Ein Musterbeispiel dafür, wie die Machtelite vorgeblich humanitäre Zwecke für eigene Ziele missbraucht, ist das Rote Kreuz. Es hat eine entscheidende Rolle in der bolschewistischen Revolution gespielt. Das Amerikanische Rote Kreuz wurde in den Jahren vor der bolschewistischen Revolution hauptsächlich von Wall-Street-Bankern, allen voran J. P. Morgan, finanziert. Henry P. Davison, einer der finanziellen Unterstützer von Woodrow Wilson und ein Partner von J. P. Morgan & Co., wurde Präsident des Amerikanischen Roten Kreuzes. Unter den Verwaltungsratsmitgliedern befanden sich der Präsident der Anaconda Copper Company, der Präsident von American Tobacco, Ivy Lee, der PR-Spezialist der Rockefellers, und Grayson M. P. Murphy, der Vizepräsident von Guaranty Trust. Laut John Foster Dulles betrachteten diese Geschäftsleute das Amerikanische Rote Kreuz praktisch als Arm der Regierung, von dem sie erwarteten, einen unschätzbaren Beitrag zum Gewinnen des Krieges zu leisten.691 Dulles bezog das offensichtlich auf den Krieg mit Deutschland.
Die Banker nutzten es allerdings auch als Vehikel, um die bolschewistische Revolution zu beeinflussen. 1917 stellten sie eine Mission nach Russland zusammen, die von William Boyce Thompson, einem Direktor der Federal Reserve, finanziert wurde. Von 24 Mitgliedern der Mission waren nur fünf Ärzte! Der Rest waren Wall-Street-Anwälte, Banker und Militärs, darunter Robert Barr, Vizepräsident von Morgans Chase Securities Company, Frederick Corse von Rockefellers National City Bank, Allan Wardwell, der Anwalt von Stetson, Jennings & Russell (und Sohn von William Wardwell, dem langjährigen Schatzmeister von Rockefellers Standard Oil), und der Finanzier persönlich, Fed-Direktor William Thompson.692
Hinzu kamen drei »Übersetzer« (offizielle Bezeichnung): Captain Ilovaisky, ein russischer Bolschewik, Boris Reinstein, der später Lenins Sekretär und der Chef von Karl Radeks »Büro für internationale Propaganda« wurde, und Alexander Gumberg (alias Berg, richtiger Name Michael Gruzenberg), ein bolschewistischer Agent und Bruder des späteren Ministers Zorin.
Sogar die Washington Post berichtete am 2. Februar 1918, dass Fed-Direktor Thompson693 nach der Reise eine Million Dollar an die Bolschewiken spendete, weil er glaubte, sie seien die stärkste Kraft gegen die deutschfreundlichen Kräfte in Russland. Und die deutsche Regierung ließ Lenin nach Moskau bringen, um Russland zu schwächen! Meine Güte, was die sich alles einfallen lassen! Natürlich bestand die tatsächliche Mission des Roten Kreuzes darin, die Revolution zu unterstützen, was Sutton ausführlicher erläutert.
Ebenfalls interessant: Kein Geringerer als Präsident Woodrow Wilson, der 1913 die Fed ins Leben rief, sorgte dafür, dass Leo Trotzki einen amerikanischen (!) Pass bekam.694 Auf der Reise hatte er 10.000 Dollar bei sich, die wahrscheinlich aus deutschen Regierungsquellen stammten. Am 26. März 1917 verlässt er an Bord der SS Kristianiafjord zusammen mit anderen Revolutionären und Wall-Street-Finanziers New York. Mit auf dem Schiff: der amerikanische Kommunist Lincoln Steffens, der ausweislich seiner eigenen Autobiografie als Verbindungsmann zwischen Präsident Wilson und Charles Richard Crane agierte, auf dessen Einladung er auf dem Schiff war.695 Crane war ein finanzieller Unterstützer der Demokratischen Partei Wilsons und selbst Präsident des Finanzierungskomitees der Demokraten. Der US-Botschafter in Deutschland, William Dodd, schrieb, Crane tat viel um die Kerensky-Revolution (Februarrevolution 1917; Anm. OJ) voranzubringen, die den Weg für den Kommunismus bereitete.696
Am 3. April 1917 wird Trotzki bei einem Zwischenstopp in Nova Scotia von kanadischen Behörden festgenommen. Sie vermuteten in ihm einen Revolutionär, der in deutschen Diensten stand (angeblich sprach Trotzki besser Deutsch als Russisch). R. M. Coulter, der kanadische Postminister und Freimaurer, sorgte für seine Weiterreise.