Um die Massen zu beherrschen, muss man ihr eine Ideologie geben. Es ist dabei völlig unwichtig, ob diese Ideologie vernünftig oder beweisbar ist. Im Gegenteil, je irrationaler eine Idee ist, desto eher wird sie offensichtlich geglaubt. So schreibt Le Bon:74
Die reine, einfache Behauptung ohne Begründung und jeden Beweis ist ein sicheres Mittel, um der Massenseele eine Idee einzuflößen. Je bestimmter eine Behauptung, je freier sie von Beweisen und Belegen ist, desto mehr Ehrfurcht erweckt sie … Die Behauptung hat aber nur dann wirklichen Einfluss, wenn sie ständig wiederholt wird, und zwar möglichst mit denselben Ausdrücken. Napoleon sagte, es gäbe nur eine einzige Redefigur: die Wiederholung. Das Wiederholte verfestigt sich so sehr in den Köpfen, dass es schließlich als eine bewiesene Wahrheit angenommen wird.
Auch die Nazis haben auf dieses Prinzip gesetzt, das Hitler in Mein Kampf sogar ausführlich beschrieben hat. Im vollen Wissen, dass die Masse es ohnehin nicht lesen oder verstehen würde – obwohl das Buch eigentlich Pflichtlektüre für jeden strammen Parteigenossen war –, konnte er seine Methoden ausbreiten, ohne dass es der Wirksamkeit seiner eigenen Propagandalügen geschadet hätte. Beispielsweise schreibt er:
Das Volk ist in seiner überwiegenden Mehrheit so feminin (das Wort benutzt auch Le Bon, dort hat es Hitler vermutlich her; Anm. OJ) veranlagt und eingestellt, dass weniger nüchterne Überlegung als vielmehr gefühlsmäßige Empfindung sein Denken und Handeln bestimmt. Diese Empfindung aber ist nicht kompliziert, sondern sehr einfach und geschlossen. Es gibt hierbei nicht viel Differenzierungen, sondern ein Positiv oder ein Negativ, Liebe oder Hass, Recht oder Unrecht, Wahrheit oder Lüge, niemals aber halb so und halb so oder teilweise usw. … eine Lüge, die nur durch die unbedingte, freche, einseitige Sturheit, mit der sie vorgetragen wurde, der gefühlsmäßigen, immer extremen Einstellung des großen Volkes Rechnung trug und deshalb auch geglaubt wurde.
Goebbels hat sich ähnlich geäußert. Für Goebbels oft zitierten Satz »Je größer eine Lüge, desto eher wird sie geglaubt«75 gibt es aber keinen direkten Beleg. In Mein Kampf formuliert Hitler es aber ähnlich:
Man ging dabei von dem sehr richtigen Grundsatze aus, dass in der Größe der Lüge immer ein gewisser Faktor des Geglaubtwerdens liegt, da die breite Masse eines Volkes im tiefsten Grunde ihres Herzens leichter verdorben als bewusst und absichtlich schlecht sein wird, mithin bei der primitiven Einfalt ihres Gemütes einer großen Lüge leichter zum Opfer fällt als einer kleinen, da sie selber ja wohl manchmal im Kleinen lügt, jedoch vor zu großen Lügen sich doch zu sehr schämen würde.
Wie wir gesehen haben, ist es allerdings weniger die primitive Einfalt der Menschen, sondern das Phänomen der Massenpsychologie, das es so leicht macht, die Menschen zu verführen. Die Publizistin Hannah Arendt hat herausgearbeitet, dass sich totalitäre Regime im Wesentlichen auf irrationale Propaganda gründen. Sie schreibt:76
Totalitäre Propaganda ist keine Propaganda im herkömmlichen Sinn und kann daher nicht durch Gegenpropaganda widerlegt oder bekämpft werden. Sie ist Teil der totalitären Welt und wird nur mit ihr zusammen vernichtet.
Für Arendt ist es geradezu ein Wesenszug totalitärer Herrschaft, dass sie auf einer irrationalen Ideologie gründet:
Denn es liegt im Wesen der totalitären Fiktion, dass sie nicht nur das Unmögliche möglich macht, sondern vor allem auch alles, was sie nach ihrem ideologisch geleiteten Schema »voraussieht« – und Voraussehen heißt hier lediglich Berechnen –, bereits als wirklich in Rechnung stellt. Da die Geschichte in der totalitären Fiktion voraussehbar und berechenbar verläuft, muss jeder ihrer Möglichkeiten auch eine Wirklichkeit entsprechen. Diese »Wirklichkeit« wird dann nicht anders fabriziert als andere »Tatsachen« in dieser rein fiktiven Welt.
Demnach ist es ein sicheres Zeichen dafür, dass eine Gesellschaft in den Totalitarismus abgleitet, wenn sich die Propaganda auf reine Fiktionen konzentriert. Wer denkt da nicht an den angeblich menschengemachten Klimawandel, dessen Propagandisten schon die Erderwärmung der nächsten 50 Jahre vorausberechnen? Oder an die Parole »Der Euro sichert den Frieden«, obwohl überall Zwietracht herrscht? Oder an die sinnfreie, bloße Behauptung, die Rettungspakete wären »alternativlos«?
Zumindest die letzten beiden Behauptungen nimmt den Eurofanatikern kaum mehr einer ab, weil sie mit der harten Realität konfrontiert werden. Doch auch die Angst vor der Klimakatastrophe geht zurück, weil es zum Leidwesen der Propagandisten mittlerweile seit mindestens 15 Jahren kälter wird, was inzwischen (glücklicherweise) auch in Europa an immer eisigeren Wintern und laueren Sommern spürbar wird. Nach Arendt wird man von diesen Fiktionen aber erst ablassen, wenn der Zusammenbruch kommt. Tatsächlich ist von Einsicht wenig zu spüren. Die Propaganda wird immer dreister, aber auch panischer.
So veröffentlichte das Umweltbundesamt eine Liste missliebiger Journalisten und Wissenschaftler und stellte sie an den Pranger, wie man das sonst nur aus totalitären Regimen oder den Zeiten der Inquisition kennt. Die Behörde scheute sich nicht einmal davor, den Lebenslauf ihres ehemaligen Mitarbeiters, Prof. Fritz Vahrenholt (SPD), zu fälschen, um ihn zu diskreditieren.77 Ein australischer Professor, der an der staatlichen Universität Graz lehrt, erwog sogar die Todesstrafe für »Klimaleugner«. Er musste zwar zurückrudern, aber allein, dass ein Hochschullehrer auf solche Gedanken kommt, zeigt deutlich das – wörtlich – herrschende Meinungsklima.78
Die Propaganda nimmt dabei inzwischen tragikomische Züge an. Jetzt heißt es, 15 Jahre Pause würden nichts aussagen, aber vorher wurde jeder heiße Sommertag als Beweis für die bevorstehende Klimakatastrophe abgefeiert. Noch im Jahr 2000 behauptete der auf allen Kanälen präsente Mojib Latif: »Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.«79 Tja, 13 Jahre später hatten wir den kältesten Winter seit 130 Jahren.80 In ihrer Not schrecken die Klimapriester nicht einmal davor zurück, die Erderwärmung nun für eine kommende Eiszeit verantwortlich zu machen (sic!).81
Die Klimareligion hat also als Ideologie ausgedient. Damit hat die Herrscherklasse jetzt ein massives Problem. Kommunismus und Faschismus taugen dank ihres Zusammenbruchs nicht mehr als globale Ideologie. Die Umweltthematik ist zwar immer noch ein Kassenschlager, aber wie will man den Menschen beibringen, dass man die EU braucht, um die Umwelt zu schützen? Zumal im Musterländle Deutschland, wo jede Sumpfkröte vom Staat geschützt wird. Was könnte die EU da besser machen? Ganz abgesehen davon, dass die Umwelt am besten durch Wahrung der Eigentumsrechte und Beachtung des Verursacherprinzips geschützt wäre.82
Es fehlt nicht nur die Ideologie, sondern glücklicherweise auch an charismatischen Führungspersönlichkeiten. Sie sind es, die laut Le Bon am besten geeignet sind, irrationale Ideologien zu verbreiten:83
Glauben erwecken, sei es religiöser, politischer oder sozialer Glaube, Glaube an eine Person oder an eine Idee, das ist die besondere Rolle des großen Führers … Er kann zur Not, aber nur sehr unzureichend, durch Zeitungen ersetzt werden, die ihren Lesern Meinungen anfertigen und Redensarten anbieten, welche alles Denken ersparen.
Dem Schicksal sei es gedankt, ist in Europa weit und breit so ein Führer nicht zu erkennen. Den Schulzes, Van Rompuys, Barrosos und Merkels würde man nicht einmal einen Gebrauchtwagen abkaufen. Der in Deutschland hochverehrte Obama (91 Prozent der leichtgläubigen Deutschen würden ihn wählen)84 stünde erst einer Weltregierung zur Verfügung. Aber sein Image ist in den USA (zu Recht) schon zu angekratzt.
Natürlich besteht die Gefahr, dass ein neuer (Ver-)Führer aufsteigt, wenn sich die Krise wieder verschärft. Aber auch der stünde vor dem Problem, eine neue Ideologie zu finden, vor allem eine gesamteuropäische. Eher wahrscheinlich ist, dass sich leider nationale und nationalistisch gesinnte Führer (von links und rechts) herausbilden, was natürlich für das jeweilige Land verheerend wäre. Das wiederum läuft den Plänen für die Vereinigten Staaten von Europa zuwider. Es bleibt den EU-Fanatikern also nur noch ein Mittel, das ultimative politische Mittel: die Gewalt.
Dann wiederum braucht es eine ausreichende Anzahl von Menschen, die in der Lage sind, dieses Mittel anzuwenden, was uns direkt zum nächsten Thema führt.