Hanfschäben als Material
zur Papierherstellung
DOKUMENT 1
1916 – Hanfschäben, ein neuer Papierrohstoff vor dem Durchbruch
Agrarwissenschaftler des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten von Amerika berichteten 1916 von Studien und Versuchsreihen, in denen sie einen neuen Papierrohstoff untersucht hatten: Hanf. Neuartig war bei ihrem Verfahren zweierlei, zum einen, daß sie das Papier nicht mehr aus den Hanffasern herstellten, sondern aus einem bisherigen Abfallprodukt, den Schäben. Zum anderen zeichnete sich schon in der Erprobungsphasc ab, daß dieser neue Papierrohstoff im Vergleich zur bisherigen Papierhcrstellung aus Holz mit einem Bruchteil der Chemikalien auskommen würde.
Lyster H. Dewey, »The production and handling of hemp hurds« und Jason L. Merrill, »The manufacture of paper from hemp hurds« aus: United Stares Departement of Agriculture, Bulletin No. 404. Contribution from the bureau of Plant Industry, Washington 1916
Bei der Vorbereitung des Artikels über die Herstellung von Papier aus Hanf ergab sich die Notwendigkeit, einige kurze Ausführungen zur Bedeutung dieses Materials in der Landwirtschaft vorauszuschicken. Beide Texte werden hier gemeinsam veröffentlicht.
Gewinnung und Verarbeitung von Hanfschäben
von Lyster H.Dewey, Botaniker, Forschungsbereich Faserpflanzen
Die durch Brechen und Schwingen des holzigen inneren Hanfstengels von den Fasern getrennten Teile nennt man Schäben. Sie entsprechen den Schäben beim Flachs, sind aber gröber und meist weicher.
Die Stengel von Hanf, der großflächig zur Gewinnung von Fasern angebaut wird, haben einen Durchmesser von 0,3 bis 0,9 cm und sind 1,20 bis 3 m lang. Der Hohlraum innerhalb des Stengels wird von einer zylindrischen, holzigen Hülse gebildet, die sich nach unten verdickt, wo die Pflanze sehr fest ist, und nach oben dünner wird, so daß sich der Hohlraum vergrößert. Während des Brechens wird dieses Rohr innerhalb der faserführenden Rinde in viele kleine Splitter von 3,8 bis 7,6 cm Länge gebrochen. Die dickeren Stücke vom unteren Ende des Stengels zersplittern hierbei weniger als die dünneren an der Spitze und bleiben häufig sehr hart.
Mark, Holz und Faser
Meistens findet sich auf der Innenseite der Schäben noch eine Schicht Mark, die aus dünnwandigen, runden oder eckigen, nie jedoch langgestreckten Zellen besteht. Diese sind mehr oder weniger gequetscht oder gerissen und von geringem Wert für die Papierherstellung, machen jedoch nur ein Prozent des Gewichts der Schäben aus. Der größte Teil besteht aus langgestreckten, holzigen Zellen. Die Außenseite der Schäben ist mit feinen Fasern bedeckt, die aus schlanken, länglichen Zellen bestehen. Sie sind fester als die des holzigen Teiles, aber weicher als die für Handelszwecke genutzten Fasern. Bislang gibt es keine Methode, die Schäben vollständig von allen Langfasern zu befreien. Der Anteil von Fasern – die in Strähnen von 7 cm bis 2,40 m Länge an den Schäben haften – am Gesamtgewicht liegt zwischen fünf und fünfzehn Prozent. In den Strähnen hängen noch dunkle Rindenstückchen aus kurzen, kubischen Zellen.
Die Auswirkung des Rösteprozesses auf die Schäben
Bei fast allem in den Vereinigten Staaten produzierten Hanf wird das Taurösteverfahren angewandt. Die Hanfstengel werden – wie Getreide von der Mähmaschine – in Bahnen auf dem Boden ausgelegt. Wind und Wetter, Tau und Regen, unterstützt von Bakterien, waschen den grünen Farbstoff (Chlorophyll) und die Kittsubstanzen fast vollständig aus, so daß nur die faserige Rinde und das holzige Innere übrigbleiben. Während dieses Prozesses verlieren die Pflanzen 60 Prozent ihres Erntegewichts bzw. 40 Prozent des Gewichts in luftgetrocknetem Zustand.
Manchmal werden die Stengel in Garben zum Trocknen aufgestellt, bevor sie zum Rösten ausgelegt werden. Bei jedem Arbeitsgang werden die Bündel auf den Boden gestoßen, um die Enden auf eine gleichmäßige Höhe zu bringen. Dies führt häufig dazu, daß Sand und Lehm in den Hohlraum an der Stengelbasis eindringen, eine hartnäckige und bei der späteren Papierherstellung außerordentlich störende Verschmutzung.
In Italien und den meisten Gebieten in Rußland, Österreich und Ungarn, wo man Hanf in großem Umfang anbaut, wird das Verfahren der Wasserröste angewandt, das bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts auch in den Vereinigten Staaten hin und wieder praktiziert wurde, heute jedoch nicht mehr üblich ist. Schäben von wassergeröstetem Hanf sind sauberer und weicher als von solchem, der im Taurösteverfahren behandelt wurde.
Gelegentlich – aber äußerst selten in Amerika – wird trockener Hanf gebrochen, ohne daß die Stengel vorher geröstet wurden. Die Schäben enthalten dann einen geringen Prozentsatz der zur Pektingruppe gehörenden löslichen Kittsubstanzen.
Selten ist hier auch die Röstung von Hanf in heißem Wasser unter Beifügung schwacher chemischer Lösungen und Öle. Wahrscheinlich enthalten die Schäben des so behandelten Hanfs mehr Rückstände dieser Chemikalien oder auch löslicher Kittsubstanzen, als dies bei tau- oder wassergeröstetem Hanf der Fall ist.
Faser- und Schäbenertrag pro Morgen Land
Der Ertrag von Hanffasern variiert zwischen 180 und 1100 kg pro Morgen, unter günstigen Bedingungen erzielt man etwa 500 kg. Etwa die fünffache Ausbeute ergibt sich für die Schäben, diese Menge erhöht sich bei Hanf von torf-haltigen Böden. Durchschnittlich kann man mit 2,5 Tonnen Schäben pro Morgen rechnen.
Verwendbarkeit von Schäben maschinengebrochenen Hanfs
Es können nur Schäben von solchem Hanf verwendet werden, der mit der Maschine gebrochen wurde, da nur in diesem Fall die Schäben in großen Mengen anfallen. In Kentucky wird Hanf meist noch von Hand gebrochen, die kleinen Handbrechmaschinen werden dabei von Garbe zu Garbe transportiert, so daß die Schäben in kleinen Haufen von vielleicht 50 Pfund über das ganze Feld verteilt sind; nach dem Hanfbrechen werden sie dann verbrannt. Diese Schäben zur Papierherstellung aufzulesen, dürfte zu teuer sein.
Wo Hanf maschinell gebrochen wird, werden die Stengel zu den Maschinen – wie Korn zur Dreschmaschine – gebracht; durch das Gebläse dieser Maschinen entstehen große Haufen mit Hanfschäben.
In Wisconsin, Indiana, Ohio und Kalifornien wird – anders als in Kentucky – ausschließlich maschinell gebrochen. Fünf Arten von Brechmaschinen werden gegenwärtig in Amerika benutzt, weitere Typen gibt es in Europa. Italienischer Hanf, der die beste Qualität hat und den höchsten Preis erzielt, wird ausschließlich maschinell gebrochen. Die dabei eingesetzten Maschinen bereiten die Fasern besser und schneller für die weitere Verarbeitung vor und werden sicher überall dort eingeführt werden müssen, wo der Anbau von Hanf sich als neuer Wirtschaftszweig etablieren soll. Wenn sich solche Maschinen soweit verbilligen, daß sie mit dem Brechen von Hand konkurrieren können, wird auch ihrer Einführung in Kentucky nichts mehr im Wege stehen.
Nur wenn hier gute Maschinen gebaut und überall eingesetzt werden, kann sich der Hanfanbau weiterentwik-keln. Die profitable Verwendung von Hanfschäben kann hierfür gegebenenfalls einen zusätzlichen Anreiz bieten.
Derzeitige Verwendung von Hanfschäben
Schäben werden heute in begrenztem Umfang für den Eigenbedarf auf Bauernhöfen als Streu, als Ersatz für Sägespäne bei Verpackungen und seltener zur Gewinnung von Treibstoff verwendet; einen Handelswert haben sie nicht. Nur bei der Verwertung als Streu kann man einen Preis von etwa einem Dollar pro Tonne ansetzen. Sie sind also ein wertloses Abfallprodukt und allenfalls als Rohmaterial zur Papierproduktion zu nutzen.
Derzeitig verfügbare Vorräte an Hanfschäben
In der letzten Saison, 1915, wurden außerhalb von Kentucky etwa 1500 Morgen Hanf in Gebieten geerntet, wo maschinell gebrochen wird. Nimmt man einen Ertrag von 2,4 Tonnen pro Morgen an, ergibt sich eine Gesamtmenge von 3 750 Tonnen. Riesige Hanfvorräte aus der Ernte des Jahres 1914, die noch unverarbeitet sind, und Unmengen von Hanfschäben dort, wo in den letzten zwei bis drei Jahren maschinelle Brechmaschinen eingesetzt worden sind, erhöhen die Gesamtmenge auf mehr als 7000 Tonnen. Hanf wird heute außer in Kentucky noch in der Gegend von McGuffey, östlich von Lima (Ohio), angebaut, bei Nappanee, Elkhart County, bei Pierceton und in Kosciusko County (Indiana), bei Waupun und Brandon (Wisconsin), am Rio Visto und in Stockton (Kalifornien).
In Kentucky wird Hanf vor allem im Umkreis von 80 km rund um Lexington angebaut. Genaue Statistiken zu den Anbauflächen gibt es nicht, aber die Ernte des Jahres 1915 läßt sich auf 7 000 Morgen schätzen. In Kentucky werden Hanfbrechmaschinen nur vereinzelt in den Bezirken Bourbon und Clark verwendet, meist wird der Hanf dort jedoch von Hand gebrochen.
Transportverpackung
Die Hanfschäben müssen in Ballen verpackt werden, damit sie bequem zu transportieren sind und sich in den Papiermühlen platzsparend lagern lassen. Die Ballen sollten mit Sackleinen oder einem anderen Stoff umgeben sein, um ein Herausschütteln der Schäben zu verhindern. Man kann dazu die gleichen Maschinen benutzen, mit denen die Hanffasern zu Ballen gepreßt werden; dabei muß allerdings darauf geachtet werden, daß die Maschine nicht beschädigt wird, da die Schäben härter sind als die Fasern. Ein Ballen Hanf mit den Maßen 60 × 90 × 120 cm wiegt etwa 228 kg, ein Ballen Schäben der gleichen Größe ein Drittel weniger, sechs Ballen wiegen etwas weniger als eine Tonne (912 kg).
Rohe Hanffaser, wie sie vom Hof kommt, wird nicht verpackt, daher muß das Verpackungsmaterial für die Schäben eigens angeschafft werden. Ein Stück Sackleinen von 90 × 120 cm auf jeder Seite des Ballens dürfte genügen, das kostet bei einem Gewicht von 3 bis 4 Pfund pro Stück 40 Cent pro Paar. Hinzu kommen die Kosten für die Verschnürung von etwa 5 Cent pro Ballen, was insgesamt Kosten in Höhe von 2 Dollar 70 pro Tonne Schäben ergibt. Gegebenenfalls kann auch Spanholz zum Preis von 33 Dollar pro Tonne genommen werden, das sind nicht mehr als 5 Cent pro Ballen. Spanholz, Segeltuch und Schnur können auch zur Papierlagerung benutzt werden, Segeltuch kann mehrfach, Spanholz jedoch nur einmal verwendet werden.
Wird Segeltuch zur Verpackung genutzt, betragen die Kosten für Verpackung inklusive Material, Benutzung der Ballenpresse, Energie und Arbeit 60 Cent pro Ballen oder 3 Dollar 75 pro Tonne. Wird Spanholz benutzt, können die Kosten auf 2 Dollar pro Tonne reduziert werden. Die Kosten für Transport und Verladen schwanken zwischen 1 Dollar und 3 Dollar pro Tonne, je nach Straßenzustand und Entfernung. Der Farmer muß daher 4 bis 6 Dollar pro Tonne transportfertiger, verladener Schäben erhalten.
Zusammenfassung
Als Hanfschäben bezeichnet man die Stücke des holzigen inneren Teils des Hanfstengels, die durch das Brechen des Stengels zur Gewinnung der Faser entstehen.
Bislang wird dieses Material nicht in nennenswertem, mit der Papierherstellung vergleichbarem Umfang genutzt.
Nur Schäben von maschinell gebrochenem Hanf lassen sich verwenden, da die Kosten für das Sammeln bei Brechen von Hand zu groß sind.
Etwa 7000 Tonnen Schäben sind zur Zeit in begrenzten Gebieten in Ohio, Indiana, Wisconsin und Kalifornien verfügbar.
Diese Menge wird in dem Maße ansteigen, wie der Einsatz von Hanfbrechmaschinen zunimmt.
Die Schäben können in den für die Verpackung von Hanffasern vorgesehenen Maschinen zu Ballen gepreßt und wie Baumwolle in Sackleinen oder Spanholz verpackt werden.
Der Preis für eine Tonne in Ballen gepackten, verladene-nen Hanfs wird auf 4 bis 6 Dollar geschätzt.
Die Herstellung von Papier aus Hanfschäben von Jason L. Merrill, Chemiker, Forschungsbereich Papierherstellung aus Pflanzenfasern
In dieser Veröffentlichung wird über Vorversuche zur Untersuchung der Verwendungsmöglichkeiten von Hanfschäben, einem Abfallprodukt der Hanffasergewinnung, berichtet.
Die weltweite Suche nach Pflanzenmaterialien, die sich zur Papierherstellung eignen, ist eine vergleichsweise neue Erscheinung. Die Notwendigkeit eines sparsameren Umgangs mit den gegenwärtig für die Papierherstellung zur Verfügung stehenden Ressourcen führt dazu, daß überall nach neuen Materialien gesucht wird, die die knappen, immer teurer werdenden Rohstoffe ersetzen können.
Ob hierfür ein Abfallprodukt genutzt werden kann, hängt vor allem davon ab, wie weit seine Nutzung wirtschaftlich sinnvoll ist. Bei der Beurteilung der Rentabilität kommt es auf drei grundlegende Faktoren an: Es muß einen Markt für das Produkt geben, die Materiallieferungen müssen in ausreichender Menge möglich sein, die Kosten müssen in angemessenem Verhältnis zum Gewinn stehen.
Soll, wie hier, die Verwendung von Hanfschäben als Rohmaterial für die Herstellung von Buch- und Druckpapier untersucht werden, müssen neben der erreichbaren Qualität des Endproduktes die gegenwärtigen und zukünftigen Liefermöglichkeiten sowie die Materialkosten mit denen von Holz verglichen werden, das als Grundstoff ersetzt werden soll. Ohne Zweifel können die derzeitigen Holzlieferungen die Nachfrage nicht befriedigen, infolgedessen wird mit zunehmender Knappheit ein ökonomischerer Umgang mit diesem Material unumgänglich werden.
Dies zeigt sich bereits in vielen holzverarbeitenden Industriezweigen; die Papierindustrie wird hiervon nicht verschont bleiben, auch wenn sie nur 3 Prozent des gesamten gefällten Holzes verbraucht. Unsere Wälder werden dreimal so schnell gefällt, wie sie nachwachsen, Holz wird immer teurer, so daß der Wiederaufforstung und Pflege mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch kann sicherlich hergestellt werden, aber wenn die Grenzen von Produktion und Verbrauch erreicht sind, werden die Preise in eine solche Höhe kommen, daß die Nachfrage nach anderen Rohmaterialien entsprechend steigen wird.
Die Verwendung von Altpapier in Verbindung mit chemisch gewonnenem Holzzellstoff ist enorm gestiegen; wahrscheinlich hält diese Tendenz weiter an. Obwohl dieses Rohmaterial billiger als Holz ist, kann man davon ausgehen, daß die mit dem Rückgang der Holzlieferungen einhergehende Verteuerung von Holzschliff auch zu Preissteigerungen bei Altpapier führt.
In dieser Lage erscheint es ratsam, die in Frage kommenden Pflanzenmaterialen auf ihren Wert für die Papierherstellung zu prüfen, bevor eine kritische Lage entsteht. Durch diese Untersuchungen sollten nicht nur Qualität und Menge von Zellstoff und Papier, die aus diesem Material hergestellt werden können, bestimmt werden, sie sollten auch Überlegungen zu anderen relevanten Gesichtspunkten – den landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen, den praktischen Erfahrungen der Farmer und den Bedingungen, unter denen das Material gesammelt, transportiert und geliefert werden kann – einschließen.
Einige Kulturpflanzen scheinen hierfür besonders geeignet, da schon während der Ernte der Teil der Pflanze, der zur Papierherstellung genutzt werden kann, ganz oder teilweise gesammelt wird. Zu dieser Gruppe gehören Getreide, Hirse, Sorghumhirse, Zuckerrohr, Bagasse (ausgepreßtes Zuckerrohr – Anm. d. Übers.), Flachs, Hanf und Getreidestroh.
Der Einsatz neuer Rohmaterialien führt natürlich zu Produkten, die andere Eigenschaften haben als die derzeit auf dem Markt gängigen Papiere. Dieser Einwand dürfte aber wegen der Vielzahl der Papiersorten und der Bedürfnisse, für die Papiere hergestellt werden, nicht von Bedeutung sein. Noch vor zehn Jahren haben Manufakturen, die nach dem Sulfitverfahren arbeiten, Lieferungen von Fichtenstämmen abgelehnt, wenn sie mehr als 5 Prozent Tannenholz enthielten, heute werden 50 Prozent toleriert. (Der Harzgehalt von Tannenholz ist sehr hoch – Anm. d. Übers.)
Papiere aus Tauwerk enthalten nicht nur Jute, sondern, wenn dieses Material knapp ist, auch verschiedene Arten chemisch hergestellten Zellstoffs. »Leinen«-Papier ist häufig nicht mehr als eine Handelsklassifizierung. Vor nicht allzu langer Zeit wurden Druckpapiere ausschließlich aus chemisch gewonnener Holzzellulose hergestellt; heute werden Papiere gewünscht, die keinen Holzschliff enthalten, also müssen entsprechende Bestimmungen festgelegt werden. Schreibpapiere, die früher nur aus Lumpen hergestellt wurden, enthalten alle möglichen Chemikalien und Holzschliff, obwohl die Vorschriften dies verbieten. Zweifelsohne haben viele Papiermanufakturen bei einigen Papiersorten einen hohen Standard gehalten, andererseits ist die Qualität sehr vieler anderer Papiere durch die starke Konkurrenz gesunken. Der Einsatz von Pflanzenfasern und die Entwicklung von Produkten, deren Qualität von der unserer sogenannten Standardpapiere abweicht, muß nicht notwendigerweise bedeuten, daß diese Produkte schlechter sind oder daß sich kein Markt dafür findet.
Faktoren, die eine Untersuchung von Hanfschäben rechtfertigen
Das bei der Gewinnung von Hanffasern entstehende Abfallprodukt Hanfschäben findet zur Zeit noch wenig Verwendung, entsprechend gering ist sein Wert.
Das Sammeln der Schäben ist nur in Regionen rentabel, wo maschinelle Hanfbrecher eingesetzt werden. Zur Zeit genügt die jährliche Ausbeute nicht, um die Einrichtung einer Papiermühle zu rechtfertigen; auch der Transport zu bereits existierenden Mühlen scheint noch nicht realisierbar. Es wird erwartet, daß die Liefermenge pro Jahr in einigen Gebieten mit dem zunehmenden Einsatz von Brechmaschinen steigen wird. Die gegenwärtig pro Jahr lieferbare Menge beträgt in den Gebieten Ohio und Indiana 2500 Tonnen, in Wisconsin 1000 Tonnen, in Kalifornien 1 400 Tonnen.
In Jahren mit ungünstigen Witterungsverhältnissen werden riesige Gebiete wegen der schlechten Qualität des Hanfs nicht abgeerntet, oder der geerntete, aber wegen des rauhen Wetters überröstete Hanf wird nicht weiterverarbeitet. Die Vorstellung mancher Hanfbauern, dieses Material zur Papierherstellung nutzen zu können, ist jedoch nicht realisierbar. Dieses Material ist teurer als die Schäben, da entweder alle oder zumindest ein Teil der Kosten für die Ernte und die vollen Kosten für das Brechen von der Papiermanufaktur getragen werden müßten. Wegen der großen Qualitätsunterschiede und der unsicheren Ertragsmenge besteht für den Papierhersteller kein Anreiz, alle diese Kosten zu übernehmen.
Hanf wird sicherlich eine der wichtigsten Kulturpflanzen der Vereinigten Staaten bleiben. Die großflächige Zerstörung von über mehrere Jahrzehnte gewachsenen Beständen durch Feuer, wie dies bei Holz häufig der Fall ist, ist beim Hanfanbau ausgeschlossen. Wenn das Wachstum eines Jahres auch jährlich geerntet werden kann, kann die benötigte Menge relativ genau kalkuliert werden. Das bei Holz entstandene Problem des »Überfällens«, das so sehr zu den gegenwärtig hohen und ständig wachsenden Kosten von Holzschliff beigetragen hat, wird vermieden. Gleichmäßiger Nachschub von Hanfschäben scheint daher gesichert.
Ein wichtiger Faktor ist eine günstige geographische Lage der Hanfanbaugebiete zu den Papierindustrien. Kentucky ist zur Zeit nicht in der Lage, Hanfschäben zu liefern, da maschinelle Hanfverarbeitung sich dort nicht in nennenswertem Umfang etablieren konnte. Ohio und Indiana, wo zur Zeit der höchste jährliche Ertrag mit steigender Tendenz erzielt wird, liegen südlich der holzschliffproduzierenden Gebiete in Wisconsin und Michigan und weit weg von den östlichen holzschliffproduzierenden Regionen. Hieraus ergibt sich eine günstige Position auf den großen Märkten von Ohio und Indiana.
Da das Verhalten von Hanfstoff, wie noch gezeigt werden wird, bei der Verarbeitung eher dem von Soda-Pappelholz-Stoff als dem von Sulfitstoff entspricht, ist die härteste Konkurrenz von den östlichen Mühlen zu erwarten. Tatsächlich wird sich Hanfzellstoff in den Papiermühlen von Michigan und Wisconsin, die inmitten der sulfitfaser-stoffproduzierenden Region liegen, als Grundstoff für Buchdruckpapiere gut durchsetzen können. Letztere werden wegen der geographischen Nähe eher auf die Hanfanbaugebiete Wisconsins setzen, wo eine Ausweitung der Hanfindustrie bereits begonnen hat.
Materialeigenschaften
Die aus Pierceton, Indiana, gelieferten Schäben enthielten eine Mischung von wirren Bastfasern und Holzstückchen des Hanfstengels. Über den Anteil von Bastfasern in der gesamten Lieferung von vier Tonnen ließen sich keine verläßlichen Daten ermitteln, allerdings ergab sich bei zwei handverlesenen Proben ein Anteil von etwa 8 Prozent. Die chemische Zusammensetzung des Materials und die geringe Menge lassen darauf schließen, daß eine nennenswerte Veränderung des Verhältnisses weder das schließlich angewandte Bearbeitungsverfahren beeinflussen noch die erzielte Papierqualität entscheidend verändern dürfte. Bei einer Länge der Bastfasern von 22 mm und der holzigen Fasern von 0,7 mm wird der Bastfaseranteil allerdings die Härte des aus Hanfschäben hergestellten Papiers beeinflussen.
Die Länge der Holzstückchen in den Hanfschäben variierte von Teilchen, die feiner als Sägemehl waren, bis zu solchen mit einer Länge von etwa 9 cm, maximal 15 cm. Der größte Teil der langen Stücke war zwischen 5 und 7,5 cm lang. Der Durchmesser schwankte zwischen 0,3 und 0,04 cm bei solchen Teilchen, die von der Spitze bzw. den Ästen des Hanfstengels stammten. Ein Querschnitt ergab, daß es sich bei den Stückchen im allgemeinen um ein Viertel oder die Hälfte der abgerundeten, rechteckigen Hülse des Stengels handelte.
Vom Standpunkt des Papierherstellers spricht die große Unregelmäßigkeit in Dicke, Länge und Masse der Holzpartikel gegen eine wirtschaftliche Verwendung in der Papierproduktion. Die kleineren Teile werden bei der chemischen Behandlung schneller aufgeschlossen als die größeren und daher leicht überbehandelt. Das führt zu einem niedrigen Ertrag von Zellulosefasern und einem Produkt aus zu wenig und zu stark behandelten Fasern, dessen Herstellungsund Verwendungsmöglichkeiten auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht befriedigend sind.
An den Schäben hafteten auch geringe Mengen von Spreu und Schmutz, der sich hauptsächlich aus Sand, Erde und Teilen von Hanfblättern und –blüten zusammensetzte. Die Verschmutzungen durch Sand und Erde entstehen durch die übliche Praxis, den Hanf in Garben auf den Feldern aufzustellen; dabei berühren die Enden der Hanfstengel ständig die Erde. Spreu und Schmutz lassen sich leicht durch Sieben der Schäben entfernen, was bei den meisten durchgeführten Tests auch geschehen ist.
Beschreibung der Tests
Wegen der Ähnlichkeit von Hanfschäben mit anderen Materialien, die das Institut zur Erforschung von Papierpflanzen testete, wurden diesmal in Zusammenarbeit mit einem Papierhersteller halbkommerzielle Tests ohne vorbereitende Laborversuche durchgeführt. Laboruntersuchungen von Stoff und Papier sind im Zusammenhang mit solchen Tests nur dann angezeigt, wenn das zu untersuchende Material neue Aspekte erwarten läßt, die vor der Durchführung solcher Versuche eine Untersuchung rechtfertigt.
Die Zusammenarbeit mit einer Papiermühle hat viele Vorteile: Management und Angestellte bringen ihre Erfahrungen ein, spezialisierte Facharbeiter stehen zur Verfügung, die Herstellungsprozesse und die Ergebnisse der Versuche können mit üblichen Verarbeitungsmethoden und Ergebnissen verglichen werden, die notwendigen Maschinen stehen bereit. Solche Versuche unterscheiden sich von Labortests vor allem dadurch, daß die Ergebnisse relativ zuverlässige Angaben auch für eine betriebswirtschaftliche Analyse zulassen. Insgesamt kann festgehalten werden, daß die Kosten eines in dieser Art durchgeführten Versuchs 500 Dollar nicht übersteigen. Demgegenüber würde eine ausreichende, eigens installierte Anlage 50000 Dollar oder mehr kosten. Für Papierfabrikanten, denen die Ergebnisse solcher Tests vorgestellt werden, haben die in Zusammenarbeit mit einer produzierenden Papiermanufaktur erzielten Resultate ein sehr viel größeres Gewicht.
Es ist allgemein bekannt, daß die gewählte Versuchsmethode von der Größe des durchzuführenden Versuchs abhängig ist. Bei einer Ertragsanalyse können Labortests auf einer so schmalen Basis durchgeführt werden, daß das Sammeln und Ermitteln des Anteils von Zellulosefasern unter Laborbedingungen realisiert werden kann; bei Versuchen, in denen größere Materialmengen von etwa 5 bis 10 Pfund verarbeitet werden, sind andere und größere Geräte erforderlich. Bei einer Größe von 300 bis 400 Pfund sind wieder völlig andere Geräte für die Verarbeitung des Materials und die Ermittlung des Ertrages notwendig. Und liegen die Tests bei einer Größenordnung von mehreren Tonnen des zu untersuchenden Materials, muß mit großen Maschinen gearbeitet werden. Die Genauigkeit bei der Kontrolle der Versuche und der Ergebnisse hängt ebenfalls von der Größe des Versuchs ab. Bei einer Vergrößerung werden sich einige Faktoren positiv, andere negativ auswirken, so daß jeder Wissenschaftler unter Einbeziehung aller Faktoren entscheiden muß, in welcher Größenordnung eine Versuchsreihe durchgeführt werden muß, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Insgesamt ergab sich in unserem Fall, daß bessere Resultate durch Versuche großen Umfangs erreicht werden konnten, auch wenn Kontrolle und Ertragsbestimmung schwieriger als bei kleinen Versuchen waren.
Eine Beschreibung dieses Kochers bei: Brand, C. J. und Merrill, J. L., Zacaton als Material zur Papierherstellung. US-Dept. Agr. Bul. Nr. 309, 1915, S. 28
Bei den beschriebenen Versuchen wurde vom Landwirtschaftsministerium ein eigens entwickelter rotierender Kocher1 verwendet, der aus einem 1,60 m hohen Kessel mit einem Durchmesser von 1,20 m besteht und etwa 270 Pfund lufttrockener Hanfschäben faßt. Es wurde angenommen, daß ein Versuch dieser Größenordnung befriedigende Ergebnisse bringen würde, die sich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten interpretieren lassen, daß dieser Versuch außerdem klein genug ist, um sich gut kontrollieren zu lassen, und Ertragszahlen ergibt, die genau und gut vergleichbar sind. Zwei Kocherladungen ergaben genug Faser für einen vollständigen Durchlauf bis zum fertigen Papier.
Die für einen vollständigen Versuch notwendigen Arbeitsgänge
Ein vollständiger Test besteht aus sieben verschiedenen Arbeitsgängen, die hier in der Reihenfolge ihrer Durchführung beschrieben werden sollen.
Sieben: Die Schäben des ersten Tests wurden nicht gesiebt, um Sand und Erde zu entfernen. Deshalb war das daraus hergestellte Papier so schmutzig, daß das Material bei allen weiteren Tests gesiebt wurde. Die Schäben wurden auf einem waagrechten Sieb aus galvanisiertem Eisen mit den Maßen 4,50 m × 0,90 m und einem Gitter von 0,25 cm Maschendichte ausgebreitet. Das Sieb wurde von Hand bewegt. Wieviel Schmutz entfernt wurde, hing davon ab, wie stark und lange das Sieb bewegt wurde; schließlich ergab sich, daß bei einer Entfernung von mehr als 3 Prozent des Materials nur noch kleine Holzstückchen und kaum Sand oder Schmutz übrig waren, so daß bei den meisten Versuchen bis zu einer Reduzierung von 3 Prozent des Materials gesiebt wurde. Die Verwendung eines feineren Siebes würde den gleichen Zweck erfüllen, hätte aber den Vorteil, daß die kleinen, aber guten Schäben noch erhalten blieben.
Kochen: »Kochen« ist der technische Ausdruck für den Vorgang der Reduzierung des faserigen Rohmaterials durch chemische Prozesse zu einem Zellulosebrei. In den vorliegenden Versuchen wurden etwa 270 Pfund Schäben in den Kocher gefüllt und ätzende, 85prozentige Ätznatronlösung in einer Konzentration von 109,5 gr Ätznatron pro Liter, wie sie gewöhnlich in den Papiermühlen verwendet wird, hinzugefügt. Es wurde soviel Lösung hinzugegeben, daß eine Konzentration von 25 bis 30 Prozent, berechnet nach dem Gewicht knochentrockener Hanfschäben, erreicht war. Nach Schließung des Deckels wurde der Kocher mit eineinhalb Umdrehungen pro Minute in Rotation versetzt, und nach fünf Minuten wurde Dampf mit einem Druck von 120 Pound pro Inch2 eingelassen, so daß sich die Ladung innerhalb einer Stunde auf 170 °C erhitzte; das entspricht theoretisch einem Druck von 100 Pound pro Inch2. Es stellte sich heraus, daß der tatsächliche Druck bei 170°C wegen der im Kocher befindlichen Luft und der Gase 115 bis 120 Pound pro Inch2 betrug. Der Kocher wurde gestoppt und Dampf und Luft bis zu einem Druckabfall auf 100 Pound bzw. einem gleichmäßigen Druck abgelassen. Diese Temperatur wurde mehrere Stunden bis zur vollständigen Reduzierung der Schäben gehalten, was etwa 5 Stunden dauerte. Dann wurde der Kocher wieder angehalten und Dampf bis zur Reduzierung des Drucks auf Null abgelassen, der Deckel geöffnet und die Kocherfüllung in einen darunter befindlichen Tank mit den Maßen 168 cm × 183 cm × 60 cm abgelassen, wo sie gespült wurde. Aus der bei der Entleerung des Kochers abfließenden Schwarzlauge entnahm man bei einigen Kocherfüllungen Proben.
Ertragsbestimmung: Um den Zelluloseertrag zu bestimmen, wurde die Kocherfüllung in dem Entwässerungstank zunächst mit Wasser so lange gespült, bis keine Schwarzlauge mehr vorhanden war; danach saugte man mit Hilfe einer Vakuumpumpe das Wasser ab. Zurück blieben die gleichmäßig feuchten Fasern in einem zum Weitertransport, zur Entnahme von Proben und zum Wiegen geeigneten Zustand. Versuche haben ergeben, daß hieraus der Ertrag von knochentrockener Faser mit einer Genauigkeit von +/-0,05 Prozent berechnet werden kann.
Es stellte sich heraus, daß der Halbstoff aus den einzelnen Kocherfüllungen große Abweichungen in der Eigenschaft, im Entwässerungstank zu verfilzen, zeigte, so daß bei manchen Füllungen ein Vakuum von 63 cm Höhe erreicht werden konnte, bei anderen nicht mehr als 13 cm. Der Feuchtigkeitsgehalt der Zellulosemasse schwankte dabei zwischen 65 und 85 Prozent.
Waschen und Bleichen: Dieser Prozeß war notwendig, um aus dem bräunlichen Zellulosebrei ein weißes Produkt herzustellen, das entsprechend der geplanten Verwendungsmöglichkeit eine für die Herstellung von Buchdruckpapier notwendige Qualität haben sollte.
Die farbige Zellulosemasse wurde in eine Wasch- und Stampfmaschine von 365 Pfund Fassungsvermögen üblicher Bauart gefüllt und eine Stunde lang gewaschen und die Waschtrommel mit Drahtgewebe (60 Maschen) bedeckt, um feinen Schmutz und Chemikalienrückstände zurückzuhalten. Die Trommel wurde gestoppt, die Masse mit Dampf auf 40 °C erhitzt und eine Lösung aus handelsüblichem Bleichmittel in der notwendig erscheinenden Menge beigefügt. Anschließend wurde alles in einen großen hölzernen Tank gefüllt, um darin über Nacht zu bleichen. War der Stoff genügend gebleicht, wurde er entwässert und das rückständige Bleichmittel ausgespült, gegebenenfalls noch einmal nachgebleicht. Das verwendete Bleichpulver enthielt, wie handelsüblich, 35 Prozent Chlor, die notwendige Menge wurde nach dem Trockengewicht ungebleichter Masse berechnet. Ist der Stoff zu wenig gekocht worden, benötigt man mehr Bleichmittel, daher ist der Prozentsatz des beizufügenden Bleichmittels ein Indikator für die Qualität des gekochten Zellulosebreis. Da das Bleichen teurer ist als das Kochen, ist es empfehlenswert, soweit zu kochen, daß der Bleichmittelverbrauch sich innerhalb bestimmter Grenzen hält, die von dem verwendeten Rohmaterial und der zu produzierenden Papierqualität abhängen. Bei den hier vorgenommenen Versuchen wurde nach Möglichkeit so lange gekocht, daß das verbrauchte Bleichmittel nicht mehr als zehn Prozent des Faseranteils betrug.
Füllen: »Füllen« nennt man den Vorgang, bei dem der Holländer mit der gewünschten Sorte bzw. den Sorten von Fasern in angemessenem Verhältnis und mit verschiedenen Füllstoffen beladen wird. Wie dem Bericht der Versuchsergebnisse zu entnehmen ist, wurden verschiedene Versuche mit wechselnden Anteilen von Hanffasern und von mit Sulfit bzw. Soda behandelter Holzzellulose vorgenommen. Der im Untersuchungsbericht angegebene Prozentsatz an Füllstoffen bezieht sich auf die gesamte Stoffmenge, die wiederum von den Füllstoffen abhängt. Wurde sulfit- oder sodabehandelte Holzzellulose beigemischt, wurde diese in trockenem Stadium in den Holländer gefüllt und zerfasert und anschließend der Hanfzellstoff in feuchtem Zustand hinzugefügt.
Die Verarbeitung des Halbstoffs im Holländer ist nach Meinung vieler Papierhersteller der Arbeitsgang, in dem im eigentlichen Sinne das Papier »gemacht« wird. Diese etwas vereinfachende Behauptung erklärt sich daraus, daß die Qualität des Endproduktes Papier stärker von diesem Verarbeitungsprozeß als von allen anderen Schritten abhängt. Bei diesem Arbeitsgang werden die Fasern voneinander getrennt, auf die richtige Länge gebracht und in einen physikalischen und chemischen Zustand versetzt, in dem sie sich gut zu Papierbogen verarbeiten lassen. Eine wäßrige Lösung des Stoffs wird in einen rotierenden Trog gefüllt, in dem ein Mahlwerk aus stumpfen Messern arbeitet, einem Grundwerk auf dem Boden des Troges und einer Messerwalze, die sich knapp darüber bewegt. Während dieses Prozesses werden die leimenden und füllenden Zutaten eingearbeitet und der Stoff gegebenenfalls gefärbt, um ein zufriedenstellendes Weiß oder eine andere gewünschte Farbe zu erzielen.
Der Begriff »Papierherstellung«, wie er in dieser Publikation benutzt wird, bezeichnet das Verfahren der Herstellung von Papierbogen aus dem Grundstoff, der im Holländer mit Füllstoffen versehen und vorbereitet wurde. Hier wurde eine Foudrinier-Maschine üblicher Bauart, Breite 30 Inch, benutzt, wie sie zur Herstellung von Papier häufig verwendet wird. In dieser Maschine fließt der Papierbrei über ein bewegliches Drahtsieb, durch das Wasser abfließt; weitere Flüssigkeit wird dadurch entfernt, daß die feuchte Papierbahn durch eine Reihe von Preßwalzen geführt, anschließend auf dampfbeheizten Trommeln getrocknet und durch polierte Eisenrollen geleitet wird (»Kalander« –Anm. d. Übers.), die dem Papier Glanz geben. In Verbindung mit dieser Maschine wurde eine Jordanmühle (eine spezielle Mahlmaschine – beim Mahlen von Papierfaser-Stoffen sollen wegen der Filzfähigkeit faserige, nicht körnige Teile – wie z. B. bei Kaffee – entstehen – Anm. d. Übers.) benutzt, um die Qualität der Fasern weiter zu verbessern, sowie ein Stoffsieb, um grobes und überflüssiges Material von den Fasern zu entfernen.
Tabelle I: Daten Zu den Kochvorgängen
Partie Nr. | Verwendete Menge Ätznatron (%-Anteil trockener Fasern) | Stärke der Lösung (g pro 1) | Ätzwirkung | Zeit (Stunden) | Temperatur (°C) | Ertrag trocke-ner Fasern (%-Anteil der trockenen, ungesiebten Schäben) |
293 | 20.6 | 100 | 75,3 | 3 | 166 | … |
294 | 21 | 100 | 75,3 | 3 | 166 | … |
295 | 21,6 | 100 | 75,3 | 3 | 166 | … |
296 | 20,3 | 100 | 75,3 | 3 | 166 | … |
301 | 21,9 | 100 | 82,5 | 4 | 166 | nicht verwendet, schmutzig |
302 | 24,4 | 100 | 82,5 | 4 | 166 | … |
303 | 24,2 | 100 | 84,3 | 4 | 166 | 44,1 |
304 | 25 | 100 | 84,3 | 4 | 170 | 39,5 |
305 | 25 | 100 | 84,3 | 5 | 170 | 39,4 |
306 | 27,8 | 107,5 | 84,3 | 4 | 166 | 36,5 |
307 | 26,7 | 107 | 84,4 | 5 | 170 | 38,1 |
308 | 26 | 107 | 84,4 | 5 | 170 | 37,3 |
309 | 27,3 | 107 | 84,4 | 5 | 170 | 37,3 |
310 | 27,1 | 107 | 84,4 | 6 | 170 | 37,0 |
311 | 27,2 | 107 | 84,4 | 6 | 170 | 36,8 |
312 | 28,3 | 116,5 | 85,5 | 5 | 170 | 35,9 |
313 | 29,1 | 113,1 | 84,9 | 5 | 170 | 35,2 |
314 | 29,1 | 109 | 83,9 | 5 | 170 | 35,2 |
315 | 29,4 | 109 | 83,9 | 5 | 170 | 34,9 |
316 | 30 | 109,5 | 84,9 | 5 | 170 | 37,2 |
317 | 29,6 | 109,5 | 84,9 | 5 | 170 | 37,0 |
318 | 29,6 | 107 | 84,8 | 5 | 170 | 37,7 |
319 | 29,4 | 107,5 | 84,2 | 5 | 170 | 35,4 |
320 | 29,3 | 107,5 | 84,2 | 5 | 170 | 35,4 |
Versuchsbeschreibung
Die Art der Versuche und die Abhängigkeit der einzelnen Arbeitsschritte voneinander ließen es nicht sinnvoll erscheinen, die Ergebnisse der sieben Tests in eine Tabellenform zu bringen. Die zahlreichen Kochvorgänge jedoch, die den Faserstoff für die Papierherstellungssversuche vorbereiteten, sind in Tabelle I in allen Details dargestellt.
Diese Ergebnisse werden im folgenden bei der Beschreibung der Versuche, in denen die jeweiligen Partien verwendet worden sind, erläutert, da die Qualität der Partien und die Bedingungen des Kochens erst nach Durchlaufen des gesamten Herstellungsprozesses beurteilt werden können.
Der erste Durchlauf bestand aus Stoff von vier verschiedenen gekochten Partien, den Nummer 293, 294, 295 und 296 von jeweils etwa 274 Pfund; der gesamte hierbei entstehende Grundstoff wurde halbiert, und dann wurden zwei verschiedene Herstellungsversuche durchgeführt. Der erste Durchgang diente zunächst nur dazu, das Verhalten und die Qualität des Materials kennenzulernen und die Maschinen entsprechend einzustellen. Der Faserertrag wurde bei diesen Durchläufen nicht bestimmt, da er in diesem Stadium der Arbeit nicht von Bedeutung war. Das gekochte Material wurde in den Spültank geleert, um die Schwarzlauge zu entfernen; es war noch mit ganzen Stücken von Hanfschäben durchsetzt, die sich aber durch leichten Druck mit den Fingern zerbrechen ließen. Bei Holz würde sich daraus schließen lassen, daß zuwenig gekocht wurde, das mußte im Falle der Hanfschäben nicht unbedingt der Fall sein. Weitere Beobachtungen zum Verhalten dieses Materials mußten während der nächsten Produktionsschritte folgen, um Aussagen zu Qualität oder gegebenenfalls Veränderung des Kochvorganges machen zu können. Die gesamte Partie von etwa 456 Pfund wurde in zwei Portionen von 183 bzw. 273 Pfund geteilt, die jeweils getrennt weiterverarbeitet wurden. Der 183-Pfund-Test, Durchlauf Nr. 135, wurde in eine Waschmaschine mit etwa 320 Pfund Fassungsvermögen gefüllt, eine Stunde gewaschen und 2 ¼ Stunden leicht gemahlen. Durch diese Wäsche wurde Schmutz in großen Mengen entfernt, das Material insgesamt aber nicht genügend reduziert. Im Holländer wurde die Masse auf 40 °C erhitzt und mit Bleichlösung behandelt, 427,3 1 à 202,82 gr Bleiche pro Liter, das entspricht 19.7 Prozent des Fasermaterials. Da dieser Anteil an Bleichmittel für die Herstellung von Buchdruckpapier als zu hoch angesehen wird, wurde das Kochen im folgenden intensiviert, um diesen Prozentsatz zu senken. Nach dem Ausspülen des Bleichmittels wurde der Stoff im Holländer mit 14 Prozent Clay, einem Prozent Harzleim und 2,5 Prozent Alaun aufgefüllt, blau gefärbt, eine Stunde leicht gemahlen und in den Stoffauflauf der Papiermaschine gepumpt. Die eingesetzte Jordanmühle konnte die Holzsplitter nur wenig reduzieren, es zeigte sich, daß stärkeres Kochen erforderlich wurde. Der Stoff verhielt sich auf der Maschine gut, allerdings etwas zu »frei« auf dem Sieb. Das in diesem Durchlauf produzierte Papier ist wegen der schlechten Vorbereitung des Stoffes von sehr geringer Qualität. Durch die Blaufärbung und den hohen Verschmutzungsgrad mit Dreck, Sand und Splittern ist es kaum zu gebrauchen. Für die weiteren Versuche ergab sich daraus die Notwendigkeit, die Hanfschäben vor dem Kochen gründlich zu sieben, was bei allen folgenden Versuchen auch geschah.
Die Oberfläche des Papiers ist sehr rauh, da der Kalander mit leichten Rollen, die zudem keine gute Oberfläche hatten, bestückt war. Bei gutem Stoff produziert dieser Kalander allerdings auch bessere Oberflächen.
Durchlauf Nr. 136 wurde mit der zweiten Portion (273 Pfund) der Partien Nr. 293, 294, 295 und 296 in gleicher Weise wie Nr. 135 durchgeführt. Der Stoff wurde eine Stunde gewaschen, allerdings drei Stunden etwas stärker als bei Durchlauf 135 gemahlen. Bleichmittel in Höhe von 19.8 Prozent sowie 0,56 1 Schwefelsäure wurden beigefügt, das Farbergebnis war hierdurch besser als bei Nr. 135. Der Stoff wurde mit 13,5 Prozent Clay und 1,1 Prozent Harzleim eineinhalb Stunden lang gemischt, gefärbt und zur Maschine gepumpt, die auf eine Geschwindigkeit von 70 Fuß (213 m) pro Minute eingestellt wurde. Dieser Stoff verhielt sich auf dem Sieb besser und machte auf der Maschine keine Schwierigkeiten, aber es war nicht möglich, die Holzsplitter durch die Jordanmühle zu entfernen. Im Ergebnis ist dieses Papier zwar eine Verbesserung gegenüber dem des Durchlaufs Nr. 135, ist jedoch noch weit von einer zufriedenstellenden Qualität entfernt.
Durchlauf Nr. 138 stammt von Schäben, die, wie in allen folgenden Tests, auf einem Drahtsieb mit 11 ½ Maschen pro Inch2 gesiebt wurden, bis nahezu der gesamte lose Sand und Schmutz entfernt worden waren. Hierdurch gingen etwa 3 Prozent Material verloren. Für diesen Durchlauf wurde der Stoff aus den Partien Nr. 302 und 303 verwendet; der erhöhte Ätznatronanteil zusammen mit der verlängerten Kochzeit gaben diesem Stoff ein besseres Aussehen gegenüber dem der vorhergehenden Tests.
Der Stoff mit einem Trockengewicht von 211 Pfund wurde gewaschen und gleichzeitig eine Stunde lang leicht gemahlen, danach mit 17 Prozent Bleiche ohne Zusatz von Säure gebleicht. Da das vorhergehende Papier etwas weich und von geringer Reißfestigkeit war, wurde eine Mischung von 15,7 Prozent Sulfitzellstoff und 84,3 Prozent gebleichtem Hanfstoff für sinnvoll erachtet. Hinzugefügt wurden 13,1 Prozent Clay und 1,1 Prozent Harzleim; die Mischung wurde mit mittlerer Stärke gemahlen, gefärbt und dann mit einer Geschwindigkeit von etwa 21 m pro Minute in die Maschine geleitet. Es gab dort mit dem Stoff keine Probleme. Die Wirkung der Jordanmühle zu beurteilen, war jedoch unmöglich, weil die Maschine versehentlich nach dem vorhergehenden Durchlauf mit ungebleichtem Yucca-Stoff nicht gereinigt worden war. Man kann aber davon ausgehen, daß eine Verbesserung bei der Bearbeitung des Hanfstoffs in Durchlauf Nr. 138 erkennbar ist.
Durchlauf Nr. 139 wurde aus Material der Partien Nr. 304 und 305 hergestellt, bei denen eine größere Menge Ätznatron eingesetzt und Zeit und Temperatur des Kochens erhöht wurden. Es ergab sich ein Ertrag von 40,7 Prozent der gesiebten bzw. 39,4 Prozent der unge-sicbten Schäben. Der gekochte Stoff schien immer noch zu wenig bearbeitet zu sein; es muß aber berücksichtigt werden, daß es bei der Arbeit mit neuem Rohmaterial unmöglich ist, im voraus zu wissen, wie der optimal bearbeitete Stoff aussehen soll. Eine Stunde lang wurde der Stoff gewaschen und die Geschwindigkeit der Walze von geringer zu mittlerer Geschwindigkeit gesteigert, danach der Stoff mit 17,1 Prozent Bleiche ohne Zuhilfenahme von Säure gebleicht. Da eine Mischung mit Sulfitzellstoff bei dem vorhergehenden Durchlauf zu einer Verbesserung der Papierqualität geführt hatte, wurde der gebleichte Stoff im Verhältnis von 16,6 Prozent Sulfitstoff und 83,4 Prozent Schäben gemischt, mit 16,7 Prozent Clay und 1,4 Prozent Harzleim versetzt, zwei Stunden bei mittlerer Geschwindigkeit verfeinert und dann mit einer Geschwindigkeit von 21 m pro Minute in die Papiermaschine geführt. Die Jordanmühle hatte nur eine geringe Wirkung auf die Verringerung des Splitteranteils und wurde deshalb nicht benutzt. Der Stoff verhielt sich auf der Maschine unproblematisch, das Papier hatte eine bessere Qualität als das der vorangegangenen Versuche.
Durchlauf Nr. 140 wurde aus den Kochvorgängen Nr. 306 und 307, allerdings mit höherem Ätznatronanteil, hergestellt, der Stoffertrag ergab 37,3 Prozent der unge-siebten Schäben. Intensiveres Kochen hatte keine große Verbesserung ergeben. Er wurde gewaschen und eine Stunde lang bei mittlerer Stärke gemahlen und unter Zusatz von 11,9 Prozent Bleiche und 0,71 1 Vitriol im Verhältnis von 85,1 Prozent Hanfstoff zu 14,9 Prozent Sulfitzellstoff gemischt. Nach Hinzufügung von 14,7 Prozent Clay und 1,28 Prozent Harzleim wurde der Stoff nochmals zwei Stunden bei mittlerer Stärke gemahlen, anschließend gefärbt und mit einer Geschwindigkeit von 21 m pro Minute auf die Papiermaschine geleitet. Auch hier hatte die Jordanmühle hinsichtlich der Verringerung des Anteils von Splittern nur eine geringe Wirkung, so daß sie ausgeschaltet wurde. Keine Probleme ergaben sich mit dem Stoff auf der Papiermaschine. Die Farbe des entstandenen Papiers wies auf einen zu geringen Blauanteil der Färbung hin, möglicherweise war auch das Bleichmittel zu niedrig dosiert.
Durchlauf Nr. 141 wurde aus dem Material der Kochvorgänge 308 und 309 in der gleichen Weise wie Test Nr. 140 durchgeführt. Der Stoff wurde gewaschen, eine Stunde gemahlen, gebleicht (die Angaben über die Menge des Bleichmittels sind verlorengegangen), im Verhältnis 14,7 Prozent Sulfitstoff und 85,3 Prozent Hanfzellstoff gemischt, 14,9 Prozent Clay und 1,26 Prozent Harzleim hinzugefügt, eineinhalb Stunden gemahlen und gefärbt und in die Maschine gepumpt. Die Jordanmühle konnte hier die Holzsplitter stärker reduzieren als zuvor und wurde daher mit mittlerer Geschwindigkeit eingesetzt. Der Stoff verhielt sich auf der Maschine sehr gut, die Papierqualität war besser als bei allen vorherigen Durchgängen mit Ausnahme der Farbe; es wurde eine zu geringe Menge Blau benutzt.
Bei den für Durchlauf Nr. 142 verwendeten Partien, den Nr. 312 und 313, wurde die Ätznatronkonzentration auf 113 bzw. 116 Gramm pro Liter erhöht, desgleichen der Prozentsatz im Verhältnis zur Gesamtstoffmenge. Trotzdem zeigte der Stoff keine deutliche Verbesserung, als er aus dem Kocher kam. Das Material der Partien 310, 311 und 312 wurde mit mittlerer Stärke gemahlen und eine Stunde gewaschen, mit 10,95 Prozent Bleiche behandelt und im Verhältnis 15,2 Prozent Sulfitstoff zu 84,4 Prozent Hanfzellstoff gemischt, mit 15,2 Prozent Clay und 1,28 Prozent Harzleim ergänzt, mit mittlerer Geschwindigkeit eine Stunde gemahlen, gefärbt und in den Stoffauflauf der Maschine gefüllt. Stoff der Partien Nr. 313 und 314 wurde in der gleichen Weise behandelt, mit Ausnahme der Tatsache, daß 11,4 Prozent Bleichmittel benutzt wurden. Er wurde in die Stoffbütte gepumpt und mit dem aufgefüllten Stoff der Partien Nr. 310, 311 und 312 gemischt. Die Jordanmühle wurde bei mittlerer Geschwindigkeit eingesetzt, der Stoff verhielt sich sehr gut auf der Papiermaschine, die auf eine Geschwindigkeit von 22,86 m eingestellt wurde. Der Stoff schien auf der »Dandy Roll« (Vordruckwalze – Anm. d. Übers.) etwas zu stauen; die dadurch entstandenen Unregelmäßigkeiten konnten durch den in diesem Test eingesetzten Kalander nicht beseitigt werden. Es wurde jedoch festgestellt, daß ein Dreh auf dem Su-perkalander (Glättkalander) diese praktisch unsichtbar macht und eine richtige Einstellung des Kalanders sie völlig verschwinden läßt. Alle bis zu diesem Zeitpunkt produzierten Papiere hatten Mängel hinsichtlich des für Buchdruckpapier erwünschten Volumens, deshalb wurde bei den beiden folgenden Durchläufen Soda-Pappelzellstoff beigemischt.
In Durchlauf Nr. 143 wurden die Partien Nr. 315 und 316 mit mittlerer Stärke gemahlen und gewaschen und anschließend nochmals eine Stunde gemahlen, mit 11,3 Prozent Bleiche und 0,71 1 Vitriol gebleicht, im Verhältnis 16,5 Prozent Sulfitzellstoff, 22,3 Prozent Soda-Pappcl-zellstoff und 61,2 Prozent Hanfzellstoff gemischt, eine Stunde lang stark gemahlen, sehr stark gefärbt und in die Stoffbütte gefüllt. Dieser Stoff wurde stärker gemahlen als bei den vorhergehenden Durchläufen. Er wurde mit einer Geschwindigkeit von 22,86 m pro Minute über die Papiermaschine geschickt, verwendet wurde die Jordanmühle in mittlerer Stärke, es gab keine Probleme mit dem Stoffdurchlauf. Weniger als ein Kilo »Bruch«, der zudem durch die Maschine verursacht war, wurde produziert. Die Farbe genügte vielen Verwendungszwecken. Der Holzschliffanteil konnte auf ein zufriedenstellendes Maß reduziert werden. Erfahrene Papiermacher äußerten sich zu diesem Stoffdurchlauf und dem entstandenen Papier sehr positiv.
Durchlauf Nr. 144 war als Zweitdurchlauf wie Nr. 143 geplant. Stoff der Partien 317 und 318 wurde mit mittlerer Stärke gemahlen, eine Stunde lang gewaschen und dann nochmals mit mittlerer Stärke gemahlen, mit 11,4 Prozent Bleiche behandelt und im Verhältnis 15,5 Prozent Sulfitzellstoff, 23,5 Prozent Soda-Pappelzellstoff und 61 Prozent Hanfzellstoff gemischt, eine Stunde hart gemahlen, vom Fachmann der Firma gefärbt und in die Stoffbütte gepumpt. Stoff der Partien Nr. 319 und 320 wurde in der gleichen Weise behandelt, mit Ausnahme des Bleichens, hier wurde mit 12,1 Prozent Bleiche gearbeitet. Dieser Stoff verhielt sich auf der Maschine, die mit einer Geschwindigkeit von 22,86 m pro Minute lief, sehr gut. Die Jordanmühle wurde bei mittlerer Stärke eingesetzt. Das Papier wurde genausogut wie, wenn nicht besser als das des Durchlaufs Nr. 143 und ist ein gutes Beispiel dafür, wie richtiges Färben das Erscheinungsbild des Papiers verbessern kann. Das etwas dürftige Aussehen des Papiers aus den vorhergehenden Tests hat vornehmlich mit der mangelnden Färbung zu tun. Wie auch immer – die Wirtschaft verlangt nach Papier verschiedener Weißstufen.
Vergleich der Testergebnisse und ihrer Auswirkungen auf Praxis und Handel
Die Art dieser Untersuchung und ihr Abbruch in einem vorläufigen Stadium machen es praktisch unmöglich, betriebswirtschaftlich überprüfbare Kostenangaben zu ermitteln. In der vorliegenden Veröffentlichung soll der Verarbeitungsprozeß von Hanfschäben zur Papierherstellung mit dem üblichen Verarbeitungsprozeß von Pappelholz verglichen werden, darüber hinaus können keine Aussagen gemacht werden.
So soll auch die schließlich vorgenommene Verarbeitung der Hanfschäben nicht als abgeschlossener Prozeß, als optimale oder im Ergebnis besonders befriedigende Methode betrachtet werden, da sich bis zum Schluß, wie gezeigt wurde, Verbesserungsmöglichkeiten ergeben haben.
Vergleicht man die Verarbeitungsmethoden von Hanfschäben und Pappelholz, so ergibt sich ein erster Unterschied schon bei der Beschaffung des Materials. Normalerweise wird das Pappelholz an die Papiermühlen in Stämmen von etwa 1,20 m Länge geliefert, die im Freien gestapelt werden. Hanfschäben dagegen kommen in Ballen an, die am besten überdacht gelagert werden, und zwar aus folgenden Gründen: a) Die in Ballen gepackten Schäben werden bei nassem Wetter wahrscheinlich mehr Wasser aufnehmen und speichern als die Holzstämme; das hat zur Folge, daß die später eingesetzten Chemikalien stark verdünnt werden. b) Nicht ausreichend geröstete Schäben können sich während andauernder Feuchtigkeitsperioden erwärmen und verderben. c) Nasse Hanfschäben können nicht gesiebt und so von Sand und Spreu befreit werden. Sollten die unter a) und b) genannten Probleme sich in späteren Versuchen als zu vernachlässigende Faktoren erweisen, kann man dem dritten Problem möglicherweise dadurch begegnen, daß man die Schäben vor dem Verpacken siebt. Aber auch dann ist es möglich, daß im Freien gelagerte Hanfschäben Schmutz aus Fabrikschornsteinen, Lokomotiven oder sonstigen durch Wind verbreiteten Dreck aufnehmen. Untersuchungen haben ergeben, daß der Stoff aus Material, das Wind und Wetter ausgesetzt ist, unter diesen Verschmutzungen unweigerlich leidet.
Bei der Vorbereitung des Rohmaterials für den Kocher ergeben sich natürlich erhebliche Unterschiede zwischen Hanfschäben und Pappelholz. Erstere müssen nur ein wenig gesiebt werden, um Sand und Spreu zu entfernen. Dieser Prozeß erfordert einen geringen Einsatz von Arbeitskraft und einfache Maschinen. Bei Holz müssen die 1,20 m langen Stämme von einer großen, vergleichsweise teuren Hackmaschine mit hohem Energieverbrauch zersplittert, anschließend gesiebt und dann die größeren Splitter nochmals zerkleinert werden. Dieser bemerkenswerte Unterschied in Herrichtung, Bearbeitung und Kosten zwischen Holz und Hanfschäben wiegt die höheren Lagerhaltungskosten von Hanfschäben auf.
Beim Gebrauch des Speichers für die Späne ist bei Hanfschäben möglicherweise größere Sorgfalt angezeigt, da dieses Material dazu neigt, sich zu stauen, aber dies sollte keine unüberwindliche Schwierigkeit sein.
Ein entschieden ungünstiger Faktor ist die geringe Menge von Hanfschäben, mit denen ein Kocher beschickt werden kann. Das Gewicht eines Kubikmeters Hanfschäben beträgt, mit Schwankungen wegen des unterschiedlichen Faseranteils, etwa 87 kg, ein Kubikmeter Pappelholzspäne wiegt demgegenüber 143,80 kg; das bedeutet eine Auslastung des Kochers von 60,5 Prozent bei der Verarbeitung von Hanfschäben gegenüber einer Füllung mit Pappelholzspänen. Bezogen auf den Faserertrag sind das 38,6 Prozent. Unter Umständen kann das Ergebnis dadurch verbessert werden, daß die Schäben schon bei der Verpackung in Ballen stärker gebrochen und gequetscht, durch Dampf erhitzt oder eingestampft werden. Das geringe Beschickungsgewicht ist einer der wichtigsten Einwände gegen die Verwendung von Hanfschäben in der Papierherstellung.
In den Versuchen mit den besten Ergebnissen wurde der Stoff mit 29,5 Prozent 84prozentiger Ätznatronlösung in einer Konzentration von 107 Gramm insgesamt sieben Stunden, davon fünf Stunden bei einer Temperatur von 170°C, gekocht. Die Kondensierung des Dampfes in dem hier benutzten Kocher war ungewöhnlich hoch, weil der Kocher selbst und das Rohr für die Dampfzufuhr über eine beträchtliche Distanz nicht isoliert waren. Es wird angenommen, daß deshalb eine größere Menge Ätznatron erforderlich war, als es ohne diesen Umstand der Fall gewesen wäre. Diese Annahme wird durch die Beschaffenheit der Schwarzlauge aus einer der späteren Partien bekräftigt, deren Analyse folgendes ergab: 16,58 Prozent freies Ätznatron mit einer Ätzwirkung von 27,75 Prozent. Diese Daten zeigen, daß nur 67,3 Prozent des hinzugefügten Ätznatrons während des Kochens aktiv waren, ein Prozentsatz, der niedriger als sonst üblich ist. Der Stoff dieser Partie wurde mit 11,5 Prozent Bleichmittel gebleicht. Der Vergleich mit Pappelholzzellstoff ergibt folgendes: 29,5 Prozent Ätznatron wurden gegenüber üblicherweise 22 bis 25 Prozent benötigt, 107 Gramm pro Liter gegenüber sonst 100 bis 110 Gramm mit einer 84prozentigen Ätzwirkung, diese differiert kaum von der sonst üblichen. Die Temperatur von 170 °C ist praxisüblich, fünf Stunden Kochen unter Druck gegenüber den üblichen 4 bis 6 Stunden, sieben Stunden Kochzeit insgesamt gegenüber sonst 6 bis 8 Stunden, 11,5 Prozent Bleiche wurde gegenüber sonst 8 bis 10 Prozent eingesetzt. Es zeigt sich also, daß der neue Stoff etwas stärker gekocht werden muß, als das bei Pappelholzstoff praktiziert wird.
Der Faserertrag hängt von der Qualität der verwendeten Hanfschäben ab, kann aber mit 35 Prozent knochentrockenem Faserstoff am Gesamtgewicht von knochentrok-kenen Hanfschäben oder 33,1 Prozent von lufttrockenen Hanfschäben berechnet werden. In dieser Untersuchung wurde der Ertrag gebleichter Fasern nicht bestimmt, er kann aber mit einiger Sicherheit auf etwa 30 Prozent geschätzt werden; verglichen mit Pappelholzstoff, der ein Ergebnis von 47 Prozent knochentrockener, gebleichter Faser von knochentrockenem Holz erzielt, ist der Ertrag von Hanffaserstoff eher niedrig. Es wird sicher möglich sein, die Bedingungen des Kochvorganges so weit zu verbessern, daß hier ein besseres Ergebnis erreicht werden kann. Der Stoff läßt sich gut bleichen, 11,4 Prozent Bleichmittelanteil ist ein leicht erhöhter, aber noch akzeptabler Wert.
Um die Kosten zu senken, wurde der Stoff in den letzten beiden Versuchen, das sind die Tests mit den besten Ergebnissen, insgesamt drei Stunden gewaschen und gemahlen; das dürfte etwa eine Stunde mehr sein, als das üblicherweise bei der Herstellung von Papier gleicher Qualität der Fall ist, allerdings ist die Praxis hier auch nicht einheitlich.
Beim Füllen des Stoffs gibt es so viele verschiedene Methoden, daß ein Vergleich schwerfällt. Sollte Hanfzellstoff einmal so billig wie Soda-Pappelzellstoff hergestellt werden können, dürften die Füllstoffmengen in den letzten beiden Tests für die Papierhersteller akzeptabel sein.
Die Qualität des fertigen Papiers ließ noch zu wünschen übrig, dies war aber hauptsächlich auf den benutzten Kalander zurückzuführen, der aus neun leichten Rollen mit einem Durchmesser von 6 Inch2 (15,24 cm) bestand, die zum Teil lange nicht poliert worden waren. Bei einem kleinen Versuch mit einem Superkalander zeigte sich, daß das Papier eine durchaus zufriedenstellende Qualität erreichen kann.
Aus diesem in vielen Punkten zufriedenstellenden Vergleich ergeben sich zwei Faktoren, die sich entschieden ungünstig auf die Verwendung von Hanfschäben auswirken, nämlich die Probleme bei der Lagerung des Rohmaterials und die geringe Kocherkapazität; beide Faktoren müssen bei der Beurteilung des Materials für seine Eignung zur Papierherstellung unbedingt in Erwägung gezogen werden. Da gegen Ende dieser Arbeiten ein wesentlicher Fortschritt erzielt wurde, bestehen berechtigte Hoffnungen, daß weitere Forschungen zu einer Verbesserung der Verarbeitungsmethoden und der Füllstoffzusammensetzung führen.
Tabelle II: Vergleich zwischen Holz und Hanfschäben (1 Klafter/»cord« entspricht 3,62 m2)
Material | Zellstoffertrag | Rohmaterialver-brauch pro Jahr | Ernteertrag pro Jahr | Für ununterbroche ne Belieferung benötigte Anbau fläche in Morgen | |
für 25 t pro Jahr | für 1 t pro Jahr | ||||
Holz | 2 Klafter ergeben 1 t Faser | 15 000 Klafter | 0,37 Klafter (ca. 0,55 t) | 40500 | 5,4 |
Hanfschäben |
1 t ergibt 273,8 kg |
25 000 t |
2,5 t |
10000 |
1,33 |
Daten zu Berechnung von Rohmaterial und Anbaufläche für die ständige Belieferung einer Papiermühle, die 25 Tonnen Faserstoff pro Tag an 300 Tagen im Jahr produziert, das sind 7500 Tonnen jährlich, ergeben sich aus dem Vergleich zwischen Hanfschäben und Holz in Tabelle II.
Die wichtigste Schlußfolgerung aus dieser Tabelle ergibt sich aus der Betrachtung der Anbauflächen, die für eine kontinuierliche Belieferung der Papiermühlen notwendig sind. Das Verhältnis ist 4:1. 10 000 Morgen Land, die mit jährlich nachwachsendem Hanf bebaut werden, ersetzen 40 500 Morgen Wald. Mit anderen Worten, um zusätzliches Rohmaterial für die Produktion von 25 Tonnen Faser pro Tag zu sichern, könnte ein landwirtschaftliches Abfallprodukt genutzt werden, das bei der Produktion von Hanf auf einer Fläche von 10 000 Morgen Land nebenbei produziert wird, anstelle einer aufwendigen Pflege, Aufforstung und dem Schutz von 40 500 Morgen Wald.
Die jährliche Ernte, die ebenfalls entschieden für Hanfschäben spricht, hat trotzdem wenig Auswirkung auf das Vorhaben, weil die Nutzung der Hanfschäben von der Produktion von Hanf zur Fasergewinnung abhängig ist und für den Papierhersteller nur die Verwendung von Schäben, die sich als Abfallprodukt der Hanfindustrie ergeben, rentabel ist.
Physikalische Untersuchungen der hergestellten Papiere
Proben der in den sieben Tests hergestellten Papiere wurden an das »Leather and Paper Laboratory of the Bureau of Chemistry« geschickt. Der Bericht dieses Büros wird in Tabelle III dargestellt.
Es gibt keine Kategorien für das Erscheinungsbild und die Transparenz von Papier, aber es kann festgestellt werden, daß nur die Papiere der Tests Nr. 143 und Nr. 144 in dieser Beziehung befriedigend sind, alle anderen sind mehr oder weniger stark mit Holzschliff durchsetzt. Die Qualität und die Versuche mit diesen Papieren entsprechen nahezu erstklassigem Maschinendruckpapier nach den Normen des »United States Printing Office«, die für Papier eine Dicke nicht über 0,0035 Inch, eine Härte nicht unter 12 Punkten, Holzschlifffreiheit und einen Ascheanteil von nicht mehr als 10 Prozent angeben. Der Härtefaktor solcher Papiere liegt bei 0,28. Der Ascheanteil sollte bei diesem Härtegrad nicht höher als 10 Prozent sein, aber trotz des höheren Ascheanteils sind die Werte bei den physikalischen Tests ausreichend. Die Werte der physikalischen Tests Nr. 138 und 142 sind höher als die der Nummern 143 und 144, bei denen 23 Prozent Soda-Pappelholzzellstoff verwendet wurde, was deutlich zeigt, daß der Hanfzellstoff eine größere Härte und einen stärkeren Falzwiderstand zeigt als Soda-Pappelzellstoff. Die Versuche haben gezeigt, daß sich Hanfzellstoff ähnlich wie Soda-Pappelzellstoff verhält, aber ein etwas rauheres und festeres Papier mit einem größeren Falzwiderstand ergibt. Ohne Zweifel ist das Papier für den Handel noch zu stark verschmutzt; dies war zu erwarten, da das Rohmaterial noch von Hand statt mit den gründlicheren automatischen Maschinen gesiebt wurde.
Schlußfolgerungen
Zweifellos kann bei der gegenwärtigen Nutzung und dem hohen Verbrauch von Holz die Nachfrage durch die derzeitige Liefermenge nicht befriedigt werden. Solange die forstwirtschaftlichen Methoden nicht wesentlich verbessert worden sind, wird der Preis von Holzzellstoff so hoch sein, daß es unbedingt erforderlich ist, alternative Rohstoffe zu erschließen.
Hier wurden in Zusammenarbeit mit einem Papierhersteller halbgewerbliche Papierherstellungsversuche mit Hanfschäben gemacht. Nach mehreren Versuchen konnte ein Papier produziert werden, dessen Herstellungsbedingungen im Vergleich zur Verwendung von Holz als Rohmaterial günstig beurteilt und das in Stellungnahmen von Forschern und Papierherstellern sowie in amtlichen Untersuchungen als erstklassiges maschinengeeignetes Druckpapier klassifiziert werden konnte.
Tabelle III: Bericht des »Leather and Paper Laboratory of the Bureau auf Chemistry« zu aus Hanfschäben hergestellten Papieren