Zur Geschichte
des Hanfs

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Hanf ist auch bekannt als: Cannabis, Indischer Hanf, echter Hanf, Pot, Marihuana, Reefer, Gras, Ganja, Bhang, »Stoff«, Kiff, Kraut usw. All das sind Namen für ein und dieselbe Pflanze.

Was Namen erzählen

Hanf ist auf der Landkarte der Vereinigten Staaten überall zu finden: HEMPstead, Long Island; HEMPstead County, Arkansas; HEMPstead, Texas; HEMPhill, North Carolina, HEMPfield, Pennsylvania, und andere geographische Orte heißen entweder nach Gebieten, in denen man Cannabis anbaute, oder nach Familiennamen, die sich aus dem Hanfanbau ableiteten.

Historische Daten aus Nordamerika ...

1619 wurde in der Kolonie Jamestown, Virginia, das erste Marihuanagesetz Nordamerikas erlassen, das allen Farmern »vorschrieb«, »probeweise« Indischen Hanf anzubauen. Weitere die Anbaupflicht von Hanf regelnde Gesetze wurden 1631 in Massachusetts, 1632 in Connecticut und Mitte des 18. Jahrhunderts in den Chesapeake-Kolonien verabschiedet.

Selbst in England wurde die vielbegehrte volle britische Staatsbürgerschaft auf Erlaß der Krone an Ausländer verliehen, die bereit waren, Cannabis anzubauen. Denjenigen, die das ablehnten, wurde häufig eine Geldstrafe auferlegt.

Zwischen 1631 und dem frühen 19. Jahrhundert galt Cannabis in weiten Teilen Nordamerikas als gesetzliches Zahlungsmittel. Auch das war ein Grund, weshalb die amerikanischen Farmer so viel Hanf angebaut haben.1

Mehr als 200 Jahre lang war es überall in Nordamerika möglich, Steuern mit Cannabis zu bezahlen.2

In Zeiten der Knappheit, beispielsweise zwischen 1763 und 1767 in Virginia, konnte man sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden, wenn man nicht Cannabis anbaute.3

Auch George Washington und Thomas Jefferson bauten auf ihren Plantagen Cannabis an.4 Als Jefferson Gesandter in Frankreich war, stürzte er sich nicht nur in große Unkosten, sondern ging auch für sich und seine Geheimagenten ein erhebliches Risiko ein, um sich die besonders guten Hanfsamen zu beschaffen, die aus China in die Türkei geschmuggelt wurden. Die chinesischen Mandarine hielten die Hanfsamen ihres Landes für so kostbar, daß sie den Export wie ein Kapitalverbrechen bestraften.

Bei einer 1850 in den USA durchgeführten Erhebung wurden 8 327 Hanfplantagen (Farmen mit einer Mindestgröße von 80 Hektar) gezählt, auf denen Cannabis zur Herstellung von Stoff, Leinwand und sogar der zum Bündeln von Baumwolle benötigten Seile angebaut wurde. Die meisten dieser Plantagen lagen im Süden oder in den Grenzstaaten, denn dort standen der arbeitsintensiven Hanfindustrie vor 1865 billige Sklaven zur Verfügung.5

Benjamin Franklin gründete eine der ersten Hanfpapierfabriken Nordamerikas. Da man nicht mehr auf Papier und Bücher aus England angewiesen war, konnte in den Kolonien eine freie Presse entstehen.

Benjamin Franklin gründete eine der ersten Hanfpapierfabriken Nordamerikas. Da man dadurch nicht mehr auf Papier und Bücher aus England angewiesen war, konnte in den Kolonien eine freie Presse entstehen. Darüber hinaus waren Marihuana- und Haschischextrakte diejenigen Arzneimittel, die zwischen den vierziger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts in den USA am zweit- oder dritthäufigsten verschrieben wurden. In der Humanmedizin war ihre Verwendung bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts legal, spielte in der Veterinärmedizin damals allerdings eine noch bedeutendere Rolle.

Hersteller von Arzneimitteln, die aus Cannabis gewonnen wurden, waren Ely Lilly, Parke-Davis, Tildens, Brothers Smith (Smith Brothers), Squibb und viele andere amerikanische und europäische Firmen. Kein einziger Todesfall, der auf die Einnahme von Cannabisextrakten zurückzuführen gewesen wäre, ist für diesen ganzen Zeitraum aktenkundig. Abgesehen davon, daß es bei Erstbenutzern gelegentlich zu Desorientierung oder übermäßiger Introvertiertheit kam, gab es auch keine Hinweise für Cannabismißbrauch oder über geistige Verwirrungszustände.6

... und aus aller Welt

»Der erste geschichtlich bekannte Webstoff war offenbar aus Hanf, mit dessen Verarbeitung man im 8. Jahrtausend (8000-7000 v. Chr.) begann.«7

Die wissenschaftliche Fachliteratur aus der Archäologie, Anthropologie, Philologie, Ökonomie und Geschichte stimmt darin überein, daß vom ersten Jahrtausend vor Christus bis hinein in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts Cannabis (Hanf, Marihuana) die auf unserem Planeten am häufigsten angebaute Feldfrucht war und die Grundlage für einen der wichtigsten Gewerbezweige mit Tausenden von Waren und Unternehmen bildete. Aus Hanf wurden Fasern, Tuche, Leuchtöle, Papier, Weihrauch und Arzneimittel hergestellt, und er war der wichtigste Lieferant der für Menschen und Tiere lebensnotwendigen Nahrungsfette und Proteine.

Anthropologen fast aller Universitäten der Welt stimmen überein, daß Marihuana in den Religionen und Kulten der Menschheitsgeschichte zu den sieben am häufigsten verwendeten Drogen gehörte, die Stimmung, Bewußtsein und Schmerzempfinden beeinflußten und als psychotrope oder psychedelische (empfindungsverändernde oder bewußtseinserweiternde) Mittel genommen wurden. Diese kultischen Rauscherlebnisse inspirierten unseren Aberglauben, unsere Amulette und Talismane, unsere Religionen, Gebete und Sprachbegriffe (siehe Kapitel 10).8

Wegen Hanf wurden Kriege geführt

So war beispielsweise der Zugang zu russischem Cannabis einer der Hauptgründe für den Krieg von 1812 (den Amerika gegen Großbritannien führte). Russischer Hanf war ebenfalls einer der wichtigsten Gründe dafür, daß Napoleon und die in sein kontinentales Bündnissystem einbezogenen Staaten 1812 in Rußland einmarschierten (siehe Kapitel 12).

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Nachdem im Jahre 1942 die Invasion der Philippinen durch die Japaner die Versorgung mit Manilahanf (»Abakahanf«) abgeschnitten hatte, verteilte die US-Regierung 400 000 Pfund Cannabissamen an die Farmer von Wisconsin bis Kentucky, die dann bis 1946 jährlich 42 000 Tonnen Hanffasern für Kriegszwecke produzierten.

Warum hat Cannabis/Marihuana in der Geschichte eine so wichtige Rolle gespielt?

Cannabis ist die kräftigste und haltbarste natürliche Weichfaser auf unserem Planeten. Seine Blätter und Blütenspitzen (Marihuana) gehörten in manchen Kulturen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts für zwei Drittel der Menschheit mindestend dreitausend Jahre lang zu den wichtigsten und am häufigsten verwendeten Arzneimitteln.

Hanf zählt zu den höchstentwickelten Pflanzenfamilien der Erde und ist eine zweihäusige Pflanze, das heißt, er hat männliche oder weibliche Fortpflanzungsorgane; es gibt auch zweigeschlechtliche Pflanzenstöcke. Er ist ein holziges, einjähriges Kraut, das die Sonne effizienter nutzt als jede andere Pflanze auf unserem Planeten und in einer nur kurzen Wachstumszeit die stattliche Höhe von 4 bis 7 Metern erreicht. Hanf kann in nahezu jedem Klima und auf jedem Boden, selbst in Grenzertragsgebieten, angebaut werden.

Er ist mit Abstand der ertragreichste nachwachsende Rohstoff der Erde.