Cannabis (Marihuana),
Beipackzettel

MATERIALIEN 4

Hanf als Heilmittel

Über mögliche Gefahren und Nebenwirkungen von Cannabis können Sie sich weder bei Ihrem Arzt noch bei Ihrem Apotheker erkundigen. Die für jedes Medikament notwendigen Gebrauchsanweisungen sind aber diesem Entwurf für einen künftigen Medikamenten-Beipackzettel zu entnehmen, der aus kompetenter ärztlicher Feder stammt und in der US-Undergroundpresse zirkuliert.

Darreichungsformen

Zigaretten (350 mg - 500 mg, r.d.)

Cannabisölkonzentrat (Grasöl)

Cannabispollenkonzentrat (kif)

Cannabisharzkonzentrat (Haschisch)

N.N., »Cannabis (Marihuana).Over 60 synergistic Compounds in one natural medication« aus: High Times, Juli 1980

Cannabis ist das pflanzliche Rohpräparat aus den Pflanzen Cannabis sativa L. und Cannabis indica. Die pharmakologisch aktiven Bestandteile der Droge sind Cannabinoide wie Delta-9-trans-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol, Cannabinol, Tetrahydrocannabivarin und etwa 60 andere Cannabinoide mit verschiedenen pharmakologischen Eigenschaften. Einzigartig in Botanik und pharmakologischer Wirkung handelt es sich bei Cannabinoiden um nichtnitrogene Alkaloide, von denen nicht bekannt ist, wo und wie sie im Körper wirken, außer daß sie die Neuro-transmission im CNS verändern. Cannabinoide arbeiten synergetisch, so daß zum Beispiel die Wirkung von Delta-9-trans-Tetrahydrocannabinol in rohem Cannabis stark durch die Wechselwirkung mit Cannabidiol verändert wird, das manche Effekte von Tetrahydrocannabinol unterdrückt und andere verstärkt. Das pflanzliche Material enthält eine Reihe verschiedener nichtpharmakologischer Substanzen, die meisten dieser überflüssigen Bestandteile können durch Filter erheblich reduziert werden, bevor die Droge aufgenommen wird.

Gegenanzeigen

Personen mit bakterieller oder von Viren verursachter Lungenentzündung sollten Cannabis bis zum Abklingen der Entzündung nicht inhalieren. Reichliche und dauerhafte Anwendung (Inhalation) bei Personen mit Emphysemen oder Lungenfibrose kann diese Krankheitsbilder verschlimmern.

Nebenwirkungen

Idiosynkratische Angstzustände, dysphorische Trennungs- und Depersonalisierungssyndrome können in sehr seltenen Fällen durch die mentale Wirkung von Cannabis bei der ersten Anwendung auftreten. In diesen Fällen sollte die Dosis herabgesetzt und versucht werden, die tieferliegenden emotionalen Ursachen dieser Reaktion zu ergründen. Wenn diese Reaktion auch nach Abklingen der Wirkung noch lange anhält oder bei Folgeanwendungen ständig wiederkehrt, ist eine bereits bestehende krankhafte psychotische Veranlagung des Patienten anzunehmen und die Therapie abzusetzen.

Roher Cannabis enthält bedeutende Mengen mutagener Hydrocarbonkondensate, Toxine, die pharyngo-laryngeales, bronchiales und alveolares Gewebe reizen; wasserlösliche Zytotoxine in Cannabis unterdrücken die antibakterielle Wirkung alveolarer Makrophagen; der heiße Rauch einer Zigarette unterdrückt die Tätigkeit des Flimmerepithels in den oberen Luftwegen. Obwohl keine dieser Nebenwirkungen für Patienten mit gesunden Atemorganen gefährlich ist, werden Filter, die den Rauch gleichzeitig filtern und kühlen, bei Zigaretten zum therapeutischen Gebrauch empfohlen. Orale Anwendung von Cannabis hat eine bemerkenswerte Effizienz gezeigt, vor allem bei Glaukom und Antiemesis; allerdings kann der Arzt die Dosis nicht zuverlässig bestimmen, wenn Cannabis eingenommen wird, da die Droge im Verdauungstrakt sehr unterschiedlich resorbiert wird. Die Dekarboxylation durch HCI kann zudem die psychische und physiologische Wirkung in einer Weise verändern, die noch nicht genügend erforscht ist. Die unbedeutenden Nebenwirkungen von Cannabis auf die Lungenfunktion und die Gewebe machen die Inhalation des Rauchs zum Königsweg der therapeutischen Anwendungen; der Patient kann die Dosis von Inhalation zu Inhalation selbst bemessen, bis genau der gewünschte therapeutische Effekt eintritt.

Bei der Erstanwendung der Droge tritt regelmäßig Tachykardie mit einem Ansteigen der Pulsfrequenz um 30 bis 60 Prozent auf, diese hält gewöhnlich 30 bis 45 Minuten an. Ansteigen und Abfall der Herzfrequenz sind langsam und gleichmäßig. Die cannabisbedingte Tachycardie kann dazu führen, daß eine Anwendung bei Patienten, die Digitalis in kardiologischer Therapie erhalten, nicht angezeigt ist.

Cannabis fördert im allgemeinen Entspannung und Müdigkeit und verzögert die Reaktionszeit. Patienten sollten bei der Anwendung von Cannabis weder Auto fahren noch schwere Maschinen bedienen.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Während die mentalen Wirkungsweisen von Cannabis im CNS weitgehend unbekannt sind, scheint es die freien Anteile von Serotonin in den intersynaptischen Lücken zu erhöhen, möglicherweise durch eine Blockierung der Aufnahme in das presynaptische Neuron. So scheint es die Wirkung von trizyklischen Antidepressiva durch Förderung eines höheren intersynaptischen Verhältnisses von Serotonin zu Norepinephrin und Dopamin zu verstärken. Die Interaktion mit Monoamin-Oxidase-Hemmern wirkt sich ebenfalls günstig aus, da beide Medikationen zu einer Erhöhung freier Serotoninanteile führen. Im Falle der Benzodiazephine wurde angenommen, daß Cannabis möglicherweise einen noch unbestimmten Einfluß auf das Hirnhormon GABA (Gamma-aminobytric acid) ausübt, das Eindringen von Benzodiazephin-Metaboliten in Hirngewebe erleichtert und die dämpfende Wirkung auf Angstzustände unterstützt. (Cannabis selbst ist kein Antidepressivum, sondern verstärkt Stimmungen. Als zusätzliche Medikation bei antidepressiver Therapie sollte es von Ärzten nur als Teil eines breiten Programms persönlicher Beratung genutzt werden.)

Es sind keine Gegenanzeigen zu anderen Drogen bekannt geworden. Man vermutet allerdings, daß Cannabismetaboliten in der Leber mit Alkoholmetaboliten reagieren können und eine unerwünschte Veränderung der psychotropischen Wirkungen beider Drogen eintritt.

Anwendung und Dosierung

Die psychophysiologischen Wirkungen von Cannabis sind stark von den persönlichen Erfahrungen des Patienten mit der Droge abhängig. Nach einer Anfangszeit von drei bis fünf Wochen regelmäßiger Anwendung wird eine Gewöhnung an Effekte wie Euphorie und Tachykardie eintreten, wohingegen andere Wirkungen wie Reduzierung des Augendrucks und Antiemesis konstant bleiben. Daher ist es in den meisten Fällen ratsam, dem Patienten die Dosierung zu überlassen, bis der gewünschte therapeutische Effekt erzielt ist. Die Inhalation des Cannabisrauches ist der zuverlässigste Weg hierzu.

Wegen der Natur des Cannabis als pflanzlicher Rohstoff ist eine standardisierte Dosierung praktisch unmöglich. Die ungewisse Herkunft von auf der Straße gehandeltem Cannabis, das aus der ganzen Welt stammen kann, kompliziert diese Problem noch mehr. In der Regel gilt, daß Cannabis aus nördlichen Anbaugebieten eine ausgesprochen sedative Wirkung hat, die eher schwach, aber dafür langanhaltend ist. Cannabis aus den Äquatorialgegenden hat demgegenüber eher einen stärkenden Effekt mit plötzlichen und auffälligen körperlichen Erscheinungen und kurzer Wirkungszeit bei Einzeldosen. Von den auf den Straßen der Vereinigten Staaten praktisch überall erhältlichen Sorten ist der am weitesten verbreitete kolumbianische Cannabis »Santa Marta gold« derjenige, der wahrscheinlich die zuverlässigste einheitliche Wirkung pro Dosis hat.

Anwendung während der Schwangerschaft

Von Cannabis sind keine teratogenen Eigenschaften bekannt. Wegen des illegalen Status der Droge sind keine epidemologischen Statistiken zu dieser Frage erhältlich. Das Gesundheitsministerium der Vereinigten Staaten hat einen willkürlichen Bann über Versuche mit Cannabis verhängt, der alle Frauen betrifft, die »schwanger sind oder werden können«, so daß eine wissenschaftliche Untersuchung des Einflusses auf die Schwangerschaft oder frauenspezifische Gesundheitsprobleme unmöglich ist. Die antiemetischen Eigenschaften von Cannabis sind lange von schwangeren Frauen benutzt worden, um die Morgenübelkeit zu bekämpfen, aber bis Genaueres über die Wirkungsweise im Körper bekannt ist, wird nicht empfohlen, Cannabis während der Schwangerschaft regelmäßig anzuwenden. Bisherige Forschungen haben ergeben, daß alle psychotropen Drogen in gewisser Hinsicht teratogen wirken; es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß Cannabis hier eine Ausnahme macht.