5.2 – Die Aufwärm-Phase

In Ihrem Körper tragen Sie die Mahlzeiten mehrerer Tage, ja sogar Wochen in Form von Fettzellen mit sich herum. Bitte verstehen Sie das jetzt nicht als negative Anspielung auf Ihre Figur, denn diese Aussage stimmt selbst für eher schlanke Menschen und soll lediglich verdeutlichen, dass wir nicht so abhängig von einer permanenten externen Nahrungszufuhr sind, wie wir oft glauben. Das Problem ist nur, dass der Körper der meisten modernen Menschen nicht mehr in der Lage ist, diese immensen Vorräte auch ökonomisch abzurufen. Sie müssen diese Fähigkeit quasi von neuem ‚erlernen‘.

Daher geht auf den nächsten Seiten darum, wie Sie Ihren Einstieg in das intermittierende Fasten besonders angenehm und schonend gestalten können. Sie werden im Kapitel über meine eigenen Erfahrungen noch lesen, dass ich die Umstellung auf 16-stündige Fastenzyklen von heute auf morgen vorgenommen habe und selbst bei dieser kürzesten Variante zunächst mit deutlichen Nebenwirkungen zu kämpfen hatte. Daher empfehle ich aus eigener Erfahrung einen langsamen Einstieg in die Welt des Kurzzeitfastens. Es gibt aber durchaus Menschen, die einen Sprung ins kalte Wasser brauchen, wenn es darum geht, eine neue Herausforderung anzupacken. Für diese Menschen mag es durchaus sinnvoll sein, mit einer 24-stündigen Fastenphase zu beginnen, um sich zu beweisen, dass Ihr Körper tatsächlich auch längere Zeit ohne Nahrung auskommen kann. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, empfehle ich Ihnen, dass Sie sich dazu einen Tag aussuchen, an dem Sie gut beschäftigt und idealerweise auch viel in Bewegung sind, ohne geistig oder körperlich besonders stark gefordert zu sein. Ein Sonntag mit der Familie im Zoo bietet beispielsweise ideale Rahmenbedingungen. Je nachdem, was Ihnen angenehmer erscheint, nehmen Sie dann entweder am Vorabend Ihre letzte Mahlzeit zu sich und essen am Ende Ihres ersten Fastentages wieder zu Abend oder Sie frühstücken noch ausgiebig und essen erst am nächsten Morgen wieder etwas. Wie gesagt, das ist der harte Einstieg ins Thema und ich rate Ihnen eher zu einer sanfteren Herangehensweise. Dabei sollte es zunächst Ihr Ziel sein, einfach die aktuell vorhandenen Abstände zwischen Ihren Mahlzeiten schrittweise auszudehnen oder tatsächlich auch zu solchen zu machen. Damit meine ich, dass Sie einmal bewusst darauf achten sollten, was Sie so abseits Ihrer Hauptmahlzeiten als ‚Überbrückungs-Snacks‘ zu sich nehmen, beziehungsweise wann Sie nur aufgrund von Appetit essen. Schon allein durch diese Übung werden Sie ein besseres Gefühl dafür bekommen, was Hunger und was Appetit ist und ihre eigentlichen Mahlzeiten mit mehr Genuss zu sich nehmen. Denn schon heute ist es so, dass Sie jeden Tag kurze Fastenzyklen durchlaufen, die in Abhängigkeit von Ihrer Ernährungsweise mehr oder weniger ausgeprägt sind. Wahrscheinlich sind dabei die Pausen zwischen Frühstück und Mittagessen sowie Mittag- zum Abendessen eher kürzer, während jene zwischen Abendessen und Frühstück eher etwas länger ausfallen. Diese Tatsache können Sie ausnutzen, wenn es darum geht, Ihren Körper gezielt hin zu einem, auf eigene Vorräte ausgelegten, Fett-Stoffwechsel zu trainieren. Beginnen Sie ganz einfach damit, Ihre erste Mahlzeit des Tages Schritt für Schritt ein wenig nach hinten zu verschieben. Diesen Effekt können Sie noch verstärken, indem Sie zusätzlich etwas früher zu Abend essen. Zumindest bei mir ist der Hunger morgens in der Regel nicht größer, wenn ich längere Zeit vor dem Zubettgehen nichts mehr gegessen habe. Der Schlaf wirkt wie eine Art Reset-Schalter, der meinen morgendlichen Appetit auf ein stets ähnliches Niveau zurücksetzt. Wenn das bei Ihnen auch der Fall sein sollte, ist der Trick mit dem früheren Abendessen (Sie brauchen dabei keineswegs hungrig ins Bett zu gehen), sehr hilfreich, um die Fastenphasen Ihres Körpers zusätzlich zu verlängern. Mit diesen beiden einfachen Schritten sollten Sie sehr schnell in der Lage sein, über die Nacht einen zusammenhängenden Zeitraum von 14 Stunden (also z.B. zwischen 19 Uhr abends und 9 Uhr morgens) zu erreichen, in dem Sie keine Kalorien zu sich nehmen.

„Keine Kalorien“ ist ein sehr wichtiges Stichwort, denn das ist wirklich der absolut entscheidende Erfolgsfaktor dieses Konzepts. Wenn ich von Fastenzeiten ohne Nahrungsaufnahme schreibe, dann meint dies auch einen vollständigen Verzicht auf kalorienhaltige Getränke, wozu beispielsweise auch Kaffee mit Milch zählt. Strenggenommen hat auch schwarzer Kaffee noch Kalorien, aber wer es gar nicht ohne aushält, der sollte auf diese Minimalvariante zurückgreifen. Selbstverständlich haben auch Bonbons, viele Kaugummis etc. einen Nährwert und würden daher den gewünschten Effekten entgegenstehen. Sie sollten also in den Fastenzeiten wirklich sehr genau darauf achten, was Sie zu sich nehmen und Ihre Getränkeauswahl auf Wasser und ungesüßten Tee beschränken. Light-Getränke sind zwar nahezu kalorienfrei, können aufgrund ihres süßen Geschmacks aber für verstärkte Hungergefühle sorgen und sind auch aus gesundheitlicher Sicht höchst umstritten.

Abseits der oben beschriebenen Schritte, sollten Sie gerade in dieser Phase des Konzepts keine zusätzlichen Beschränkungen bei Ihren Hauptmahlzeiten vornehmen. Sonst kann es schnell sein, dass Sie gleich zu Beginn in ein allgemeines Kaloriendefizit rutschen und permanent Hunger haben. Genau das wollen wir mit diesem Konzept ja vermeiden. Essen Sie sich also ruhig regelmäßig satt; erwarten Sie an dieser Stelle aber auch noch keinen Gewichtsverlust. Kurzzeitfasten ist keine Diät, mit der Sie innerhalb von zwei Wochen Ihre Bikini-Figur erreichen, sondern eine Ernährungsform, mit der Sie für den Rest Ihres Lebens schlank bleiben können, ohne je wieder Kalorien zu zählen. Allerdings sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass alles seine Grenzen hat. Wer seine Kalorienaufnahme im Rahmen dieser Ernährung im Vergleich zu früher noch steigert, der mag durch das Kurzzeitfasten zwar die eigentlich fällige Gewichtszunahme verringern oder gar vermeiden, Abnehmen ist ab einem bestimmten Punkt aber nicht mehr drin. Das richtige Maß werden Sie schnell selbst herausfinden und dabei feststellen, dass dieses noch weit im Bereich des ‚ich kann mich problemlos satt essen‘ liegt.

Apropos richtiges Maß: Haben Sie auch schon den ein oder anderen Abnehmversuch mit exzessivem Sportprogramm und radikaler Ernährungsumstellung hinter sich? Das funktioniert in den ersten Wochen immer ganz hervorragend, wird aber fast nie auf Dauer durchgehalten und führt stattdessen bald zu Frust und dem Abbruch des ganzen Vorhabens. Deshalb ist meine dringende Empfehlung, wenn Sie mit dem Kurzzeitfasten starten, dass Sie auf keinen Fall versuchen sollten, alle Aspekte Ihres Lebensstils auf einmal zu ändern. Fangen Sie mit den Fastenzyklen an und finden Sie einen Rhythmus, den Sie auch langfristig gut umsetzen können. Wenn das funktioniert und Sie eine gewisse Routine erlangt haben, können Sie durch fortlaufende moderate Verbesserungen der Ernährung und gelegentlichen Sport zusätzlich zu Ihrem Erfolg beitragen.

Um sich die Gewöhnung an Phasen ohne externe Nahrungszufuhr zu erleichtern, empfehle ich Ihnen, die Fastenzeiten durch leichte Bewegung zu ergänzen. Damit meine ich kein richtiges Workout – zum Thema Training während des Fastens kommen wir später noch – sondern moderate körperliche Aktivität. Einerseits wird dadurch Ihr Fett-Stoffwechsel zusätzlich angeregt und andererseits ist das ein sehr bewährtes Mittel gegen Hungergefühle und eventuelle Kreislaufprobleme. Machen Sie beispielsweise einen kleinen Spaziergang oder, wenn Kreislauf und allgemeine Fitness das zulassen, ein paar Kniebeugen, Sit-Ups oder Liegestützen.

Es muss aber auch nicht immer Sport sein. Viel wichtiger ist, dass Sie die Fastenzeiten dazu nutzen, produktiv zu sein. Der sicherste Weg, sich hungrig, abgeschlagen und unzufrieden zu fühlen, ist der, während des Fastens untätig auf der Couch zu sitzen und die Uhr anzustarren. Nutzen Sie lieber die Tatsache, dass Ihr Körper gerade so gut wie keine Energie für die Verdauung abzweigt und die damit verbundene Klarheit im Kopf, um wichtige Dinge zu erledigen. Sie werden sehen, dass die Zeit dadurch wie im Flug vergeht.

Entscheidend ist auch, dass Sie viel trinken. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn Sie gerade Appetit haben. Die Flüssigkeit füllt den Magen und das Aroma von ungesüßten Tees bietet Ihrem Geschmackssinn zumindest ein wenig Befriedigung. Besonders empfehlenswert sind grüne und weiße Tees, da diese viele Antioxidantien enthalten und schon für sich genommen sehr viele positive gesundheitliche Effekte mit sich bringen. Außerdem enthalten sie Koffein und sind daher in den Fastenphasen insbesondere für Kaffee-Junkies eine gute Alternative. Wer sich mit dem etwas eigenwilligen Geschmack anfreunden kann, für den könnte auch Oolong Tee eine interessante Option sein. Angeblich wirkt sich dieser positiv auf den Kreislauf aus und regt die Fettverbrennung an. Zu Beginn meiner eigenen Erfahrungsreise in die Welt des Kurzzeitfastens hatte ich diesen Tee auch ausprobiert, bin aber aufgrund des Geschmacks schnell wieder bei der grünen und weißen Variante gelandet. Egal wofür Sie sich entscheiden, sollten Sie je nach Größe / Gewicht und körperlicher Aktivität auf mindestens zwei bis drei Liter am Tag kommen.

Die hohe Flexibilität des in diesem Buch präsentierten Konzepts hatte ich schon mehrfach erwähnt und in der Tat ist fast jede zeitliche Kombination aus Fasten- und Essenszeiten möglich. Allerdings geht man gemeinhin davon aus, dass 16 Stunden durchgängiges Fasten das Minimum darstellen, um einen spürbaren gesundheitlichen und gewichtsregulierenden Effekt zu erzielen. Dabei können Sie frei entscheiden, zu welcher Tages oder Nachtzeit Sie Ihre Fastenzyklen beginnen lassen. Das hängt letztlich stark von Ihrem individuellen Tagesrhythmus sowie von persönlichen Präferenzen ab. Manchen Menschen fällt es leichter morgens nichts zu essen, während andere kein Problem damit haben, mit leerem Magen ins Bett zu gehen. Mir persönlich und vielen Anhängern des Kurzzeitfastens aus meinem Umfeld, fällt es am leichtesten, den Fastenzyklus nach dem Abendessen zu beginnen. Grundsätzlich wird Ihnen das Fasten auf Dauer am besten gelingen, wenn Sie versuchen einen festen Rhythmus beizubehalten, denn Ihr Körper gewöhnt sich daran, zu welchen Zeiten es Essen gibt und bekommt dann automatisch Hunger.

Auf den nächsten Seiten möchte ich Ihnen nun drei Varianten aus dem grundsätzlichen Spektrum an Fastenintervallen vorstellen, deren Vor- und Nachteile diskutieren und Ihnen Anregungen zu deren Kombination geben. Dabei ist es mit dem Kurzzeitfasten wie beim Sport. Je länger Sie es praktizieren, desto besser werden Sie, da Ihr Körper sich zunehmend den an ihn gestellten Herausforderungen anpasst. Ähnlich wie im Sport, hängt auch hier die Geschwindigkeit Ihres Fortschritts davon ab, wie ehrgeizig Sie ‚trainieren‘. So können zum Beispiel gelegentliche längere Fastenzyklen oder sportliche Betätigung im Fastenzustand dafür sorgen, dass Sie den später aufgezeigten Weg zur ‚Fasten-Meisterschaft‘ schneller beschreiten. Gleichzeitig ist es auch bei diesem Training so, dass Ihr Körper sich sehr effizient verhält und sich nur so weit anpasst, wie es auch wirklich erforderlich ist. Dadurch wird sich jemand, der ausschließlich die 16/8 Variante praktiziert, zwar mit der Zeit immer besser an diesen Zyklus gewöhnen, aber trotzdem Schwierigkeiten mit längeren Fastenzeiten haben. Das ist in etwa so, wie bei jemandem, der regelmäßig 5 km joggen geht. Er wird in Bezug auf diese Herausforderung zwar immer besser, jedoch damit allein wahrscheinlich kein erfolgreicher Marathonläufer werden. Allerdings muss das für diese Personen ja auch gar nicht unbedingt erstrebenswert sein.

 

Auf den Punkt gebracht: