6 – Persönliche Erfahrungen

6.1 – Mein eigener Weg zum Kurzzeitfasten

Nach den ersten Informationen, die ich bei Fit for Fun und Wikipedia gefunden hatte, saß ich noch Stunden vor dem Bildschirm und las mit wachsender Fassungslosigkeit eine Studie nach der nächsten. Gerade war ich noch absolut sicher, dass diese komische ‚8 Stunden Diät‘, von der mein Freund Rainer am Tag zuvor berichtet hatte, nie im Leben funktionieren würde und nun hatte ich solche Forschungsergebnisse vor mir. Fast ebenso überrascht, wie von deren Inhalten, war ich davon, dass ich in all der Zeit, die ich mich schon mit dem Thema Ernährung beschäftigte, nie vom Kurzzeitfasten gehört hatte. Nachdem ich in Bezug auf das ‚normale‘ (Heil-) Fasten schon vor Jahren zu dem Ergebnis gekommen war, dass ich diesem Konzept weder auf Basis eigener Erfahrungen, noch aus wissenschaftlicher Sicht etwas abgewinnen konnte, hatte ich dieses Themengebiet wohl etwas zu leichtfertig abgehakt. Ein schönes Beispiel dafür, dass man nicht vorschnell urteilen sollte, wenn man meint, auf einem Gebiet schon alles zu wissen.

Umso motivierter war ich nun, dem Kurzzeitfasten eine Chance im Selbstversuch zu geben. Denn wie schon gesagt: Positive Studien sind das Eine, aber wenn es ausgerechnet bei einem selbst nicht funktioniert, dann kann man sich von der Erkenntnis, dass es bei der Mehrheit der Menschen wirkt, leider auch nichts kaufen.

Wann immer man etwas in einem Experiment überprüfen möchte, ist es wichtig, zunächst einmal eindeutige Messkriterien festzulegen. Die drei Aspekte, die ich in meinem spezifischen Fall als Maßstab für die Wirksamkeit heranziehen wollte, waren recht schnell gefunden: In 2007 hatte ich durch Zufall festgestellt, dass mein systolischer Blutdruck recht häufig über dem Idealwert von ≤ 120 mmHg lag und sich trotz meines recht jungen Alters nicht selten im Bereich von 130 bis 145 mmHg bewegte. Hier erhoffte ich mir durch das Kurzzeitfasten eine Reduzierung, die ich in der Vergangenheit weder mit Sport, noch mit gesunder Ernährung erreicht hatte. Zusätzlich wurde in jeder seit 2009 durchgeführten Blutuntersuchung ein leicht erhöhter Wert der Triglyceride festgestellt und auch mein Verhältnis von HDL- zu LDL-Cholesterin war zwar im Rahmen, hätte aber durchaus vorteilhafter sein können. Eine Verbesserung meiner Blutfette war also mein zweiter Maßstab. Als drittes Erfolgskriterium legte ich noch Körpergewicht und Bauchumfang fest. Zwar war ich noch weit von wirklichem Übergewicht entfernt, aber wie gesagt, war ich mit meinem langsam aber sicher wachsenden Bauch und erst recht mit dem sich abzeichnenden Doppelkinn zunehmend unzufrieden. Das Ziel war also klar und so machte ich einen Termin bei der Ärztin meines Vertrauens, um meine Pläne mit ihr zu diskutieren und die zum späteren Vergleich nötigen Blutwerte für mein kleines Experiment bestimmen zu lassen. Sie hatte bei meinem Vorhaben grundsätzlich keine medizinischen Bedenken und ergänzte die von mir ausgewählten Test-Marker noch um Leber-, Nieren- und Entzündungswerte. Die Erstuntersuchung fiel dann auch erwartungsgemäß aus. Wie in all den Jahren zuvor, waren die Fettwerte nicht ganz ideal, ansonsten alles im Rahmen, wenn auch an der ein oder anderen Stelle mit Optimierungspotential. Da ich selbst im Besitz eines Oberarm-Blutdruckmessgeräts bin, von dem ich auch regelmäßig Gebrauch mache, hatte ich auch hier gute Ausgangsdaten zur Verfügung. Diese lagen im Mittel des letzten halben Jahres bei 127 zu 83 mmHg und somit leicht über den als ideal empfohlenen Richtwerten (≤ 120 zu 80 mmHg). Mein Bauchumfang lag mit 85 cm zumindest aus gesundheitlicher Sicht noch im grünen Bereich. Gleiches galt für mein Gewicht, das bei einer Körpergröße von 176 cm zuletzt um die 76 kg pendelte.

All meine ‚Problem-Werte‘ waren also glücklicherweise noch weit entfernt von Krankheit oder Übergewicht. Jedoch entsprachen sie nicht dem, was ich für mich persönlich als ideal definiert hätte. Außerdem war die Tendenz der letzten zwei Jahre eindeutig und es wäre töricht, mit Gegenmaßnahmen zu warten, bis ich an dem Punkt tatsächlicher gesundheitlicher Probleme angekommen wäre. Letzten Endes muss jeder für sich entscheiden, womit er sich wohlfühlt und ab welchem Punkt er Handlungsbedarf sieht. Für mich jedenfalls, war dieser Punkt erreicht und in den nächsten sechs Monaten wollte ich herausfinden, ob ich durch das Kurzzeitfasten meinen selbst gesteckten Zielen näher kommen könnte. Diese waren:

Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, nahm ich mir vor, im Testzeitraum weder meine Ernährung qualitativ umzustellen, noch mein Sportpensum anzupassen. Letzteres konstant zu halten war nicht weiter schwierig, denn im vorangegangenen halben Jahr lagen meine sportlichen Aktivitäten nahe null.

Am Tag nach meiner medizinischen Untersuchung ging es dann auch gleich los. Mein Ziel war es, mit der 16/8 Variante zu starten und dann zu schauen, ob ich diese gelegentlich ausdehnen könnte. Daher hatte ich am Vorabend zuletzt bis kurz vor 20 Uhr gegessen und wollte es nun bis zum Mittagessen um 12 Uhr ohne jegliche Energiezufuhr aushalten. Das war durchaus eine Herausforderung, denn bisher hatte ich meiner Frau und mir jeden Morgen einen großen Smoothie mit Früchten und Haferflocken gemacht. Trotzdem hatte ich im Büro oft schon vormittags wieder solchen Hunger, dass ich es kaum bis zum Mittagessen aushielt. Daher musste häufig auch eine Butterbretze oder eine belegte Semmel als Zwischenmahlzeit herhalten. So war es wenig überraschend, dass mein Körper nicht gerade begeistert auf die verordnete ‚Hungerkur‘ reagierte. Schon als ich – ohne den gewohnten Smoothie getrunken zu haben – das Haus verließ, hatte ich ein deutlich flaues Gefühl im Magen. Auf dem Weg zur Straßenbahn wurde mir zwischendurch regelrecht übel und auch meinen Kreislauf hatte ich eigentlich stabiler in Erinnerung. Na das fing ja gut an… Und von diesem Zeitpunkt waren es noch ganze vier Stunden bis zum erlösenden Gang in die Kantine. Im Büro angekommen, versorgte ich mich sofort mit einem großen Glas Wasser und einer Tasse grünem Tee. Natürlich ohne Zucker oder Honig. Das half zwar ein wenig gegen den Hunger, das flaue Gefühl und die leichte Übelkeit kamen aber schubweise über den ganzen Vormittag immer wieder. Nach einer gefühlten Ewigkeit war es dann endlich soweit: Mittagspause! Um Punkt zwölf stand ich mit meinen Kollegen an der Essensausgabe und war mir sicher, dass die Portionen meinem Hunger niemals gerecht werden könnten. So hatte ich dann auch in Windeseile eine Suppe, ein Schweinekotelette mit Kartoffelpüree und Gemüse, einen kleinen Salat und einen Schokopudding verspeist. Damit war ich dann doch zumindest einigermaßen satt – aber auch ziemlich erschlagen. Statt zurück an den Schreibtisch wollte ich am liebsten gleich ins Bett. Nach einer guten Stunde ging es mir dann aber zum Glück schon wieder besser und ich konnte nachmittags etwas Schokolade und ein Stück von dem Kuchen genießen, den eine Kollegin fürs Team gebacken hatte. Auch das Abendessen hielt keine besonderen Vorkommnisse mehr bereit und ich hoffte darauf, dass sich mein Körper schon ein klein wenig daran gewöhnt hätte, dass er auch morgen wieder ohne Frühstück würde auskommen müssen.

Weit gefehlt. Der nächste Morgen war fast noch schlimmer, als der vorangegangene. Auf dem Weg zur Straßenbahn hatte ich ernsthaft darüber nachgedacht, wie das jetzt wohl aussähe, wenn ich morgens um acht in Anzug und Krawatte in die Büsche kotze. Ausschließen wollte ich dieses Szenario jedenfalls nicht. Auf der Arbeit wurde es auch nicht besser, denn, statt an meinem Schreibtisch zu sitzen, verbrachte ich den Tag mit mehreren Kollegen in einem Konferenzraum. Neben Kaffee und Tee gab es noch Kekse und Softdrinks, deren Geruch ich selbst aus fünf Metern Abstand noch wahrnehmen konnte. Erstaunlich, welche Leistungen die Nase vollbringt, wenn man Hunger hat. Hinzu kam, dass der Seminarleiter ankündigte, dass das gemeinsame Essen erst für 13 Uhr vorgesehen sei. Meine ohnehin schon dürftige Laune sank weiter und ich versuchte mich mit großen Mengen Wasser und Tee über die Zeit zu retten.

Auch die nächsten Tage wurden nicht besser und häufig genug hatte ich das Gefühl, dass es eher schwieriger als einfacher wurde. Auch meine Laune war eher durchwachsen und ich war relativ leicht reizbar. In vielerlei Hinsicht erinnerten mich meine Symptome an die Zeit, als ich mit dem Rauchen aufgehört hatte. Nicht umsonst wird Zucker von Ernährungsexperten häufig auch als Droge für das Gehirn bezeichnet, nach der wir regelrecht abhängig sind und deren Entzug durchaus suchtartige Reaktionen auslöst. Denken Sie also immer daran, falls Sie in den ersten Wochen mit schlechter Laune, Übelkeit und morgendlichem Hunger zu kämpfen haben: Das liegt nicht am Kaloriendefizit, sondern Ihr verwöhntes Gehirn ist ziemlich ungehalten darüber, dass es nicht mehr permanent mit Zucker versorgt wird und stattdessen auf Ihre Fettdepots zurückgreifen soll. Glauben Sie mir, da gewöhnt es sich schon bald dran…

Wäre ich aber damals nicht von Anfang an so begeistert von den ganzen erhofften Wirkungen gewesen und hätte ich nicht bei meiner Ärztin und meinen Kollegen groß angekündigt, dass ich dieses Experiment nun die nächsten sechs Monate konsequent durchziehen würde, hätte ich vielleicht an dieser Stelle bereits hingeschmissen. So aber biss ich die Zähne zusammen und entschied mich am dritten Wochenende sogar dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen. Immerhin war es zu diesem Zeitpunkt tatsächlich leichter geworden und ich kam mittlerweile ganz gut bis zum Mittagessen über die Runden. An jenem Samstag wollte ich aber nun das lange Ausschlafen dazu nutzen, um mal auf 18 Stunden zu kommen und am Sonntag wollte ich sogar herausfinden, wie es mir nach 24 Stunden Fasten gehen würde. Gesagt getan und nachdem ich am Samstag erst gegen 11 Uhr aufgestanden war, hielt ich es erstaunlich gut aus, bis mein Körper um 14 Uhr den Smoothie bekam, den es in letzter Zeit nur noch am Wochenende gab. Da mir dieser allein aber nicht mehr ausreichte, gab es dazu noch zwei Eier und ein paar Scheiben belegtes Brot. Um das 24-stündige Fastenintervall, das ich von 18 bis 18 Uhr vorgesehen hatte, planmäßig einhalten zu können, blieben mir an diesem Tag ohnehin nur vier Stunden, in denen ich essen durfte. Daher gab es wenig später schon Eis und Tiramisu und pünktlich um 17:30 Uhr stand auch mein geliebter Pizzalieferant vor der Tür. Keine 30 Minuten später war die Pizza aufgegessen und ich bereit für meine nächste große Herausforderung.

Ich kann Ihnen sagen, 24 Stunden können verflucht lang werden. Zwar war ich auch an diesem Tag lange im Bett geblieben, um mir die Sache etwas leichter zu machen, aber spätestens ab dem frühen Nachmittag wanderte mein Blick in immer kürzeren Abständen zur Uhr. Ich versuchte den leeren Magen mit großen Mengen Tee und Wasser zu überlisten, was aber nur eine mäßige Linderung brachte. Zwar hatte ich nicht mehr diese Übelkeit, die mir das Leben in den ersten beiden Wochen schwer gemacht hatte, aber mein Kreislauf zeigte mir bei jedem Aufstehen deutlich, dass ich offensichtlich noch weit von einem wirklich effizienten Fettstoffwechsel entfernt war. Trotzdem gelang es mir, mich abwechselnd mit Lesen, Fernsehen und Surfen im Internet soweit abzulenken, dass ich es bis 18 Uhr durchhielt. Ein Spaziergang oder eine etwas produktivere Beschäftigung wären in diesem Zusammenhang sicher eine kluge Idee gewesen… Aber auch so hielt ich tapfer durch und pünktlich um 18 Uhr hatte ich meine erste Mahlzeit des Tages fertig zubereitet: Eine Salatschüssel gefüllt mit einem halben Kilo Vollkornmüsli mit Nüssen, einer Wochenration kleingeschnittenem Obst und einem dreiviertel Liter Milch. Das Ganze übergossen mit drei Esslöffeln Honig und garniert mit einer kräftigen Prise Zimt. Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, wie gut mir dieses Müsli schmeckte. Eine halbe Stunde später hatte ich diese Mammut-Portion bewältigt und mir blieben noch 1,5 Stunden Essenszeit. Schließlich wollte ich am nächsten Tag wieder in meinem gewohnten 16-Stunden Rhythmus weitermachen und um 12 Uhr zum Mittagessen gehen. Da Nachtisch ja selbst dann noch passt, wenn man eigentlich schon komplett voll ist, verbrachte ich die nächsten 45 Minuten mit dem restlichen Tiramisu vom Vortag und einer extra für diesen Anlass gekauften Packung Ben & Jerry’s Eiscreme. Danach war ich ziemlich überzeugt, dass ich an diesem Tag, vielleicht sogar in diesem Leben, nichts mehr essen würde. Als aber meine Frau, die damals ebenfalls mit dem Kurzzeitfasten begonnen hatte, sich um zwanzig vor acht noch eine Tiefkühlpizza aus dem Ofen holte, konnte ich auch davon noch fast ein Drittel mitessen.

Sie sehen, ich hatte mir wirklich alle Mühe gegeben, das Kaloriendefizit an diesem Wochenende möglichst gering zu halten. Umso erstaunter war ich, dass die Waage am Montag über ein halbes Kilo weniger anzeigte, als am Freitag. Schließlich hatte ich bis dahin in etwas mehr als zwei Wochen des Kurzzeitfastens erst vergleichsweise überschaubare 1,2 kg abgenommen. Insgesamt war ich aber extrem zufrieden mit dem bisherigen Ergebnis. Fast zwei Kilogramm Gewichtsverlust in drei Wochen waren mit Blick auf mein moderates Ausgangsgewicht ein wirklich ordentliches Resultat. Jedenfalls war ich sehr froh, dass ich trotz der anfänglichen Schwierigkeiten am Ball geblieben war. Erst recht, weil ich das Gefühl hatte, dass seit diesem Wochenende alles noch viel einfacher wurde. Die 16 Stunden stand ich mittlerweile problemlos durch und bis auf etwas größeren Appetit in Richtung Mittagessen waren die Nebenwirkungen weitgehend verschwunden. Ich beschloss, diese 24-stündigen Fastenzyklen jetzt an jedem zweiten Sonntag und die 18-stündigen Zyklen am jeweils anderen Wochenende samstags fortzuführen.

Beim Körpergewicht machte ich gute Fortschritte und das Maßband bestätigte mir, dass ich auch tatsächlich dort Fett abbaute, wo ich es mir erhofft hatte. Mein Bauchumfang lag nicht einmal vier Monate nachdem ich mit dem intermittierenden Fasten begonnen hatte, bei nur noch 79 cm – eine durchaus beachtliche Verringerung um 6 cm. Die Waage zeigte zu dieser Zeit bereits 68 kg an. Ich hatte also stolze 8 kg abgenommen und ein Gewicht erreicht, wie ich es zuletzt aus meiner Schulzeit kannte. Die Ergebnisse waren so offensichtlich, dass mir nicht nur die meisten meiner Anzüge nicht mehr richtig passten, sondern ich auch beinahe täglich auf meinen massiven Gewichtsverlust angesprochen wurde.

Auch in Bezug auf meinen Blutdruck konnte ich schnell positive Auswirkungen erkennen. Während dieser in der Anfangsphase vor besagtem Wochenende noch relativ unbeeindruckt war, ging es nach der Ergänzung meines Programms um gelegentliche längere Fasteneinheiten erstaunlich schnell nach unten. Bald schon pendelte sich der Wert bei knapp unter 120 zu 70 mmHg ein. Dieses Niveau halte ich bis heute und kann mich sogar regelmäßig über Messergebnisse von unter 110 zu 70 mmHg freuen.

Somit hatte ich nach gut der Hälfte der angepeilten Versuchsdauer bereits zwei meiner drei Ziele übererfüllt und war mehr als gespannt darauf, was meine Blutwerte wohl ergeben würden. Die größte Herausforderung in den Wochen, die bis dahin noch vor mir lagen, war es, keinen Sport zu betreiben. Durch das Fasten fühlte ich mich leicht und energiegeladen wie lange nicht mehr und hätte dies nur zu gerne in Bewegung umgesetzt. Allerdings wollte ich die Ergebnisse meines Experiments nicht verfälschen und beschränkte meine Aktivität auf eine kurze Ausdauereinheit (meist am Ende der längsten Fastenphase) und je einen Satz Klimmzüge und Liegestütze pro Woche. In Verbindung mit den schnell schmelzenden Fettpolstern sah ich selbst damit schon nach kurzer Zeit wieder recht athletisch aus.

Nach sechs Monaten, in denen das intermittierende Fasten zu einem völlig selbstverständlichen Bestandteil meines Alltags geworden war, stand nun endlich der letzte Teil meines Selbstversuchs an: das abschließende Blutergebnis. Um es kurz zu machen: Ausnahmslos alle getesteten Parameter hatten sich seit meiner letzten Untersuchung vor Beginn des Fastens verbessert. Meine Triglyceride waren nicht nur innerhalb der Grenzwerte, sondern lagen sogar perfekt im Mittelfeld der selbigen. Gleichzeitig war mein LDL-Cholesterin gesunken, während das HDL gestiegen war. Auch Leber-, Nieren- und Entzündungswerte hatten sich von ihrem ohnehin schon guten Ausgangswerten weiter verbessert. All das wohlgemerkt ohne, dass ich die Art meiner Nahrung oder mein Bewegungspensum nennenswert verändert hätte. Im Gegenteil war ich deutlich unsportlicher und ernährte mich weniger bewusst, als dies zu Zeiten von so manch schlechterer Blutprobe in früheren Jahren der Fall war. Meine Ärztin war sehr zufrieden mit den Ergebnissen und ich selbst war geradezu euphorisch. Schließlich hatte ich gerade die wahrscheinlich besten Laborwerte meines erwachsenen Lebens eingefahren – und zwar mit einer, (nach etwas holprigem Start) für mich überraschend einfach einzuhaltenden Umstellung der Essenszeiten. Spätestens an diesem Punkt war für mich klar, dass ich dem Kurzzeitfasten auch in Zukunft treu bleiben würde.

Und heute? Inzwischen scheint mein Körper sein Idealgewicht gefunden zu haben. Zumindest liege ich seit gut einem halben Jahr absolut konstant bei 66 kg. Ganz egal wie viel ich auch esse, die Waage rührt sich nicht. Würde ich mir das Gerät nicht mit meiner Frau teilen, könnte ich mir auch die Batterien sparen und einfach mit Filzstift 66 kg auf das Display schreiben. Dabei habe ich in letzter Zeit auch wieder verstärkt mit Krafttraining begonnen, um ein wenig zusätzliche Muskelmasse aufzubauen. Allerdings habe ich momentan noch den Eindruck, dass mein Körper diese eins zu eins gegen weiteren Fettabbau eintauscht. Bisher ist es mir jedenfalls trotz sichtbarem Muskelzuwachs nicht gelungen, unterm Strich nennenswert zuzunehmen. Auch mein Bauchumfang ist ebenso gleichbleibend bei 77 cm und inzwischen habe ich genug Vertrauen in die Langfristigkeit dieses Effekts, dass ich damit begonnen habe, meine zu groß gewordenen Anzüge ändern zu lassen.

Ein weiteres für mich absolut großartiges Resultat des Kurzzeitfastens, das jenseits von Körpergewicht und Gesundheit liegt und das ich bereits angeführt hatte, ist die gewonnene Freiheit beim Essen durch die vollständige Abwesenheit von Hunger in meinem Alltag. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im Rahmen meines Berufs war ich in letzter Zeit immer mal wieder auf Messen zu Gast. Das bedeutete häufig um 4:30 Uhr aufzustehen und wenig später zum Flughafen zu fahren, damit ich pünktlich zur Eröffnung auf dem jeweiligen Messegelände ankomme. Zurück zuhause war ich an solchen Tagen in der Regel frühestens gegen 21 Uhr. Wer schon einmal auf einer Messe war, der weiß, dass das Essen dort in den seltensten Fällen besonders lecker, geschweige denn besonders gesund ist. Dafür kostet es aber umso mehr. Anstatt also überteuertes Essen in mich hineinzustopfen, das mir noch nicht einmal schmeckt, habe ich es zuletzt so gemacht, dass ich an diesen Tagen einfach komplett auf Nahrung verzichtet habe. Da mein Körper mittlerweile wirklich gut an den Fettstoffwechsel angepasst ist, habe ich dabei keinerlei Leistungseinschränkungen – und jeder der schon einmal von morgens bis abends auf einer Messe war, kann bestätigen, wie anstrengend so ein Tag ist. Allerdings ist die Möglichkeit des bewussten Verzichts auf Nahrung nur die eine Seite und das Ganze funktioniert natürlich auch andersherum. Während zum Beispiel auf Feiern viele Gäste um mich herum offensichtlich sehr genau darauf achten, wie viel sie essen dürfen, erwecke ich wahrscheinlich immer wieder den Eindruck, das Buffet im Zweifelsfall auch ganz alleine zu verspeisen. Ein schlechtes Gewissen wegen meiner Figur? Fehlanzeige! Diese absolute Freiheit selbst zu entscheiden, ob man mal eine gewisse Zeit lang gar nichts oder, wenn es gerade besonders gut schmeckt, beliebig große Mengen isst, muss man einfach mal erlebt haben.

Wie schon erwähnt, habe ich festgestellt, dass die Anpassung meines Körpers an meine Ernährungszyklen selbst nach vielen Monaten noch fortlaufend besser wurde. So ist das unbändige Verlangen nach großen Mengen Nahrung und Kohlenhydraten gegen Ende der Fastenphasen bei mir erst nach etwa einem Jahr wirklich verschwunden. Heute esse ich selbst im Anschluss an lange Fastenphasen von 20 und mehr Stunden ganz gewöhnliche Portionsgrößen. Auch was den Hunger innerhalb der Fastenphasen anbelangt, habe ich festgestellt, dass dieser graduell immer weniger wird. Wie schon im letzten Kapitel beschrieben, empfinde ich nach fast zwei Jahren des Kurzzeitfastens selbst Fastenzyklen von 24 Stunden nicht mehr als unangenehm oder herausfordernd. Stimmung und Leistungsfähigkeit bleiben auch während solch langer Phasen konstant und ich kann problemlos nach 22 Stunden ohne Nahrung noch zwei Stunden Sport machen, bevor ich etwas esse. Genau diese sportliche Betätigung im Fastenzustand scheint in den letzten 6 Monaten auch noch einmal massiv zur Verbesserung meines Fettstoffwechsels beigetragen zu haben und tut dies bis heute.