Genetisch betrachtet habe ich wirklich großes Glück. In meinem direkten familiären Umfeld ist Krebs kein Thema und weder bei meinen Eltern, noch bei meinen Großeltern oder jemandem meiner nahen Verwandten wurde bisher ein bösartiger Tumor festgestellt. Trotzdem war und ist Krebs für mich bis heute ein äußerst beunruhigender Gedanke. Das mag eventuell auch daran liegen, dass ich zumindest eine leichte hypochondrische Veranlagung habe – möglicherweise eine Nebenwirkung, die auftritt, wenn man sich ständig mit dem Thema Gesundheit beschäftigt und die mir schon so manches Mal den Spott meiner Arbeitskollegen eingebracht hat. Das ändert aber leider nichts daran, dass Krebs trotz aller medizinischen Fortschritte nach wie vor eine sehr reale und sogar zunehmende Bedrohung ist. Dabei gab es auch in meinem Umfeld schon so manchen traurigen Fall, in dem diese erschütternde und leider teilweise auch endgültige Diagnose gestellt wurde. Ich bin mir sicher, viele von Ihnen mussten bereits ähnliche Erfahrungen machen. So können Sie wahrscheinlich gut nachvollziehen, dass die Informationen, die ich Ihnen in diesem Kapitel vorstellen werde, einen sehr wesentlichen Einfluss darauf hatten, dass ich selbst mit dem Kurzzeitfasten begonnen und es bis heute so konsequent umgesetzt habe.
Als wir uns mit den Vorteilen des Schlankseins auseinandergesetzt haben, hatte ich bereits kurz angerissen, wie Tumore grundsätzlich entstehen. Der Grundstein ist eine schädliche Veränderung in der DNA, dem Erbgut einer Zelle. Teilt sich diese ‚defekte‘ Zelle daraufhin, so wird der entstandene Fehler quasi fortgeschrieben und es kann zur Tumorbildung kommen. In diesem Schema finden wir bereits zwei konkrete Ansatzpunkte, wie das Kurzzeitfasten der Entstehung von Krebs vorbeugen kann. Nämlich einerseits durch einen Schutz der DNA vor bösartiger Veränderung und andererseits durch eine Reduktion der Teilungsrate von Zellen, wie wir sie schon weiter vorne im Buch kennen gelernt haben. Ein dritter von Wissenschaftlern beschriebener Mechanismus, der sich durch das Fasten ausnutzen lässt, ist der, dass Krebszellen stärker als andere Zellen auf eine dauerhafte Versorgung mit Glukose angewiesen sind.[44]
Die Studie von Elaine Hsieh und Kollegen, in der sie zu dem Ergebnis kamen, dass eine Kalorienrestriktion von 33 % das Krebsrisiko bei Mäusen senkt, hatte ich Ihnen ja bereits vorgestellt. Was ich Ihnen an der Stelle aber noch nicht verraten hatte war, dass die Wissenschaftler eine dritte Gruppe von Mäusen intermittierend fasten ließen und deren Gesamtkalorienmenge nicht um ein Drittel, sondern lediglich um 5 % reduzierten. Auch bei diesen Tieren konnte ein signifikanter Schutz vor Tumorbildung beobachtet werden. Auf die menschliche Ernährung übertragen entspricht eine Verringerung der Energiezufuhr um 5 % übrigens gerade einmal gut 100 Kalorien am Tag. „Es lässt sich also auch mit sehr wenig Verzicht ein äußerst positives Ergebnis erzielen“, so das Fazit der Forscher.[45]
Die Leiter einer anderen Studie gingen noch einen Schritt weiter und wollten herausfinden, ob dieser Effekt auch dann noch bestehen bleibt, wenn während einer 24-stündigen Fastenphase nicht komplett, sondern nur teilweise auf die Kalorienaufnahme verzichtet wird. Dabei kamen Sie zu dem überraschenden Ergebnis, dass es keinen signifikanten Unterschied macht, ob man eine allgemeine Kalorienreduktion vornimmt, am Fastentag gar keine Nahrung zuführt oder diese auf 15 % des eigentlichen Tagesbedarfs reduziert. Allerdings wurde diese Kalorienmenge von 15 % des Tagesbedarfs am Fastentag als Obergrenze für den Erhalt der vollen Wirksamkeit ermittelt.[46]
Die prophylaktische Wirkung des Kurzzeitfastens lässt sich also auch in Bezug auf Krebs als durchaus bemerkenswert bezeichnen und wurde für eine ganze Fülle von Gewebearten nachgewiesen.[47] Wie aber sieht es aus, wenn die Ratten bereits einen künstlich erzeugten Tumor haben und erst dann auf diese Ernährungsform umgestellt werden? Nicht minder beeindruckend: In einer Studie wurden bei den Versuchstieren gezielt Tumore erzeugt. Von 24 Ratten hatten in der Fastengruppe nach 9 Tagen immerhin 16 überlebt, während es in der normal ernährten Kontrollgruppe gerade einmal 5 Tiere waren. Nach 10 Tagen waren dann noch 12, respektive 3 der Ratten am Leben.[48]
Bei all den positiven Eigenschaften, die das intermittierende Fasten in Bezug auf Krebs-Prävention und -Hemmung aufweist, möchte ich zu guter Letzt aber auch noch eine Lanze für die sportliche Betätigung brechen. Denn es konnte auch nachgewiesen werden, dass Ratten, die sich kaum bewegen, eine mehr als doppelt so hohe Anfälligkeit für bestimmte Darm-Tumore haben, wie jene, die regelmäßig im Laufrad unterwegs sind.[49]