst und Selbstmitleid. Einen Monat später kehrte sie aufs College zurück, hockte aber meistens in einem Apartment herum, das sie sich mit fünf anderen Frauen teilte. Sie begann sich in eine ernste und immer schlimmer werdende klinische Depression zu hüllen.

Angst vor dem Vater

Solange Laurie denken konnte, neigte ihr Vater zu Gewalttätigkeit. Sogar als seine Kinder schon erwachsen waren, mussten sich alle Familienmitglieder vor dem Zorn dieses Mannes hüten, der schnell und unerwartet mit den Fäusten reagierte. Alle waren ständig in Alarmbereitschaft und fragten sich, wann der nächste Temperamentsausbruch bevorstünde. Obwohl es Laurie damals nicht klar war, hatte das Verhalten ihres Vaters sehr viel mit ihrer Erkrankung zu tun.

Neugeborene befinden sich die meiste Zeit im Deltawellen-Zustand. In den ersten zwölf Lebensjahren wechseln Kinder nach und nach in einen Theta- und dann weiter in einen Alpha-Zustand, bis sie schließlich im Beta-Zustand landen, in dem sie den größten Teil ihres Erwachsenenlebens verbringen. Wie wir schon gehört haben, sind Theta und Alpha Gehirnwellenzustände mit hoher Suggestibilität. Kleine Kinder haben noch keinen analytischen Geist, um ihre Erfahrungen zu verarbeiten oder einen Sinn darin zu sehen. Alle von ihnen absorbierten Informationen werden deshalb direkt im Unterbewusstsein einprogrammiert. Wenn sie eine emotionale Veränderung spüren, achten sie wegen ihrer erhöhten Suggestibilität sehr auf die Person oder die Situation, die die Erfahrung verursacht hat. So bilden sie assoziative Erinnerungen, in denen die Person oder die Ursache der Erfahrung mit den wahrgenommenen Emotionen verknüpft sind. Handelt es sich um ein Elternteil, zu dem das Kind eine persönliche Bindung hat, hält es die mit dieser Person verbundenen Emotionen mit der Zeit für normal. So werden frühkindliche Erfahrungen zu unterbewussten Seinszuständen.

Als ihre Krankheit diagnostiziert wurde, waren die emotional aufgeladenen Ereignisse ihrer Kindheit über ihren bewussten Geist hinaus ihrem impliziten Gedächtnis als biologische Programmierung eingeprägt. Ihre Reaktionen auf die Wut ihres Vaters – ein Gefühl der Schwäche und der Ohnmacht und die tägliche Erfahrung von Stress und Angst – wurden zu einem Teil ihres autonomen Nervensystems. Ihr Körper erinnerte chemisch diese Emotionen, und dieses Umfeld gab den diese Krankheit hervorrufenden Genen das Signal, sich einzuschalten. Es war eine autonome Reaktion, deshalb konnte sie daran nichts verändern, solange sie in ihrem emotionalen Körper gefangen saß. Sie konnte analysierend feststellen, dass ihr Zustand zu den Emotionen der Vergangenheit passte, obwohl die benötigten Antworten außerhalb dieser Emotionen zu finden waren.

Nach der Diagnose einer Fibrösen Dysplasie verkündete ihre Mutter der ganzen Familie auf der Stelle, Laurie sei offiziell von der modernen Medizin als »zerbrechlich« eingestuft worden – und damit war sie vor der körperlichen Gewalttätigkeit ihres Vaters sicher. Sie war zwar weiterhin – bis zu seinem Tod 15 Jahre später – seinem emotionalen und verbalen Missbrauch ausgesetzt, aber ironischerweise schützte ihre Krankheit sie vor weiteren körperlichen Misshandlungen.

Die Identität wird in der Krankheit zementiert

Dieses perverse, von Laurie erzeugte Sicherheitsgefühl wurde für sie zum Überlebensvehikel. Jetzt benötigte sie Sonderbehandlungen. Ob sie nun im voll besetzten Bus oder der U-Bahn einen Sitzplatz bekam, ihre Freunde für sie in der Schlange warteten, während sie sich auf die Bank setzen konnte, oder sie in einem vollen Restaurant schnell einen Platz bekam – wie Laurie feststellte, arbeitete ihre Krankheit für sie. Sie verließ sich stark auf ihr Leiden, um zu erreichen, was sie wollte. Jetzt kam sie besser in einer Welt zurecht, die für sie vorher nie sicher gewesen war. Dieser emotionale Nutzen war für sie sehr bequem und praktisch. Laurie erhielt viel mehr, als sie wirklich brauchte, um Stress aus dem Körper zu nehmen und Verletzungen zu vermeiden. Es dauerte nicht lange, und ihre Krankheit wurde zu ihrer Identität.

Dann entwickelte Laurie eine rebellische Haltung gegen das Leben, welches ihr, wie sie meinte, von ihren Ärzten, ihren Eltern und dem Schicksal aufgezwungen worden war. Ein Semester nach ihrer Diagnose leugnete sie ihre Krankheit, beschloss, die erste »verkrüppelte« Bodybuilderin zu werden, und widmete sich erneut voller Hingabe diesem Sport. Mit blinder Obsession erzwang sie auf dramatische Weise eine positive Einstellung allein mit ihrem bewussten Geist und fand kreative Möglichkeiten, Gewichte zu heben, durch die ihre Glieder nicht verdreht wurden.

Sie dachte, der Versuch, sich durch ihre Schmerzen zu kämpfen, würde sie gesünder machen – doch in Wahrheit gingen ihre Bemühungen nach hinten los, denn meistens fühlte sie sich sehr schlecht, und die Schmerzen verschlimmerten sich. Und wie das bei Polyostotischer Fibröser Dysplasie manchmal der Fall ist, entwickelte Laurie zusätzlich eine Skoliose und litt tagtäglich unter schlimmen Rückenschmerzen. Nach einer Weile kam noch Arthritis in der Wirbelsäule und an anderen Stellen hinzu.

Nach dem College-Abschluss musste sich Laurie zwischen einem neuen Haus und einem neuen Job einrichten. Sie verbrachte ihr Dasein hauptsächlich im Sitzen und fühlte sich vom Leben ausgeschlossen. Ihre Furcht, Angst und Depressionen plagten sie weiterhin. Sie war neidisch auf ihre Kollegen, verlorene Freundschaften und Liebesbeziehungen, denn sie lebte eher wie ihre schon älteren Eltern als wie eine junge Erwachsene.

Mit Ende zwanzig lief Laurie nur noch mit einem Stock, wenn sie sich gerade einmal nicht mit einem der zwölf schweren Knochenbrüche herumschlug, die sie schließlich ertragen musste. Und als ob es damit nicht genug wäre, kam es auch noch zu gefährlichen Mikrofrakturen. Ihre Knochen waren so schwach, dass unter den mikroskopisch kleinen Rissen größere Stressbrüche auftraten, welche bei den geschwächten Knochen zu noch schwereren Verletzungen führten.

Mit dreißig hatte Laurie mehr Rückenprobleme als ihr 72-jähriger Vater. Sie alterte praktisch vor ihrer Zeit. Tagelang verharrte sie im Bett und blieb so viele Wochen der Arbeit fern, dass sie schließlich ihren Job aufgeben musste. Ihre Fortbildung unterbrach sie, weil die Schule, an der sie angenommen worden war, keinen funktionierenden Aufzug besaß. Sie musste auf Partys, Museumsausflüge, Einkaufsbummel, Reisen, Konzerte und alle andere Aktivitäten verzichten, bei denen sie lange stehen oder laufen musste. Sie saß in der Denk- und Gefühlsschleife fest, von der ich schon gesprochen habe: Sie dachte innerlich, sie sei eingeschränkt und fragil, und ihr Körper manifestierte diese Beschränkungen und Zerbrechlichkeit im Außen. Je verletzlicher und schwächer sie sich fühlte, desto verletzlicher und schwächer wurde sie – und machte die Erfahrung weiterer Frakturen, die ihre Überzeugung, sie sei gebrechlich, stärkten, sie in ihrer Identität bestätigten und ihren Seinszustand zementierten.

Sie änderte ihre Ernährung und nahm zusätzlich zu ihren knochenstärkenden Medikamenten alle möglichen Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel ein, aber nichts konnte die Brüche aufhalten. Schon beim Treppensteigen oder Heruntergehen vom Bordstein konnte es zu Knochenbrüchen kommen. Sie wartete sozusagen ständig auf den nächsten Albtraum.

Ironischerweise sah Laurie vollkommen gesund aus, wenn sie nicht gerade an Krücken ging oder herumhumpelte. Die meisten Leute nahmen an, ihr Stock wäre so etwas wie ein exzentrisches Accessoire, und viele konnten nicht so recht an Lauries Invalidität glauben. Das frustrierte sie manchmal, weil sie die oft benötigte Sonderbehandlung dann nur mit Schwierigkeiten bekam. Der Versuch, die anderen von ihrer Krankheit zu überzeugen, verfestigte ihre Identität als kranker Mensch noch mehr, fokussierte ihre Absicht darauf, ihre Behinderung zu beweisen, und verankerte ihren Glauben an ihren Behindertenstatus. Alle Welt arbeitete anscheinend hart daran, ihre Schwächen und Verletzlichkeiten zu verstecken, doch Laurie redete ständig über die ihren.

Sie steckte viel Energie in den Versuch, ihr Umfeld weitestgehend zu kontrollieren, achtete genau darauf, was sie aß und trank, und maß alles ab, was sie zu sich nahm. Jeder Spaziergang im Viertel wurde genau berechnet. Sie kalkulierte sogar, welche Mengen sie aus dem Supermarkt nach Hause tragen konnte, nämlich zehn Pfund – exakt das, was sie mehr wiegen durfte, bevor es mit ihren Knochen noch schlimmer wurde.

Das war anstrengend, aber Laurie wusste nicht, was sie sonst tun konnte. Um Brüche zu vermeiden, schränkte sie ihre physischen Aktivitäten und damit ihre Optionen immer mehr ein. Durch den immer begrenzteren Lebensstil wurde auch ihr Geist immer engstirniger. Ihre Ängste nahmen zu, ihre Depressionen wurden schlimmer. Sie wollte wieder arbeiten, verlor aber immer wieder ihren Job.

Diese Frau, die früher Läuferin, Tänzerin und Bodybuilderin gewesen war, konnte inzwischen nur noch Yoga machen, um sich fit zu halten. Mit Ende dreißig war sogar Hatha-Yoga zu viel für sie. Seit Jahren bestand ihr einziges Training nur noch darin, im Stuhl sitzend kraftvolle Atemübungen zu machen (mit Anfang vierzig erlaubte ihr ihr Arzt schließlich, Bahnen zu schwimmen).

Sie unternahm durchaus Versuche, sich mit Hilfe von Therapeuten, Ärzten, Energieheilern, Klangheilern und Homöopathen zu heilen – aber sie suchte die Lösung immer im Außen. Manchmal fühlte sie sich nach einer energetischen Heilsitzung besser und ging schnurstracks zum Orthopäden, um sich röntgen zu lassen. Doch wenn sie dann erfuhr, dass sich nichts geändert hatte, folgte die große Ernüchterung. Sie dachte, besser würde es wohl nie werden. Jeden Morgen wachte sie voller Furcht in der Überzeugung auf, sie würde mit dem, was die Welt für sie parat hatte, nicht fertig werden.

Laurie lernt, was möglich ist

Ich lernte Laurie 2009 kennen, nachdem sie den Film »What the Bleep Do We Know!?« gesehen hatte. Sie war von dem Konzept, Menschen könnten sich ein völlig neues Leben erschaffen, überaus fasziniert. Ich traf sie zufällig während des Abendessens vor einem Workshop in einem Retreat-Zentrum in New York. Wir sprachen über meine Kurse zum Thema »Persönlicher Wandel«, woraufhin sie sich umgehend für den nächsten Kurs im kommenden August anmeldete.

Als Laurie schließlich zu ihrer ersten Veranstaltung kam, erfuhr sie, dass es absolut möglich war, sein Gehirn, seine Gedanken, seinen Körper, seine emotionale Befindlichkeit und seine Genexpression zu verändern. Im Workshop sprach ich über körperliche Veränderungen, doch Lauries Überzeugungen über ihre Krankheit und ihren Körper hielten sich hartnäckig, und ihre Emotionen steckten in der Vergangenheit fest. Sie hatte überhaupt nicht die Absicht, ihren Körper zu heilen – vor allem, weil sie gar nicht wirklich an eine solche Möglichkeit glaubte. Sie war einfach gekommen, um sich innerlich besser zu fühlen.

Laurie praktizierte die von mir gelehrten Prinzipien umgehend, so gut es ihr möglich war, obwohl sie dachte, sie hätte nicht die Wahl und die Entscheidungsmöglichkeit, sich besser zu fühlen: Als Erstes hörte sie nach diesem ersten Wochenendseminar auf, anderen Leuten von ihrer Diagnose zu erzählen. Sie dachte, sie könnte zwar ihre Emotionen nicht steuern, aber zumindest hätte sie die Kontrolle darüber, was sie laut aussprach. Sie gab ihre Erkrankung also einfach nicht mehr zu, außer sie musste auf einer Party um einen Stuhl bitten oder ihrem Freund erklären, warum sie mit ihm nicht spazieren gehen konnte. Laurie beschloss, sich auf das zu fokussieren, was ihre Zukunft sein würde: ein glückliches inneres Selbst, eine tiefe Verbindung zu einer unbekannten göttlichen Quelle, ein toller Job, in dem sie supergut war, einen Lebensgefährten und enge und gesunde Beziehungen zu Freunden und Verwandten.

Dann konzentrierte sich Laurie darauf, ein paar einfache Verhaltensweisen zu verändern. Sie beobachtete ihre Gedanken und das, was sie sagte, und erinnerte sich immer wieder daran, ihre alten, sich wiederholenden, destruktiven Muster zu durchbrechen. Sie meditierte und besuchte weiterhin meine Kurse. Um dem, was sie tat, Bedeutung und Sinn zu verleihen, las sie ihre Aufzeichnungen aus den Kursen gewissenhaft immer wieder und hielt zu möglichst vielen anderen Kursteilnehmern Kontakt. Mit der Zeit fühlte sich Laurie besser, größer, fähiger und stärker, zwar nur einen Bruchteil des Tages, aber es machte sich bemerkbar. Wann immer ihr Geist in die Vergangenheit abschweifte, sagte sie zu sich: »Verändere dich!« – etwa zwanzig Mal am Tag. Hundert Mal am Tag schlichen sich negative Gedanken ein, doch Schritt für Schritt kreierte Laurie ein paar neue Gedanken, schrieb sie auf und versuchte, daran einen tiefen Glauben zu entwickeln.

Laurie arbeitete wirklich hart, doch es dauerte fast zwei Jahre, bis sie diese neuen Gedanken wirklich fühlen konnte. Anstatt sich in dieser Zeit des Wartens frustrieren zu lassen, erinnerte sich Laurie immer wieder daran, dass es schließlich ziemlich lange gedauert hatte, die Krankheit aus ihrer emotionalen Befindlichkeit heraus zu kreieren; somit brauchte es wohl auch Zeit, ihre Kreation rückgängig zu machen. Und sie musste ja schließlich erst den biologischen, neurologischen, chemischen und genetischen Tod des alten Ichs durchleben, bevor das neue Ich zutage treten konnte.

Ihre äußeren Umstände verschlechterten sich, bevor sich eine Besserung einstellte. Durch eine Überschwemmung wurde ihre Wohnung verwüstet, andere Faktoren in ihrem Apartmenthaus führten zu neuen gesundheitlichen Problemen. Wie Laurie mir erzählte, hatte sie jedes Mal, wenn sie sich zum Meditieren hinsetzte und ihr ideales Leben »probte«, das Gefühl, sie würde sich anlügen – das Öffnen der Augen und die Rückkehr in ihr aktuelles Leben nach dem Meditieren waren wie ein Schlag ins Gesicht für sie. Ich ermutigte sie, die Realität nicht mehr durch ihre Sinne zu definieren und weiterhin den Fluss des Wandels zu durchqueren.

Also humpelte Laurie weiterhin zu den Workshops, manchmal mürrisch, manchmal dankbar, und machte mit der Arbeit weiter. Außerdem brachte sie so viele vor Ort ansässige Mitstudenten wie möglich dazu, gemeinsam zu meditieren.

In Lauries Leben gab es so gut wie keine wirklich angenehmen Situationen, also dachte sie: »Verdammt …! Dann kann ich genauso gut jeden Tag ein oder zwei Stunden die Augen zumachen und in einer Realität verbringen, die anders ausschaut, in der ich keine körperlichen Schmerzen habe, sondern ein sicheres und ruhiges Zuhause und eine erfüllende, liebevolle Beziehung mit meiner Umwelt, meiner Familie und meinen Freunden.«

Anfang 2012 erlebte Laurie während eines meiner »Progressive«-Workshops, wie sich ihre Meditation vertiefte. Sie war buchstäblich und im übertragenen Sinn bis ins Innerste erschüttert. Physisch spürte sie zunächst eine Störung und dann ein Loslassen. Ihr Körper zitterte, ihr Gesicht war verzerrt, sie fuchtelte mit den Armen herum im Versuch, weiterhin fest auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Auf der emotionalen Ebene erlebte sie eine unerklärliche Freude. Sie weinte, lachte und gab für sie unerklärliche Geräusche von sich. All die Angst und Kontrolle, mit der sie sich früher zusammengehalten hatte, löste sich schließlich.

Zum ersten Mal spürte sie eine göttliche Präsenz und wusste, sie war nicht mehr allein.

Laurie erzählte mir: »Ich spürte etwas, jemanden, eine göttliche Präsenz, und anders als ich früher geglaubt hatte, nahm dieses Bewusstsein mich wahr und war um mein Wohlergehen besorgt, ja es hatte auf mich geachtet. Diese Erkenntnis war für mich eine erschütternde Veränderung« Die ganze Energie, die sie in die Kontrolle ihrer physischen Bewegungen im Besonderen und ihres Lebens im Allgemeinen gesteckt hatte, entspannte und löste sich und wurde freigesetzt.

Bei der nächsten Veranstaltung lief Laurie ohne Krücken und ohne Humpeln. Sie war glücklich, lächelte und lachte, anstatt gereizt zu sein, die Stirn zu runzeln und vor Schmerz zusammenzuzucken. Sie verwandelte Angst in Mut, Frust in Geduld, Schmerzen in Freude und Schwäche in Stärke. Sie begann sich zu verändern – innerlich wie äußerlich. Ihr Körper war nicht mehr süchtig nach den einschränkenden Emotionen und lebte nicht mehr so sehr in der Vergangenheit. Laurie machte einen Schritt in eine neue Zukunft. Im Vorfrühling 2012 erfuhr Laurie bei einer ihrer regelmäßigen Untersuchungen von ihrem Orthopäden, dass ein Oberschenkelbruch, den sie seit ihrem 19. Lebensjahr hatte (und der in allen der bislang etwa hundert Röntgenaufnahmen zu sehen gewesen war), zu zwei Dritteln verschwunden war. Der Arzt hatte dafür keine Erklärung, schlug ihr aber vor, zweimal wöchentlich im Fitness-Studio auf einem Fahrrad zu trainieren. Das war Musik in Lauries Ohren, und sie fing gleich damit an.

Erfolge und Rückschläge

Jetzt zahlten sich Lauries Arbeit und Bemühen, den Fluss des Wandels zu durchqueren, aus. Endlich bekam sie Feedback, das ihr sagte, dass sie auch körperliche Fortschritte verzeichnete. Jeden Tag ging Laurie über ihren Körper, ihr Umfeld und die Zeit hinaus. Damit wuchs sie auch über die Persönlichkeit hinaus, die mit ihrer gegenwärtigen und vergangenen äußeren Wirklichkeit verbunden war. Sie ließ ihren emotional süchtigen und von Gewohnheiten abhängigen Körper mit seiner vorhersehbaren, von vergangenen Erfahrungen abgeleiteten Zukunft hinter sich. Ihr ganzes Bemühen darum, ihren analytischen Geist zu überwinden, ihre Gehirnwellen in einen empfänglicheren Zustand zu versetzen, im gegenwärtigen Moment zu leben und in das durch die Vergangenheit beeinflusste Programmierungssystem zu gelangen, führte schließlich dazu, dass sie sich veränderte.

Laurie glaubte wirklich daran, dass ihr Geist ihren Körper allein durch Gedanken heilte. Der alte Bruch, der mit ihrem alten Ich zusammenhing, verheilte, weil sie im wahrsten Sinn des Wortes jemand anderes wurde. Sie aktivierte und vernetzte nicht mehr die Schaltkreise im Gehirn, die mit ihrer alten Persönlichkeit zu tun hatten, denn sie dachte und handelte nicht mehr so wie früher. Sie durchlebte nicht mehr ständig ihre Vergangenheit und ihre alten Emotionen und konditionierte ihren Körper dadurch auch nicht mehr auf dieselbe alte Geisteshaltung. Sie gab die Erinnerungen und Prägungen ihres alten Ichs auf und prägte stattdessen die Erinnerung an ein neues Ich – aktivierte also neue Gedanken und Handlungen in ihrem Gehirn, indem sie ihren Geist veränderte und ihrem Körper emotional beibrachte, wie sich ihr zukünftiges Ich fühlen würde. Sie wurde zu jemand anderem.

In der täglichen Meditation sandte Laurie neue Signale aus und aktivierte neue Gene, indem sie ihren Seinszustand veränderte. Diese Gene produzierten neue Proteine, die die Proteine heilten, welche für die Brüche infolge ihrer Krankheit verantwortlich waren. Aufbauend auf dem, was sie in den Workshops lernte, folgerte sie, ihre Knochenzellen müssten von ihrem Geist die richtigen Signale geschickt bekommen, damit die Gene der Fibrösen Dysplasie abgeschaltet und die Gene für die Produktion neuen normalen Knochenmaterials eingeschaltet würden.

Laurie erklärte: »Wie ich wusste, hatten sich diese ganzen Brüche aus der ungesunden Proteinexpression meiner Knochenzellen manifestiert, weil ich mein Leben lang mit den Überlebensemotionen der Angst, Opferrolle und Schmerzen gelebt hatte und mich schwach fühlte. Aber ich hatte genug Kraft gehabt, aufperfekte Weise körperliche Schwäche zu manifestieren. Ich hatte meine Gene darauf programmiert, eingeschaltet zu bleiben, weil ich diese Emotionen unterbewusst im Körper verinnerlicht hatte. Und mein Körper, als mein Geist, lebte ständig in der Vergangenheit. Ich dachte mir also, wenn Knochen aus Kollagen bestehen – was ja ein Protein ist – und ich meine Knochenzellen dazu bringen wollte, gesundes Kollagen herzustellen, müsste ich Zugang zu meinem autonomen Nervensystem gewinnen, meinen analytischen Verstand hinter mir lassen, in den unterbewussten Geist eindringen, meinen Körper immer wieder mit neuen Informationen programmieren und ihm tagtäglich neue Befehle zukommen lassen. Als ich die gute Nachricht hörte, hatte ich das Gefühl, den Fluss des Wandels halbwegs durchquert zu haben.«

Laurie meditierte auch weiterhin und ging zu meinen Workshops. Sie litt immer wieder unter körperlichen Schmerzen, aber lange nicht mehr so häufig, schwer und lange.

Sie veränderte so viel wie möglich, ging in ein anderes Fitnessstudio, einfach um in einer anderen Umgebung zu sein; wann immer sie daran dachte, stellte sie ihr Deo rechts ab statt links, verschränkte den linken über den rechten Arm und nicht, wie man es eher von Natur aus tun würde, den rechten über den linken. Sie setzte sich in ihrer Wohnung auf einen anderen Stuhl und schlief auf der anderen Seite des Betts (obwohl sie deshalb beim Zubettgehen und Aufstehen um das Bett herum zur anderen Seite des Zimmers gehen musste). Sie erzählte: »Es mag lächerlich klingen, aber ich wollte meinem Körper einfach so viele neue und andere Signale wie möglich schicken. Ein Umzug in ein großen Haus in den Hamptons war unrealistisch, also mussten es diese Kleinigkeiten tun.«

Laurie verteilte auch überall in ihrer Umgebung Merkzettel, um sich daran zu erinnern, bewusst zu bleiben und sich Gedanken und Gefühle über ihre Zukunft zu machen. Sie schrieb »Ich bin dankbar«, »Erhebe dich!« und »Liebe!« auf Malerkrepp und klebte die Vermerke an mehrere Türen. Auf ihre Merktafel klebte sie einen Zettel mit den Worten »Deine Gedanken sind unglaublich mächtig Wähle sie weise!«. Solche aufmunternden Sprüche und Affirmationen waren für sie nichts Neues, aber früher konnte sie nicht daran glauben, denn sie wusste nicht, wie sie ihre Überzeugungen verändern konnte.

Ende Januar hatte sie einen neuen Termin bei ihrem Orthopäden, und zum ersten Mal in 28 Jahren sagte er ihr, sie habe keine Brüche mehr – keinen einzigen. Ihre Knochen waren ganz und unversehrt. Sie schrieb mir: »Ich finde keine Worte für die Freude, die ich empfand. Ich fühlte mich voller Kraft und Hochgefühl. Ich weiß, ich habe den Fluss des Wandels mehr als nur halb durchquert.«

Ihre Knochenzellen waren nun darauf programmiert, neues, gesundes Protein zu produzieren. Ihr autonomes Nervensystem stellte das physische, chemische und emotionale Gleichgewicht ihres Körpers wieder her und kümmerte sich um ihre Heilung durch eine höhere Intelligenz, und sie wusste, sie konnte ihr jetzt mehr vertrauen und sich einlassen. Ihr Körper reagierte auf einen neuen Geist.

Im Monat nach ihrem Termin beim Orthopäden flog Laurie nach Arizona auf einen unserer »Advanced«-Workshops. Eine Stunde nach ihrer Ankunft erhielt sie einen Anruf von der Sprechstundenhilfe, die ihr mitteilte, die Ergebnisse ihrer Blut- und Urintests hätten ergeben, dass ihre Krankheit nach wie vor aktiv sei. Das erste Mal seit Jahren riet ihr der Arzt, die intravenöse Bisphosphonat-Therapie wieder aufzunehmen.

Laurie war untröstlich. Aufgrund der Röntgenbilder hatte sie den Eindruck gehabt, sie sei wieder ganz gesund, doch die Labortests sagten etwas anderes. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie die Perspektive verloren und war überzeugt, versagt zu haben.

Als sie mir die Neuigkeit mitteilte, versicherte ich ihr, ihr Körper lebe nach wie vor in der Vergangenheit und brauche noch ein bisschen Zeit, um mit dem Geist aufzuholen. Ich schlug ihr vor, mit der Arbeit noch ein paar Monate weiterzumachen und sich dann erneut testen zu lassen.

Auch andere Workshop-Teilnehmer, die ihre Gesundheit verbessert hatten, sprachen ihr Mut zu, und so kehrte Laurie nach Hause zurück und praktizierte ernsthaft weiter, spürte beim Meditieren noch lebendiger und intensiver, welches Leben sie haben könnte. Sie stellte sich nicht mehr vor, dass ihre Knochen wieder heil seien, sondern dass sie ganz allgemein ganz und heil sei – vital, strahlend, widerstandsfähig, jugendlich, energiegeladen und gesund. Mental probte und akzeptierte sie alles, was sie sich wünschte, unter anderem einen funktions- und lauffähigen Körper. Die alte Dame, die sie zwischen 19 und 47 gewesen war, sollte der Vergangenheit angehören.

Neuer Geist, neuer Körper

Im Laufe der nächsten paar Monate fühlte sich Laurie einfach glücklicher, empfand mehr Freude, Freiheit und Gesundheit. Sie dachte mit mehr Klarheit über ihre Zukunft nach. Körperliche Schmerzen traten kaum mehr auf, und sie brauchte keine Gehhilfe mehr.

Im Mai 2013 fühlte sie sich wegen ihres Termins für erneute Laboruntersuchungen beklommen und verschob ihn auf Juni. Dann sprach sie über ihre Zweifel und Ängste mit einer erfahrenen Workshop-Teilnehmerin. Diese riet Laurie, sich zu überlegen, was an dem Krankenhausbesuch und dem Test gut sei. Da erkannte Laurie, wie viele positive, lebensspendende emotionale Ressourcen ihr zur Verfügung standen. Sie zählte eine lange Liste auf: wie sauber das Krankenhaus und wie hilfsbereit das Personal immer sei und wie einfach es sei, dahin zu gehen und sich ihrer Obhut zu überlassen. Das war genau der veränderte Fokus, den sie brauchte.

An dem Tag, als sie ihren Termin hatte, dankte Laurie auf dem Weg zum Krankenhaus für den Sonnenschein, für den reibungslosen Verkehr, für ihr Auto, für ihr Bein, mit dem sie das Auto fahren konnte, für ihr perfektes Sehvermögen, für den Parkplatz, den sie gleich fand, und so weiter. Später beschrieb sie mir das folgendermaßen: »Ich ging hinein, nannte meinen Namen, schloss die Augen und meditierte im Wartezimmer, bis ich drankam. Ich pinkelte in einen Becher, übergab der Krankenschwester die Tüte, ging hinaus und bedankte mich für den einfachen Akt des Gehens. Und ich ließ das Ergebnis los – komplett. Mir ging es tief drinnen gut – egal, ob die Tests positiv oder negativ ausfielen –, und so konnte ich das alles völlig vergessen, denn ich erwartete nichts. Ich war glücklich und schon fast zwanghaft dankbar. Ich hörte auf mit dem Analysieren und vertraute einfach.«

Sie erinnerte sich daran, was ich gesagt hatte: Sobald sie anfing zu analysieren, wie oder wann ihre Heilung stattfinden würde, kehrte sie zu ihrem alten Ich zurück, denn das neue Ich würde nie so unsicher denken. Laurie sagte weiter: »Und so war ich ohne einen bestimmten Grund einfach dankbar im gegenwärtigen Moment, vor der tatsächlichen Erfahrung. Ich wartete nicht auf die Ergebnisse, um glücklich oder dankbar zu sein. Ich befand mich im Zustand authentischer Dankbarkeit und Liebe zum Leben, als ob es bereits geschehen wäre. Ich brauchte nichts mehr von außen, um glücklich zu sein. Ich war bereits ganz und glücklich. Denn etwas in mir hatte mehr Ganzheit, war vollständiger.«

Im Außen gab es so gut wie nichts wirklich Großartiges, an dem Erfolg, Zufriedenheit und Sicherheit hätten gemessen werden können: kein Einkommen, kein Haus, keinen Partner, kein Geschäft, kein Kind, nicht einmal ehrenamtliche Tätigkeiten, auf die sie immer besonders stolz gewesen war. Doch Laurie hatte die Liebe ihrer Freunde und jener Familienangehörigen, mit denen sie sich verbunden fühlte. Und sie hatte eine neue Liebe zu sich selbst entdeckt. Wie ihr klar wurde, hatte sie vorher nie Eigenliebe empfunden, nur Eigeninteresse – eine Unterscheidung, die sie, wie sie mir später erzählte, in ihrer früheren Kleingeistigkeit nie hätte verstehen können. Sie fühlte sich mit sich und ihrem Leben ganz zufrieden. Oder wie sie sagte: »Zum ersten Mal, seit ich mich auf diese Reise gemacht hatte, waren mir die Testergebnisse einfach egal. Ich war mit mir selbst glücklich.«

Zwei Wochen voller Freude vergingen, und die Laborergebnisse waren da. Die Sprechstundenhilfe teilte Laurie mit: »Ihre Tests sind vollkommen normal und sind von anomalen, erhöhten 68 Punkten vor fünf Monaten auf 40 Punkte zurückgegangen.«

Laurie hatte den Fluss durchquert und war am Ufer eines neuen Lebens angekommen. In ihrem Körper war die von ihr durchlebte Vergangenheit nicht mehr nachweisbar. Sie war frei – neu geboren.

Später erzählte mir Laurie: »Auf der Stelle wurde mir klar, dass meine Identität als ›Patientin‹ und ›Person mit einer Krankheit‹ stärker geworden war als alle anderen Rollen, die ich je in meinem Leben gespielt hatte. Ich tat so, als ob ich diese Person wäre, aber die ganze Zeit wusste ich, dass dem nicht so war. Meine gesamte Aufmerksamkeit und Energie wurden davon aufgebraucht, eine Patientin zu sein, anstatt eine Frau, eine Freundin, eine Tochter, eine Angestellte oder einfach eine glückliche, ganze Person. Wie ich inzwischen weiß, stand mir einfach keine Energie mehr zur Verfügung, jemand anders zu sein, bis ich die Aufmerksamkeit von meiner alten Persönlichkeit und meinem alten Ich abzogund sie und meine Energie auf ein neues Ich richtete. Ich bin so dankbar, dass ich jetzt nicht mehr diese Persönlichkeit, sondern ich selbst bin!«

Laurie spürt inzwischen kein Bedauern oder stärkere Abneigungen mehr und hat auch nicht das Gefühl, durch ihre Vergangenheit etwas verloren zu haben. Sie sagt: »Ich möchte wegen meiner Vergangenheit keine Urteile fällen oder einen Groll hegen oder mich im Stich gelassen fühlen, denn dadurch würde dieses Gefühl der Ganzheit verschwinden. Es ist, als ob meine vergangene Erkrankung eigentlich ein Segen gewesen wäre, denn ich überwand meine eigenen Beschränkungen und liebe nun die Person, die ich bin. Ich bin mit mir im Frieden. Ich habe mich auf biologischer und zellulärer Ebene wahrhaftig gewandelt, bin ein Beweis für die Botschaft, dass der Geist den Körper heilen kann. Und niemand ist darüber mehr erstaunt als ich.«

Candaces Geschichte

Candaces gerade einmal einjährige Beziehung lief einfach nicht gut. Nach den ersten paar Monaten verwickelten sie und ihr Partner sich in immer wieder neue Vorwürfe und Schuldzuweisungen und waren voller Misstrauen. Beide waren eifersüchtig und verunsichert; ihre Kommunikation war, gelinde gesagt, frustrierend. Beide steckten voller Erwartungen, die der bzw. die andere einfach nicht erfüllen konnte. Candace schrie herum und hatte unkontrollierbare Wutanfälle, die sie bislang noch nie so an sich erlebt hatte. Danach fühlte sie sich noch minderwertiger und als Opfer und war noch mehr verunsichert.

Dieses Verhalten war ihr neu; sie war früher nicht wütend, frustriert oder aufgebracht gewesen, und in den 28 Jahren ihres Lebens hatte sie bislang nie solche Wutanfälle gehabt.

Von der starken Energie der Überlebensemotionen überrollt, agierte Candace wie eine Süchtige, die diesen emotionalen Gefühlsrausch brauchte und glaubte, etwas da draußen würde zu diesen Gefühlen, Gedanken und Reaktionen führen. Sie konnte in ihrem Denken und Handeln nicht über ihre Gefühle hinauswachsen. Sie war die Gefangene dieser Emotionen und erzeugte immer wieder von Neuem dieselben Gedanken, dieselben Wahlmöglichkeiten, dieselben Verhaltensweisen und dieselben Erfahrungen.

In Wirklichkeit benutzte Candace ihren Partner und ihr äußeres Umfeld dazu, das, was sie für ihr Selbst hielt, immer wieder zu bestätigen. Ihr Bedürfnis nach Gefühlen der Wut, des Frusts, der Unsicherheit, der Minderwertigkeit und Angst und des Opferseins war mit dieser Beziehung assoziiert.

Obwohl das ihrem höchsten Ideal nicht dienlich war, hatte sie doch zu viel Angst vor Veränderungen, als dass sie die Situation hätte überwinden können. Sie war so sehr an diese Emotionen gebunden, weil sie ihre Identität bestätigten; lieber wollte sie ständig diese vertrauten, voller Gift steckenden Gefühle spüren, als sie aufzugeben und den Schritt weg vom Bekannten und Vertrauten hin zum Unbekannten zu tun.

Candace glaubte, sie sei ihre Emotionen, und in der Folge erinnerte und verinnerlichte sie eine Persönlichkeit auf Basis ihrer von ihr erschaffenen Vergangenheit.

Etwa drei Monate, nachdem es mit der Beziehung wirklich bergab ging, konnte Candaces Körper den Stress dieser starken Emotionen nicht mehr ertragen. Die Haare fielen ihr büschelweise aus, und sie verlor innerhalb weniger Wochen fast ein Drittel ihres Kopfhaars.

Sie litt unter schweren Migräneanfällen, chronischer Erschöpfung, Magen-Darm-Problemen, Konzentrationsschwäche, Schlaflosigkeit, Gewichtszunahme, ständigen Schmerzen und unzähligen anderen schwächenden Symptomen, die sie heimlich, still und leise zerstörten.

Candace, eine junge Frau mit Intuition, spürte, dass dieses Kranksein mit ihren emotionalen Problemen zusammenhing. Sobald sie bloß an ihre Beziehung dachte, geriet ihr Körper physiologisch ins Ungleichgewicht und stellte sich auf den nächsten Kampf ein. Candace aktivierte nur durch ihre Gedanken Stresshormone und ihr autonomes Nervensystem. Gedanken an den Partner, Gespräche mit Familienmitgliedern oder Freunden voller Beschwerden über die Beziehung konditionierten ihren Körper auf den Geist dieser Emotionen – die ultimative Geist-Körper-Verbindung. Und weil sie die Stressreaktion nicht abschalten konnte, regulierte sie ihre Gene herunter. Ihre Gedanken machten sie buchstäblich krank.

Nach sechsmonatiger Beziehung litt Candace immer noch unter all diesen Funktionsstörungen und einem Höchstmaß an Stress. Obwohl sie sich inzwischen sicher war, dass die körperlichen Symptome ein Warnsignal waren, entschied sie sich unterbewusst nach wie vor für dieselbe Realität, die zu ihrem Normalzustand geworden war. Sie überflutete ihren Körper mit negativen Überlebensemotionen und gab damit den falschen Genen die falschen Signale.

Candace hatte das Gefühl, sie würde langsam von innen nach außen absterben. Sie wusste, sie musste die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnen, hatte aber keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte.

Sie hatte nicht den Mut, die Beziehung aufzugeben, also machte sie damit über ein Jahr lang weiter und lebte die ganze Zeit in einem Sumpf der Abneigung und Wut. Ob diese Emotionen nun berechtigt waren oder nicht – Candace sah zu, wie ihr Körper den Preis bezahlte.

Candace bezahlt den Preis

Im November 2010 ging Candace schließlich zum Arzt, der bei ihr Hashimoto bzw. Chronische Lymphozytische Thyreoiditis diagnostizierte, eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift. Sie ist gekennzeichnet durch Schilddrüsenunterfunktion mit gelegentlicher Schilddrüsenüberfunktion. Zu den Symptomen zählen Gewichtszunahme, Depressionen, Wahnvorstellungen, Hitze- und Kälteempfindlichkeit, Taubheitsgefühle, chronische Erschöpfung, Panikattacken, abnormale Herzfrequenz, hoher Cholesterinspiegel, niedriger Blutzuckerspiegel, Verstopfung, Migräne, Muskelschwäche, steife Gelenke, Krämpfe, Gedächtnisschwäche, Sehstörungen, Unfruchtbarkeit und Haarausfall – viele dieser Symptome traten auch bei Candace auf.

Diese Erkrankung, erklärte ihr der Endokrinologe, sei genetisch bedingt, und man könne nichts dagegen tun. Candace würde den Rest ihres Lebens unter Hashimoto leiden und müsse auf unbestimmte Zeit Schilddrüsenmedikamente einnehmen, denn ihre Antikörperwerte würden sich nicht mehr verändern. Wie Candace später herausfand, gab es in ihrer Familie keinen Fall von Hashimoto, doch die Würfel waren anscheinend gefallen.

Für Candace war diese Diagnose ein unerwartetes Geschenk der Bewusstheit. Sie hatte ganz klar einen Weckruf gebraucht, und die Diagnose fungierte als dieser Weckruf. Der körperliche Zusammenbruch brachte sie dazu, über ihre Vergangenheit nachzudenken und zu erkennen, wer sie wirklich war. Ihr dämmerte, dass sie ganz allein dafür verantwortlich war. Sie allein hatte eine Autoimmunerkrankung erzeugt, die sie langsam, aber sicher physisch, emotional und mental kaputtmachte. Sie lebte ein Leben im dauernden Ausnahmezustand. Die ganze Energie ihres Körpers wurde gebraucht, sie in ihrem äußeren Umfeld zu schützen. Für ihr inneres Umfeld war keine Kraft mehr übrig. Ihr Immunsystem hatte sich selbst nicht mehr im Griff.

Trotz der quälenden Angst vor Veränderungen und dem Unvertrauten entschied sich Candace fünf Monate später, die Beziehung zu beenden, die, so war ihr klar, ungesund und für sie nicht gut war. Sie fragte sich: »Was habe ich davon? Weiterhin nicht mehr funktionieren zu können und mich selbst immer tiefer in die Dunkelheit zu treiben? Oder stattdessen die Freiheit und Möglichkeiten zu wählen? Das ist meine Chance auf ein neues und anderes Leben.«

Candaces Unglück war der Anfang ihrer persönlichen Weiterentwicklung, Selbstbetrachtung und Entfaltung. Sie stand sozusagen am Rand der Klippe und wollte ins Unbekannte springen. Ihre Entscheidung, tatsächlich zu springen und sich zu verändern, wurde zu einer leidenschaftlichen Erfahrung. Von dem starken Wunsch getrieben, den lieblosen Umgang mit sich selbst aufzugeben und ihren biologischen Code umzuschreiben, sprang sie in unendliche Möglichkeiten und Potenziale hinein.

Dies war ein Wendepunkt in Candaces Leben. Sie hatte meine beiden früheren Bücher gelesen und an einem meiner Anfänger-Workshops teilgenommen und wusste: Wenn sie ihre Diagnose und die damit verbundenen Emotionen der Furcht, Sorge, Angst und Traurigkeit annähme, würde sie durch Autosuggestion nur Gedanken glauben, die diesen Gefühlen entsprächen.

Sie konnte versuchen, positiv zu denken, doch ihr Körper fühlte sich schlecht, und das würde reale Konsequenzen nach sich ziehen. Eine solche Entscheidung wäre das falsche Placebo, die falsche Befindlichkeit.

Also beschloss Candace, ihre Krankheit nicht zu akzeptieren. Höflich lehnte sie die Diagnose des Arztes ab und rief sich in Erinnerung, dass der Geist, der Krankheit erzeugt, auch Gesundheit schaffen kann. Sie musste ihre Überzeugungen über die Krankheit, die ihr von den Ärzten diagnostiziert worden war, verändern. Candace entschied sich, für die Ratschläge ihres Arztes und seine Meinungen nicht empfänglich zu sein, weil sie weder ängstlich noch traurig, noch ein Opfer war.

Sie war optimistisch und enthusiastisch, und diese Emotionen führten zu neuen Gedanken und der Perspektive einer neuer Möglichkeit. Sie akzeptierte weder die Diagnose noch die Prognose, noch die Behandlungsmöglichkeiten. Sie glaubte nicht einfach, das Ergebnis mit der höchsten zukünftigen Wahrscheinlichkeit sei ihr Schicksal, und sie ließ sich nicht dauerhaft auf die Diagnose bzw. den Behandlungsplan ein. Sie konditionierte ihren Körper nicht auf das zukünftige Worst-Case-Szenario, sie erwartete nicht das vorhersehbare Ergebnis, mit dem alle anderen rechneten, und sie maß der Erkrankung auch nicht dieselbe Bedeutung bei wie alle anderen davon Betroffenen. Sie hatte eine andere Einstellung, und damit befand sie sich auch in einem anderen Seinszustand.

Candace hat viel zu tun

Candace akzeptierte die Krankheit zwar nicht, aber es lag dennoch viel Arbeit vor ihr. Wenn sie das, was sie über ihre Erkrankung glaubte, verändern wollte, musste sie eine Entscheidung treffen, die eine stärkere Energie hatte als die fest vernetzten Programme in ihrem Gehirn und die emotionalen Süchte ihres Körpers, damit ihr Körper auf einen neuen Geist reagieren konnte. Nur dann konnte sie ihre Energie so verändern, dass sie ihre unterbewussten Programmierungen umschreiben und ihre neurologische und genetische Vergangenheit auslöschen konnte – und genau so kam es auch.

All das hatte sie vorher schon von mir gehört. Candace hatte das intellektuelle Wissen, aber sie hatte noch nie persönliche Erfahrungen damit gesammelt. Auf ihrem ersten Workshop nach der Diagnose sah sie erschöpft aus und schlief auf ihrem Stuhl immer wieder ein. Ich wusste, sie war am Kämpfen.

Als sie zum nächsten Mal auf einen Workshop kam, nahm sie seit knapp einem Monat Schilddrüsenmedikamente, um ihren aus dem Tritt geratenen Hormonspiegel zu regulieren, und war wacher und interessierter. Candace fühlte sich von den Geschichten, die ich an diesem Wochenende erzählte, unglaublich ermutigt. Wenn andere nicht zu Opfern ihrer äußeren Umstände wurden und ungewöhnliche Heilungen passieren konnten, dann, so beschloss sie, würde sie ihr eigenes wissenschaftliches Projekt an sich selbst durchführen.

Und so machte Candace sich auf die Reise. Auf meinen Workshops hatte sie einiges über Epigenetik und Neuroplastizität gelernt und wusste, dass sie kein Opfer der Krankheit mehr sein musste. Stattdessen nutzte sie ihr Wissen und wurde aktiv. Sie gab ihrer Zukunft eine andere Bedeutung und hatte somit auch eine andere innere Ausrichtung.

Jeden Tag stand sie um halb fünf auf, um zu meditieren, und konditionierte ihren Körper emotional auf einen neuen Geist. Sie arbeitete daran, im gegenwärtigen Moment zu leben, was sie – wie sie erkannte – bislang nicht getan hatte.

Candace wollte glücklich und gesund sein, deshalb kämpfte sie hart darum, ihr Leben zurückzugewinnen. Am Anfang war das sehr anstrengend und frustrierend. Sie konnte nicht über längere Zeit stillsitzen. Ihr Körper war auf den Geist von Frust, Wut, Ungeduld und Opferhaltung trainiert, und verständlicherweise rebellierte er. Wie beim Training eines undisziplinierten Tieres musste Candace ihren Körper immer wieder in den gegenwärtigen Moment bringen. Jedes Mal konditionierte sie dabei ihren Körper auf einen neuen Geist und befreite sich Stück für Stück von den Fesseln ihrer emotionalen Sucht.

Täglich arbeitete Candace in der Meditation daran, ihren Körper, ihre Außenwelt und die Zeit zu überwinden. Sie weigerte sich, als die Person vom Meditieren aufzustehen, die sich zum Meditieren hingesetzt hatte, denn die alte Candace war die wütende und frustrierte Person, die chemisch von ihren äußeren Umständen abhängig war. Diese Person wollte sie nicht mehr sein. Sie hörte auf ihre Meditationen, ahmte einen neuen Seinszustand nach und hörte nicht damit auf, bis sie in das Leben verliebt war – in einem Zustand der Dankbarkeit ohne bestimmten Grund.

Candace setzte all das Wissen um, welches sie auf meinen Workshops, von den Audio-CDs, den Büchern (die sie mehr als einmal las) und ihren Kursaufzeichnungen erworben hatte. Sie vernetzte neue Informationen in ihrem Gehirn, um sich auf eine neue Heilerfahrung vorzubereiten. Immer öfter schaffte sie es, nicht mehr die alten neuronalen Verbindungen der Wut, des Frustes, der Abneigung, Arroganz und des Misstrauens »abzufeuern«. Stattdessen aktivierte sie die neuen neuronalen Verbindungen der Liebe, der Freude, des Mitgefühls und der Güte. So dünnte sie die alten Verbindungen aus und ließ neue sprießen. Und je öfter sie dies mit geistiger Stärke tat, desto mehr konnte sie sich verwandeln.

Mit der Zeit wurde sie unglaublich dankbar dafür, am Leben zu sein. Sie erkannte: Wo es Harmonie gibt, kann sich keine Inkohärenz halten. Sie sagte sich: »Ich bin nicht die alte Candace, und ich bestärke die Existenz dieser alten Candace nicht mehr.« Monatelang machte sie damit weiter. Und wenn sie doch einmal wieder bei diesem kleinsten gemeinsamen Nenner angelangte, der Frustration und der Wut auf ihre äußeren Umstände, oder wenn sie sich krank und unglücklich fühlte, konnte sie das ganz bewusst sehr schnell ändern. Sie wechselte schnell in eine andere Befindlichkeit, und so wurden die Zeitspannen, in denen diese negativen Emotionen sie ihm Griff hatten, immer kürzer. Sie war insgesamt nicht mehr so launisch und nicht mehr so sehr ihre alte Persönlichkeit.

An manchen Tagen fühlte sich Candace so schlecht, dass sie gar nicht erst aufstehen wollte, aber sie stand auf und meditierte. Jedes Mal, so sagte sie sich, wenn sie diese niederen Emotionen in höhere Emotionen verwandeln konnte, entfernte sie sich biologisch von ihrer Vergangenheit und bereitete ihr Gehirn und ihren Körper auf eine neue Zukunft vor. Sie erkannte, wie wertvoll diese innere Arbeit war, und schon bald war es nicht mehr so anstrengend und eher ein Geschenk.

Dank ihres ausdauernden täglichen Bemühens bemerkte Candace sehr schnell sehr große Veränderungen und fühlte sich besser. Sie betrachtete die Welt nicht mehr durch die mentale »Brille« ihrer Angst und ihres Frusts, sondern mit Mitgefühl, Liebe und Dankbarkeit und kommunizierte entsprechend anders mit ihren Mitmenschen. Ihr Energiepegel stieg, und sie konnte klarere Gedanken fassen.

Candace reagierte auf die ihr vertrauten Lebensumstände anders als früher, weil die alten, auf Angst basierenden Emotionen nicht mehr in ihrem Körper waren. Sie überwand ihre reflexhaften Reaktionen, denn ihr wurde klar, dass die Menschen und Umstände, die sie früher aufgebracht hatten, nur in ihrer eigenen Gefühlswelt existierten. Sie war dabei, sich zu befreien.

Zu ihrem Wandlungsprozess gehörte für sie auch, sich ihrer unbewussten Gedanken bewusst zu werden, die tagsüber meist ihrer Aufmerksamkeit entgingen. Beim Meditieren fasste sie den Entschluss, sich diese Gedanken nie mehr unbemerkt »durch die Lappen« gehen zu lassen. Sie wollte unter keinen Umständen zu den Verhaltensweisen und Gewohnheiten zurückkehren, die sie mit ihrem alten Ich verbanden. Sie wischte sozusagen die biologische, neurologische und genetische Tafel sauber, machte Platz für ein neues Ich. Auf ihrem Weg vom Partikel zur Welle setzte ihr Körper die zurückgehaltenen Emotionen als Energie frei und lebte nicht mehr in der Vergangenheit.

Dank dieser neu verfügbaren Energie sah Candace die Landschaft ihrer neuen Zukunft vor sich. Sie fragte sich: »Wie möchte ich mich verhalten? Wie möchte ich mich fühlen? Wie möchte ich denken?« Monatelange stand sie jeden Morgen voller Dankbarkeit auf und signalisierte damit ihrem Körper, dass ihre neue Zukunft bereits da sei, wodurch wiederum neuen Genen neue Signale gesandt wurden und ihr Körper wieder in Homöostase gebracht wurde.

Auf der Kehrseite ihrer Wut entdeckte sie Mitgefühl; die andere Seite ihres Frusts zeigte sich ihr als Geduld und Dankbarkeit, und statt ihrer Opferhaltung fand sie die Schöpferin in sich, die nur darauf wartete, Freude und Gesundheit zu kreieren. Auf beiden Seiten herrschte dieselbe intensive Energie, doch jetzt, als sie vom Partikel zur Welle, vom Überleben zur Schöpfung schritt, konnte sie sie auf gesunde Weise freisetzen.

Der süße Geschmack des Erfolgs

Als Candace sieben Monate nach der Diagnose erneut einen Arzttermin hatte, war dieser erstaunt darüber, wie sich seine Patientin verändert hatte. Ihre Blutwerte waren perfekt. Bei den ersten Tests im Februar 2011 lag ihr TSH-Wert bei 3,61 (zu hoch) und der Antikörper-Wert bei 638 (und war damit sehr unausgeglichen). Doch im September 2011 hatte sich Candaces TSH-Wert normalisiert und lag bei 1,15, und der Antikörper-Wert lag bei gesunden 450, obwohl sie keine Medikamente mehr einnahm. Sie hatte sich in nicht einmal einem Jahr selbst geheilt.

Der Arzt wollte wissen, wie sie das geschafft hatte. Diese großartigen Ergebnisse schienen fast zu gut, um wahr zu sein. Candace erklärte ihm, sie habe die Krankheit erzeugt und die Entscheidung getroffen, ein Experiment mit sich selbst durchzuführen, um sie wieder rückgängig zu machen.

Durch tägliches Meditieren und höhere Emotionen habe sie neuen Genen epigenetische Signale geschickt, anstatt durch ungesunde Emotionen weiterhin den alten Genen zu signalisieren. Sie habe regelmäßig daran gearbeitet, wer sie sein wollte, und nicht mehr auf alles in ihrem äußeren Umfeld reagiert wie ein Tier im Überlebensmodus: kämpfen, flüchten, um sich treten oder schreien. Alles um sie herum war nach wie vor gleich, aber sie reagierte sich selbst gegenüber liebevoller.

Der Arzt war zutiefst beeindruckt und sagte zu ihr: »Ich wünschte, alle meine Patienten wären wie Sie, Candace. Ihre Geschichte ist einfach unglaublich.«

Candace weiß letztlich nicht, wie ihre Heilung vonstatten ging, und das ist auch nicht nötig. Sie weiß einfach, dass sie zu jemand anderem geworden ist.

Ich saß mit Candace beim Abendessen, nachdem sie seit Monaten alle Medikamente abgesetzt hatte. Sie war völlig symptomfrei. Sie erfreute sich einer fantastischen Gesundheit, ihr Haar war nachgewachsen, und sie fühlte sich wunderbar. Immer wieder sagte sie, sie liebe ihr derzeitiges Leben sehr.

Ich gab lachend zurück: »Sie lieben das Leben, und das Leben liebt Sie auch. Sie sollten Ihr Leben auch lieben – schließlich haben Sie es monatelang tagtäglich erschaffen!«

Wie Candace erklärte, hatte sie einfach auf ein unendliches Feld der Potenziale vertraut und wusste, dass da etwas ablief, was über sie hinausging und ihr bei ihrer Heilung half. Sie musste lediglich über sich selbst hinauswachsen, Zugang zu ihrem autonomen Nervensystem finden und dann die Samen eines neuen Lebens säen. Und ohne zu wissen wie, passierte es einfach – und sie fühlte sich besser als jemals zuvor.

Candaces Leben ist inzwischen völlig anders als damals, als sie die Hashimoto-Diagnose erhielt. Sie ist Geschäftspartnerin in einem Persönlichkeitsentwicklungsprogramm und arbeitet bei einem Unternehmen. Sie hat eine liebevolle Beziehung, neue Freunde und neue Geschäftsmöglichkeiten. Eine neue Persönlichkeit erzeugt letztlich eine neue persönliche Realität.

Ein Seinszustand bzw. eine Befindlichkeit ist eine magnetische Kraft, die Ereignisse anzieht, die zu diesem Zustand passen. Als Candace sich in sich selbst verliebte, zog sie eine liebevolle Beziehung an.

Weil sie Selbstwertgefühl und Achtung für sich und alles Leben empfand, entwickelten sich auch Umstände, in denen sich ihr Möglichkeiten boten, etwas beizutragen, respektiert zu werden und in der Welt etwas zu verändern. Und als sie zu einer neuen Persönlichkeit wechselte, wurde die alte Persönlichkeit zu etwas, was zu einem anderen Leben gehörte. Ihre neue Physiologie führte zu mehr Freude und Inspiration. Sie war jemand anderes geworden.

Sie wurde nicht süchtig nach Freude; sie war einfach nicht mehr süchtig nach dem Unglücklichsein. Als sie mehr Glück erlebte, fand sie heraus, dass es immer noch mehr Glückseligkeit, noch mehr Freude und noch mehr Liebe zu erfahren gibt, denn jede Erfahrung erzeugt eine andere emotionale Mischung. Sie wandte sich den Herausforderungen in ihrem Leben zu, um herauszufinden, inwieweit sie diese Informationen transformieren konnte.

Candaces ultimative Lektion lautete: Ihre Krankheit und ihre Herausforderungen hatten niemals mit jemand anderem zu tun – es ging dabei immer um sie. In ihrer alten Befindlichkeit war sie der festen Überzeugung gewesen, sie wäre ein Opfer ihrer Beziehung und ihrer äußeren Umstände, und das Leben würde ihr widerfahren. Als sie sich dann an die Arbeit machte und die volle Verantwortung für sich und ihr Leben übernahm, erkannte sie, dass das, was ihr geschehen war, nie mit etwas Äußerem zu tun hatte. Das gab ihr nicht nur sehr viel Kraft, sondern war auch eines der großartigsten Geschenke, die sie sich jemals hätte wünschen können.

Joanns Geschichte

Joann hatte fast ihr ganzes Leben auf der Überholspur gelebt. Die 59-jährige Mutter von fünf Kindern war eine hingebungsvolle Ehefrau, erfolgreiche Geschäftsfrau und Unternehmerin, die ständig ihr Privatleben, die Familiendynamik, ihre Karriere und den geschäftlichen Erfolg unter einen Hut bringen musste. Ihr Ziel war es natürlich, geistig und körperlich gesund und ausgeglichen zu bleiben, doch sie konnte sich nur ein intensives, rasantes und geschäftiges Leben vorstellen. Sie lebte am Rande des Abgrunds und musste immerzu beweisen, wie aktiv und scharf ihr Verstand war.

Joann setzte sich ständig unter Druck, so viel wie möglich auf sich zu laden, gleichzeitig waren ihre Ansprüche extrem hoch. Sie war eine Führungspersönlichkeit, die von vielen Menschen bewundert und oft um Rat gebeten wurde. Ihre Kollegen nannten sie »Superfrau«, und genau das war sie – dachte sie zumindest.

Mit alldem war im Januar 2008 von einem Moment auf den anderen Schluss. Joann verließ den Lift in ihrem Apartmenthaus und brach 15 Meter vor der Wohnungstür einfach zusammen. Es war ihr an diesem Tag nicht so gut gegangen, sie war gerade von der Ambulanz nach Hause gekommen, wo sie Hilfe gesucht hatte. Innerhalb von wenigen Augenblicken hatte sich ihre Welt verändert, und Joann klammerte sich an das Leben.

Acht Monate lang musste sie sich Tests unterziehen, dann bekam sie die Diagnose einer Sekundären Progressiven Multiplen Sklerose, ein fortgeschrittenes Stadium der Multiplen Sklerose (MS), eine chronische Krankheit, bei der das Immunsystem das zentrale Nervensystem angreift, mit zahlreichen, individuell unterschiedlichen Symptomen, von Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen bis hin zur Lähmung und Blindheit, von physischen über kognitive bis hin zu psychischen Problemen.

Joann hatte 14 Jahre lang sehr vage und nur sporadisch auftretende Symptome gehabt und sie einfach als Folgen ihres hektischen Lebensstils abgetan. Doch jetzt hatten ihre Beschwerden einen Namen, der sich wie eine lebenslängliche Freiheitsstrafe anfühlte – ohne Chance auf Bewährung. Sie wurde mit den starken Überzeugungen der westlichen Medizin konfrontiert, und die besagten, MS sei eine unheilbare Krankheit.

Einige Jahre vor der Diagnose hatte Joann das Familienunternehmen in Calgary auf Eis gelegt und ihr Leben durch den Umzug nach Vancouver an die kanadische Westküste verändert. Ihre Familie hatte sich das schon seit vielen Jahren gewünscht. Nach dem Umzug stand Joann vor einer Herausforderung nach der anderen. Die schwindenden finanziellen Mittel der Familie brachten sie in eine prekäre Situation.

Joanns Selbstwertgefühl, Vertrauen und Gesundheit gingen den Bach hinunter. Als sie merkte, dass sie ihre Situation nicht bewältigen konnte, verschlechterten sich ihr mentaler und ihr physischer Zustand. Das Geld wurde immer knapper, und auch andere stressige Faktoren verstärkten sich.

Schon bald konnte die Familie sich nicht einmal mehr das Nötigste an Lebensmitteln und Unterkunft leisten. Anfang 2007 war die Frau, die für alle Leute eine Superfrau gewesen war, am Nullpunkt angekommen. Noch bevor das Jahr vorbei war, kehrte die Familie nach Calgary zurück.

MS ist eine entzündliche Erkrankung, bei der die isolierende Hülle der Nervenzellen im Gehirn und im Rückenmark sowie die eigentlichen Nervenfasern geschädigt werden. Dadurch wird die Kommunikation des Nervensystems gestört und kann keine Signale mehr in Teile des Körpers senden. Joanns Art der MS ist progressiv, das heißt, sie wird mit der Zeit immer schlimmer und führt oft zu dauerhaften neurologischen Problemen, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium.

Anfangs war Joann davon überzeugt, sie würde sich nicht über ihre MS definieren. Doch schon schnell ging es mit ihr körperlich und kognitiv bergab. Sie war behindert und immer mehr auf Pflege durch andere angewiesen. Aufgrund ihrer sensorischen und motorischen Störungen bewegte sie sich mit Krücken, Gehhilfen und einem Rollstuhl fort. Schließlich brauchte sie ein Elektromobil.

Als ihr Leben zusammenbrach, kam auch für Joann der Zusammenbruch, was keine Überraschung war. Joanns Körper tat ihr schließlich den Gefallen, den sie selbst sich nicht tun konnte – nämlich aufzuhören und zu sagen: »Schluss damit!« Sie hatte sich zu sehr unter Druck gesetzt. Obwohl sie früher erfolgreich gewesen war, fühlte sie sich tief im Innern meistens wie eine Versagerin. Sie fällte ständig Urteile über sich und dachte immer, sie könnte es noch besser. Nie war sie zufrieden. Egal, was sie tat oder erreichte – es war nie gut genug.

Insbesondere wollte Joann nicht aufhören, etwas zu tun, denn dann hätte sie sich ja um dieses drohende Gefühl des Versagens kümmern müssen. Also hielt sie sich weiterhin auf Trab und steckte ihre gesamte Aufmerksamkeit in die äußere Welt – in alle möglichen Erfahrungen mit Menschen und Dingen zu allen möglichen Zeiten und an allen möglichen Orten –, damit sie sich nicht um ihre innere Welt der Gedanken und Gefühle kümmern musste.

Die meiste Zeit ihres Lebens sorgte Joann für andere, feierte deren Erfolge und ermunterte sie. Sie zeigte nie, was in ihrem eigenen Leben nicht funktionierte, und versteckte ihre Schmerzen vor allen anderen. Joann war ständig am Geben, aber sie erhielt nie etwas zurück – denn das gestand sie sich nie zu –, und so versagte sie sich ihr ganzes Leben lang ihre eigene persönliche Weiterentwicklung. Sie brachte sich selbst nie zum Ausdruck. Wenn Joann versuchte, ihre innere Welt durch äußere Bedingungen zu verändern, manifestierte sie daher logischerweise nur Misserfolge.

Als sie schließlich zusammenbrach, war Joann besiegt und fühlte sich so schwach, dass sie kaum noch die Kraft hatte, um ihr Leben zu kämpfen. All die Jahre, die sie im Überlebensmodus verbracht und ständig auf die Umstände in ihrer Außenwelt reagiert hatte, hatten Joann ihre Lebenskraft und die Energie ihrer inneren Welt – die Grundlagen von Regeneration und Heilung – geraubt. Sie war einfach völlig erschöpft.

Joann verändert ihren Geist

Der auf den Kernspintomografien erkennbare Schaden, der ihr Gehirn und ihr Rückenmark durchlöcherte, war, wie Joann ohne den geringsten Zweifel wusste, nicht über Nacht entstanden. Ihr Körper wurde langsam vom Kern her zerstört – dem zentralen Nervensystem.

Nachdem sie jahrelang die Symptome ignoriert hatte, war sie im wahrsten Sinn des Wortes entnervt, da sie Angst davor hatte, in sich hineinzublicken und Innenschau zu halten. Diese täglichen giftigen Substanzen hatten immer wieder an die Tür ihrer Zellen geklopft, und schließlich war das Krankheitsgen an die Tür gekommen und schaltete sich ein.

In ihrem bettlägerigen Zustand setzte sie sich als erstes Ziel, das Fortschreiten der MS in ihrem Körper zu verlangsamen. Wie sie aus meinem ersten Buch wusste, kennt das Gehirn keinen Unterschied zwischen dem, was man innerlich für sich alleine durch Gedanken real macht, und der realen Erfahrung im Außen. Sie wollte durch mentales Üben ihr Gehirn und ihren Körper verändern. Also praktizierte sie mental Yoga, und nach nur wenigen Wochen konnte sie einige Körperhaltungen einnehmen, sogar im Stehen, was sie sehr motivierte.

Tagtäglich trainierte Joann Gehirn und Körper nur mit Gedankenkraft. So wie die Klavierspieler aus Kapitel 5, die mental Klavier übten und dieselben Schaltkreise entwickelten wie die Probanden, die die Übungen physisch praktizierten, installierte Joann in ihrem Gehirn neurologische Schaltkreise, um so auszusehen, als ob sie schon körperlich laufen und sich bewegen würde.

Erinnern Sie sich noch an die Studienteilnehmer, die nur durch mentales Gewichtheben oder mentales Beugen des Bizepses an körperlicher Kraft gewannen? Auch Joann wusste, es war möglich, ihren Körper so aussehen zu lassen, als ob die Heilung bereits in Gang sei – indem sie im wahrsten Sinn des Wortes ihren Geist veränderte.

Schon bald konnte sie für kurze Zeit stehen und dann ohne Stütze laufen. Sie war zwar ziemlich wacklig auf den Beinen und immer noch auf das Elektromobil angewiesen, aber zumindest war sie nicht mehr ans Bett gefesselt und versank nicht in Selbstmitleid. Sie hatte die Kurve gekriegt.

Als Joann anfing, regelmäßig zu meditieren, um ihren Geist zur Ruhe zu bringen, wurde ihr bewusst, wie traurig und wütend sie in Wirklichkeit war. Die Schleusen öffneten sich. Meistens, so erkannte Joann, fühlte sie sich schwach, isoliert, zurückgewiesen, minderwertig und als ob sie – aus dem Gleichgewicht geraten, ohne Verbindung und ohne Erdung – einen wichtigen Teil von sich verloren hätte. Sie beobachtete, wie sie anderen zu Gefallen war und dadurch sich selbst verleugnete. Sie konnte sich selbst nicht wertschätzen, ohne sich deswegen schuldig zu fühlen. Immer versuchte sie, das anscheinend immer schlimmer werdende Chaos um sie herum unter Kontrolle zu behalten, doch es funktionierte nicht. Auf einer tieferen Ebene hatte sie das die ganze Zeit gewusst, doch sie wollte es nicht wahrhaben. Sie hatte sich unbarmherzig immer weiter unter Druck gesetzt und getan, als ob alles in Ordnung wäre.

Auch wenn es sehr schmerzhaft war, schaute Joann sich nun an, wie sie ihre Krankheit erzeugt hatte. Sie beschloss, sich all diese unterbewussten Gedanken, Handlungen und Emotionen bewusst zu machen, über die sie sich als die immer selbe Persönlichkeit definierte, die diese bestimmte persönliche Realität erschaffen hatte. Sie wusste, wenn sie erst einmal anschauen konnte, wer sie war, konnte sie diese Aspekte ihrer selbst auch verändern. Je mehr sie sich ihres unbewussten Ichs und ihres Seinszustands bewusst wurde, desto besser konnte sie beherrschen, was sie verborgen hatte.

Anfang 2010 hatte Joann das Gefühl, die MS würde langsamer fortschreiten. Nun setzte sie sich das Ziel, die Krankheit komplett aufzuhalten. Im Mai erwähnte Joann diese Vorstellung einem Neurologen gegenüber, der sie nach ihren Zielen in Bezug auf die Krankheit gefragt hatte, woraufhin der Arzt den Termin abrupt beendete. Doch anstatt sich davon entmutigen zu lassen, bestärkte es Joann in ihrer Absicht.

Heilung auf der nächsten Ebene

Als Joann in Vancouver einen meiner Workshops besuchte, konnte sie nicht ohne Hilfe gehen. An diesem Wochenende bat ich die Teilnehmer, mental eine feste Absicht zu hegen und sie mit einer höheren Emotion im Körper zu verbinden, mit dem Ziel, den Körper auf einen neuen Geist zu konditionieren. Statt den Körper weiterhin mit Überlebensemotionen zu konditionieren, lud ich die Teilnehmer ein, ihr Herz zu öffnen und ihrem Körper emotional beizubringen, wie sich ihre Zukunft anfühlen würde. Das war die Zutat, die Joann bei ihrer täglichen mentalen Praxis noch fehlte. Joann ging in Gedanken sieben, acht Meter weiter, nur mit ihrem Stock, und das versetzte sie in unglaubliche Erregung. Damit ergänzte sie die Gleichung um das zweite Element des Placebo-Effekts: Zur Erwartung kam die Emotion hinzu.

Diese Kombination – den Körper emotional davon zu überzeugen, dass die zukünftige Heilung ihr in der Gegenwart passierte – brachte Joann auf die nächste Ebene. Wenn sie bereits vor der eigentlichen Heilung die Freude des Gesundseins und die Dankbarkeit dafür annehmen konnte, würde ihr Körper im gegenwärtigen Moment eine Probe ihrer Zukunft bekommen.

Ich schlug Joann vor, wirklich auf ihre Gedanken zu achten, denn ihre Gedanken hatten sie auch krank gemacht. Ich drängte sie, ihre alte, mit der Erkrankung verbundene Persönlichkeit hinter sich zu lassen. Das war nötig, bevor sie eine neue Persönlichkeit und eine neue persönliche Realität erschaffen konnte. Jetzt konnte sie das, was sie tat, mit Bedeutung und Intention füllen.

Zwei Monate nach diesem Workshop besuchte Joann in Seattle einen weiteren Workshop für noch fortgeschrittenere Teilnehmer. Ihr Roller hatte einen Tag vor der Veranstaltung eine Panne, deshalb fuhr sie mit ihrem motorisierten Rollstuhl herum. Dadurch fühlte Joann sich anfangs verletzlicher, doch sie konnte sich während des ganzen Workshops besser bewegen. Dies wurde durch ihre assoziative Erinnerung an die positive Erfahrung im letzten Workshop und die Erwartung, im jetzigen Seminar ihre Gesundheit zu verbessern, ausgelöst. Wenn 29 Prozent der Chemotherapie-Patienten schon vor der Behandlung Übelkeit verspüren (siehe Kapitel 1), dann ist es manchen Workshop-Teilnehmern vielleicht auch möglich, sich schon im Vorfeld besser zu fühlen, wenn sie wieder auf einem Workshop sind. Was auch immer der Auslöser war – Joann sah eine neue Möglichkeit und begann voller Begeisterung, diese Zukunft im gegenwärtigen Moment anzunehmen.

Während der abschließenden Meditation auf diesem Workshop geschah für sie das Wunder … Joann verspürte eine große innere Veränderung, etwas, was sie zutiefst bewegte. Sie spürte, wie ihr Körper sich automatisch veränderte, nachdem sie Zugang zu ihrem autonomen Nervensystem gefunden, ihm neue Anweisungen erteilt und die Kontrolle übernommen hatte. Sie verspürte erhebende Gefühle, war überglücklich und frei. Die Joann, die nach der Meditation vom Stuhl aufstand, war eine andere als jene, die sich zum Meditieren hingesetzt hatte – sie war in einem neuen Seinszustand. Dann ging sie im Raum nach vorne – ohne Stütze, sie benutzte nicht einmal ihren Stock. Mit großen Augen stolzierte sie durch den Raum und lachte wie ein Kind. Sie konnte ihre Beine, die seit Jahren im Tiefschlaf lagen, spüren und bewegen.

Sie war aus dem Weg gegangen – und es fühlte sich unglaublich an! Joann hatte in dieser einen Meditation so nachhaltig neuen Genen neue Signale geschickt, dass sie zu meinem großen Erstaunen in nur einer Stunde in einer völlig veränderten körperlichen Verfassung war!

Sie ließ ihre MS-Identität hinter sich und wurde zu einer anderen Person; damit gab sie ihre Versuche auf, die MS aufzuhalten, zu verlangsamen oder rückgängig zu machen. Sie versuchte nicht mehr, sich selbst, ihrer Familie, ihren Ärzten oder sonst jemandem irgendetwas zu beweisen. Sie verstand und erlebte das erste Mal, dass ihre wahre Reise der Weg zur Ganzheit war.

Darum geht es bei nachweisbaren Heilungen immer. Sie vergaß, dass sie offiziell eine Krankheit hatte, und dissoziierte sich von dieser Identität einen Augenblick lang. Die dadurch erzeugte Freiheit und die Fülle an höheren Emotionen waren stark genug, ein neues Gen zu aktivieren. Joann wusste, MS war einfach nur ein Etikett, so wie »Mutter«, »Ehefrau« oder »Chefin«. Indem sie ihre Vergangenheit aufgab, hatte sie das Etikett geändert.

Noch mehr Wunder

Als Joann drei Tage später wieder nach Hause kam, entfaltete sich das Wunder weiter. Beim Yoga, das sie nach dem zweiten Workshop nicht nur mental, sondern auch physisch praktizierte, konnte sie einen Fuß vom Boden heben. Sie probierte es auch mit dem anderen Fuß – und es klappte! Sie konnte auch das erste Mal seit Jahren ihre Füße beugen und mit den Zehen wackeln – das hatte sie schon lange nicht mehr gemacht.

Sie war fassungslos und voll ehrfürchtigem Erstaunen. Freudentränen strömten ihr übers Gesicht. In diesem Augenblick wusste sie, dass alles möglich ist – nicht dank eines äußeren Medikaments oder eines Verfahrens, sondern aufgrund ihrer inneren Veränderungen. Joann wusste, sie konnte ihr eigenes Placebo sein.

In kürzester Zeit brachte Joann sich wieder das Laufen bei. Heute, zwei Jahre später, geht sie nach wie vor ohne Gehhilfe, ist lebendig und steckt voller Späße. Sie ist körperlich kräftiger geworden und kann nun vieles wieder tun, was sie meinte, nie mehr machen zu können. Insbesondere fühlt sie sich lebendig und voller grenzenloser Freude. Joann fühlt sich ganz. Weil sie jetzt empfangen und annehmen kann, kann sie auch weiterhin Heilung empfangen.

Vor Kurzem sagte Joann zu mir: »Mein Leben ist voller Magie und unglaublicher Synergien, Überfluss und unerwarteter Geschenke aller Art. Es blubbert und sprudelt und prickelt mit einem neuen und leichteren Spiegelbild meiner selbst. Das ist mein neues Ich – eigentlich mein wahres Ich, das ich fast mein ganzes Leben lang unter Kontrolle halten und verstecken wollte!«

Joann lebt praktisch den ganzen Tag in Dankbarkeit. Nach wie vor nimmt sie sich die Zeit, sich ihrer Gedanken und Gefühle bewusst zu werden. Sie pflegt Tag für Tag ihre Befindlichkeit, achtet darauf, was sie zu sich selbst sagt und was sie über andere denkt. Beim Meditieren beobachtet sie sich und macht sich damit vertraut, wie sie handelt. Nur ganz selten gelingt es einem von ihr nicht gewünschten Gedanken, an ihrem bewussten Geist vorbeizuschlüpfen.

Der Neurologe, zu dem Joann derzeit geht, unterstützt sie in ihren Entscheidungen und war verblüfft über das, was er zu sehen bekam. Angesichts der MS-freien medizinischen Berichte und Bluttests musste er die heilende Kraft des Geistes eingestehen.

***

Laurie, Candace und Joann erreichten ihre dramatische Gesundung ausschließlich mit ihren inneren Ressourcen. Sie gesundeten von innen heraus – nur mit ihrem Geist und ganz ohne Medikamente, Operationen, Therapien oder anderen Alternativen. Sie wurden zu ihrem eigenen Placebo.

Jetzt wollen wir einen wissenschaftlichen Blick auf die Gehirne von ein paar anderen Workshop-Teilnehmern werfen, die ähnlich dramatische Veränderungen bewirken konnten – was es uns erlaubt, genau zu sehen, was während solcher bemerkenswerter Transformationen vor sich geht.