Historische Bedeutung des Hanfs in Deutschland und Europa |
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1.a Eine der ältesten Kulturpflanzen
Hanf gehört zu den ältesten, wertvollsten und vielfältigst zu nutzenden Kulturpflanzen der Menschheit. Da dies in Teil I und II bereits ausführlich diskutiert worden ist, soll an dieser Stelle die kurze Aufzählung der wichtigsten Fakten genügen (hauptsächlich nach Körber-Grohne 1988).
In China kann die Nutzung des Hanfs bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgt werden. Schon aus der Zeit von 4200 bis 3200 vor Christus wurden gewebte Stoffe und Schnüre aus der Bastfaser des Hanfs gefunden. Hanfsamen wurden in China bis ins 6. Jahrhundert nach Christus als Nahrungsmittel und für medizinische Zwecke gebraucht. Auch die Rauschwirkungen blieben nicht verborgen, Hanf war früh schon Bestandteil sozialer Praktiken und religiöser Riten.
Die ältesten Funde von Hanfseilen und Hanfstoffen in Europa stammen vom Beginn der vorrömischen Eisenzeit (800-400 v.Chr.) aus dem Raum Stuttgart. Die Stoffe wurden allerdings noch nicht aus den aufbereiteten, reinen Fasern, sondern aus schmalen, von der Stengelrinde abgezogenen Baststreifen hergestellt. Im frühen Mittelalter wurde das Verfahren des Faseraufschlusses durch Röste vom Flachs auf den Hanf übertragen, danach wurden Bekleidungsstücke häufiger aus Hanf gemacht. Die nahrhaften Früchte des Hanfs wurden im Mittelalter als Nahrungsmittel genutzt, und ab dem 16. Jahrhundert ist Hanf in Kräuterbüchern als Heilpflanze aufgeführt.
Für lange Zeit bildeten Lumpen aus Flachs und Hanf die Basis für die Papierherstellung. Die Gewinnung von Papier aus Holz ist erst eine Erfindung der chemischen Industrie im Zusammenspiel mit großen Waldbesitzern.
Im 17. Jahrhundert, zu den Hochzeiten der Segelschifffahrt, erlebte der Hanf in Europa seine Blütezeit. Fast alle Schiffssegel und fast alles Takelwerk, Seile, Netze, Flaggen bis zu den Uniformen der Seeleute wurden aufgrund der Reiß- und Naßfestigkeit der Faser aus Hanf hergestellt. Handel und Kriegsführung waren vom Hanf abhängig; 50 bis 100 Tonnen wurden für die Grundausstattung eines Schiffes benötigt und mußte alle ein bis zwei Jahre ersetzt werden. So spielte der Hanfanbau und -handel beispielsweise in Holland mit seinen 11 000 Segelschiffen eine sehr bedeutende Rolle (Cannabis Info Museum Amsterdam).
Diese früher so wichtige Nutzpflanze spielt heute in Westeuropa fast nur noch als Droge eine Rolle. Die vorliegende Studie orientiert sich an folgenden Fragen:
Weshalb geriet Hanf als Nutzpflanze in Vergessenheit und ging verloren? Warum wurde Hanf bei der Wiederentdeckung alter Nutzpflanzen übersehen? Und vor allem: Welche Nutzungspotentiale besitzt die Hanfpflanze für heutige Anwendungen? Wie schneidet Hanf im Vergleich mit anderen Nutzpflanzen (Flachs, Raps, Sonnenblume etc.) ab? Wäre es sinnvoll, Hanf als nachwachsenden Rohstoff wieder anzubauen? Gibt es aus heutiger Sicht, in der die Aspekte ökologischer und sozialer Verträglichkeit eine wichtige Rolle spielen, neue Argumente für die Nutzung von Hanf?
1.b Der Niedergang des Hanfanbaus
Der Niedergang des europäischen Hanfanbaus begann im 18. Jahrhundert und beschleunigte sich im 19. Im 18. Jahrhundert wurde die Baumwollmaschine entwickelt, die die Verarbeitung der Baumwollfaser wesentlich erleichterte und Hanf und Flachs, deren Fasergewinnungsprozeß arbeitsaufwendig blieb, mehr und mehr vom Textilmarkt verdrängte. Gleichzeitig verloren die Hanffasern durch den Niedergang der Segelschiffahrt im 18. Jahrhundert einen weiteren wichtigen Absatzmarkt.
Im 19. Jahrhundert gelangten neue Faserpflanzen aus den damaligen Kolonien nach Europa: Jute und Sisal. Insbesondere die Jute konkurrierte mit der Hanffaser in deren typischen Domänen: Säcke, Planen, Gurte und Verpackungsmaterial. Nicht qualitative, sondern Kostengründe führten zur Verdrängung des Hanfs. Die Hungerlöhne in den Kolonien sorgten dafür, daß Jutefasern in Europa um fast die Hälfte billiger waren als Hanffasern. Schließlich wurden im 19. Jahrhundert die Papiermaschine sowie chemische Aufschlußverfahren für Holz zur Papierherstellung entwikkelt und Flachs und Hanf aus dem Papiermarkt verdrängt.
Aus ökologischer Sicht wäre es wünschenswert gewesen, die technischen Verfahren zur Gewinnung und Verarbeitung von Flachs- und Hanffasern zur Textil- und Papier-herstellung weiterzuentwickeln, anstatt auf die ökologisch und sozial bedenklicheren Grundstoffe Baumwolle und Holz umzusteigen. Während Baumwolle erst durch den massiven Dünger- und Pestizideinsatz ökologisch bedenklich wird, ist dies die Holzwirtschaft – wegen des Abholzens natürlicher Bestände, wegen der anfallenden Abfallströme und wegen des geringen Flächenertrags (siehe Abschnitt 3.a) – schon immer gewesen.
Zwischen 1850 und 1913 ging der Hanfanbau in Frankreich von 100 000 Hektar auf 13 000 Hektar zurück. Neben den beschriebenen Verdrängungen waren hierfür auch preiswerte Hanffaserimporte aus dem Russischen Reich die Ursache, die den Hanfanbau in Europa unrentabel machten.
Zu den besten Zeiten wurden in Deutschland etwa 150 000 Hektar Hanf angebaut. Bis 1878 sank die Hanfanbaufläche auf 21 238 Hektar, 1915 lag die Anbaufläche bei nur noch unbedeutenden 417 Hektar (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Hanfanbau in Deutschland
Quellen: Marquart 1919, Backe 1936, Koch 1942, FAO 1975, Baden 1986, Reuter 1987, Körber-Grohne 1988, Statistisches Jahrbuch der DDR 1975
In den beiden Weltkriegen (1914-1918 und 1939-1945) wurde der Hanf in Deutschland zum Kriegsgewinnler. Abgeschnitten von den überseeischen Importfasern Jute, Sisal, Manila und Ramie, besann man sich wieder auf den Hanf und verbesserte Anbau-, Ernte- und Nutzungstechniken (vgl. Abbildung 2). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hanf über den Prozeß der Kotonisierung (vgl. Abschnitt 3.a) sogar als hochwertiger Baumwollersatz verwendet. Ende des Zweiten Weltkrieges verarbeiteten die deutschen Baumwollmühlen mehr Hanf als Baumwolle.
Obwohl die Anbauzahlen zwischen 1933 und 1940 von 210 auf 21 000 Hektar emporschnellten (geplant waren bis 1945 30 000 Hektar), reichte dies nicht zur Deckung des Bedarfs: Selbst 1941, dem Jahr der höchsten Hanfernte während des Krieges, mußten von der benötigten Hanf-Bastfasermenge von 67 966 Tonnen über 80 Prozent vorwiegend aus Italien importiert werden (Statistik der Reichsstelle für Textilwirtschaft 1936-1943).
Abbildung 2: Verwertungsstammbaum des Hanfs aus dem Jahre 1936
Quelle: Backe 1936
Zu einer Wiederentdeckung des Hanfs von ähnlich kurzer Dauer kam es während des Zweiten Weltkrieges in den USA, als diese von Seiten Japans von den asiatischen Faserbezugsquellen abgeschnitten worden waren und ein Landwirtschaftsprogramm Hanf für den Sieg! (»Hemp for Victory«) auflegten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es der Siegeszug der Kunstfasern, der zur fast vollständigen Verdrängung von Flachs und Hanf aus dem Textilbereich führte. Kunstfasern konnten die Hanffaser bezüglich Reiß- und Naßfestigkeit übertreffen und damit auch den Bereich der technischen Textilien wie Planen, Seile, Taue etc. übernehmen. Der Petrochemie gelang es dann, Pflanzenöle als Grundstoffe der Farben- und Lackherstellung mehr und mehr zu ersetzen. Damit wurde das Aus für Lein- und Hanföl im technischen Ölsektor eingeläutet.
Der Anbau nachwachsender Rohstoffe geriet in der Nachkriegsgeneration fast völlig in Vergessenheit. Fasern und Öle kamen entweder aus Übersee oder waren Produkte der chemischen Industrie. In Europa ließen sich mit dem Anbau von Nahrungsmitteln erheblich bessere Profite erzielen als mit pflanzlichen Rohstoffen für die Industrie.
In der Folgezeit hielten sich Hanfanbau und -nutzung in Westeuropa nur in wenigen Nischen, beispielsweise bei der Herstellung von Zigaretten- und Teebeutelpapier, Dichtungsmaterial, spezieller Arbeitskleidung oder Bindfäden.
Während in Westdeutschland der Hanfanbau bereits in den 50er Jahren wirtschaftlich bedeutungslos geworden war, hielt er sich in Ostdeutschland noch bis Anfang der 70er Jahre. Von Bedeutung blieb der Hanf lediglich in Osteuropa, unter anderem in den Staaten der ehemaligen UdSSR, in Rumänien und Ungarn (vgl. Kapitel 4). Insbesondere die Fasern wurden hier nach wie vor für technische Gewebe genutzt, beispielsweise für Lkw-Planen. In der Regel wurde das alte Verfahren der Röste (vgl. Abschnitt 3.a) beibehalten, das zwar eine sehr gute Faserqualität liefert, jedoch ohne moderne Abwasserbehandlung lokal zu beträchtlichen organischen Belastungen der Flüsse führen kann.
In Westdeutschland kam der Hanfanbau nach der verschärften Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) praktisch vollends zum Erliegen. Seit dem 1.1.1982 verbietet es den Anbau von Hanf generell. Anbaugenehmigungen werden nur ausnahmsweise und nur zu wissenschaftlichen Zwecken erteilt oder nur dann, wenn das Amt ein »öffentliches Interesse« im Anbau erkennen konnte. Die antragstellenden Wissenschaftler müssen in einem aufwendigen Genehmigungsverfahren ihre Sachkenntnis, ihre Gründe und ihre Schutzmaßnahmen nachweisen (§ § 3-10 BtMG). Eine Dauersondergenehmigung zum Anbau der Hanfpflanze als Blütenstaubisolator erhielten lediglich die Rübenzüchter, da keine andere Pflanze diesen Zweck auch nur annähernd so gut erfüllen kann (vgl. Abschnitt 2.b).
Schwer zu verstehen ist, warum der Anbau von Faserhanfsorten, die praktisch THC-frei und zum Drogenkonsum ungeeignet sind, ebenso verboten ist wie der Anbau von THC-reichem Drogenhanf. Denn die Feststellung des THC-Gehaltes ist problemlos möglich. Praktisch THC-freie Sorten sind in den 50er und 60er Jahren auch in Deutschland gezüchtet worden.
Die Freigabe des Anbaus THC-armer Sorten wird daher immer häufiger gefordert (vgl. Kapitel 4).
Der Fall Martin Butter
Die Neufassung des BtMG führte dazu, daß Ende 1981 der letzte westdeutsche Hanfbauer, Martin Butter, den Hanfanbau auf der Schwäbischen Alb aufgeben mußte. Butters Hanfbetrieb hatte eine lange Tradition: »Da sich meine Vorfahren mit dem Hanfanbau und dessen Verarbeitung seit Generationen beschäftigt hatten, war auch meine berufliche Tätigkeit voll mit dem Hanf verbunden. Anbau, Ernte und Verarbeitung von Hanf waren mein Lebensweg. Seit dem Jahr 1950 war ich in der BRD selbständiger Hanfanbauer und -verarbeiter« (Butter 1994). In den 70er Jahren erlebte der Kleinbetrieb sogar eine bescheidene Blüte: 15 Arbeiter ackerten auf der größtenteils angepachteten Fläche von 150 Hektar. Die Fasern der Hanfstengel wurden an Seilereien und Textilfirmen geliefert und später auch zur Herstellung von Zigarettenpapier verwendet. Aus den Schäben wurden vor Ort loses, körniges Isoliermaterial für den Hausbau sowie hochdämmende Spanplatten hergestellt. Die Blätter nutzten Landwirte als Einstreu für ihre Viehställe.
Als in den 60er und 70er Jahren Cannabis zur bekanntesten Droge wurde, brachte das die Hanfbauern in Schwierigkeiten. Sobald im Spätsommer der THC-Gehalt der THC-haltigen Hanfsorten stieg, suchten Diebe die Felder heim. »Auch amerikanische Soldaten lagerten bei Manövern zuhauf (...) im Hanf auf der Alb und jagten den nachwachsenden Rohstoff durchs Hasch-Pfeifchen.« Weil er angeblich eine »Gelegenheit zum Genuß von Betäubungsmitteln« gewährt habe, mußte sich der Hanfbauer vor dem Amtsgericht verantworten.
Der nervenzehrende Spießrutenlauf vor Gerichten und Behörden endete für Butter am 31.12.1981 mit einem Vergleich: Martin Butter, der »immerhin auf die Marktordnung der Europäischen Gemeinschaft verweisen konnte, die den Hanfanbau erlaubt und notfalls bei etwaigen Preisnachteilen einzelner Länder sogar subventioniert«, verzichtete auf den Hanfanbau und erhielt 800 000 DM Schadenersatz. Butter: »Ich wollte nicht bis an mein Lebensende Prozesse führen.«
Der Bonner Regierung war das recht. Hätte Butter seinerzeit in höheren Instanzen der EG sein Anbaurecht eingeklagt, wäre der Gesetzgeber vielleicht gezwungen gewesen, das gerade erst geänderte Betäubungsmittelgesetz erneut zu ändern. »Es bleibt also dabei: Im EG-Gebiet darf Hanf angebaut werden – nur nicht in der Bundesrepublik.« (»Schwäbische Zeitung«, Ausgabe Ehingen, 31.1.1982; 18.12.1993; 13.1.1994)
1.c Bei der Wiederentdeckung von Nutzpflanzen vergessen
In den 80er Jahren begannen sich Landwirtschaft, Umweltschützer und auch die Industrie wieder für nachwachsende Rohstoffe zu interessieren. Ursachen waren auf der einen Seite die europäische Nahrungsmittelüberproduktion, die dazu führte, daß immer größere Anbauflächen zu Brachland wurden (1994 fast 4,5 Millionen Hektar stillgelegte landwirtschaftliche Flächen in Deutschland), und auf der anderen Seite wachsende Probleme mit den Produkten der erdölbasierten Chemie, insbesondere im Sektor Kunststoff-entsorgung.
Nachwachsende Rohstoffe schienen die Probleme mit einem Schlag lösen zu können: Die Landwirtschaft erhält neue Einnahmequellen durch Nutzung von Brachland, und die Industrie bezieht natürliche Rohstoffe, die sich, solange sie nicht zu weitgehend verändert werden, durch gute biologische Abbaubarkeit auszeichnen.
Auf diese Weise wurden als Ölpflanzen der Raps und später – in geringerem Umfang – der Öllein wiederentdeckt und bei den Faserpflanzen der Flachs. Durch Entwicklung neuer Ernte- und Aufschlußverfahren sowie entsprechende Kostenreduzierungen hofft man, in Deutschland eine Fläche von 65 000 Hektar für Flachsanbau nutzen zu können. Lag die Flachsanbaufläche 1987 noch bei bescheidenen 627 Hektar, so ist sie 1989 auf 2 085 Hektar und 1991 auf 7 994 Hektar (Renze-Westendorf 1991) angestiegen. (Aufgrund von Absatzproblemen, die sich aus Fehlern bei der Wiedereinführung von Flachs ergaben, ging 1992 und 1993 die Flachsanbaufläche wieder deutlich zurück). Rapsanbau wird im Jahr 1993 bereits auf einer Fläche von 1 Million Hektar betrieben (Agra-Europe 44/93).
Eine ganze Reihe weiterer Pflanzen wurden Untersuchungen unterworfen, die klären sollten, inwiefern sie als nachwachsende Rohstoffe geeignet seien. Nachfragen kommen heute verstärkt aus der Industrie, die an neuen Produktlinien auf Basis nachwachsender Rohstoffe interessiert ist; auch auf Verbraucherseite ist eine steigende Nachfrage nach natürlichen Produkten zu verzeichnen.
Was hätte nun näher gelegen, als auch den Hanf wiederzuentdecken und ihn heute wie Raps und Flachs in den Wettbewerb zu schicken?
Daß der Hanf vergessen wurde, liegt einzig und allein am Betäubungsmittelgesetz und seiner restriktiven Handhabung durch das Bundesgesundheitsamt. Weist man heute Wissenschaftler auf den Hanf hin, so müssen diese meist kurz darüber nachdenken, warum sie den früher so verbreiteten Hanf einfach nicht beachtet haben. Aber dann fällt es ihnen ein. Das Bundesgesundheitsamt macht es einem in Deutschland so schwer, die Genehmigung für den Hanfanbau zu erlangen, daß die meisten Forscher gleich abwinken. Und vor allen Dingen, was hilft es, gute Seiten am Hanf zu entdecken, wenn man ihn dann später ohnehin nicht kommerziell anbauen darf?
1993 liegen etwa 10 Genehmigungen für den Anbau in Deutschland vor, die sich allerdings fast ausschließlich auf Museen und botanische Gärten sowie einzelne (!) Pflanzen beziehen. Genehmigungen für größere Flächen sind besonders schwer zu bekommen und mit strengen Auflagen verbunden; an eine Vereinfachung der Verfahren wird derzeit nicht gedacht (vgl. Kapitel 4).
In der heutigen Suchtprävention wird seit langem diskutiert, ob das Betäubungsmittelgesetz nicht sein Ziel verfehlt hat. In bezug auf nachwachsende Rohstoffe ist dies keine Frage: Das Betäubungsmittelgesetz hat es geschafft, Hanf als Nutzpflanze nicht wieder aufkommen zu lassen und gleichzeitig den Genuß von Hanf als Rauschmittel auf nie gekannte Höhen zu führen; nach einer Schätzung gibt es 2 bis 4 Millionen Hanfraucher in Deutschland (Rippchen 1993).
Soweit die geschichtliche Entwicklung in Deutschland. Eine Übersicht über den aktuellen Stand von Hanfanbau, -nutzung und -forschung in West- und Osteuropa gibt Kapitel 4.
Zum Abschluß des ersten Kapitels einige Zahlen zum weltweiten Naturfaser- und speziell zum Hanfanbau. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung des Hanfanbaus in Europa und weltweit im Zeitraum von 1913 bis 1991. Die Weltanbaufläche für Hanf war Ende der 80er Jahre an ihrem Tiefpunkt angekommen (etwa 240 000 Hektar) und hat sich seitdem leicht erholt (1991: 279 000 Hektar). Auch in Frankreich, dem einzigen westeuropäischen Land mit nennenswerten Anbauflächen, ist 1991 erstmalig die Anbaufläche wieder gestiegen, und zwar von 3 000 auf 4 000 Hektar (FAO 1991); 1993 wurden bereits wieder 5 850 Hektar Hanf angebaut (Gsell 1993; vgl. auch Kapitel 4).
Tabelle 1: Entwicklung des Hanfanbaus zur Fasergewinnung in Europa und weltweit (Angaben: in 1000 Hektar)
1913 | 1926 | 1948 | 1958 | 1968 | 1978 | 1981 | 1991 | |
Westeuropa | ca. 110 | ca. 120 | 73 | 30 | 8 | 11 | ca. 3 | ca. 4 |
Osteuropa | ca. 70 | ca. 150 | 201 | 150 | 98 | 72 | ca. 60 | ca. 50 |
Europa | ca. 180 | ca. 270 | 280 | 180 | 106 | 83 | ca. 63 | ca. 54 |
Rußland/SU | 679 | 925 | 556 | 355 | 321 | 130 | 113 | 58 |
Welt | ? | ? | ? | 820 | 636 | ca. 500 | ca. 450 | 279 |
Quellen: Mathieu 1980, Körber-Grohne 1988, FAO 1957 und 1991
Der heutige (1991) Weltanbau von Hanf verteilt sich auf folgende Kontinente: Asien 58,8 Prozent (vor allem China und Indien), die ehemalige UdSSR 20,8 Prozent, Europa 19,4 Prozent (Rumänien, gefolgt mit großem Abstand von Frankreich und Ungarn) und Südamerika (vor allem Chile) 1,4 Prozent (FAO 1991). Zum Vergleich seien die weltweiten Anbauflächen anderer Faserpflanzen kurz aufgeführt: Flachs 1 051 000 Hektar, Hauptanbaugebiete sind die ehemalige UdSSR und seit wenigen Jahren China; Jute und juteähnliche Fasern 2 260 000 Hektar, fast ausschließlich in Asien (FAO 1991).