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Im Gegensatz zu den landläufigen Ansichten liegen die Ursprünge des Phänomens »Marihuana« keineswegs in den 60er Jahren. Der Indische Hanf ist ein Teil unseres kulturellen Erbes; er ist das Fundament, auf dem die stabilsten Kulturen dieser Erde errichtet wurden, und der Mörtel, der sie zusammengehalten hat.
Was der Name bedeutet
Die Bezeichnung »Hanf« (althochdt. hanaf, altengl. hamp) ist in ihrer modernen Form seit einem knappen Jahrtausend in unserer Sprache geläufig (mittelhochdt. han[e]f, engl, hemp) und wird in erster Linie für Cannabis sativa verwendet. Gleichzeitig steht »Hanf« auch für das Hauptprodukt aus dieser Pflanze: die langen Fasern, der älteste und (bis in die jüngste Geschichte) auch am weitesten verbreitete Grundstoff für die Herstellung von Textilien.
Weil die Pflanze schon immer der Hauptlieferant langer Fasern war, wurde »Hanf« zum Oberbegriff für gleichartige Rohprodukte. Noch heute sind folgende Warenbezeichnungen üblich: Manilahanf (Abacá), Sisalhanf (Sisal und Henequen), Mauritiushanf (Furcraea-Fasern), Neuseelandhanf (Phormium), Sun- oder Bombayhanf (»Klapperschote«, Crotalaria L.) und indischer Hanf (Jute). All diese Pflanzen haben weder hinsichtlich ihres Aussehens noch hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten etwas mit dem echten Hanf gemein. Eigenartigerweise war die Bezeichnung »Hanf« aber nie für den Flachs gebräuchlich, der dem Hanf mehr ähnelt als sämtliche anderen kommerziell genutzten Faserlieferanten.
Der echte Hanf trägt in aller Welt unterschiedliche, aber bei genauerem Hinsehen zumeist sehr ähnliche Namen: lateinisch cannabis, französisch chanvre, spanisch cañamo, portugiesisch canhamo, italienisch canapa, albanisch canep, russisch konopli, polnisch konopi und penek, flämisch kemp, deutsch Hanf, niederländisch hennup, schwedisch hamp, dänisch hampa, bulgarisch kenvir, chinesisch ta-ma, si-ma und tse-ma, japanisch asa, türkisch nasha, syrisch kanabira, arabisch kannab.1
Der früheste bekannte Hanfanbau
Die älteren und neueren Geschichtswissenschaften, die Archäologie, die Anthropologie und die Philologie können anhand ihrer Beobachtungen an Kunstgegenständen, Grabungsfunden, Textilien, Keilschrifttafeln und sprachlichen Zusammenhängen definitiv belegen, daß Hanf eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit ist. Die frühesten aus den Fasern des Hanfes gewebten Stoffe lassen sich auf die Zeit um 8000 v. Chr. datieren; – etwa zur gleichen Zeit entstand die Töpferei. Die Metallbearbeitung wurde erst später erfunden.2
Um 2700 v. Chr. wurde in China Ma (Cannabis) als Faserlieferant und als Heilpflanze angebaut. 3700 Jahre später, also um 1000 n. Chr., wurde der Cannabis-Hanf Ta-Ma (großer Hanf) genannt, um ihn von den unbedeutenderen Faserpflanzen, die unter der Sammelbezeichnung Ma zusammengefaßt wurden, zu unterscheiden. Das chinesische Schriftzeichen für den echten Hanf ist ein großer »Mensch«; dies weist auf die enge Verbindung des Menschen zu dieser Pflanze hin.3
Zwischen 2300 und 1000 vor unserer Zeit
Vermutlich aus Zentralasien und Persien stammende Nomadenvölker – die sagenhaften »Arier« – drangen in den gesamten östlichen Mittelmeerraum und den Mittleren Osten ein und zogen über den Kaukasus in westlicher Richtung nach Europa.
Bei ihrer Wanderung führten diese Nomadenvölker die Cannabispflanze und ihre verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten in die von ihnen berührten Landstriche ein, in den Norden und Westen Griechenlands, in Europa, dem Mittleren Osten, Ägypten (und möglicherweise auch in Afrika) und im Süden und Osten über den Himalaja nach Indien.
In den Kulturen des Mittleren Ostens und Indiens wurde Cannabis dank seiner vielfältigen Verwendbarkeit als Nahrungsmittel-, Öl- und Faserlieferant heimisch. Der Hanf diente allerdings nicht nur zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs; wegen seiner berauschenden Wirkung wurde er auch als rituelles Bindeglied zu den Göttern geschätzt.4
Die Skythen und der Hanf
Die alten Skythen waren zweifellos mit vielen Anwendungsmöglichkeiten von Cannabis vertraut. Sie brachten ihre Hanfernte mit Sensen ein – daran erinnert noch heute das englische Wort für Sense: scythe. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot (um 450 v. Chr.) berichtet von skythischen Bestattungsritualen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., bei denen der Rauch von verbrennendem Cannabis eingeatmet wurde. Die nomadisierenden Skythen brachten diesen Brauch auch anderen Völkern, beispielsweise den Thrakern.5
Der rote Faden durch die Kulturen
Spätestens seit 2700 v. Chr. und bis in unsere Zeit gehörte Cannabis zu allen Kulturen des Mittleren Ostens, Kleinasiens, Indiens, Chinas, Japans, Europas und Afrikas. Man schätzte ihn sehr wegen seiner hervorragenden Eigenschaften zur Gewinnung von Fasern, zur Herstellung von Heilmitteln, Ölen und Nahrungsmitteln und auch wegen seiner euphorisierenden, beruhigenden und die Meditation fördernden Wirkung.
Cannabis ist seit fast 4000 Jahren Bestandteil aller Kulturen des Mittleren Ostens, Kleinasiens, Indiens, Chinas, Japans, Europas und Afrikas gewesen.
Die hanfverarbeitenden Gewerbe waren für unsere Vorfahren von gleicher Bedeutung wie die Herstellung von Werkzeugen, der Ackerbau und die Viehzucht.
Hanf als Gesetzeshüter
Die Cannabispflanze war immer und überall auf höchst eigenartige Weise mit den Rechtssystemen verbunden. Zu bestimmten Zeiten stand, wie schon erwähnt, der Anbau von Hanf unter Strafe, zu anderen Zeiten wurde er zugelassen und gefördert. Aber Hanf spielte mitunter auch eine wichtige Rolle in der Rechtsprechung.
Ein Beispiel: Bei vielen afrikanischen Stämmen gehört es zu den höchsten Strafen bzw. Resozialisierungsmaßnahmen für Kapitalverbrechen, die Gesetzesbrecher für einige Stunden in einer kleinen, abgeschlossenen Hütte einzusperren und sie dort so lange den Dämpfen von dagga (Cannabis) auszusetzen, bis sie in Ohnmacht fallen. Auf diese Weise nehmen sie in kürzester Zeit Dosen auf, mit denen selbst starke amerikanische KonsumentInnen gut zwei Jahre lang auskämen. Ob die Methode funktioniert? In Afrika heißt es, daß es nach einer dagga-Behandlung praktisch noch nie zu Rückfällen gekommen sein soll.
In Europa und Amerika diente der Hanf in einer wesentlich handfesteren Form als »Gesetzeshüter« bei der Bestrafung von Kapitalverbrechen: Die Henkersschlinge wurde meist in einen Strang aus Hanf geknotet.6
Cannabis in der Kräutermedizin
Die geheime Kunst der Zubereitung von Naturheilmitteln aus Hanf war ausgesprochen verbreitet. Man verabreichte die Arzneimittel zur Förderung der Wundheilung, zur Muskelentspannung, als Schmerzmittel, zur Fiebersenkung, bei der Geburtshilfe und für zahllose weitere Anwendungen.7
Die Tradierung des Wissens um diese heilige Pflanze wurde über Jahrtausende hin streng von Priesterkasten bewacht. Menschen, die nicht zu diesen Kasten gehörten und trotzdem Drogenkenntnisse hatten, galten als Hexen und WahrsagerInnen, wurden als Gesetzlose betrachtet und nicht selten für ihr Wissen hingerichtet.
Mystische Kulte
In den großen Weltreligionen ist Cannabis ein fast überall wiederkehrendes Element in Ritus und Mythologie; überall sind Legenden zu finden, die sich darum ranken. Hier einige Beispiele:
Schintoismus (Japan). – Dem Cannabis wurde die bindende Kraft bei Eheschließungen zugeschrieben; er galt als Abwehr gegen böse Geister und als ein Mittel, das der Ehe Frohsinn und Glück gewährt.
Hinduismus (Indien). – Über den Gott Shiva wird erzählt, er habe »den Menschen zur Erbauung und Erleuchtung den Cannabis vom Himalaja gebracht«. Die Sadhus, heilige Bettler-Eremiten, reisen durch Indien und lassen chillum genannte Pfeifen herumgehen, die mit Cannabis gefüllt sind, dem manchmal auch andere Substanzen zugesetzt werden. In der Bhagavadgita sagt Krishna: »Ich bin das heilende Kraut« (Kap. 9, 16); der fünfte Gesang der Bhagarat-Purana spricht von Haschisch in einer eindeutig erotisch eingefärbten Sprache.
Buddhismus (Tibet, Indien, China). – Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. findet hier Cannabis rituelle Verwendung; in Initiationsriten und zur Beförderung mystischer Erfahrungen war und ist er bei vielen buddhistischen Gruppierungen Chinas in Gebrauch. Einige tibetische Buddhisten und ihre Lamas betrachten Cannabis als die heiligste Pflanze. In vielen buddhistischen Überlieferungen und Schriften heißt es, daß der Religionsstifter Siddhartha sechs Jahre lang nichts anderes als Hanf zu sich nahm, ehe er zum Buddha (»dem Erleuchteten«) wurde, die Wahrheit schaute und die Lehre von den vier edlen Tugenden und dem achtfachen Pfad verkündete.
Parsen (Persien, etwa vom 8. Jahrhundert vor bis zum 5. Jahrhundert nach Christus). – Unter vielen christlichen Gelehrten und Schriftstellern war die Ansicht verbreitet, daß es sich bei den »Heiligen Drei Königen«, die bei der Geburt Christi zugegen waren, um parsische magi (weise Männer) gehandelt hat. Die von Zarathustra reformierte parsische Religion hatte viel (zumindest oberflächlich betrachtet) mit der Cannabispflanze zu tun: Cannabis wurde bei der Geburtshilfe, als sakrales Räucherwerk, als Salb- und Tauföl verwendet; daneben war sein Öl auch ganz profan als Leuchtöl in Gebrauch. Das Wort »magisch« wird heute allgemein als eine Ableitung von magi, dem Namen der Anhänger des Zarathustra, betrachtet.
In den asketischen Ordensgemeinschaften der jüdischen Essäer (Israel, 2. Jh. n. Chr.) war Hanf zu medizinischen Zwecken in Gebrauch; das gleiche gilt für eine 200 bis 300 Jahre jüngere jüdische Sekte von Einsiedlern in Ägypten, den Therapeuten. Von einigen WissenschaftlerInnen wird die These vertreten, daß beide Gruppen von den Lehren des Zarathustra beeinflußt wurden.
Bei den Sufis, einer im gesamten Mittleren Osten verbreiteten Gemeinschaft islamischer Mystiker, gilt Cannabis seit wenigstens tausend Jahren als Wegbereiter göttlicher Offenbarungen, höherer Erkenntnis und als Mittel, die Einheit mit Allah zu erlangen. Viele Gelehrte (darunter auch Moslems) glauben, auch bei den Sufis habe es sich ursprünglich um Anhänger des Zarathustra gehandelt, die zwar im Verlauf der islamischen Eroberungszüge des siebten und achten Jahrhunderts zum Glauben an den Koran bekehrt wurden, aber dennoch einige Züge ihres alten Glaubens bewahrten.
Einige Gruppen der koptischen Christen (Ägypten/Äthiopien) glauben, bei dem biblischen heiligen »grünen Kraut auf dem Felde« habe es sich um Cannabis gehandelt (»Und ich will ihnen eine herrliche Pflanzung aufgehen lassen, daß sie nicht mehr sollen Hunger leiden im Lande, und ihre Schmach unter den Heiden nicht mehr tragen sollen« Hesekiel 34, 29), ebenso bei den geheimen Räuchersubstanzen und den Salbölen in der Bibel.
Bei den afrikanischen Bantus gab es geheime Dagga-Kulte8, die den Gebrauch von Cannabis einzig den Herrschern gestatteten. Pygmäen, Zulus und Hottentotten war Cannabis als Heilkraut gegen Krämpfe, Epilepsie und Gicht bekannt; außerdem verwendeten sie ihn als kultisches Sakrament.
Die aus Jamaika stammenden Rastafari benutzen Cannabis als heiliges Sakrament, um mit ihrem Gott (Jah) in Verbindung zu treten.
Hanf und die Physiologie des Menschen
Von der US-Regierung geförderte Studienreihen an der Medizinischen Hochschule von St. Louis (1989) und im National Institute of Mental Health (1990) eröffneten der Cannabisforschung neue Perspektiven. Sie ergaben, daß das menschliche Gehirn mit Rezeptoren ausgestattet ist, die nur und ausschließlich THC und dessen natürliche Verwandte aufzunehmen vermögen.
Wenn eine chemische Substanz die Hirntätigkeit beeinflussen soll, muß sie in der Lage sein, sich an spezielle Rezeptoren anzudocken.9
Zwar können auch Morphine einigermaßen von den Rezeptoren für die körpereigenen Beta-Endorphine gebunden werden, und die Strukturen von Amphetaminen stimmen entfernt mit denen der ebenfalls körpereigenen Dopamine überein, aber derartige Medikamente bilden (zusammen mit trizyklischen und anderen Stimmungsbeeinflussenden Präparaten) eine ernsthafte Gefährdung für den Flüssigkeitshaushalt unseres Nervensystems. Weder das Omni-Magazin noch die New York Times berichteten im Zusammenhang mit natürlichem Cannabis über derartige Nebenwirkungen.
Ein wichtiger Grund, weshalb Cannabis eine so »sichere« Medizin ist, liegt darin, daß er sich nicht auf die unwillkürlichen Muskelfunktionen auswirkt, die unter anderem das Atmen besorgen. Statt dessen wirkt Cannabis über ganz spezielle Rezeptoren auf die Motorik und das Gedächtnis.
Die jüngsten psychopharmakologischen Studien haben bewiesen, daß unser Gehirn mit speziellen Rezeptoren für das THC ausgestattet ist. Der Gedanke an eine vor-kulturelle Wechselbeziehung von Mensch und Marihuana liegt somit nahe. Vielleicht stellt sich eines Tages heraus, daß in der symbiotischen Beziehung, die der Mensch zu dieser Pflanze unterhält, ein Schlüssel kultureller Blüte liegt.
Bei näherer Betrachtung der molekularen Strukturen stellt sich heraus, daß THC dermaßen genau in die entsprechenden Rezeptoren paßt, als wären sie eigens zu diesem Zweck geschaffen worden. Die Vermutung einer uralten Symbiose von Mensch und Pflanze drängt sich geradezu auf.
Vielleicht sind diese neuronalen Rezeptoren in der Tat das Produkt einer vorkulturellen Bindung der Menschheit an die Cannabispflanze. Carl Sagan führt die afrikanischen Buschmänner als Beispiel für die Tatsache an, daß Cannabis zu den ersten Pflanzen zählt, die Menschen anzubauen begannen. Einige WissenschaftlerInnen nehmen allerdings an, die Rezeptoren hätten sich nicht entwickelt, damit sich der Mensch in einen Rauschzustand versetzen kann. So spekulierte Allyn Howlett, Professor für Pharmakologie an der Universität von St. Louis im Jahr 1989: »Diese Andockstellen für Neurotransmitter im menschlichen Hirn sind sicherlich unabhängig davon entstanden, ob Cannabis vorhanden war oder nicht.«
Aber vielleicht verhält es sich auch ganz anders. Der für die University of California tätige Psychopharmakologe Ronald K. Siegel betrachtet das Verlangen nach anderen Bewußtseinszuständen in seinem Buch Intoxication: Life in Pursuit of Artificial Paradise als den vierten Grundtrieb neben Hunger, Durst und Sexualität. Und außerdem sind Menschen keineswegs die einzigen Wesen, die sich »high« machen können. Siegel weist auf viele Studien hin, bei denen beobachtet wurde, daß auch Tiere sich gezielt berauschen.
Hanf ist ein Teil unserer kulturellen, spirituellen und psychologischen Erbschaft; er ist Garant der stabilsten und langlebigsten Kulturen dieser Erde. Wenn Sie also etwas über die Langzeitwirkungen von Marihuana erfahren wollen – schauen Sie doch einfach in den Spiegel.
Geheimnisumwittert
Am Anfang aller mystisch-religiösen Glaubenssysteme standen bei den Völkern der ganzen Welt eine Fülle Beobachtungen aus dem alltäglichen Leben. Tod und Not – Hunger, Fasten, Durst, Fieber – sowie unkontrollierte Rauschzustände durch den Genuß zufällig vergorener Nahrungsmittel führten bei den Menschen zu außergewöhnlichen Erfahrungen. Aber auch nach dem Konsum von Wein, Bier und Cannabiswein (Bhang), von Psilocybin, Fliegenpilzen und anderen psychoaktiven Substanzen traten unerklärbare Bewußtseinserweiterungen auf. Die Wirkstoffe dieser heiligen Pflanzen und Kräuter verschafften unseren ahnungslosen Vorfahren die wunderbarsten Visionen, Reisen in die entlegensten Regionen des Bewußtseins und mitunter auch das Erlebnis allumfassender Brüderlichkeit.
Die Menschen wollten die durch Drogen herbeigeführten Bewußtseinszustände und ihre heilende Wirkung verstehen lernen; und diese großartigen Kenntnisse bildeten dann den wesentlichen Kern des spirituellen Wissens eines Stammes. Heilen! Aber mit welchen Substanzen? Und mit welchen Dosierungen?
Man mußte dieses Wissen vermehren und für die zukünftigen Generationen bewahren. Kenntnis zu haben, welche Erlebnisse sich mit welchen Pflanzen und Mischungen in welcher Stärke herbeiführen ließen, bedeutete Macht zu haben! Das »heilige Wissen« hüteten die Priester und Kräuterheiler wie ihren Augapfel und gaben es nur in geheimnisvoller Verschlüsselung weiter; den psychoaktiven Pflanzen, von denen in den Mythen die Rede ist, werden beispielsweise menschliche oder tierische Attribute zugeschrieben.
In dem Bewußtsein, daß mit diesem Wissen auch Macht verbunden war, hielten Medizinmänner und die Kräuterheiler der Priester- und Schamanenkasten ihr Wissen vor den übrigen Stammesmitgliedern geheim. Auf diese Weise verhinderten sie auch, was sie zur gefährlichen »Sünde« erklärten, nämlich eine zufällige Einnahme derartiger Stoffe, deren Zubereitung auf eigene Faust sowie Drogenexperimente der Kinder des Stammes. Außerdem war man sicher, daß bei Stammensfehden die in Gefangenschaft geratenen Stammesmitglieder das heilige Wissen nicht den Feinden verraten konnten.
Der sagenhafte Kaiser She Nung (ca. 2700 v. Chr.) gilt in China als erster Entdecker des Heilmittels Hanf
Schon zu Cäsars Zeiten nannten die Römer solche uralten Religionen, deren ekstatische Kulte und Rituale auf das Erlebnis körperlicher Entgrenzung zielten, »orientalische Mysterienkulte«.
Die jüdische Tradition
Der Anbau und die Verarbeitung von Hanf war im Palästina der biblischen Zeit eines der wichtigsten Gewerbe. Den Vertretern der hebräisch-mystischen Tradition (etwa den Kabbalisten) waren regionale Kulte, die in ihren Ritualen natürliche Rauschmittel verwendeten, durchaus bekannt; teilweise übernahmen sie sogar deren Einflüsse. Aber auch hier wurde dieses Wissen hinter Ritualen, Symbolen und geheimen Zeichen verborgen, um die natürlichen Sakramente (wie etwa »heilige Pilze«) und die Kräuter, die den Geist erhoben (darunter auch Cannabis) vor Unbefugten zu schützen.10
Und was sagt die Bibel?
Es ist nicht leicht, in der Bibel die verschlüsselten Anspielungen zu entdecken, in denen von Cannabis und anderen Drogen die Rede ist. Der Text kennt keine botanischen Bezeichnungen und überdies entstellen die Übersetzungen oft den ursprünglichen Wortlaut. Die einzelnen Bücher werden unterschiedlich benannt; den Originaltexten wurden Kommentare beigefügt; und der Klerus versuchte immer wieder auszusondern, was ihm nicht genehm war.
95 Prozent aller Menschen war es verwehrt, das Lateinische, die Sprache der Bibel, zu lernen. Dieser Wissensvorsprung war das Privileg der wenigen Priester, die lesen konnten und ihr Interpretationsmonopol eifersüchtig hüteten. Immerhin wird die Verwendung von Cannabis nirgendwo in der Bibel ausdrücklich verboten oder abgelehnt. Einige Passagen beziehen sich direkt auf die Wohltaten von Cannabis und ähnlichen Kräutern, und selbst deren späteres Verbot wird dort vorausgesagt.
»Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art [...]. Und Gott sah, daß es gut war« (1. Mose 1, 12).
»Gott läßt auf den Feldern heilkräftige Kräuter wachsen, die ein weiser Mann wohl verwenden soll« (Jesus Sirach 38, 4).
In Zeiten der Unterdrückung werden Hinweise auf Cannabis und andere spirituelle Drogen oftmals in Kunstwerken versteckt. Auf diesem Bild (Der dritte Tag der Schöpfung, San Marco, Venedig 6. bis 7. Jahrhundert sind die Köpfe der Engel von stilisierten Hanfblättern umgeben; die Heiligenscheine erinnern an die Hauben von Fliegenpilzen.
»Was zum Mund eingehet, das macht den Menschen nicht unrein, sondern was zum Munde ausgehet, das macht den Menschen unrein« (Matthäus 15, 11).
»Der Geist aber sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten werden etliche [...] anhangen den Lehren böser Geister durch die Heuchelei der Lügenredner [...]. Sie gebieten [...] zu meiden die Speisen, die Gott dazu geschaffen hat, daß sie mit Danksagung empfangen werden von den Gläubigen und denen, die die Wahrheit erkennen« (1. Timotheus 4, 1 ff.).
Die frühchristlichen Gemeinden
Die frühchristliche Kunst, Buchmalereien, Handschriften, die Schriftrollen von Qumran, die gnostischen Evangelien, die Schriften der frühen Kirchenväter: all das deutet darauf hin, daß die meisten christlichen Gemeinschaften während der ersten 400 Jahre ihrer Geschichte vom Geist der Sanftmut und Liebe durchdrungen waren. Im allgemeinen waren sie offen, tolerant und als Gemeinde sozial nur wenig gegliedert: Es war eine Religion der armen Leute und der Sklaven.
In Rom hielt man das Christentum zunächst lediglich für einen der vielen orientalischen Mysterienkulte, von denen die Kulte des Mithras und der Isis zu dieser Zeit im Römischen Reich am weitesten verbreitet waren.
Nach einer Reihe zermürbender Kriege mit den Barbaren steuerte das innerlich von politischer Korruption zerfressene Römische Reich auf eine Katastrophe zu und drohte auseinanderzubrechen. Die steife Förmlichkeit der römischen Staatsreligion, die bislang auch die politische Macht und Einheit der herrschenden Klasse des Reiches garantierte, führte dazu, daß die Mächtigen sich einem bunten Gemisch der verschiedensten Kulte und Religionen zuwandten.
Um sich aus dieser Krise zu retten, änderte das ehedem fremden Kulten gegenüber tolerante Rom den Kurs.
Seit dem Jahr 249 n. Chr. fanden blutige Verfolgungen statt, die – von verschiedenen Kaisern unterstützt – auch und besonders die Christen trafen. Im Jahr 306 wurde klar, daß dieses Vorgehen aussichtslos war. Kaiser Konstantin befahl, die Verfolgungen einzustellen und stellte sich schützend vor die Christen. Deren Priesterschaft dankte ihm das prompt, indem sie ein vom Mithraskult und anderen Religionen übernommenes Dogma verkündete: Nur wer von »königlichem Blute« abstamme, dem käme das »göttliche Recht der Herrschaft über die Menschen« zu.
Konstantin war ein ehrgeiziger Herrscher und hatte genau beobachtet, wie sich die Kirche während der Zeit ihrer Unterdrückung in eine intolerante, streng hierarchische Organisation gewandelt hatte; sie hatte ein Netzwerk geschaffen, das beinahe genausoviel Einfluß hatte wie der Kaiser selbst. Würde er also Kirche und Staat zusammenführen, dann ließe sich die Macht beider Seiten verdoppeln; zusammen könnten sie die Verbrechen/Sünden ihrer politischen Rivalen und Abtrünnigen mit der Unterstützung/dem Segen des anderen Partners verfolgen.11
Konstantin trat bald darauf zum Christentum über und führte die römisch-katholische Kirche als staatlich unterstützte, verpflichtende und einzige Religionsautorität ein; dieser Anspruch wird bereits im Namen deutlich: »katholisch« bedeutet etwa »allumfassend«. Das Christentum war nun also die offizielle und einzige römische Staatsreligion. Mit einem Schlag wurden alle Geheimgesellschaften verstoßen, die des Kaisers (und Roms) Anspruch auf die Herrschaft über die gesamte bekannte Welt hätten in Frage stellen können, – so wie sie es während der vergangenen 400 Jahre ja getan hatten.
Kirchenadel und weltliche Fürsten
Rom hatte fast 300 Jahre lang Jagd auf christliche Priester gemacht; nun mußten die Römer ihren Weisungen Folge leisten. Im 4. und 5. Jahrhundert setzte ein Prozeß ein, in dessen Verlauf die heidnischen Religionen und sämtliche nichtorthodoxen christlichen Gemeinschaften sich in die Hierarchie des offiziellen Christentums und dessen Dogmen eingliedern mußten, anderenfalls wären sie mit ihren Glaubensvorstellungen und Überlieferungen ausgestoßen worden.
Nach einer Reihe von Konzilien wurden bis zum frühen Mittelalter alle von der offiziellen Lehre abweichenden Glaubenssätze verboten und totgeschwiegen; darunter auch die Erkenntnisse, daß die Erde eine Kugel sei und daß die Sonne und die Sterne mehr als 17 Meilen von der Erde entfernt seien. Seit dem 10. und 11. Jahrhundert war praktisch alle Macht in die Hand der Kirche und des Papstes übergegangen – zunächst mit Unterstützung der deutschen Kaiser, dann der spanischen und französischen Könige und zuletzt der einflußreichen norditalienischen Kaufleute und Adeligen – der Borgia und Medici –, die sich im Gegenzug von der Kirche den Schutz ihrer Handelsgeheimnisse, ihrer Bündnisse und ihrer Einkommensquellen versprachen.
Alle Völker Europas wurden – notfalls mit Gewalt – der Politik des »Heiligen Römischen Reiches« unterworfen, der absoluten Intoleranz eines Kirchen- und Polizeistaates, der von dem blinden Glauben an eine allein seligmachende, nie angezweifelte Art des Gottesdienstes und an die Unfehlbarkeit des Papstes getragen wurde.
Die weltlichen Herrscher unterstützten die Kirche, beruhte doch ihre Macht nicht zuletzt auf dem neuen christlichen Dogma des sogenannten Gottesgnadentums.
Sie erließen Gesetze, mit denen die leisesten Anzeichen von Häresie12 auf unvorstellbar grausame Weise verfolgt werden konnten. Wer von den Dogmen der Kirche abwich, galt als Ketzer, wurde von der Inquisition gnadenlos verfolgt und mit der Folter zum Widerruf oder einem »Geständnis« gezwungen.
Die Inquisition überzog viele westliche Länder mit ihrer Schreckensherrschaft und hielt die Menschen in Furcht um Leben und Freiheit, aber auch in Sorge um die Unsterblichkeit ihrer Seele. Denn die »Hölle« öffnete sich nur wenige Zentimeter unter den Füßen derer, die von der Kirche exkommuniziert wurden.
Das Geheimnis der Papierherstellung
Die Mehrheit der Bevölkerung, die sogenannten gemeinen Leute, wurde durch Angst und erzwungene Unwissenheit unterm Joch gehalten. Der Erwerb von Wissen wurde auf das Allernotwendigste beschränkt und vom Klerus streng überwacht.
Die »gemeinen Leute« – immerhin 95 Prozent der Bevölkerung – konnten weder lesen noch schreiben; selbst der Versuch, das Alphabet zu lernen, konnte sie das Leben kosten. Die Kenntnis der Bibelsprache, des Lateins, war für sie selbstverständlich ein absolutes Tabu. So konnte der lesekundige Klerus die Heilige Schrift für gut 1200 Jahre in seinem Sinne auslegen; erst die Reformation setzte dem ein Ende.
Die Kontrolle der Köpfe stützte sich auf die Kontrolle über das Papier. Ohne Papier war die Aufzeichnung und Verbreitung eigenständiger Gedanken eben nicht möglich. Die Methoden der Hanfverarbeitung wurden in den Klöstern aufbewahrt und wie Geheimnisse gehütet. Die Kirche wußte, welche Macht sie mit dem Geheimnis der Papierherstellung und der Zubereitung von Lampenöl in der Hand hielt. Es mußte etwas geschehen.
Die verbotenen Heilmittel
Während sie den Wein als Sakrament ehrte und Bier und schwere Alkoholika tolerierte, verbot die Inquisition im 12. Jahrhundert in Spanien und im 13. Jahrhundert in Frankreich die Einnahme von Cannabis. Im Zuge dieser Kampagne wurden auch viele andere Naturheilmittel verflucht und mit dem Bann belegt. Wer auch immer Hanf aus spirituellen Motiven, zum Heilen oder aus sonstigen Gründen benutzte, war fortan eine »Hexe« oder ein »Hexer«, jemand, der mit dem Satan im Bunde stand.
Die 1920 heiliggesprochene Johanna von Orléans (besser bekannt als Jeanne d’Arc) war 1430 von einem geistlichen Gericht beschuldigt worden, verschiedene »Hexenkräuter«, darunter auch Cannabis, genommen und daraufhin visionäre Stimmen gehört zu haben.
Die erlaubten Heilmittel
In Westeuropa gab es zuletzt nur noch wenige Heilmittel, die die Billigung der römisch-katholischen Kirche fanden. Dazu gehörten beispielsweise das Tragen einer Vogelmaske zur Abwehr der Pest oder der Aderlaß. Die meisten Patientinnen und Patienten, seien sie an Grippe, Lungenentzündung oder Fieber erkrankt, wurden Opfer dieser bis in unser Jahrhundert bei europäischen und amerikanischen Ärzten beliebtesten Behandlungsmethode, die darin bestand, den Kranken mitunter mehr als einen Liter Blut abzuzapfen. Diese Methode ist und war natürlich vollkommen wirkungslos – gleichgültig, wieviel Blut abgezapft wurde.
Die Kirche forderte auch dazu auf, bei bestimmten Krankheiten besondere Heilige um ein Wunder anzuflehen: bei Mutterkornvergiftung den heiligen Antonius, bei Blindheit die heilige Odilia, bei Epilepsie den heiligen Vitus. Aber Alkohol war erlaubt.
Im Jahr 1484 holte Papst Innozenz VIII. mit seiner Hexenbulle zu einem Rundumschlag gegen CannabisheilerInnen und andere Kräuterkundige aus. Er verkündete, daß Hanf ein unheiliges Sakrament der Satansmesse sei. Der anschließende Hexenwahn und die Hexenprozesse währten länger als 150 Jahre.
Für die mittelalterliche Kirche gab es drei Abarten des Satanskultes:
– Die Anrufung oder Verehrung Satans und
– den Besitz von Hexenwissen. Hier gerieten besonders Heilkräuterkundige und Alchimisten in Verdacht, die um die Herstellung und Verwendung von Salben und anderen Zubereitungen als Heilmittel oder als spirituelle Sakramente wußten, und diese Mittel, die auch Cannabis enthielten, weitergaben.
– Die sogenannte Travestie der Messe, die wir uns ungefähr wie eine Mischung aus den Simpsons, Mel Brooks, Monty Python und Rap vorzustellen haben. Es handelte sich dabei um eine ironisch-respektlose Verkehrung der Dogmen, Sakramente und Riten der römisch-katholischen Kirche, wobei deren absolute Glaubenssätze verspottet wurden. Man sang obszöne Lieder, verzehrte statt der Hostien Blutwürste und wählte Narren oder Esel zum Bischof.
Weil sich die mittelalterliche Kirche nicht des Verdachtes erwehren konnte, daß sie bisweilen von ihren eigenen Untergebenen, nicht selten hochgebildeten Klerikern und angesehenen Bürgern, lächerlich gemacht und verspottet wurde, erklärte sie die Einnahme von Cannabis zur satanischen Ketzerei.
Widersprüche
Aber trotz aller Angriffe, denen der Hanf von Seiten der geistlichen und weltlichen Macht über mehrere Jahrhunderte ausgesetzt war, wurde in Nordeuropa, in Afrika und Asien weiterhin Hanfanbau betrieben. Während die Kirche in Europa CannabiskonsumentInnen verfolgte, ließen die spanischen Konquistadoren in aller Welt eifrig Hanf anpflanzen, den sie für Segeltuche und Tauwerk, für Werg und Kleidung benötigten.
Hanf – nicht auszurotten
Nachdem das Osmanische Reich Ägypten unter seine Herrschaft gebracht hatte, versuchte man im 14. Jahrhundert auch dort den Hanfanbau zu verbieten. Die ägyptischen Hanfbauern entlang des Nils hatten mehrfach Revolten gegen die Steuerzahlungen angezettelt, und die Türken führten Klage, die Einnahme von Cannabis reize die Ägypter zum Lachen und wiegele sie zu respektlosem Verhalten gegenüber ihrem Sultan und dessen Statthaltern auf. Ägypten war in der Moderne denn auch der erste Staat, der 1868 den Cannabiskonsum untersagte; 1910 folgte Südafrika, das die alten Dagga-Kulte und Naturreligionen der Urbevölkerung zu unterbinden suchte und unter Strafe stellte.
In Europa waren von der Krim bis zu den Britischen Inseln vielfältige gewerbliche und medizinische Verwendungen des Hanfs üblich. Die päpstliche Hexenbulle von 1484, die sich schon nördlich der Alpen kaum noch durchsetzen ließ, war in Osteuropa noch wirkungsloser: Rumänien, Ungarn und die ehemalige Tschechoslowakei nehmen bis auf den heutigen Tag eine weltweit führende Stellung in der Hanfproduktion ein. In Irland, das für sein Hanfleinen berühmt war, griffen die Frauen auch bei entscheidenden Fragen ihres Lebens zum Hanf: So versprachen sie sich etwa vom Cannabisgenuß einige Erhellung und Unterstützung bei der Frage der Gattenwahl.
Dann kam der Handel mit Hanf in den europäischen Staaten wieder in Schwung, und in Renaissance und Barock, im Zeitalter der Entdeckungen, also zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert, spielte er bei den Manövern und Intrigen aller bedeutenden Mächte eine entscheidende Rolle.
Das Zeitalter der Aufklärung
Mit dem 18. Jahrhundert begann eine neue Ära des Denkens und der Kultur. Die amerikanischen Kolonisten erklärten »Leben, Freiheit und das Streben nach Glück« zu den höchsten Zielen; das französische Echo dieser Proklamation lautete »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!«. Die Grundlagen moderner Verfassungen wurden vorbereitet, die Menschenrechte wurden niedergeschrieben, die Verflechtung von Kirche und Staat wurde aufgehoben. All dies geschah in der Absicht, eine neue Politik ins Werk zu setzen, unter deren Schutz die Bürger ohne Angst vor repressiven und intoleranten Gesetzen arbeiten und leben konnten.
Geräte für das Schwingen, Brechen und Hecheln des Hanfs. Kupferstich von Antonio Baratti aus Diderots Enzyklopädie, 1771.
John Stuart Mill, dessen Philosophie das demokratische Staatswesen der USA nachhaltig prägte, schrieb in seinem Essay Über die Freiheit (1859) »Die menschliche Freiheit beinhaltet an vornehmster Stelle die innere Domäne des Bewußtseins im umfassendsten Sinne: Die Freiheit der Gedanken und die Freiheit des Gefühls, [...] wissenschaftliche, moralische und theologische Freiheit, [...] die Freiheit des Geschmacks und des Strebens.«
Mill betonte, daß Gedankenfreiheit und Meinungsfreiheit das Fundament aller Freiheit ist. Den gleichen Gedanken finden wir auch in den historischen Worten des Gentleman-Farmers Thomas Jefferson, eingegraben in den Marmor seines Denkmals in Washington: »Vor dem Altar Gottes habe ich aller Tyrannei über den menschlichen Geist ewige Feindschaft geschworen.«
Abraham Lincoln war ein . entschiedener Gegner der Prohibition Als er einem Mordanschlag zum Opfer fiel, erhielt seine Gemahlin Cannabis zur Beruhigung ihrer zerrütteten Nerven. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Cannabisverbot nahm praktisch jeder Präsident der Vereinigten Staaten gewohnheitsmäßig Heilmittel auf der Basis von Cannabis (vgl. Kapitel 12).
Auch aus jüngerer Zeit gibt es solche Nachrichten. Aus dem engeren Kreis der Vertrauten um John F. Kennedy verlautete, der Präsident habe regelmäßig Cannabis zur Linderung seiner Rückenschmerzen genommen; für seine zweite Amtsperiode habe er sogar die Legalisierung von Marihuana geplant – ein Plan, den 1963 die Schüsse von Dallas vereitelten.13
Und vor noch kürzerer Zeit gaben die Söhne der Präsidenten Carter und Ford zu, im Weißen Haus »Gras« geraucht zu haben. Von George Bushs Vizepräsident Dan Quayle heißt es, er habe während seiner Collegezeit Marihuana geraucht und auch andere Drogen ausprobiert. Über Ronald Reagan und sogar über die ehemalige First Lady Nancy (»Just Say No«) wird berichtet, sie hätten im Amtssitz des Gouverneurs von Kalifornien Cannabis geraucht.14