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Als Quellen wurden für dieses Kapitel Gesamtdarstellungen herangezogen; darüber hinaus basiert es auf persönlichen Mitteilungen der an der aktuellen Forschung beteiligten WissenschaftlerInnen.
Das folgende Kapitel stützt sich auf das gesamte Korpus der medizinischen Literatur über Cannabis. Diese Literatur reicht von den alten chinesischen und hinduistischen Heilmittelbüchern über die Keilschrifttafeln des Mittleren Ostens bis hin zu den amerikanischen Cannabisstudien der Jahre 1966 bis 1976; es gibt Zigtausende eigenständige Arbeiten über die Verwendung von Hanf als Heilpflanze.
Eine leicht verfügbare und erschwingliche Heilpflanze
Für mehr als 3500 Jahre hatte Cannabis/Hanf/Marihuana einen hohen, in manchen Kulturen den höchsten Stellenwert unter den Heilpflanzen gehabt. Zu diesen Kulturen zählen China, Indien, der Mittlere und der Nahe Osten, Afrika und das vorchristliche Europa (bis 400 v.Chr.).
Dr. Raphael Mechoulam, NORML, die High Times und das Omni-Magazin (September 1982) kommen aufgrund der Forschungsergebnisse des Jahres 1976 zu dem Schluß, daß Marihuana im Falle einer Legalisierung unverzüglich 10 bis 20 Prozent aller verschreibungspflichtigen Medikamente ersetzen könnte. Mechoulam nimmt sogar an, daß Auszüge der Cannabispflanze – wenn sie erst einmal ausreichend erforscht sein werden – in 40 bis 50 Prozent aller Medikamente enthalten sein könnten.1
Superstar des 19. Jahrhunderts
In den 60 Jahren vor der Wiederentdeckung des Aspirins [die schmerzstillende Wirkung der aus Weidenrinde gewonnenen Salizylsäure war bereits im alten Ägypten bekannt – Anm. d. Ü.] war Marihuana in Amerika das Schmerzmittel Nummer eins. Zwischen 1842 und 1900 machten Cannabispräparate die Hälfte aller verkauften Medikamente aus – damals hatte offensichtlich niemand Bedenken wegen der berauschenden Wirkung.
Der im Jahre 1839 von Dr. W. B. O'Shaugnessy, einem angesehenen Mitglied der Königlich-britischen Akademie der Wissenschaften, erstellte Bericht über Cannabisanwendungen hatte für die damalige westliche Medizin eine ähnliche Bedeutung wie die Entdeckung der Antibiotika, beispielsweise Penicillin und Terramycin, für die Medizin im Zweiten Weltkrieg.
Zwischen 1850 und 1937 empfahlen die offiziellen US-amerikanischen Arzneimittelbücher bei über 100 verschiedenen Krankheiten Cannabis als wesentliches Heilmittel.
»Bei dem mit Essig und Galle (oder auch mit Myrrhe) versetzten Wein, der unserem Heiland vor der Kreuzigung gereicht wurde, hat es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Zubereitung aus Indischem Hanf gehandelt.«
Das Komitee für Indischen Hanf der Medizinischen Gesellschaft von Ohio resümierte im Jahre 1980, »bedeutende Kommentatoren der Bibel« seien der Ansicht, »bei dem mit Essig und Galle (oder auch mit Myrrhe) versetzten Wein, der unserem Heiland vor der Kreuzigung gereicht wurde, hat es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Zubereitung aus Indischem Hanf gehandelt.«2
Worin denn nun eigentlich die wirksamen Substanzen des Hanfs bestünden, davon hatte bis in die 40er Jahre unseres Jahrhunderts hinein niemand eine genaue Vorstellung – nicht einmal Forscher, Ärzte und Arzneimittelproduzenten wie Lilly, Parke-Davis, Squibb und andere. Das THC isolierte Dr. R. Mechoulam erst im Jahre 1964.
Die Forschung im 20. Jahrhundert
In den vorhergehenden Kapiteln wurde bereits erwähnt, daß die American Medical Association (AMA) und die Arzneimittelproduzenten gegen die 1937 erlassene Marihuanasteuer protestierten, weil bei Cannabis mit seiner Vielzahl therapeutischer Möglichkeiten noch nie Abhängigkeit oder gar Todesfälle infolge von Überdosen beobachtet worden waren.
Ihr stärkstes Argument war dabei, daß Cannabis zu einer wahren Wunderdroge werden könnte, wenn erst einmal sämtliche wirksamen Substanzen (wie etwa das Delta-9-THC) isoliert und genaue Dosierungen dafür bekannt wären.
Gleichwohl mußten 29 Jahre vergehen, ehe sich die amerikanische Forschung erneut der Untersuchung des Hanfs widmen konnte.
Das Delta-9-THC wurde 1964 von Dr. Raphael Mechoulam an der Universität von Tel Aviv isoliert. Seine Arbeiten bestätigten die Befunde von Professor Taylor, der in den 30er Jahren in Princeton die Erforschung und Identifizierung der natürlichen Vorläufer des Delta-9-THC leitete. Auch Kahn, Adams und Loewe arbeiteten 1944 über die Struktur der wirksamen Substanzen des Cannabis.
Seit 1964 konnten gut 400 der mehr als 1000 vermuteten Substanzen isoliert werden; wenigstens 60 davon sind von therapeutischem Nutzen. In den USA waren derartige Forschungen allerdings von Harry Anslinger behördlich untersagt worden und wurden erst wieder zugelassen, als Anslinger im Jahre 1961 zurücktreten mußte.3
Wachsende Akzeptanz
Um 1966 rauchten Millionen junger Amerikanerinnen Marihuana. Die besorgten Eltern und die Regierung wollten wissen, welchen Gefahren ihre Kinder sich dabei aussetzten, und gaben Dutzende, später Hunderte von Studien über das mit dem Marihuanakonsum verbundene Gesundheitsrisiko in Auftrag.
Die Vorstellungen der älteren Generation waren nachhaltig von Schauergeschichten à la Anslinger und Hearst geprägt: von Mord, Greueltaten, Vergewaltigungen und Zombie-Pazifismus.
Der Forschung zufolge hilft Cannabis bei Asthma, grünem Star, gegen Übelkeitszustände nach der Chemotherapie, bei Epilepsie, Parkinsonscher Krankheit, Anorexie (Magersucht), multipler Sklerose, Dystrophie (Unter- bzw. Fehlernährung) und kann als Breitbandantibiotikum und bei der Tumorbehandlung eingesetzt werden. – Auf all diesen Gebieten wären weitergehende klinische Studien wünschenswert.
Die Ergebnisse der staatlich geförderten Studien trugen ihren Teil zum Abbau dieser Vorstellungen bei und legten außerdem die Vermutung nahe, daß in den chemischen Strukturen des Hanfs ein Heilmittelarsenal von schier unglaublicher therapeutischer Kraft verborgen sein müßte. Die Regierung gab mehr und mehr Studien in Auftrag.
Es dauerte nicht lange, und ganze Legionen amerikanischer WissenschaftlerInnen konnten die ersten Erfolge beim Einsatz von Cannabis gegen Asthma, grünen Star, Anorexie, Tumore und Epilepsie verzeichnen; daneben bewährte es sich auch als Breitbandantibiotikum. Die Ergebnisse dieser Flut von Einzelstudien belegten die Wirksamkeit (oder zumindest eine günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes) bei der Parkinsonschen Krankheit, bei Anorexie, bei multipler Sklerose und bei muskulärer Dystrophie (erblichem Muskelschwund). Diese und eine Unmenge eher nebensächlicher Ergebnisse führten zu weiteren klinischen Untersuchungen.
Bis zum Jahre 1976 verging kaum eine Woche, ohne daß medizinische Fachzeitschriften und die amerikanische Presse über neue therapeutische Anwendungen von Cannabis oder dessen positive Effekte berichtet hätten.
Der einhellige Appell einer wissenschaftlichen Tagung
Im November 1975 trafen anläßlich einer Tagung im Asilomar Konferenz-Zentrum in Pacific Grove, Kalifornien, fast alle Persönlichkeiten zusammen, die in der Marihuanaforschung und -diskussion der USA Rang und Namen hatten. Das Nationale Institut gegen Drogenmißbrauch (NIDA) förderte die Arbeitsgruppen, auf denen die bislang vorliegenden Erkenntnisse bilanziert werden sollten.
Nachdem die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse zusammengetragen hatten, gelangte die Konferenz angesichts der erarbeiteten Befunde zu der einhelligen Meinung, es sei dringend erforderlich, daß mit Steuermitteln der amerikanischen Bundesregierung die weitere Erforschung therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten von Marihuana gefördert und ermöglicht werden müsse.
Ebenso wurde eine Aufklärungskampagne der Steuerzahler für notwendig erachtet. Es ging darum, klar zu machen, daß es im Interesse der öffentlichen Gesundheitsfürsorge gute Gründe für großangelegte Forschungsprojekte über Medikamente auf Cannabisbasis gebe. Offenbar gelangten so gut wie alle Tagungsteilnehmerinnen zu dieser Ansicht. Nicht wenige, darunter Mechoulam, vermuteten sogar, daß Marihuana bis zur Mitte der 80er Jahre eine der weltweit bedeutendsten Heilpflanzen werden könnte.
Verbot der Marihuanaforschung
Dessen ungeachtet sorgte die Politik der US-Regierung schon 1976 für eine »Überraschung«: Als die interdisziplinären Forschungsprojekte schon fortgeschritten waren und zu Folgestudien geführt hatten, wurden die von der Bundesregierung unterstützten vielversprechenden Marihuanastudien kurzerhand eingestellt.
Diese plötzliche Kehrtwendung hat ihren Grund in einer erfolgreichen Petition der Pharmalobby. Sie hatte die Bundesregierung ersucht, die Marihuanaforschung finanziell und wissenschaftlich vollständig in eigener Regie durchführen zu dürfen.
Während des vorangegangenen Jahrzehnts hatte die Forschung ungeahnte therapeutische Einsatzmöglichkeiten für natürliches Cannabis erkennen lassen. Das gesamte Material wurde nun stillschweigend der Industrie übergeben. Dabei ging es natürlich weniger um das Gemeinwohl als vielmehr um die Gelegenheit, derartige Informationen zu unterdrücken.
Dieses Vorgehen, so behaupteten die Arzneimittelhersteller, würde es der Pharmaindustrie ermöglichen, nach einiger Zeit patentierbare synthetische Cannabiswirkstoffe auf den Markt zu bringen. Dem Staat würden dadurch keine Kosten entstehen; diese synthetischen Präparate würden darüber hinaus von jeglicher berauschenden Wirkung frei sein.
1976 verkündeten die Ford-Administration, das NIDA und das DEA, daß fortan keine unabhängigen (lies: von Universitäten durchgeführten) oder staatlichen Forschungsarbeiten über die medizinischen Verwendungsmöglichkeiten natürlicher Cannabisderivate mehr zugelassen würden. Dieses Zugeständnis wurde gemacht, ohne daß die staatlichen Interessen an den Erträgen der industriellen Forschung irgendwie abgesichert gewesen wären. Die Pharmaindustrie konnte mit ihren Erkenntnissen ganz nach Gutdünken verfahren.
Gleichzeitig wurde das Spektrum der Forschungen stark eingegrenzt: Die industriellen Studien beschränkten sich ausschließlich auf das Delta-9-THC; Untersuchungen der berauschenden Wirkung blieben ebenso ausgeklammert wie die Untersuchung der restlichen 400 potentiell therapeutisch wirksamen Cannabis-Isomere.
Was hatte die Pharmaindustrie dazu veranlaßt, durch eine derartige Verschwörung die Kontrolle über die Marihuanaforschung zu erobern? Die staatlich geförderte Forschung der Jahre 1966 bis 1976 hatte in Hunderten von Studien eine Fülle von Beweisen dafür erbracht, daß selbst unbearbeitetes »natürliches« Cannabis für eine Vielzahl gesundheitlicher Probleme das »sicherste und beste Heilmittel« ist.
1988: DEA-Richter spricht Cannabis medizinischen Nutzen zu
Francis Young, ein dem DEA angehörender konservativer Verwaltungsrichter, hörte in einem von Aktivisten der Marihuanareform angestrengten Prozeß 15 Tage lang medizinische Gutachter an und beschäftigte sich mit Hunderten von Papieren, in denen DEA und NIDA die Argumente der Aktivisten zu widerlegen versuchten. Im September 1988 erging sein Urteil, daß es sich »bei Marihuana um eine der sichersten therapeutischen Substanzen handele, die der Menschheit bekannt sind«.
Diese schwerwiegenden Fakten hinderten jedoch DEA-Direktor John Lawn keineswegs daran, am 30. Dezember 1989 anzuordnen, daß Marihuana als Narkotikum ohne bekannten medizinischen Nutzen auf der schwarzen Liste zu verbleiben habe.
Wie die Profite der Pharmaindustrie geschützt werden
NORML, die High Times und das Omni-Magazin weisen im September 1982 darauf hin, daß Eli Lilly Co., Abbott Labs, Pfizer, Smith, Kline & French und andere Pharma-produzenten im Falle der Legalisierung von Marihuana in den USA pro Jahr Verluste von einigen hundert Millionen oder gar Milliarden Dollar zu verzeichnen hätten; dazu kämen noch wesentlich höhere Gewinneinbußen in der Dritten Welt.4
In der Gesundheitsfürsorge wird der Bock zum Gärtner gemacht
Die Pharmaindustrie übernahm und finanzierte fortan sämtliche Forschungen zur Synthese von THC, CBD, CBN usw. und machte die Zusage, die Produkte erst dann zu vermarkten, wenn sichergestellt sei, daß sie keinerlei berauschende Wirkungen mehr hätten. Eli Lilly brachte zunächst Nabilone, später dann Marinol in den Handel – bei beiden Produkten handelt es sich um synthetische Delta-9-THC-Derivate zweiten Grades – und kündigte der Regierung weitere große Erfolge an.
Das Omni-Magazin berichtete 1982, im Vergleich zu echten, selbstgezogenen THC-reichen Cannabisblüten habe sich Nabilone neun Jahre nach seiner Markteinführung als praktisch wirkungslos erwiesen; darüber hinaus habe sich auch herausgestellt, daß Marinol nur bei 13 Prozent der Patientinnen den gewünschten Effekt zeige.
MarihuanakonsumentInnen lehnen einhellig Nabilone und Marinol ab. Warum? Um mit diesen Medikamenten die Wirkung einer einzigen Zigarette aus gutem Cannabis zu erzielen, muß ein drei- bis viermal stärkerer Rausch in Kauf genommen werden.
Das Omni-Magazin berichtet auch, daß die Pharmaindustrie trotz neun Jahren millionenschwerer Forschungen über den medizinischen Einsatz synthetischer Cannabiswirkstoffe »absolut erfolglos war« – obwohl schon unbearbeitetes, natürliches Cannabis ein »hervorragendes Heilmittel« ist, das sich gegen eine Vielzahl der unterschiedlichsten Krankheiten wirkungsvoll einsetzen läßt.
In diesem Zusammenhang legte das Omni-Magazin der Pharmaindustrie nahe, die Regierung im Interesse der öffentlichen Gesundheitsvorsorge um die Zulassung des Verkaufs »natürlicher Cannabisextrakte« zu ersuchen. Bis heute haben bezeichnenderweise weder die Regierung noch die Industrie auf diesen Vorschlag reagiert. Im Gegenteil: Die Regierung Reagan/Bush/Quayle verweigerte rigoros die Wiederaufnahme wirklicher (also von Universitäten betreuter) Cannabisforschung; einzig die unsinnige Suche der Pharmaindustrie nach synthetischen Derivaten wird weiterhin unterstützt.
Als Grund für die ausschließliche Legalisierung von synthetischem THC vermutet das Omni-Magazin (und wird darin von NORML und der High Times bestätigt) ein gemeinsames Interesse der Arzneimittelhersteller und der Regierung Reagan/Bush/Quayle: Natürliche und vergleichsweise einfach herzustellende Extrakte der über hundert Cannabiswirkstoffe ließen sich dann vermarkten, ohne daß die Pharmaindustrie sich dabei durch Patente und Monopole die üblichen immensen Gewinne sichern könnte.
Die unliebsame Konkurrenz eines Naturheilmittels soll ausgeschaltet werden
Eli Lilly, Pfizer und anderen Arzneimittelherstellern stünden beträchtliche Verluste ins Haus: gut ein Drittel ihrer profitablen Einkünfte aus dem Geschäft mit den Patenten auf Medikamente (wie beispielsweise Darvon). Außerdem müßten sie in ihren Tuinal- und Seconal-Produktlinien schwere Einbußen hinnehmen. Diesen und vielen anderen patentgeschützten Produkten wie Muskel- oder Brandsalben sowie einer Reihe anderer Präparate würde – wie der Forschung der Jahre 1966 bis 1976 bereits bekannt war – ein ernsthafter Konkurrent in Gestalt einer einfach anzubauenden Pflanze erwachsen: dem Indischen Hanf.
Ist es nicht merkwürdig, daß die amerikanischen Pharmahersteller und Apothekerverbände5 nahezu die Hälfte der Gelder für die 4000 Organisationen vom Typ »Familien gegen Marihuana« aufbringen? Die andere Hälfte wird von Action (einem Zweig der VISTA auf Bundesebene) und den Tabak-, Likör- und Bierproduzenten wie Anhauser Busch, Coors, Philip Morris (oder auch als »öffentliche Dienstleistung« der diese vertretenden Werbeagenturen) bereitgestellt.
Die Vergiftung der Dritten Welt
El Tiempo, die in Bogotà erscheinende bedeutendste Zeitschrift Kolumbiens, berichtete im Jahre 1983, daß sich genau die Pharmahersteller, die in den USA federführend an dem Antimarihuanakreuzzug beteiligt sind, außerhalb der USA mit einer als »Product-Dumping« bekannten Marktstrategie hervortäten. »Sie versorgen die Märkte von Kolumbien, Mexiko, Panama, Chile, El Salvador, Honduras und Nicaragua ganz offiziell mit über 150 verschiedenen illegalen – und gefährlichen – Präparaten.« Weder die US-Regierung noch die Pharmaindustrie nahmen öffentlich von dieser Meldung Kenntnis.
In der Dritten Welt werden alljährlich über eine halbe Million Menschen mit Medikamenten und Pestiziden amerikanischer Herkunft vergiftet, die in den USA selbst nicht mehr zugelassen sind.
Einige dieser Präparate wurden in den USA und in Europa vom FDA beziehungsweise von den entsprechenden europäischen Institutionen bereits vom Markt gezogen, weil sie Stoffwechselstörungen, Mißbildungen und Krebs hervorrufen. Aber ahnungslosen, des Lesens und Schreibens unkundigen Menschen werden sie gleichwohl weiter über den Ladentisch verkauft.
Die Weltgesundheitsorganisation bestätigt diese Meldung mit einer eher zurückhaltenden Schätzung: Danach werden in den Ländern der Dritten Welt alljährlich über eine halbe Million Menschen mit Medikamenten und Pestiziden US-amerikanischer Herkunft vergiftet – Erzeugnissen, die wegen ihrer gefährlichen Wirkungen in den USA nicht mehr zum Verkauf zugelassen sind.6
Die Vernichtung der öffentlich zugänglichen Dokumentation
Bislang wurden mehr als 10 000 Studien über Cannabis durchgeführt, davon 4000 in den USA. Nur ein knappes Dutzend dieser Studien, die übrigens nicht weitergeführt wurden, kam zu negativen Ergebnissen. Die Regierung Reagan/Bush streckte im September 1983 zunächst vorsichtig die Fühler aus, um zu erkunden, ob sich nicht die Beseitigung sämtlicher in Universitäten und Bibliotheken befindlicher Materialien und Protokolle der Forschung aus den Jahren 1966 bis 1976 bewerkstelligen ließe.
WissenschaftlerInnen und MitarbeiterInnen der Universitäten fanden diesen beispiellosen Anlauf zu einer staatlichen Zensur dermaßen lächerlich, daß man – vorläufig – von dem Vorhaben absah.
Allerdings ist seither eine beträchtliche Menge Material spurlos verschwunden; darunter auch das Original des vom US-Landwirtschaftsministerium (USDA) produzierten Pro-Marihuana-Films »Hanf für den Sieg«. Aber was weit schwerer wiegt: Bis in das Jahr 1958 zurück wurden selbst die beiläufigsten Erwähnungen dieses Films aus den offiziellen Dokumentationen getilgt; sie mußten unseren staatlichen Archiven erst in mühevoller Kleinarbeit wieder zugänglich gemacht werden. Auch Exemplare des vom USDA herausgegebenen Bulletins 404 sind nicht mehr auffindbar.
Es stellt sich die Frage, wieviel Wissen und wieviele unersetzliche Materialien inzwischen das gleiche Schicksal erlitten haben.