Überschrift des Popular Mechanics Magazine vom Februar 1938

»Neue
Milliarden-Dollar-Ernte«

 

»Die profitabelste

 

Nutzpflanze, die man sich wünschen kann«

Überschrift des Mechanical Engineering Magazine vom Februar 1938

Man war im Begriff, die moderne Technologie auf die Hanfproduktion anzuwenden und Hanf zur Nutzpflanze Nummer eins in den USA zu machen. Zwei der angesehensten und einflußreichsten Zeitschriften des Landes, Popular Mechanics und Mechanical Engineering sagten dem amerikanischen Hanf eine strahlende Zukunft voraus. Tausende neuer Produkte, die Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen sollten, kündigten das Ende der großen Depression an. Doch dann wurde Hanf auf Betreiben von W. R. Hearst, der nur vom »mexikanischen Killer-Gras Marihuana« sprach, verfolgt, diskriminiert und vergessen.

Zwischen 1901 und 1937 sagte das US-Landwirtschaftsministerium wiederholt voraus, daß Hanf erneut Amerikas wichtigste landwirtschaftliche Nutzpflanze sein würde, sobald man Maschinen erfunden habe, die in der Lage seien, zu ernten, die Faser vom Halm zu trennen und die Zellmasse säuberlich herauszulösen.

Mit dem im Februar 1938 in Popular Mechanics veröffentlichten Artikel »Neue Milliarden-Dollar-Ernte« bestätigte die populärwissenschaftliche Presse diese Voraussage. Diesen Artikel haben wir wiederentdeckt und in der Erstauflage dieses Buches nach über fünfzig Jahren erstmalig wieder abgedruckt. Die nachstehende Übersetzung entspricht der ungekürzten Originalfassung von 1938.

Wegen des Drucktermins wurde er bereits im Frühjahr 1938 vorbereitet, als es noch legal war, Hanf für die Herstellung von Fasern, Papier, Dynamit und Öl anzubauen, und als Hanf in der Tat die Grundlage für eine unglaublich schnell wachsende Industrie war.

Ein Auszug aus einem weiteren Artikel über Hanfanbau und -verarbeitung, der im Februar 1938 in Mechanical Engineering erschien, ist hier ebenfalls abgedruckt. Die Vorlage dieses Artikels bildete ein Referat, das ein Jahr zuvor, am 26. Februar 1937, der American Society of Mechanical Engineers (Amerikanische Gesellschaft der Maschinenbauingenieure) anläßlich einer Tagung über die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in New Brunswick, New Jersey, vorgelegt wurde.

Berichte des US-Landwirtschaftsministeriums aus den dreißiger Jahren wie auch Sachverständigengutachten des Kongresses aus dem Jahre 1937 zeigten, daß sich die Anbaufläche für Hanf in den USA zwischen 1930, mit nur 405 Hektar, dem Tiefstand, und 1937, als 5 670 Hektar bepflanzt wurden, beinahe jährlich verdoppelt hatte. Damals gab es Pläne, diese Anbaufläche jährlich weiter zu verdoppeln.

Wie diese Artikel zeigen, steckte die neue, auf Maschinenbetrieb umgestellte Hanfindustrie noch in den Kinderschuhen, aber Hanf schickte sich an, erneut zur wichtigsten landwirtschaftlichen Nutzpflanze der USA zu werden. Und im heutigen Licht neuentwickelter Technologien der Energiegewinnung aus Biomasse wissen wir, daß Hanf zur größten Industrie der Welt und zum wichtigsten ökologischen Instrument werden könnte.

In dem Artikel aus Popular Mechanics wurde zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte die Summe »Milliarden Dollar«1 im Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Nutzpflanze der USA verwendet.

Nach vorsichtigen Schätzungen könnte die Hanfindustrie, sobald sie in den USA wieder voll etabliert sein wird, zwischen 500 Milliarden und einer Billion Dollar pro Jahr erwirtschaften und den Planeten und die Zivilisation davor bewahren, daß weiterhin die fossilen Brennstoffe und ihre Derivate verheizt und verschleudert und unsere Wälder abgeholzt werden!

Hätten Anslinger, Du Pont, Hearst und die von ihnen bestochenen Politiker den als Marihuana diskreditierten Hanf (vgl. Kapitel 4) nicht verboten und das Wissen über ihn in unseren Schulen, unserer Forschung und unserer Wissenschaft nicht unterdrückt, so hätten sich die begeisterten Vorhersagen in diesen Artikeln zum jetzigen Zeitpunkt längst bewahrheitet – mit mehr Nutzen als irgend jemand damals vorhersehen konnte –, zumal sich neue Technologien stets weiterentwickeln.

Ein Kollege hat es treffend formuliert: »Diese Artikel enthielten die letzte ehrliche Aussage, die in den vergangenen vierzig Jahren über Hanf gemacht wurde...«

Popular Mechanics Februar 1938

Neue Milliarden-Dollar-Ernte

Den amerikanischen Farmern winkt ein neues, leicht verkäufliches Agrarerzeugnis mit einem jährlichen Wert von mehreren hundert Millionen Dollar, denn man hat eine Maschine erfunden, die ein über 6 000 Jahre altes Problem löst. Dieses Erzeugnis ist Hanf, eine Nutzpflanze, die anderen amerikanischen Produkten keine Konkurrenz machen wird. Im Gegenteil, sie wird die Einfuhr von Rohstoffen und Fertigerzeugnissen ersetzen, die von unterbezahlten Tagelöhnern und Landarbeitern produziert werden, und sie wird Tausende von Arbeitsplätzen für amerikanische Arbeiter schaffen.

Die Maschine, die all dies möglich macht, entfernt die fasertragende Kortex vom Rest des Stengels, so daß mit geringem Arbeitsaufwand Hanffasern zur Verwertung verfügbar gemacht werden können.

Hanf ist die Standardfaser der Welt. Sie ist von hoher Reißfestigkeit und Haltbarkeit. Aus ihr lassen sich mehr als 5 000 textile Produkte fertigen, von Seilerwaren bis zu feiner Spitze, und das holzige Werg, das übrigbleibt, wenn die Fasern entfernt worden sind, enthält mehr als 77 Prozent Zellulose, aus der man über 25 000 Produkte herstellen kann, vom Dynamit bis zum Cellophan.

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Maschinen, die derzeit in Texas, Illinois. Minnesota und anderen Staaten in Betrieb sind, stellen Fasern mit Herstellungskosten von einem halben Cent das Pfund her, und selbst für den Rest des Stengels läßt sich ein gewinnbringender Absatzmarkt finden. Besitzer der Maschinen erzielen in Konkurrenz mit den ausländischen, von unterbezahlten Arbeitskräften gewonnenen Fasern einen guten Gewinn, obwohl sie den Farmern 15 Dollar pro Tonne Hanf, so wie er vom Feld kommt, bezahlen.

Bei den Farmern gilt Hanf als leicht anbaubare Nutzpflanze, mit der ein Ertrag von 7,5 bis 15 Tonnen pro Hektar erzielt werden kann, und zwar auf jedem Land, auf dem auch Korn, Weizen oder Hafer wachsen. Die Wachstumsphase ist sehr kurz, so daß man Hanf dort noch anpflanzen kann, wo das andere Getreide schon geerntet ist. Hanf kann in jedem US-Staat angebaut werden. Die langen Wurzeln dringen in den Boden ein, lockern ihn und hinterlassen ihn in bestem Zustand für die Ernte des kommenden Jahres. Die dichten Blätterkronen, acht bis zwölf Fuß über dem Boden, ersticken das Unkraut. Zwei aufeinanderfolgende Ernten reichen aus, um Land wieder urbar zu machen, das wegen kanadischer Disteln oder Quecken aufgegeben wurde.

Links oben: Auf hoher See mit Segeln und Tauen aus Hanf. Links unten: Hanffasern verlassen die Maschine, fertig zur Ballenpressung. Das pulverförmige Werg neben der Maschine enthält 77 Prozent Zellulose. Rechts oben: Modern geschnittener Arbeitskittel aus Hanf.

Rechts unten: Hanfernte mit einem Mähbinder. In Texas gedeiht Hanf hervorragend.

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Früher verfuhr man so, daß man den Hanf nach dem Mähen wochenlang auf den Feldern liegenließ, bis er genug »geröstet« war, um die Fasern per Hand abziehen zu können. Rösten bedeutet ganz einfach Rotten als Ergebnis von Tau, Regen und Bakterientätigkeit. Man entwickelte Maschinen, um die Fasern, nachdem der Hanf geröstet war, mechanisch vom Halm zu trennen, aber die Kosten waren hoch, der Verlust an Fasern ebenfalls und die Faserqualität vergleichsweise gering.

Seit Erfindung der neuen Maschine, der »Schälmaschine«, wird der Hanf mit einem geringfügig veränderten Mähbinder gemäht. Dann wird er zur Maschine transportiert, wo er von einer automatischen Förderkette mit einer Menge von zwei oder drei Tonnen pro Stunde in die Braken befördert wird. Das Werg wird in kleine Stücke gebrochen, die in einen Füllschacht fallen, von wo aus sie mittels eines Gebläses in eine Presse oder zur losen Verfrachtung in Lastwagen oder Waggons befördert werden. Die Faser verläßt die Maschine an deren anderem Ende, fertig zur Ballenpressung.

Danach kann mit der Faser fast alles gemacht werden. Die Rohfaser kann zu starken Bindfäden oder Seilen verarbeitet, zu Packleinwand verwebt und für Teppichketten oder Linoleumrücken verwendet werden. Sie kann gebleicht und mit hochwertigen harzigen Nebenprodukten veredelt werden.

Mit ihr lassen sich in der Tat all die aus dem Ausland kommenden Fasern ersetzen, die heute unsere Märkte überschwemmen.

Fortsetzung »Neue Millarden-Dollar-Ernte«

Tausende Tonnen von Hanfwerg werden von einer Pulverfabrik jährlich für die Herstellung von Dynamit und TNT verarbeitet. Eine große Papierfabrik, die pro Jahr mehr als eine Million Dollar Zoll für Zigarettenpapier aus dem Ausland bezahlte, stellt dieses Papier nun aus Hanf her, der in Minnesota angebaut wird. Eine neue Fabrik in Illinois produziert feines Banknotenpapier aus Hanf. Ihre natürliche Zusammensetzung macht diese Nutzpflanze zu einer wirtschaftlichen Quelle von Zellstoff für jede Papierqualität, und der hohe Anteil von Alpha-Zellulose verspricht einen unbegrenzten Vorrat an Rohstoffen für die unzähligen aus Zellulose hergestellten Produkte, die unsere Chemiker entwickelt haben.

Man nimmt allgemein an, Leinen werde aus Flachs hergestellt. Tatsächlich wird jedoch die Mehrzahl aller Leinenmaterialien aus Hanf gefertigt. Sachverständige schätzen, daß dies für mehr als die Hälfte der von uns importierten Leinenstoffe gilt. Irrig ist auch die Annahme, daß Sackleinwand aus Hanf sei. Tatsächlich ist das für Sackleinwand verwendete Material normalerweise Jute, und nahezu die gesamte, von uns verwendete Sackleinwand wird von Arbeitern in Indien gewoben, die dafür nur 4 Cent pro Tag erhalten. Bindfaden wird normalerweise aus Sisal gemacht, der aus Yukatan und Ostafrika kommt.

All diese Produkte, die heute noch importiert werden, können aus einheimischem Hanf hergestellt werden: Fischernetze, Bogensehnen, Leinwand, feste Seile, Overalls, Damast, Tischtücher, feine Leinenbekleidung, Handtücher, Bettwäsche und Tausende anderer alltäglicher Gebrauchsgegenstände. Im Durchschnitt führen wir jährlich Stoffe und Fasern im Wert von 200 Millionen Dollar aus dem Ausland ein; 1937 importierten wir in den ersten sechs Monaten allein für 50 Millionen Dollar Rohfasern. Diese riesigen Geldsummen könnten den Amerikanern zugute kommen.

Die Papierindustrie bietet sogar noch größere Möglichkeiten. Dieser Industriezweig macht über eine Milliarde Dollar pro Jahr aus, wobei 80 Prozent importiert werden müssen. Aber aus Hanf kann jede Papierqualität hergestellt werden, und offizielle Schätzungen haben ergeben, daß man aus 10 000 Hektar Hanf genausoviel Papier herstellen kann wie aus dem Holz von 40 000 Hektar Wald.

Ein Hindernis, das dem Vormarsch des Fortschritts im Wege steht, ist die Abneigung der Farmer, neue Nutzpflanzen auszuprobieren. Das Problem wird weiterhin dadurch kompliziert, daß eine zweckmäßige Verarbeitungsanlage erforderlich ist, die in einer vernünftigen Entfernung zur Farm liegen muß. Eine Maschine kann nicht gewinnbringend betrieben werden, wenn keine ausreichende Anbaufläche vorhanden ist, und die Farmer können keinen gewinnbringenden Markt finden, wenn sie keine Maschinen haben, um die Nutzpflanze zu verarbeiten. Ein weiteres Hindernis ist, daß die Blüte der weiblichen Pflanze das Rauschgift Marihuana enthält und es unmöglich ist, Hanf anzubauen, ohne daß er blüht. Eine derzeit von der Bundesregierung konzipierte Verordnung schreibt vor, daß der Hanfanbau einer Meldepflicht unterliegt, und Bemühungen, die Herstellung von Rauschmitteln zu unterbinden, sind gewiß bitter nötig.

Der Zusammenhang von Hanf als Nutzpflanze und Marihuana scheint jedoch übertrieben zu sein. Die Droge wird normalerweise aus wildem Hanf oder Stechapfel hergestellt, den man in jedem Staat auf verlassenen Parzellen oder entlang den Bahngleisen finden kann. Wenn bundesstaatliche Vorschriften entworfen werden können, die die Öffentlichkeit schützen, ohne den legalen Anbau von Hanf zu verhindern, kann diese Nutzpflanze einen unermeßlich großen Beitrag zur Landwirtschaft und Industrie der USA leisten.