4.2 – Das Problem mit den Diäten

Je nach Befragung haben knapp die Hälfte bis zwei Drittel aller Deutschen in Ihrem Leben schon einmal eine Diät gemacht. Bei den Frauen sind die Werte erwartungsgemäß noch höher. Von diesen ‚Diäterfahrenen‘ gaben laut einer Forsa Umfrage sechs von zehn Personen an, dass sie im Anschluss an Ihre Abnehmversuche den sogenannten Jo-Jo-Effekt erlebt haben. Sie hatten also innerhalb kurzer Zeit wieder mehr Gewicht zugenommen, als sie zuvor mit Hilfe der Diät verloren hatten.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie bei der Schilderung der folgenden Beobachtungen weder auf meine persönlichen Erfahrungen, noch auf die Ergebnisse zahlreicher Studien angewiesen sind. Denn höchstwahrscheinlich haben Sie das Phänomen Jo-Jo-Effekt, genau wie ich, auch schon häufig genug selbst erlebt und / oder im eigenen Umfeld beobachtet: Man nimmt über einen längeren Zeitraum erfolgreich weniger Kalorien zu sich, als der Körper eigentlich braucht. Man ist also auf Diät. Dies führt bei entsprechendem Kaloriendefizit leider nach ein paar Tagen dazu, dass die Stoffwechselrate sinkt. Der Körper versucht quasi seine Reserven zu schützen, indem er den Verbrauch drosselt. Dies geschieht nicht zuletzt dadurch, dass wertvolle Muskelmasse abgebaut wird. In Konsequenz muss der Abnehmwillige, um weiterhin die gleichen Ergebnisse zu erzielen, entweder noch weniger essen oder aber mehr Sport machen, um den geringeren Grundbedarf zu kompensieren. Besonders auf ersteres wird der Körper bis zu einem gewissen Punkt wieder mit dem genannten Schutzmechanismus reagieren. Bricht man nun irgendwann die Diät ab und ernährt sich wieder wie bisher, wird durch den verminderten Energiebedarf umso mehr Fett angesetzt - der gefürchtete Jo-Jo-Effekt. Und mal Hand aufs Herz, wie viele Menschen kennen Sie, die ihre Diät, ja selbst eine vergleichsweise einfache Ernährungsumstellung ein Leben lang durchgehalten und nicht wieder zugenommen haben?

Um in diesem Zusammenhang nun aber doch noch eine konkrete Studie ins Feld zu führen: Wussten Sie, dass selbst ein ganzes Jahr nach einer zehnwöchigen Radikal-Diät noch deutlich messbare, negative Veränderungen der Konzentration jener Hormone im Blut nachweisbar sind, die für Hungergefühl und Fettstoffwechsel verantwortlich sind? Kein Wunder also, dass kaum jemand in der Lage ist, seine Diäterfolge auch langfristig zu festigen.[16]

Im letzten Kapitel hatte ich ja bereits darauf hingewiesen, dass Studien am Menschen vergleichsweise selten, weil sehr schwierig sind. Nun, es gab da aber doch ein sehr gründliches Experiment über die Auswirkungen von langfristigen Kaloriendefiziten, das einen sehr interessanten, teilweise aber auch recht makabren Ausgang nahm. Es handelt sich um das sogenannte Minnesota Starvation Experiment.[17] Dieses war im Prinzip die Simulation einer Hungerkatastrophe, in deren Rahmen die Probanden nach einer zwölfwöchigen Kontrollperiode mit normaler Ernährung, über den folgenden Zeitraum von sechs Monaten eine deutlich verringerte Kalorienzufuhr erhielten. Auslöser für diese Studie war, dass nach Ende des zweiten Weltkriegs große Teile der Bevölkerung Europas unter Mangelernährung litten. Die Initiatoren des Experiments wollten Maßnahmen entwickeln, wie man die Auswirkungen des langen Hungers bei den Opfern schnellstmöglich wieder beseitigen könnte. Vor diesem Hintergrund bestand die Nahrung der Teilnehmer in der Hungerphase auch überwiegend aus Lebensmitteln, die auch der europäischen Bevölkerung gegen Ende des zweiten Weltkriegs zur Verfügung standen. Diese waren Kartoffeln, Kohl- und Steckrüben sowie Brot und Nudeln. Auf die sechs Monate der Mangelernährung folgte dann noch eine zwanzigwöchige Phase der Rehabilitation, die ja das eigentliche Ziel des Experiments war. Die Ergebnisse der Studie waren ziemlich erschreckend. Obwohl die Teilnehmer in der Hungerphase noch etwa 1.500 kcal zu sich nahmen, traten neben den oben beschriebenen körperlichen Effekten auch sehr ernsthafte psychologische Symptome auf. Die intensive Ausprägung dieser Symptome dürfte neben der absoluten Kalorienmenge eventuell auch mit der wenig abwechslungsreichen Nahrungs-Zusammenstellung zu tun haben. Jedenfalls führte das anhaltende Hungern bei den Teilnehmern zu Depressionen, Hysterie, Hypochondrie sowie einem drastischen Rückgang des Sexualtriebs, sozialer Abschottung und Einsamkeit. Ein Teilnehmer hackte sich im Laufe des Experiments sogar mit einer Axt drei Finger ab – wobei das Opfer im Anschluss nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, ob dies mit Absicht geschah oder als Folge eines Unfalls. Weitere aus anderen Untersuchungen bekannte Schattenseiten eines langfristigen übermäßigen Kaloriendefizits sind beispielsweise Unfruchtbarkeit, Abbau der Knochendichte bis hin zur Osteoporose und eine verschlechterte Wundheilung.[18]

Keine besonders verlockende Vorstellung, oder? Allerdings geben Ihnen diese Beispiele eine ganz gute Vorstellung davon, wie sich so manche radikale oder höchst einseitige ‚Wunderdiät‘ auf Ihre Gesundheit auswirken kann.

Nun fällt Ihnen sicherlich auf, dass die Aussagen, die ich in diesem Kapitel über den gesundheitlichen Schaden von Diäten schreibe, in einem ziemlichen Kontrast zu den positiven gesundheitlichen Auswirkungen stehen, die ich noch ein Kapitel zuvor beschrieben habe. Das hat zwei wesentliche Ursachen. Zum einen ist die Höhe der Kalorienreduktion ein ganz entscheidender Faktor. Während die Verringerung der Nahrungsmenge bei den in Kapitel 4.1 aufgeführten Experimenten eher moderat ausfiel, kommt jene aus den letzten beiden Beispielen deutlich näher an die Realität vieler radikaler Diäten heran. Dies sollte Ihnen verdeutlichen, dass gesundes Abnehmen definitiv seine Grenzen hat – das gilt übrigens beim Kurzzeitfasten ebenso, wie bei jeder anderen Methode. Die zweite mögliche Ursache für diese widersprüchlichen Ergebnisse liegt in einem großen Problem, das wir bei der Betrachtung aller Studien haben: Es wird immer nur das festgehalten, was auch untersucht wird. Wir wissen also nicht, ob die Mäuse aus Kapitel 4.1 depressiv waren, während die Männer aus Minnesota eventuell über hervorragende Cholesterinwerte verfügten. Da hilft es nur, zusätzliche Quellen zu suchen, die Antworten auf jene Fragen liefern, die in einer bestimmten Untersuchung nicht berücksichtigt wurden. Ich persönlich halte es so, dass ich zunächst eine möglichst umfassende Recherche durchführe, um für mich zu bewerten, ob eine bestimmte Methode oder Theorie für mich grundsätzlich vielversprechend erscheint. Ist dies der Fall, probiere ich sie einfach selbst aus und versuche auf diesem Wege auch jene Fragen zu beantworten, auf die ich in der Literatur keine hinreichenden Antworten finden konnte. Das hat den Nachteil, dass es langwierig und natürlich niemals repräsentativ ist. Dafür hat es aber auch einen großen Vorteil. Denn wie ich schon in der Einleitung schrieb, ist jeder Mensch anders. Somit reagiert auch jeder Körper anders und sowohl Wirkungen, als auch Nebenwirkungen können beim Einzelnen von den in Studien ausgewiesenen Durchschnitten abweichen. Dieser Logik bin ich auch gefolgt, als ich zum ersten Mal dem Kurzzeitfasten begegnet bin. Somit kann ich Ihnen in den folgenden Kapiteln nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern vor allem auch meine eigenen Erfahrungen mit auf den Weg geben. Immer verbunden mit dem Hinweis, dass auch Sie nur am eigenen Leib herausfinden können, ob meine Methode für Sie die Richtige ist, um dauerhaft schlanker und gesünder zu werden.

 

Auf den Punkt gebracht: