3.5 Die CIA-Nazi-Connection

Die Verbindungen zwischen CIA und den Nazis sind inzwischen gut dokumentiert, auch wenn viele Akten noch unter Verschluss sind. Ich verweise daher zunächst nur auf die wichtigsten Quellen dazu. Unter dem Druck einer drohenden Klage im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes musste das Justizministerium einen immer noch stark zensierten 600-Seiten-Bericht über die Anwerbung von Nazis, darunter Adolf Eichmann und Josef Mengele, veröffentlichen, worüber die New York Times am 13. November 2010 berichtete.331 In dem Artikel wird auch die »Operation Paperclip« erwähnt, unter der über 1800 deutsche Wissenschaftler in den Dienst amerikanischer Behörden übernommen wurden.332 Das Gehirnwäscheprogramm »MK Ultra« wurde ebenfalls maßgeblich von deutschen Wissenschaftlern geprägt, welche die Menschenversuche aus den Konzentrationslagern in den USA fortführten. Obwohl Tausende von Akten vernichtet wurden, zählte eine Regierungskommission insgesamt 149 Projekte, von denen laut Aussage des ehemaligen CIA-Direktors Stansfield Turner »mindestens 14 sicher Menschenversuche« waren.333 Das Projekt begann am 13. April 1953 auf Befehl des damaligen CIA-Direktors Allen Dulles.334

Die CIA berichtet auf seiner Webseite selbst über seine Nazi-Verbindungen. Doch dort konstatiert der Historiker Kevin Ruffner, der früher selbst für die CIA gearbeitet hat:

Die Tatsache, dass die meisten US-Geheimdienstaufzeichnungen aus dieser Zeit noch als geheim eingestuft sind, verleiht dem Thema nur ein noch größeres Mysterium.

Aber alleine, was die CIA jetzt schon zugibt, ist die Lektüre des Berichts vom 14. April 2007 wert.335 Der frühere US-Staatsanwalt (u. a. für Kriegsverbrechen) und Mitglied des Armeegeheimdienstes John Loftus hat einige Bücher über das Thema geschrieben, darunter America’s Nazi Secret.336

In den seltenen Fällen, in denen die Mainstream-Presse das Thema aufgreift, werden im Wesentlichen drei Schlussfolgerungen gezogen:

  1. Die CIA glaubte, man bräuchte die Nazis im Kampf gegen die Kommunisten im Osten.
  2. Die Kommunisten entwickelten Waffen wie beispielsweise die Mind-Control-Techniken, also musste Amerika das auch tun.
  3. Die Nazis waren so geschickt, dass sie es geschafft hätten, die CIA zu unterwandern.

Dann wird in der Regel noch darüber diskutiert, ob dieser Zweck die Mittel heilige. Tatsächlich verwendeten die Nazis ja auch das erste Argument und das zweite klingt für viele auf den ersten Blick auch logisch. Die dritte These ist äußerst unwahrscheinlich. Wie sollte ein paar Deutschen die Unterwanderung des Geheimdienstapparates der größten Militärmacht der Welt gelingen?

Alle diese Argumente übersehen eine simple Tatsache: Diejenigen, welche die CIA aufbauten, verfolgten schlicht dieselben Ziele wie die Nazis. Die Nazis kamen nicht aus dem Nichts.

Die Rolle von Allen Dulles

James Angleton, der langjährige Chef der CIA-Spionage-Abwehr, berichtete dem investigativen Journalisten Joseph Trento337, dass er seinen Job nur bekommen habe, weil er darauf verzichtete, 60 von Allen Dulles’ »engsten Freunden« einem Lügendetektortest bezüglich ihrer Geschäftsbeziehungen mit den Nazis zu unterziehen.338 Die Geschichte von Angleton wäre mehrere Bücher wert, einige Filme (u. a. The Good Shepherd mit Robert De Niro) basieren auf seinem Leben. Geradezu herrlich ist es, wie das Mainstream-Outlet Wikipedia339 über ihn urteilt. Gegen Ende seines Lebens wäre er paranoid geworden, weil er selbst Willy Brandt und Henry Kissinger für KGB-Spione hielt. Die Wahrheit: Beide waren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit KGB-Spione!340 Angleton war einer der ganz wenigen bei der CIA, der den Aussagen von KGB-Überläufer Anatoli Golizyn Glauben schenkte, die auch bei der Entstehung der EUdSSR eine große Rolle spielen. Da kann ich mich ja auch schon darauf freuen, bei Wikipedia bald als »paranoid« eingestuft zu werden.

Angleton wurde von CIA-Direktor William Colby entlassen, der 1996 selbst unter höchst mysteriösen Umständen verstarb (bei einem »Bootsausflug«).341 Colby war laut seinem eigenen Buch am Aufbau der Geheimarmee Gladio beteiligt.342 Unnötig zu erwähnen, dass Angleton Colby selbst für einen KGB-Spion hielt. Den scheinbaren Widerspruch, dass so viele CIA-Leute verdächtigt werden, für die Nazis und die Kommunisten zu arbeiten, löse ich im dritten Teil des Buches auf.

Doch zurück zu den Nazi-Connections der Dulles-Brüder. Diese sind sehr gut dokumentiert. Allen Dulles war ebenso wie zuvor schon sein Bruder John Foster Dulles – Außenminister von 1953 bis 1959 unter Eisenhower – Partner der Kanzlei Sullivan & Cromwell.343 Die Anwaltskanzlei beriet unter anderem I.G. Farben (siehe nächsten Abschnitt). Beide Dulles-Brüder waren im Aufsichtsrat (board, im angelsächsischen Recht gibt es keinen Unterschied zwischen Aufsichtsrat und Vorstand) der Henry Schroder Bank, die Hitler unterstützte.344 Allan Dulles war auch der Anwalt der niederländischen Bank voor Handel en Scheepvart in Rotterdam. Diese Bank war das Zentrum einer gigantischen Vertuschungsoperation von Fritz Thyssen in Zusammenarbeit mit den Bush- und Rockefeller-Familien, wie John Loftus, der ehemalige US-Staatsanwalt für Kriegsverbrechen, berichtet.345 Die Recherchen zu diesem Thema kosteten mindestens zwei Menschen das Leben. Ich versuche, die komplexe Materie hier in wenigen Sätzen zusammenzufassen.346 Ausführlicher können Sie das Thema in den Büchern von Loftus nachlesen.347 Seine Ergebnisse basieren auf den Recherchen des US-Agenten William Gowen. Er entdeckte nach dem Krieg die »Rattenlinien«, auf denen die Nazis geflohen waren. Nach seiner Pensionierung hat er auf eigene Faust die Dinge recherchiert, die in seinem Puzzlestück noch fehlten.

Das Vermögen des Großindustriellen August Thyssen wurde nach dem Ersten Weltkrieg infolge des Versailler Vertrags drastisch dezimiert. Er schwor sich, dass ihm Ähnliches nicht noch einmal passieren sollte. Einer seiner Söhne, Fritz, trat offiziell der NSDAP bei und Heinrich, der jüngste Sohn, sollte sich neutral verhalten. In der Öffentlichkeit kritisierte er Fritz, während sie sich aber heimlich trafen. Heinrich heiratete in den ungarischen Adel ein und änderte seinen Namen in Heinrich Baron Thyssen-Bornemisza de Kászon.348 Er beanspruchte sowohl die ungarische als auch – laut Loftus – die niederländische Staatsangehörigkeit für sich. Wenn einer der Brüder durch Konfiszierung des Vermögens bedroht würde, so der Plan, würde er das Geld zum jeweils anderen transferieren.

Um dieses Hütchenspiel zu erleichtern, gründete August Thyssen drei Banken: die August-Thyssen-Bank in Berlin, die schon erwähnte Rotterdamer Bank und die Union Banking Corporation in New York. Alles, was die Thyssens tun mussten, um die Herkunft und die Verwendung der Gelder zu verschleiern, war, die Papiere zwischen diesen drei Banken hin- und herzuschicken. Anteile an den Firmen des riesigen Konglomerates wurde einfach von einer Bank zur nächsten verkauft oder verschoben. Direktor und Anteilseigner der Union Banking Corporation war Prescott Bush, der Vater von George Bush Sr. und Geschäftsführer der Wall Street Bank Brow Brothers Harriman. Prescott Bush war ebenso wie sein Sohn George und sein Enkel George W. Mitglied der Geheimgesellschaft Skull & Bones. Alle drei waren Mitglied in Rockefellers Council on Foreign Relations (CFR). John Foster Dulles war Mitglied der Rockefeller Foundation und Mitbegründer des CFR. Sein Bruder Allan Dulles wiederum war Ende der Vierzigerjahre Präsident des CFR.

Als Ende der Siebzigerjahre der Journalist Paul Manning über die Befragungen von Thyssen im Nationalarchiv der USA stolperte, entdeckte er auch die Rotterdamer Bank und ging damit ausgerechnet zu Allen Dulles, von dem er nicht wusste, dass er Anwalt genau dieser Bank war. Dulles versprach ihm, bei seinem Manuskript zu helfen, schickte ihn aber stattdessen nach Südamerika auf die Jagd nach Martin Bormann!349 Dulles wusste vermutlich, dass Manning ihn dort nicht finden würde. Laut Loftus wurden auch noch andere Journalisten, die dem Geldwäschegeheimnis zu nahe kamen, auf die Jagd nach Bormann geschickt – immer mit der Verheißung der Story des Jahrhunderts und den Pulitzer-Preis fest im Visier. Bormann hat seinen Job als Phantom wirklich erfüllt!

Als der Krieg verloren war, begannen die Allierten, Thyssens Unterstützung für Hitler unter die Lupe zu nehmen. Jetzt war es an der Zeit, die Papiere von der August-Thyssen-Bank in Berlin wieder zur Rotterdamer Bank zu bringen. Raten Sie mal, wer zu der Zeit den CIA-Vorgänger OSS in Berlin leitete? Richtig, Allen Dulles! Er tat natürlich alles, um seine eigenen Verbindungen zum Thyssen-Imperium zu vertuschen. »Unglücklicherweise« wurde die August-Thyssen-Bank in Berlin bombardiert und die Papiere lagen in den Trümmern. Außerdem lag die Bank auch noch in der sowjetischen Besatzungszone. Daraufhin schickte Prinz Bernhard der Niederlande, selbst Mitglied der NSDAP und der Reiter-SS, ein Rettungskommando mit dem Codenamen »Operation Juliana« los. Offizieller Zweck: Die Kronjuwelen seiner Frau Juliana zu bergen, die von den Nazis gestohlen worden wären! In Wirklichkeit schaffte er die Eigentümerurkunden nach Holland.

Dass die Union Banking Corporation in Wirklichkeit der »Bank voor Handel en Scheepvaart« gehörte, kann inzwischen im Nationalarchiv der USA über ausländische Eigentümer eingesehen werden.350 Dass die Rotterdamer Bank wiederum 1916 von Fritz Thyssen gegründet wurde, kann ironischerweise in Paul Mannings Buch über Martin Bormann nachgelesen werden, das zustande kam, weil ihn Allen Dulles, wie oben erwähnt, auf die Suche nach dem Hitler-Stellvertreter geschickt hatte.351 Manning verknüpft die Fakten allerdings nicht. 1916 war auch das Jahr, in dem Prescott Bush Skull & Bones beitrat. Es gibt Autoren, welche die These vertreten, dass Skull & Bones eine Unterabteilung einer deutschen Geheimgesellschaft gewesen sei, die eineinhalb Jahrhunderte zuvor in den Untergrund ging …

Aus einer Familienchronik, die Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza de Kászon, der Sohn von Heinrich Thyssen, erstellt hat und die William Gowen vorliegt, geht ebenfalls hervor, dass die Rotterdamer Bank von Fritz Thyssen gegründet wurde und somit die Familie Bush Auftragnehmer (Agenten) der Thyssen-Familie waren. Laut dieser Chronik wurden die Banking-Aktivitäten inklusive der Holding-Beteiligungen der Bank voor Handel en Scheepvaart 1970 mit der Nederlandse Credietbank N.V. verschmolzen. Die Thyssen-Gruppe erhielt 25 Prozent der Anteile und 31 Prozent gingen an Rockefellers Chase Manhattan Bank.352 Chase Manhattan hält inzwischen 100 Prozent der Anteile und gehört mittlerweile zu JP Morgan.353

Allen Dulles war als Anwalt nicht nur Auftragnehmer von Thyssen, sondern auch von I.G. Farben. Er war als Mitglied der Warren-Kommission einer der eifrigsten Vertreter der absurden Einzeltäterthese bei der Untersuchung der Ermordung von John F. Kennedy. Auf Druck von Allen Dulles forderte der damalige Vizepräsident Richard Nixon Senator Joseph McCarthy auf, die Verhöre und Lügendetektortests von CIA-Agenten zu beenden. McCarthy hatte massenhaft Beweise für die kommunistische Unterwanderung der CIA und der Presse gesammelt. Von Letzterer wurde der Senator schließlich zu Fall gebracht und bis heute prägt deren Darstellung der McCarthy-Ära unser Bild von dieser Zeit. Unabhängig davon, dass er es bei seiner Kommunistenjagd sicherlich übertrieben hat, ist unbestreitbar, dass er unzählige Agenten auffliegen ließ. Er wurde jedoch gestoppt, bevor er sich nach ganz oben in der Hierarchie vorarbeiten konnte. Professor Arthur Herman kommt in seinem Buch Joseph McCarthy: Reexamining the Life and Legacy of America’s Most Hated Senator zu dem Schluss, dass McCarthy in seinen wesentlichen Annahmen recht hatte.354

Zu den Anhängern McCarthys gehörten laut Herman auch John F. Kennedy und sein Bruder Robert, der für McCarthy gearbeitet hatte. Beide wurden ermordet. George Bush Sr. war am Tag der Ermordung John F. Kennedys übrigens laut einem CIA-Memorandum nachweislich in Dallas, obwohl er sich als wohl einziger Amerikaner nicht erinnert, wo er an diesem Tag war.355

Aufgrund einer Zivilklage von Ausschwitzhäftlingen gegen die Familie Bush musste sich inzwischen sogar die Mainstream-Presse mit den Beweisen für die Bush-Nazi-Connection beschäftigen. Am 25. April 2004 brachte die englische Tageszeitung The Guardian einen entsprechenden Artikel. Der Autor versucht zwar, die Aktenfunde herunterzuspielen, und zitiert sogar die Anti-Defamation League (!), die Bush einen Persilschein ausstellt.356 Trotzdem steuert der Artikel Interessantes bei. Er berichtet von einem Brief von 1933 von Prescott Bushs »fellow bonesman« (Bruder in der Geheimgesellschaft Skull & Bones) Knight Wooley, Partner bei Brown Brothers Harriman and Avererll Harriman, in dem er davor warnt, dass die Consolidated Silesian Steel Company (CSSC) in Polen verstaatlicht werden könnte. Wooley schreibt, dass er Sullivan & Cromwell eingeschaltet habe und sich Foster Dulles persönlich darum kümmern solle.357 Und dann geht der Guardian sogar auf die Verbindung von Bush zu I.G. Farben ein, was bisher in der Betrachtung dieser Firma in den Mainstream-Medien und erst recht in unserem Geschichtsunterricht nicht die geringste Rolle gespielt hat. Aber im Internetzeitalter kommen eben drei Jahrzehnte nach den Recherchen des libertären358 Professors Antony Sutton sogar solche Dinge ans Tageslicht. Gäbe es kein Internet, wären das bis heute alles »Verschwörungstheorien«.

Die erwähnte Stahlfirma CSSC gehörte I.G. Farben-Miteigentümer Friedrich Flick zu zwei Dritteln, den Rest hielten »amerikanische Interessen«, darunter Prescott Bushs Silesian-American Company (SAC). CSSC nutzte die Ausschwitzhäftlinge als Sklavenarbeiter. Ob zu diesem Zeitpunkt SAC noch beteiligt war, ließ sich laut Guardian nicht ermitteln, weil Dokumente verschwanden.359 Die Verbindungen der Bush-Familie zu den Nazis ist aber über die United Banking Corporation hinreichend nachgewiesen. Deren Vermögen wurde 1942 unter dem »Trading with the enemy Act« auch beschlagnahmt, aber nach dem Krieg wieder zurückgegeben.360