In den letzten Kapiteln haben wir betrachtet, welche beeindruckenden Vorteile sich für Ihre Gesundheit aus einer generell niedrigeren Kalorienaufnahme ergeben können. Wir haben aber auch festgestellt, dass dieser Weg deutliche Nachteile mit sich bringt. Wie Sie sich sicher schon denken können, bin ich nicht zuletzt deshalb so begeistert vom Prinzip des Kurzzeitfastens, weil es die Vorteile einer Kalorienreduktion aufweist (und sogar darüber hinaus) und gleichzeitig viele der aufgezeigten Nachteile vermeidet.
Ein erster wichtiger Aspekt ist natürlich die psychische Komponente. Jeder, der schon einmal eine ernsthafte Diät unternommen hat, weiß, wie bescheiden man sich dabei fühlt. Man hat eigentlich permanent Hunger und die viel zu kleinen Mahlzeiten, die man oft auch noch in hoher Frequenz vorbereiten und zu sich nehmen muss, vermögen keine echte Sättigung zu erzeugen. Man ist unkonzentriert, gereizt, ja teilweise regelrecht deprimiert. Kein besonders angenehmer Zustand und für mich der Grund, warum Kalorienrestriktion bei mir nie auf Dauer funktioniert hat. Nicht umsonst liest man immer wieder den im Scherz geäußerten Satz „Kalorienrestriktion macht das Leben gar nicht länger, es kommt einem nur länger vor.“
Ich bin mir sicher, viele von Ihnen kennen die folgende Situation: Seit Wochen folgen Sie strikten Ernährungsplänen, gehen deftigen Speisen ebenso wie süßen Leckereien gewissenhaft aus dem Weg und kämpfen um jeden kleinen Erfolg auf der Waage – der leider von Tag zu Tag schwerer zu erreichen wird. War diese Super-Sommerdiät nicht ganz groß mit den Worten ‚schnell‘ und ‚einfach‘ angepriesen? Egal! Sie sind fest entschlossen es diesmal zu schaffen. Zumindest die leidigen Kilos des letzten Winters müssen endlich weg. Immerhin ist der Frühling schon in vollem Gange. Es muss ja nicht gleich die perfekte Bikini-Figur sein, aber zumindest Ihre Sommerkleidung sollte wieder anständig passen. Für dieses Ziel sind Sie bereit Opfer zu bringen und verzichten schon eine gefühlte Ewigkeit erfolgreich auf all die Leckereien, die Ihnen sonst so viel Genuss bereitet haben.
Und dann kommt der Geburtstag der besten Freundin oder des besten Freundes… Es ist doch nur ein Abend und außerdem waren Sie jetzt so lange diszipliniert, dass Sie sich eine kleine Belohnung wahrlich verdient haben. Sie feiern, essen, trinken und haben Spaß – endlich mal wieder. Am nächsten Morgen dann, fällt die Waage ihr gnadenloses Urteil darüber, dass Sie nach so langem, eisernem Verzicht mal eine Nacht lang unbeschwert waren. Das vernichtende Ergebnis: Ein einziger Abend hat Ihre Mühen der ganzen letzten Woche zunichte gemacht. Sie gehen zum Kühlschrank, nehmen sich die leckerste und kalorienreichste Versuchung, die Sie finden können und verkriechen sich löffelnd auf die Couch. Das hat ja doch alles keinen Sinn…
Haben Sie diesen Teufelskreis frustrierender Erlebnisse und das emotionale Wechselbad aus ständigem Verzicht und dem schlechtem Gewissen, das jeder kleinen Ausnahme folgt, auch schon erlebt? Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Denn neben diversen Stimmungskillern, die normale Diäten mit sich bringen, sind vor allem deren starre Vorgaben ein häufiger Grund dafür, dass sie nur in den aller seltensten Fällen dauerhaft durchgehalten werden. Schließlich ist Ihr Leben jeden Tag anders. Sie haben mal mehr und mal weniger Termine, treiben Sport oder auch nicht, treffen sich spontan mit Freunden oder folgen einer Einladung. Deswegen werden Sie auf Dauer nur dann erfolgreich einem gesünderen Ernährungskonzept folgen können, wenn dieses genauso flexibel ist, wie Sie selbst. Wenn wir uns später den unterschiedlichen Arten des Kurzzeitfastens widmen, werden Sie erfahren, wie Sie sich Ihren ganz persönlichen, flexiblen Ernährungsrhythmus ‚basteln‘ können. Dabei haben Sie jederzeit die Möglichkeit Ausnahmen zu machen oder Anpassungen vorzunehmen, je nachdem, was Ihr individueller Tagesablauf gerade erfordert. Ein Geburtstag, die Hochzeit des besten Freundes oder gemeinsames Kochen mit Freundinnen? Kein Problem! Schließlich können Sie Ihre Fastenzeiten ganz flexibel variieren. Je nachdem, was Sie gerade vorhaben und ganz ohne schlechtes Gewissen. Denn mal ehrlich: was bringt Ihnen die beste Diät, wenn deren Einhaltung nicht nur einen ständigen Kampf mit Ihrem inneren Schweinehund, sondern auch noch mit Ihrem Terminkalender bedeutet?
Im Gegensatz zu Diäten oder Ernährungsumstellungen, bei denen Sie sich über lange Zeiträume hinweg einschränken müssen und bestenfalls zwischendurch mal eine kleine Sünde erlaubt ist, erleben Sie beim Kurzzeitfasten außerdem jeden Tag das überaus befriedigende Gefühl, sich einfach richtig satt zu essen. Und zwar mit den Dingen, auf die Sie gerade Lust haben. Und das Beste daran ist, dass Sie Ihr Essen im Gegensatz zu einer normalen Diät nicht weniger, sondern sogar mehr genießen können. Denken Sie einmal daran zurück, als Sie das letzte Mal so richtig hungrig waren. Zum Beispiel nach einigen Stunden harter Gartenarbeit oder einem Besuch im Schwimmbad. Hat Ihnen das Essen danach nicht viel besser geschmeckt? Durch die kurzen Fastenzeiten lernen Sie einfachen Appetit von echtem Hunger zu unterscheiden und ersterem viel leichter zu widerstehen. Gleichzeitig werden Sie es auch viel intensiver genießen, wenn Sie mit richtigem Hunger eine große Portion Ihres Lieblingsgerichts verputzen.
Kommen wir nun zu den physisch messbaren Vorteilen, aufgrund derer ich das Kurzzeitfasten für anderen Diäten überlegen halte. Dabei möchte ich mit einem kleinen Beispiel aus dem noch folgenden Kapitel über die gesundheitlichen Effekte beginnen, dem zellschützenden Effekt der Ketonkörper. Diese werden durch den Abbau von Körperfett gebildet und stellen für den Organismus einen Ersatz für Glukose als Energieträger dar. Ketonkörpern wird unter anderem eine starke Schutzwirkung auf Nervenzellen nachgesagt und viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie die Entstehung verschiedener Erkrankungen des Gehirns, wie z.B. Alzheimer, Parkinson oder Epilepsie hemmen können. Im Blut von Mäusen, die auf einen wechselnden Fastenzyklus gesetzt wurden, konnte gegenüber der Kontrollgruppe eine Verdopplung der Menge an Ketonkörpern gemessen werden. Hingegen war der Keton-Spiegel bei jenen Mäusen, die einer einfachen Diät unterlagen, sogar verringert.[19] Also auch hier ein klarer Punkt für das Kurzzeitfasten.
Schauen wir uns als nächstes den wohl offensichtlichsten und für viele auch wichtigsten Effekt beider Ernährungsvarianten an, den Gewichtsverlust. Hierbei haben inzwischen sowohl klassische Kalorienrestriktion, also gängige Diäten, als auch intermittierendes Fasten ihr grundsätzliches Potential unzählige Male unter Beweis gestellt.[20] Bei einer dauerhaften Diät haben Sie allerdings das große Problem, dass Ihr Körper neben dem Fett auch unerfreulich viel Muskelmasse verliert. Gelänge es Ihnen dann trotz aller Unannehmlichkeiten diese Ernährung lange genug durchzuhalten, so würden Sie zwar schlank, jedoch nicht mit einer athletischen, sondern viel eher mit einer hageren Figur. Das ist nicht nur gesundheitlich nachteilig, sondern entspricht auch meist nicht dem optischen Ideal, das man mit der Diät verfolgt hatte. Hinzu kommt, dass Sie in dem Moment, wo Sie aufhören beim Essen die nötige Disziplin an den Tag zu legen, umso schneller wieder zunehmen werden. Nicht nur meine eigene Erfahrung hat gezeigt, dass das Kurzzeitfasten in dieser Hinsicht deutlich besser abschneidet. Auch die Wissenschaft bestätigt diese an mir selbst und an anderen gemachten Beobachtungen. So sollten die Teilnehmer der Studie eines Ärzteteams aus Utah für 24 Stunden vollständig auf Kalorien verzichten. Im Anschluss wurde die Konzentration des Wachstumshormons HGH im Blut gemessen und mit dem Niveau verglichen, das die Teilnehmer vor Ihrem Fastenbeginn aufwiesen. Dieses Hormon ist in unserem Körper unter anderem für Muskelerhalt sowie -wachstum und eine höhere Fettverbrennung verantwortlich. Das Ergebnis: Bei den Frauen war der HGH-Spiegel im Blut nach dem Fasten um das Dreizehnfache erhöht, bei den Männern sogar um den Faktor 20.[21]
Viele Menschen, die ich auf dem Weg zum intermittierenden Fasten begleitet habe, hatten eingewendet, dass diese Methode doch mit Sicherheit negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben würde. Schließlich kennen sie diesen leidigen Effekt vieler Diäten, der es fast unmöglich macht, das erreichte Gewicht auch dauerhaft zu halten, nur zu gut. Erstaunlicherweise tritt das gefürchtete Absinken des Stoffwechsels beim Kurzzeitfasten aber gar nicht auf.[22] Sogar das Gegenteil ist der Fall! So kam eine Studie an 11 normalgewichtigen Personen zu dem Ergebnis, dass sich der Stoffwechsel selbst nach drei Tagen durchgängigen Fastens um fast 15 % erhöhte. Die Forscher führen diesen Effekt auf einen vom Nahrungsverzicht ausgelösten Anstieg des Hormons Noradrenalin zurück, welches das Herz-Kreislauf-System anregt.[23] Allerdings verliert sich dieser Effekt bei einer länger als drei Tage andauernden Fastenzeit, und der Körper schaltet tatsächlich auf Sparflamme. Allerdings halte ich Fastenzeiten von mehr als 36 Stunden ohnehin für wenig zielführend. Nach meiner Erfahrung ist eine hohe Konstanz mit moderaten Fastenzyklen deutlich zielführender, als gelegentlich unter großer Anstrengung für mehrere Tage auf Nahrung zu verzichten.
Die Erkenntnis, dass kurzes Fasten den Stoffwechsel sogar anregt, steht im genauen Widerspruch zu einer Aussage, die Sie wahrscheinlich von einer Vielzahl von Menschen hören werden, denen Sie von Ihrer neuen Ernährungsweise berichten. Diese werden Ihnen mit großem Eifer erklären, warum dieses Kurzzeitfasten eben nicht wirken und auch gar nicht gesund für Sie sein könne. Schließlich, so wird man Ihnen sehr wahrscheinlich über kurz oder lang erklären, wäre es doch erwiesen, dass man möglichst viele Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich nehmen sollte. Erst recht, wenn man abnehmen möchte. Aber ist das tatsächlich so? Nun ja, natürlich kann man auch mit der Strategie vieler kleiner Mahlzeiten abnehmen. Eine Vorteilhaftigkeit dieses Konzepts ist allerdings ebenso wenig bewiesen, wie die Behauptung, dass viele kleine im Vergleich zu wenigen großen Mahlzeiten einen positiven Effekt auf den Stoffwechsel hätten. Genau genommen sind diese Aussagen sogar vielfach widerlegt worden und zwar sowohl an Ratten[24], als auch am Menschen.[25] Warum diese Behauptung trotzdem in fast jedem Diätratgeber zu finden ist, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Erst recht, da die allermeisten Menschen, die ich kenne, es auf Dauer höchst unbefriedigend finden, immer nur kleine, nicht sättigende Portionen zu essen. Es zeigt aber einmal mehr, dass eine Behauptung noch längst nicht richtig sein muss, nur weil sie hunderte Male wiederholt wurde.
Zu guter Letzt mag der ein oder andere auch noch zu Recht darauf hinweisen, dass es ja heutzutage durchaus auch andere Diäten gibt, die ebenfalls damit werben, man könne so viel Essen, wie man wolle und würde dabei trotzdem abnehmen. Ein sehr prominentes und ebenso populäres Beispiel sind die sogenannten Low-Carb Diäten. Die in diesem Zusammenhang aufgestellten Theorien fand ich persönlich auch durchaus nachvollziehbar und habe diese Konzepte daher bereits am eigenen Leib ausprobiert. In der Tat konnte ich durch eine deutliche Reduktion der verzehrten Kohlenhydrate, zumindest in Bezug auf den Gewichtsverlust, relativ gute Ergebnisse erzielen. Allerdings war diese Ernährungsform für mich auf Dauer keine Option. Nicht nur, weil meine Speisenauswahl in dieser Zeit nach den Maßstäben aller gängigen Empfehlungen als wesentlich ungesünder einzustufen war. Für mich blieb auch der Genuss eindeutig auf der Strecke. Außerdem bin ich der Meinung, dass sich eine Ernährungsform, die man dauerhaft in sein Leben integrieren möchte, nicht nur am Gewichtsverlust messen lassen muss, sondern auch an Ihrem Beitrag zum Gesundheitserhalt. Und hier konnten bisher weder Low-Carb noch Low-Fat Diäten einen Mehrwert nachweisen, der mit dem einer einfachen Kalorienrestriktion vergleichbar gewesen wäre. Weder in Bezug auf die Lebenserwartung, noch mit Blick auf oxidativen Stress oder einen Zellschutz vor Krebs und Giften.[26] Wohl gemerkt alles Effekte, die das Kurzzeitfasten sehr wohl für sich beanspruchen kann. Aber dazu kommen wir gleich…
Auf den Punkt gebracht:
Im Gegensatz zu den meisten konventionellen Diäten haben Sie beim Kurzzeitfasten folgende Vorteile: