9. Die Rolle von Netzwerken

Um gemeinsame Ziele zu erreichen, schließen sich die Menschen zu Netzwerken und Organisationen zusammen. Das gilt für die Anonymen Alkoholiker genauso wie für einen Kaninchenzüchterverein. Ist man Teil eines Netzwerkes, hilft man sich gegenseitig. Das ist das Normalste der Welt. Kurioserweise wird diese Selbstverständlichkeit regelmäßig als Verschwörungstheorie abgetan, wenn es konkret wird. Zu erklären ist dies ganz einfach, wenn man erkennt, dass die Medien Teil dieses Netzwerkes sind. Sie verschweigen die Beweise einfach oder verunglimpfen jeden Kritiker des Netzwerkes als »Verschwörungstheoretiker«. Wir können hier an der Wirkung der Handlung schon ganz einfach ablesen, dass die Medien Teil des Netzwerkes sein müssen, sonst würden sie ja wahrheitsgemäß berichten.

Uwe Krüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Leipzig, hat im Rahmen seiner Dissertation die Verflechtungen von Wirtschaft, Politik und Medien statistisch untersucht.118 In einem Interview mit Heise online erläutert er seine Ergebnisse:119

Die Daten deuten darauf hin, dass sich Journalisten vielerorts in vertraulichen Runden mit den Mächtigen treffen. Und das steht in einem klaren Gegensatz zu der demokratietheoretisch begründeten Erwartung, Journalisten sollten Distanz zu den Mächtigen halten, um sie kritisieren und kontrollieren zu können … Ich habe eine Art Landkarte (im Heise-Artikel abrufbar) von Organisationen und Veranstaltungen erstellt, in denen sowohl Eliten aus Politik und Wirtschaft als auch führende deutsche Journalisten involviert sind: darunter etwa das Weltwirtschaftsforum in Davos, die Münchner Sicherheitskonferenz, die Trilaterale Kommission und die Bilderberg-Meetings, aber auch die sogenannten Hintergrundkreise in Berlin, Kulturstiftungen oder Akademien. Insgesamt habe ich 82 solche Eliten-haltigen Organisationen erfasst und es waren 64 Journalisten dort unterwegs – außerhalb ihrer direkten beruflichen Pflichten wie Recherchen oder Interviews. Am auffälligsten war der Befund, dass vier leitende Journalisten der »Süddeutschen Zeitung«, der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, der »Welt« und der »Zeit« stark in US- und Nato-affinen Strukturen eingebunden waren … Bei den vier Journalisten war zu sehen, dass sie in einer Reihe von Organisationen involviert waren, in denen auch bestimmte Eliten aus Politik und Wirtschaft öfter vorkamen …Und als ich die Artikel der vier untersuchte, stellte ich tatsächlich fest: Die Journalisten lagen ganz auf Linie mit den Eliten und benutzten sogar klassische Propagandatechniken.

In der Einleitung zu seinem Buch bietet Krüger interessante Beispiele. So brachte am 27. Februar 2009 die Bild-Zeitung einen Bericht über ein Treffen der Atlantik-Brücke mit einem Bild der Teilnehmer. Auf dem Bild abgeschnitten war Kai Diekmann, der Chefredakteur der Bild-Zeitung. Der Bild-Leser dachte also, es handele sich um einen objektiven Bericht, aber Diekmann nahm nicht als Journalist, sondern als Vorstand der Atlantik-Brücke teil.120

Danach schildert Krüger einen wesentlich krasseren Vorfall aus dem Jahr 2001.121 Im Januar wurde in den Medien über den Einsatz von Uranmunition im Jugoslawienkrieg spekuliert. Unter dem Druck der Öffentlichkeit setzte Verteidigungsminister Rudolf Scharping ausgerechnet den ehemaligen Zeit-Herausgeber (seit 1.4.2000 »editor in large«, Auslandsberichterstatter, bei der Zeit) und Dauergast bei den Bilderberg-Konferenzen, Theo Sommer, als Chef einer Untersuchungskommission ein. Der war 30 Jahre zuvor Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium und außerdem Mitglied der Wehrstrukturkommission der Bundesregierung gewesen. Die Kommission entlastete Scharping und kam natürlich zu dem Ergebnis, dass nichts dran sei an den Vorwürfen. Die Zeit titelte: »Die Blamage der Alarmisten« (anderes Wort für »Verschwörungstheoretiker«, vor dem 11.9.2001 gebräuchlich). Theo Sommer bekam 2002 von Scharping das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold verliehen! 1999 war Scharping gemeinsam mit Zeit-Korrespondent Werner Perger und Matthias Naß, dem stellvertretenden Zeit-Chefredakteur, auf der Bilderberg-Konferenz.122 Das Thema Uranmunition wird seitdem durch die Massenmedien systematisch vertuscht. Der Journalist Frieder Wagner, der sich diesem Thema vor allem im Bezug auf Afghanistan und Irak gewidmet hat, bekommt keine Aufträge mehr.123

Krügers Buch ist hochinteressant und äußerst lesenswert. Er hat die Gleichschaltung der Medien statistisch gemessen und mit vielen Beispielen aus Artikeln unterlegt. Wenn man diese Texte liest, meint man, sie kommen alle aus ein und derselben Feder – und so ist es ja auch. Außerdem listet er akribisch alle Netzwerke und die daran beteiligten Personen auf. Krüger selbst scheint eher links zu sein (kein Wunder an einer staatlichen Uni), weil er seltsamerweise den Eindruck hat, in Deutschland würde eine freie Marktwirtschaft propagiert. Darüber können Libertäre nur herzlich lachen. Da er aber immerhin das Propagandamodell von Noam Chomsky124 miteinbezieht, berücksichtigt er in seiner Analyse auch den Einfluss des Staates (der Politiker) auf die Medien.125 Chomsky ist zwar ein linker Anarchist (ein Widerspruch in sich), aber dadurch staatskritisch genug, um den Einfluss des Staates auf die Medien erkannt zu haben. Krüger eröffnet das Buch mit einem erstaunlich ehrlichen Zitat von Jürgen Leinemann vom Spiegel:

Je länger und enger ich in Bonn das politische Geschehen und dessen journalistische Verarbeitung miterlebte, desto unbehaglicher fühlte ich mich als Teil einer professionell betriebenen Verschwörung zur Unterdrückung von Wirklichkeit.