Wenn es eines gibt, über das sich (fast) alle Menschen im Westen einig sind, dann, dass die Demokratie die beste aller Gesellschaftsformen ist. Auf den Punkt gebracht hat diese Einstellung Winston Churchill:
Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen, mit Ausnahme von all den anderen, die ausprobiert worden sind.
Das ist ziemlich genau das, was die meisten denken. Viele hadern mit der real existierenden Politik, denken aber, zur Demokratie gäbe es keine Alternative. Wir haben bereits gesehen, dass mit der Privatrechtsgesellschaft eine Alternative besteht, bloß kennen sie nur wenige. Da der Mythos Demokratie so weit verbreitet ist, will ich etwas ausführlicher auf ihn eingehen, auch weil uns die Europäische Union zunehmend damit schmackhaft gemacht werden soll, dass man sie nur »demokratischer« gestalten müsse und alles wäre in bester Ordnung. Tatsächlich ist die EU äußerst undemokratisch organisiert; selbst wenn man sie »demokratisieren« würde, würde das keines der Probleme lösen.
Die niederländischen Autoren Frank Karsten und Karel Beckman haben in ihrem hervorragenden Buch Wenn die Demokratie zusammenbricht die größten Demokratie-Mythen zusammengestellt; daran lehne ich mich im Folgenden an, empfehle aber, das ganze Buch zu lesen.
Das wichtigste Element in der Propaganda ist die ständige Wiederholung. Wir hören jeden Tag das hohe Lied auf die Demokratie, sodass schon einiger Aufwand nötig ist, um sich von dieser Propaganda frei zu machen.
Dieser Mythos ist schnell widerlegt. Sie sind in Deutschland einer von 60 Millionen Wahlberechtigten. Sie können also ziemlich genau ausrechnen, wie viel Ihre Stimme zählt: ein Sechzigmillionstel. Stellen Sie sich vor, Sie hätten zu einem Sechzigmillionstel darauf Einfluss, was Sie morgen anziehen. Sie sähen aus wie der Wolpertinger. Die Autoren schreiben daher zu Recht: 39
Wählen bedeutet die Illusion des Einflusses im Austausch gegen den Verlust der Freiheit.
Karsten/Beckman zitieren einen niederländischen Komiker, der es einmal so auf den Punkt gebracht hat: 40
Demokratie ist der Wille des Volkes. Jeden Morgen lese ich mit Überraschung in der Zeitung, was ich will.
Natürlich gibt es so etwas wie den Volkswillen nicht. Der eine will dies, der andere das. Ein weiterer Widerspruch ist das Argument, die Parteien wären nötig, weil die Menschen nicht die Sachkenntnisse besäßen, um komplizierte wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Wie sollen sie dann aber die Wahlprogramme der Parteien verstehen, die ohnehin keiner liest? Besitzen Politiker ein geheimes Wundermittel, das ihnen unerschöpfliche Weisheit verleiht? Wie kommt es dann, dass die Konzepte der Parteien unterschiedlich sind (unterschiedlich in der Methodik des Raubes)?
Die Realität sieht so aus, dass die Parteien das machen, was ihre jeweilig nahestehenden Lobbyisten wollen. Bei den Linken sind das die Gewerkschaften, die sich hauptsächlich über Weiterbildungsunternehmen die Taschen füllen und Sonderrechte genießen, bei den Grünen die Anbieter »erneuerbarer Energien« und bei den Rechten vielleicht mal ein Stahl- oder Autokonzern, dem mit Subventionen geholfen wird. Die FDP schützt die Apotheker vor Wettbewerb oder senkt Steuern für Hoteliers statt für jeden. Alle Parteien zusammen führen der Versicherungsbranche über Schnapsideen wie Riester- oder Rürup-Rente Kunden zu, die dem Staat dann die wertlosen Anleihen abkaufen. An der Zentralbank, dem staatlich installierten Kartell der Großbanken, halten ebenfalls alle Parteien fest. Zum Nutzen des »Volkes« ist natürlich gar nichts davon. Den Bürgern wäre am meisten geholfen, wenn man ihnen ihr eigenes Geld ließe, um sich jede Leistung selbst einkaufen zu können.
Das ist wohl einer der seltsamsten und zugleich verbreitetsten Irrtümer. Erstens schwanken Mehrheiten ganz offensichtlich. Mal regiert Rot, mal Schwarz. Wie kann die Mehrheit in beiden Fällen recht haben? Karsten/Beckman zitieren sehr treffend den britischen Politiker und Schriftsteller Auberon Herbert über Logik und Moral der Demokratie:41
Fünf Männer befinden sich in einem Raum. Haben, weil drei Männer einen Standpunkt einnehmen und zwei einen anderen, die drei Männer irgendein moralisches Recht, den anderen zwei Männern ihren Standpunkt aufzuzwingen? Welche magische Kraft kommt über die drei Männer, dass sie, weil sie einer mehr sind als die zwei Männer, plötzlich Besitzer von Geist und Körper dieser anderen werden? Solange sie zwei gegen zwei waren, dürfen wir annehmen, dass jeder Mann Herr seines eigenen Geistes und Körpers blieb; aber von dem Moment an, in dem ein weiterer Mann – der Himmel weiß, aus welchen Motiven heraus handelnd – sich der einen oder der anderen Partei angeschlossen hatte, ist diese Partei schnurstracks in den Besitz der Seelen und Körper der anderen Partei gelangt. Hat es jemals einen so erniedrigenden Aberglauben gegeben? Ist er nicht der direkte Nachkomme des alten Aberglaubens über Kaiser und Hohepriester und ihre Autorität über die Seelen und Körper der Menschen?
Da theoretisch jede Partei gewählt werden kann, entsteht der Eindruck, jede Partei, jede Ideologie hätte dieselbe Chance. Tatsächlich ist es aber so, dass die Demokratie an sich schon eine Ideologie darstellt, nämlich die Idee, dass wir alles gemeinsam zu entscheiden haben. Die Demokratie ist also per definitionem eine kollektivistische Idee.
Karsten/Beckman schreiben:
Es gibt grundsätzlich keine Grenzen der Kollektivierung. Wenn die Mehrheit (oder vielmehr die Regierung) es will, kann sie entscheiden, dass wir alle einen Harnisch tragen müssen, wenn wir über die Straßen gehen, weil es sicherer ist. Oder wir uns alle als Clowns verkleiden müssen, weil es die Leute zum Lachen bringt. Keine individuelle Freiheit ist heilig.
Laut dem britischen Wirtschaftsmagazin The Economist vom 17. März 2011 sind die Staatsausgaben in den westlichen Demokratien Europas und den USA seit 1870 von 10 auf knapp 50 Prozent gestiegen – und zwar durchgehend.42 Selbst Schweden lag 1870 noch bei 5,7 Prozent und sogar die angeblich so freien USA weisen mittlerweile 43 Prozent auf. Und das sind nur die offiziellen Quoten.
In Wirklichkeit regiert der Staat inzwischen in fast jedes Geschäft hinein, was aber nicht in der Staatsquote zum Ausdruck kommt. Beispielsweise waren 80 Jahre lang in Deutschland entlang von Bahnlinien Busrouten verboten. Dies wurde Anfang 2013 – oh Wunder – von der Koalition gelockert, sodass jetzt Fernbusverkehr zwischen den Städten erlaubt ist, mit der Folge, dass die Preise dramatisch sinken. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fällt nichts Besseres ein, als vor zu niedrigen (!) Preisen zu warnen: Vor allem im Städtetourismus können »Dumpingpreise« dafür sorgen, dass statt der Pauschalreise der Fernlinienbus gewählt wird.43
Von solchen klitzekleinen Ausnahmen abgesehen, ist der Trend zu mehr Regulierung aber ungebrochen. Die EU ist dabei der Meister des Irrsinns. Eine Verordnung zur Länge einer Schnullerschnur (sic!) umfasst 52 Seiten (DIN EN 12586) und damit mehr Wörter als das Grundgesetz.44 Gerade als ich dies schreibe, kommt die Nachricht, dass die EU plant, Olivenöl – im Übrigen ein natürliches Konservierungsmittel – in offenen Karaffen auf den Restauranttischen zu verbieten.45 Gott sei Dank! Millionen von Menschen vor dem Olivenöl-Tod bewahrt!
Tausende solcher aberwitzigen Gesetze mit Abertausenden von Seiten und Hunderttausenden von Wörtern werden jedes Jahr neu erlassen. Die amerikanischen Bundesgesetze enthalten inzwischen 3,8 Millionen Wörter.46 Die Zehn Gebote und die amerikanische Unabhängigkeitserklärung kamen noch mit knapp 300 Wörtern aus. Und im Grunde reichen drei von den Zehn Geboten (nicht töten/verletzen, stehlen, lügen/betrügen).
Jedes einzelne Gesetz nimmt Menschen die Freiheit, freiwillig miteinander eine Vereinbarung zu treffen. Karsten/Beckman kommen daher zu dem Schluss:
Tatsächlich ist Demokratie im Wesentlichen eine totalitäre Ideologie, wenn auch nicht so extrem wie Nazismus, Faschismus oder Kommunismus.
Sie führt jedoch schnurstracks dorthin, möchte ich hinzufügen.
Viele Menschen denken, wir hätten unseren Wohlstand der Demokratie zu verdanken. Politiker schüren diese These. Auch der EU wird ständig zugeschrieben, sie hätte irgendeinen Anteil an dem von den Bürgern erarbeiteten Reichtum. Das Gegenteil ist richtig. Den deutschen Wohlstand beispielsweise haben wir einzig und allein dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass Ludwig Erhard eine relativ freie Marktwirtschaft in Deutschland eingeführt hat. Es gibt genügend nicht demokratische Staaten wie Singapur, Monaco oder Liechtenstein, die wesentlich erfolgreicher sind als Deutschland. Der einzig wichtige Faktor ist, inwiefern individuelle Rechte, vor allem das Eigentumsrecht, geschützt werden.
Der Vorteil einer Marktwirtschaft mit sicheren Eigentumsrechten und freien Verträgen für die Schwachen lässt sich nicht nur logisch, sondern auch empirisch belegen. So zeigt der jährliche Economic Freedom Report des Fraser Institute47, dass in den Ländern mit der höchsten wirtschaftlichen Freiheit der Durchschnittsbürger 6,9-mal so viel verdient wie in den Ländern mit der niedrigsten wirtschaftlichen Freiheit (S. 20, Abb. 1.9). Die jeweils ärmsten 10 Prozent verdienen aber 8,2-mal so viel wie die ärmsten in den Ländern mit der niedrigsten Freiheit (S. 22, Abb. 1.12).
Die jeweils Reichsten sind leider nicht ausgewiesen, aber das ist auch nicht relevant (sie müssten noch weniger profitieren, weil ja der Durchschnitt schon unter dem Wert für die Ärmsten liegt). Wichtig ist doch, dass die Ärmsten 8-mal so viel verdienen wie die Ärmsten in den Länder mit der größten Regulierung und sogar doppelt so viel wie die Durchschnittsbürger in den Ländern mit geringerer Freiheit (8.735 Dollar gegenüber 4.545 Dollar).
Hinzu kommt, dass in den Ländern mit der höchsten wirtschaftlichen Freiheit die Lebenserwartung (Abb. 1.13) und die Qualität der Bildung höher sind, die Gesundheitsversorgung besser und die Anzahl der Armen geringer (Abb. 1.15 bis 1.17). Wie die Einzelanalyse zeigt, ist auch die Qualität des Gesundheitswesens und der Bildung dort höher, wo es am wenigsten staatliche Eingriffe in genau diese Bereiche gibt. Das lässt sich zwar nicht zusammenfassen, weil die einzelnen Modelle zu unterschiedlich sind, aber es liegt auf der Hand, dass auch in diesen Bereichen der Wettbewerb und die (freiwillige) Arbeitsteilung bessere Ergebnisse liefern. Zumal die Menschen das Dreifache zur Verfügung hätten, um sich den besten Anbieter aussuchen zu können. Was passiert, wenn sich der Staat dieser Bereiche annimmt? Um es mit einem Wort von Ron Paul in den letzten Präsidentschaftsdebatten zu sagen: »Prices go up. Quality goes down.«
Jedes neue Gesetz der EU oder der deutschen Regierung schränkt die individuelle Freiheit ein und sorgt damit für die Vernichtung von Wohlstand und nicht dessen Vermehrung. Da, wie gezeigt, sich in Demokratien der Staat immer weiter ausdehnt, ist also das Gegenteil dessen richtig, was viele Menschen glauben. Die Demokratie schafft keinen Wohlstand, sie vernichtet ihn. Demokratie ist nicht die Lösung des Problems, sie ist das Problem.
Frank Karsten hat den Mechanismus auch in einem Gastbeitrag für die Partei der Vernunft sehr schön so beschrieben:48
Demokratie ist wie Essengehen mit hundert Menschen, die zuvor entschieden haben, die Rechnung gleichmäßig zu teilen. Bestellt jemand ein köstliches Dessert für zehn Euro, dann bezahlt er nur zehn Cent und die anderen den Rest. Weil jeder den gleichen Anreiz verspürt, steigen die gemeinsamen Schulden bald stark an, viel höher, als wenn jeder für sich selbst bezahlen würde.
In einer Demokratie versuchen alle Wähler, ihre persönlichen Ziele auf die gemeinsame Rechnung zu setzen. Rentenempfänger wählen höhere Renten, Eltern »gratis« Schulbücher, Bauern noch mehr Agrarsubventionen, und so weiter. Jeder versucht auf Kosten der anderen zu gewinnen, aber jeder verliert, wie die Gäste im obigen Beispiel. Der Politiker, der am meisten verspricht, egal wie unrealistisch es ist, gewinnt in der Regel die Wahlen.
Wie im vorangegangenen Abschnitt gezeigt, geht es den Armen umso besser, je weniger der Staat eingreift. Demokratien sind extrem anfällig für Lobbyismus. Lobbyierende Unternehmen sind die Hauptprofiteure der Umverteilung. So kam eine Studie einer niederländischen Behörde (!) von 2011 zu dem Schluss, dass die höheren Einkommensgruppen am meisten von staatlichen Zuwendungen profitieren.49 Zwei Fünftel des EU-Haushaltes werden beispielsweise für Agrarsubventionen ausgegeben. Zu den größten Empfängern dieser Subventionen gehören Lebensmittelkonzerne und sogar Energieversorger wie RWE oder die Fluggesellschaft Lufthansa! RWE erhielt sie, weil der Konzern für den Braunkohleabbau Agrarfläche ankaufte, und die Lufthansa bekam sie für Zucker und Milch, die sie den Fluggästen angeboten hat.50
Wenn den Menschen mehr Geld übrig bleibt, bekommen karitative Vereinigungen auch mehr Mittel. Sie wissen besser als irgendwelche Bürokraten, wer die Hilfe tatsächlich nötig hat. Wird ruchbar, dass eine Wohltätigkeitsorganisation Schindluder betreibt, kann man von heute auf morgen einer anderen Organisation spenden. Inzwischen gibt es sogar Ratingagenturen, die bewerten, wie viel Spendengeld der jeweiligen Organisation tatsächlich bei den Bedürftigen ankommt.51 Dass solche Gelder zu irgendwelchen Konzernen fließen, ist äußerst unwahrscheinlich, und wenn doch, bedeutet es das Ende der jeweiligen Organisation, sobald es bekannt wird. Der Staat hingegen bleibt immer da. Nur die Marionetten der Konzerne werden ausgewechselt.
Wie Hans-Hermann Hoppe gezeigt hat, erzeugt der Staat regelmäßig Konflikte, statt sie zu vermeiden. Karsten/Beckman warten dazu noch mit zwei anschaulichen Beispielen auf:
Angenommen, wir würden demokratisch entscheiden, wie viel und welches Brot jeden Tag gebacken wird. Dies würde zu endlosem Lobbyismus, Kampagnen, Gezänk, Versammlungen und Protesten führen …Demokratie ist wie ein Bus voll mit Leuten, die zusammen entscheiden müssen, wohin der Fahrer fährt. Die Progressiven stimmen für San Francisco, die Konservativen bevorzugen Dallas, die Libertären (und ich; Anm. OJ) wollen nach Las Vegas, die Grünen (und ich; Anm. OJ) wollen nach Woodstock und die übrigen in tausend andere Richtungen.
Wer jemals eine politische Diskussion geführt hat, weiß, wie schnell diese emotional werden kann. Demokratie ist Konflikt. Marktwirtschaft ist Kooperation. Wenn sich jeder freiwillig für eine Leistung entscheidet, muss sich niemand mit jemandem streiten. Sie geraten bei schlechter Leistung höchstens in Konflikt mit Ihrem Anbieter, den Sie im Zweifel einfach wechseln können. Niemals aber werden Sie mit anderen Kunden streiten – vom Sommerschlussverkauf mal abgesehen. Wahrscheinlich wurde der deshalb von der Politik verboten …
Man schaue nach Griechenland und Spanien. Erzwungene Gemeinschaft ist keine Gemeinschaft, sondern ein Gefängnis. Wie erläutert, schürt die Demokratie Konflikte, statt sie zu vermeiden. Nur das freiwillige Zusammensein erzeugt ein Gemeinschaftsgefühl, wie jeder anhand seines persönlichen Lebens nachprüfen kann. So mancher mag das schon erlebt haben, wenn er durch die Umstände »gezwungen« wurde, bei einem Fußballspiel im gegnerischen Fanblock zu sitzen, oder die Eltern ihn zum Verwandtenbesuch bei Tante Else genötigt haben.
Zugegeben, Freiheit und Toleranz sind in Demokratien ausgeprägter als in böswilligen Diktaturen. Doch es gibt und gab sie auch in Monarchien. In einer Privatrechtsgesellschaft wären diese Werte sakrosankt. In Demokratien wird die Freiheit immer mehr beschnitten, und wie sehr die Toleranz nachlässt, kann, glaube ich, jeder sehr gut anhand der heutigen Realität nachvollziehen. Aristoteles schrieb vor über 2000 Jahren: Unbeschränkte Demokratie ist, genauso wie die Oligarchie, eine auf eine große Gruppe von Menschen ausgedehnte Tyrannei. Die kleinste Minderheit ist das Individuum. Und das hat keine Freiheit, wenn es von einer echten oder theoretischen Mehrheit abhängt.
Die mit weitem Abstand meisten Kriege haben in den vergangenen 100 Jahren die demokratischen USA begonnen. Sie sind sogar der einzige Staat, der jemals Atomwaffen eingesetzt hat. Trotzdem gelten unzählige andere Länder, die diese Waffen nicht einmal besitzen, als Schurkenstaaten. Das heißt natürlich nicht, dass in diesen Ländern alles zum Besten steht, ganz im Gegenteil. Aber offensichtlich ist Demokratie kein Garant für Frieden. In der angeblich so friedlichen EU herrschen aufgrund der vom staatlichen und demokratisch beschlossenen Geldsystem erzeugten Krise teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände – und das Schlimmste steht uns noch bevor.
Sogar die Todesstrafe wurde durch eine Hintertür im Lissabonvertrag bereits eingeführt, allerdings ohne dass die Massenmedien als Teil des politisch-medialen Komplexes dies aufgegriffen hätten.52 Man sieht also, dass es auch in einer Demokratie, die angeblich eine offene Gesellschaft darstellt, möglich ist, solche Dinge einfach zu verheimlichen. Ohne das Internet wüsste praktisch überhaupt niemand davon.
Eine Variante des Mythos besagt, Demokratien führten keine Kriege gegeneinander, aber auch das stimmt nicht. Seit es die Nato gibt, haben deren Mitglieder keine Kriege miteinander geführt, das hat aber wenig damit zu tun, dass es Demokratien sind, sondern eben mit dem gemeinsamen Bündnis. Im Gegenteil: Monarchen haben bis zum 18. Jahrhundert Söldnertruppen engagiert, während viele Demokratien die Wehrpflicht eingeführt haben, wovon die Zivilbevölkerung weitaus stärker betroffen ist.53
Und dass demokratische Politiker nicht korrupt sein sollen, muss wohl nicht weiter kommentiert werden. Es heißt nur nicht Korruption, sondern beschönigend Lobbyismus.
Dass mit der Privatrechtsgesellschaft eine Alternative besteht, wissen Sie schon. Ich will aber noch einmal darauf eingehen, was uns jetzt in der offensichtlichen Krise der Demokratie als Alternative geboten wird, nämlich »Mehr Demokratie!« oder »Echte Demokratie jetzt!«. Es gibt tatsächlich Initiativen, die so heißen. Einen intoleranteren Haufen als diese Gruppierungen müssen Sie lange suchen. Wenn Sie dort als Libertärer in einem Forum auftauchen, werden Sie schneller wieder rausgeschmissen, als Sie »Autobahn« sagen können. Es handelt sich häufig um Linksextremisten, die ausgerechnet einen Libertären für rechts halten, nur weil er nicht links ist.
Mehr Demokratie ist eine Illusion. Mehr Demokratie heißt definitionsgemäß mehr Kollektivismus, also weniger individuelle Freiheit. Entsprechend lesen sich die Vorstellungen dieser Gruppen. Zum Beispiel die Forderung nach einem »bedingungslosen Grundeinkommen« (BGE). Das heißt, man nimmt Menschen, die arbeiten, Geld weg und gibt es anderen, die nicht arbeiten. Letztere müssen dafür noch nicht einmal Gründe angeben oder in Not sein. Das ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Gehirnwäsche durch den Staat. Die Leute denken tatsächlich, sie hätten ein Recht darauf, bedingungslos von anderen finanziert zu werden. Eine völlige Perversion des Solidaritätsgedankens – abgesehen davon, dass es ökonomisch unsinnig ist.55
Am einfachsten beenden Sie eine Diskussion zu diesem Thema mit der Frage: Warum zahlte Götz Werner, Gründer der dm-Drogeriemarktkette und prominenter BGE-Propagandist, seinen Angestellten nicht einfach 1000 Euro im Monat und stellte ihnen frei, ob sie zur Arbeit kommen? Schon der Begriff ist ein Musterbeispiel für Orwell’sches Neusprech: BGE ist weder bedingungslos noch ein Einkommen. Ein Einkommen ist definitionsgemäß etwas, das man für eine Leistung bekommt. Und die Bedingung ist, dass das Geld jemand anderem weggenommen wird.
Worüber sich noch diskutieren ließe, wäre mehr direkte Demokratie. Diese kann oft das Schlimmste verhindern. Beispielsweise hätten die Menschen nie dem Lissabonvertrag oder dem Euro zugestimmt. Allerdings zeigt beispielsweise die Schweiz auch die Schattenseiten der direkten Demokratie. So wurden dort per Volksabstimmung Minarette verboten, obwohl es selbstverständlich eine Sache der Eigentümer wäre, was sie auf ihrem Grundstück bauen, solange damit keine Lärmbelästigung durch einen laut zum Gebet rufenden Muezzin einhergeht. Auch Mindestlöhne (von 22 Schweizer Franken = 22 Euro!) sollen dort zur Abstimmung kommen, demnächst das Grundeinkommen. Der Vorteil der Schweiz liegt weniger in der direkten Demokratie als in der Dezentralisierung. Durch die Konkurrenz zwischen den Kantonen können die Menschen mit den Füßen abstimmen und einfach wegziehen, wenn es ihnen zu bunt wird. Mehr Rechte für die Kommunen, vor allem Steuer- und Abgabenhoheit, wären auch für Deutschland eine gute Lösung. Sobald die Staatsorgane oder die Mitbürger über Abstimmungen zu aufdringlich oder ausbeuterisch werden, könnte man in eine andere Stadt oder Gemeinde ziehen, ohne gleich Land, Kultur, Sprache, Familie und Freunde komplett verlassen zu müssen. Das diszipliniert ungemein, wenn die Produktiven die Gemeinde jederzeit verlassen können.
Da es eher unwahrscheinlich ist, dass sich die Staaten über Nacht selbst abschaffen, ist daher konsequente Dezentralisierung die wichtigste politische Forderung. Das verstehen auch die meisten Menschen, ohne Kenntnisse in Ökonomie haben zu müssen. Der Slogan ist einfach: Dort, wo die Probleme anfallen, sollen sie auch gelöst werden. Punkt.
Es gibt weltweit einen Trend zu Sezessionen. Regionen wollen wieder selbstständig werden. Einmal, weil sie die Orders aus der Zentrale satthaben, und zum zweiten aus ökonomischen Zwängen heraus. Ethnische Gründe sind meist nur die emotionale Begründung, letztendlich geht es um den Geldbeutel. Ein Gebiet, das sich abtrennt, haftet nicht mehr für die Schulden der Zentrale oder der Nachbarn. München oder Bayern könnte sich so über Nacht der Euroschulden oder des Finanzausgleichs entledigen. Wenn sich die Wirtschaftskrise verschärft, wird es ohnehin dazu kommen. Völkerrechtlich kann sich jede Region für selbstständig erklären. Theoretisch kann das auch ein Individuum, nur dass die Staatsmacht das wenig beeindruckt.