Leeres Glas

Bevor Sie die Frage beantworten (Warum sollte ich Qi Meditation in Erwägung ziehen?’) glaube ich dass es nützlich ist einen Punkt anzusprechen, der mindestens genauso wichtig ist. Entscheiden Sie selbst. Einige Leser dieses Buches werden nicht viel über das Qi oder innere Kräfte wissen. Für sie hoffe ich, dass dieses Buch als eine gute Einführung dienen kann. Andere Leserinnen werden in einigen Bereichen der Lebenskraft schon bewandert, oder sogar Experten sein. An all jene die schon etwas über die Qi Energie wissen möchte ich appellieren, folgende Parabel im Kopf zu behalten:

 

Es gibt eine alte taoistische Geschichte über einen jungen Mann, der zu einem Meister kommt und ihn fragt ob er sein Schüler werden dürfe. Nach einiger Zeit lädt der alte und weise Meister ihn zu einer Tasse Tee ein. Der Meister lauscht zunächst den Fragen des jungen Mannes und beginnt zu antworten. Allerdings unterbricht der junge Mann ihn inmitten jeder Frage mit Sätzen und Phrasen wie diesen hier:

 

„Oh, ich verstehe. Ich mache immer (dies) wenn (das) passiert...“

 

„Ja, genau! Ich mache das auch nie, weil...“ etc.

Der weise Meister hört sehr bald auf zu sprechen und starrt direkt auf die Teekanne. Dann beginnt er damit, Tee in den Becher des jungen Mannes zu gießen. Nach wenigen Momenten ist der Becher mit Jasmin Tee gefüllt, der Meister hört jedoch nicht auf. Bevor der junge Mann reagieren oder etwas sagen kann, läuft der Becher über und ergießt sich über den Boden.

 

 

Der junge Mann springt auf und ruft:

„Meister, hört auf! Genug! Seht Ihr denn nicht, dass mein Becher schon voll ist?“

 

Der alte Meister antwortet mit einem Lächeln auf den Lippen:

„Ja, dein Becher ist voll. Ich kann dir nichts beibringen, bevor du nicht deinen Becher leerst. Du musst Platz für neues Wissen schaffen.“

 

Die Moral dieser Geschichte ist offensichtlich. Häufig pflegen wir dieselbe unbelehrbare Grundhaltung. Unser ‚Lehrbarkeitsindex’ muss hoch sein, wir müssen bereit sein, Neues aufzunehmen. Wenn wir wirklich die besten Ergebnisse erhalten wollen, sollten wir uns ehrlich bemühen unsere Tasse zu leeren und Platz für neue Erfahrungen, neues Wissen und neue Fähigkeiten zu machen.

 

Ja ich weiß – das ist leichter gesagt als getan. Wenn das Verlangen etwas unvoreingenommen zu lernen schwächer ist als unser Stolz, wenn wir lieber beweisen wollen was wir schon wissen als zuzugeben, dass wir etwas noch nicht wissen, können wir auch nichts mehr dazulernen. Genau wie der junge Mann in der taoistischen Geschichte der nichts Neues mehr lernen konnte. Nur derjenige, der seinen ‚Lehrbarkeitsindex’ aufrecht erhält, kann die Vorteile neuer Erfahrungen genießen und neue Dinge lernen.

 

Ihren Becher zu leeren bedeutet natürlich nicht, dass Sie alles missachten sollen was Sie wissen. Das wäre absurd. Mit diesem ‚leerer Becher’ Argument möchte ich nur auf die Wichtigkeit einer belehrbaren Einstellung aufmerksam machen. Dies soll Ihre persönlichen Werte, Ihre Wissen und Ihre Erfahrung in keiner Weise schmälern. Es soll nur die Kapazität und Kraft stärken, genau dieses Wissen zu steigern. Indem Sie das Lernen neu lernen geben Sie Ihrer persönlichen Entwicklung die besten Chancen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ein guter Lehrer der sein Fach völlig versteht und die praktische Anwendung seines (oder ihres) Verständnisses meistert ist sehr wichtig – besonders wenn Sie eine innere Fähigkeit lernen wollen wie die Qi Meditation eine ist. In Wahrheit gibt es viele Probleme und Trugschlüsse auf dem Weg dort hin. Wenn Sie nicht von einem Wissenden angeleitet werden, kann man sich über die Ergebnisse nicht sicher sein. Die Verbindung von Beschreibungen und Betreuung in diesem Buch wird sicherstellen, dass der Lernende Probleme und Hindernisse umfährt und so gut es geht vermeidet.