Da ich mit meiner Ausgangssituation als nicht wirklich übergewichtiger Mann mit einem recht breiten Erfahrungsschatz in Sachen Sport und Ernährung sicher nicht alle Leser dieses Buches repräsentiere, dachte ich mir, dass eine zweite Perspektive sicher nicht schaden könnte. Aus diesem Grund fragte ich Sabine, eine Freundin meiner Familie, ob sie bereit wäre, ihre eigenen Erfahrungen mit dem Kurzzeitfasten zu diesem Buch beizusteuern. Neben der Tatsache, dass Sabine weiblich ist, bringt sie auch durch ihr höheres Alter (als Gentleman verrate ich Ihnen aber nur, dass sie selbst schon zwei Kinder großgezogen hat) und die Tatsache, dass sie nach eigener Aussage mindestens 15 kg zu viel auf die Waage brachte, eine durchaus lohnenswerte zweite Sicht auf das Thema. Damit aber vorerst genug von mir und stattdessen der Text, den Sabine mir freundlicherweise für Sie zur Verfügung gestellt hat:
„Mensch, bist du schlank geworden!“ Das war meine erste Reaktion, als ich Daniel vor etwas mehr als einem halben Jahr mal wieder gesehen habe. Seit unserem letzten Treffen war mehr als ein Jahr vergangen und es ist ja oft so, dass einem solche Dinge nach so langer Zeit ganz besonders auffallen. Natürlich war ich neugierig, wie er das geschafft hatte! Ich selbst trage seit ich denken kann ein paar Kilo zu viel mit mir herum, aber seit ein paar Jahren geht die Waage ständig nach oben. Alle Versuche, wenigstens ein paar der mindestens 15 überschüssigen Kilos los zu werden und meine Essgewohnheiten dauerhaft umzustellen sind bisher leider gescheitert... Nicht, dass ich nicht schon viel ausprobiert hätte! Aber auf Dauer fand ich es jedes Mal zu kompliziert oder einfach nicht lecker genug, mich „gesund“ zu ernähren und dabei auch noch weniger zu essen. Als Daniel mir dann von seiner neuen Entdeckung, dem „Kurzzeitfasten“, erzählt hat, klang das Konzept für mich erstmal relativ unglaubwürdig. Wie soll das denn funktionieren, dass alleine das Timing beim Essen so einen großen Unterschied macht? Aber bei ihm schien es ja offensichtlich zu funktionieren! Wo vorher noch ein kleiner Bauchansatz zu sehen war, war jetzt beim besten Willen kein Speck mehr zu erahnen. Also entschied ich mich, dem Konzept eine Chance zu geben. Aber meine Erwartung war gering. Diäten, die vielversprechend klingen hatte ich eigentlich schon oft genug ausprobiert. Trotzdem habe ich mir vorgenommen, für 1 - 2 Wochen zu testen, wie ich überhaupt mit der Umstellung auf einen Essenszyklus von 16 Stunden Fasten und 8 Stunden essen zurechtkomme. Daniel hatte mir empfohlen, es etwas langsamer angehen zu lassen, aber ehrlich gesagt hatte ich wenig Lust auf lange Eingewöhnungszeiten und wollte lieber zügig Gewissheit, ob ich mit diesem Rhythmus zurechtkommen könnte oder nicht. Außerdem bin ich ja schon recht fastenerfahren und kenne die anfänglichen Nebenwirkungen. Die ersten Tage waren zugegebenermaßen nicht sehr angenehm. Damit ich nicht hungrig ins Bett gehen muss, habe ich mich dafür entschieden, das Frühstück ausfallen zu lassen. Sonst war das immer ein schöner Start in den Tag, auf den ich jetzt verzichten musste, und genau danach hat es sich leider auch erstmal angefühlt: Verzicht! Da ich Kaffee nur mit viel Milch mag, die leider einige Kalorien hat, musste auch der morgendliche Kaffee durch grünen Tee ersetzt werden – ein bisschen Koffein muss schon sein. Alles in allem war damit meine Laune aber in den ersten Tagen morgens schon auf ihrem Tiefpunkt, bis ich dann endlich mit Heißhunger Mittag essen konnte. Die erste Woche habe ich mir schon ernsthaft Sorgen gemacht, dass diese „Diät“ genauso schwer einzuhalten ist wie alle anderen. Zum Glück meldete sich Daniel alle paar Tage mal, um zu hören, wie es so klappt, Tipps zu geben und mir Mut zu machen, dass es bald besser würde. Tatsächlich hielt diese Phase nur ein paar Tage an und bereits in der zweiten oder dritten Woche habe ich das Frühstück nicht mehr vermisst und war froh über die gesparte Zeit und den ‚leichten‘ Start in den Tag. Duschen, anziehen, schminken, fertig – alles in allem bleibt da eine halbe Stunde mehr Zeit für andere Dinge. Und das Tolle war: Obwohl ich den Rest der Tage ganz normal gegessen habe, ohne mir großartig Gedanken über das 'was' und 'wie viel' zu machen, gab meine Waage mir das befriedigende Feedback, dass der Zeiger sich mal langsam rückwärts oder zumindest auf der gleichen Stelle bewegte, statt wie sonst weiter nach oben zu wandern. Damit stand meine Entscheidung fest, dem Konzept eine Chance zu geben und es etwas länger durchzuhalten, bis sich wirkliche Erfolge einstellen.
Ich muss zugeben, die Einhaltung der Zeiten gelingt mir nicht immer. Auch nach sechs Monaten überkommt mich manchmal die Lust zu frühstücken, und manchmal habe ich auch abends um neun oder zehn Uhr noch Lust auf Süßigkeiten. Zum Glück ist das Ganze aber so flexibel, dass diese Ausreißer keinen großen Einfluss auf das Gewicht haben, so lange sie die Ausnahme bleiben oder ich am nächsten Tag dafür einfach etwas länger nichts esse.
Neben dem geringeren Gewicht habe ich noch ein paar andere Effekte bemerkt, die sich nach der Umstellung auf das Kurzzeitfasten bemerkbar gemacht haben. Früher hatte ich oft schlechte Laune, wenn ich länger nichts gegessen habe oder bei der Arbeit nachmittags nicht die gewohnte Ration Schokolade bekam. Inzwischen verlangt mein Körper nicht mehr so oft nach Nachschub, und manchmal bin ich richtig überrascht, dass der Nachmittag schon um ist und ich nicht ein einziges Mal an Essen gedacht habe. Selbst wenn sich der Gedanke mal nicht vermeiden lässt, bin ich durch die regelmäßigen Fastenzeiten eher daran gewöhnt, ihn wieder beiseite zu schieben, ohne dass er mir weiter im Kopf herum kreist. Außerdem habe ich das Gefühl, dass mein Körper durch das Fasten resistenter gegen Stress geworden ist. Wo ich mich früher in stressigen Situationen öfter überfordert gefühlt habe, bin ich inzwischen entspannter und damit viel effizienter geworden. Als ich Daniel mal davon erzählt habe, hat er die Theorie aufgestellt, dass der Körper durch den Essensentzug an körperlichen Stress „gewöhnt“ ist, und damit wirkliche Stressphasen nicht mehr so eine hohe Auswirkung auf die Hormone haben. Keine Ahnung ob das stimmt, die Hauptsache ist: es wirkt.
Nach ein paar Monaten des Kurzzeitfastens kam dann die offizielle Fastenzeit des Jahres immer näher. Karneval war vorbei, und in meinem Familien- und Freundeskreis fingen einige mit dem alljährlichen Heilfasten an. Ich selbst habe in der Vergangenheit schon öfter ein oder zwei Wochen Saftfasten gemacht, aber leider hielt der schnelle Erfolg nie lange an. Im nächsten Jahr hatte ich vor der neuen Fastenwoche immer mindestens das gleiche oder ein noch höheres Ausgangsgewicht. Die schlechte Nachricht zuerst: Leider hat das Kurzzeitfasten meinen Körper nicht davor bewahrt, in den ersten beiden Tagen Kopfschmerzen und ein sehr großes Hungergefühl zu bekommen. Dafür gibt es aber auch eine gute Nachricht: Mein Gewicht ist seit den Aufbautagen nicht nur konstant geblieben, sondern inzwischen sogar weiter gesunken! Der Erfolg hält zwar erst seit zwei Monaten an, dafür hat er sich aber ganz ohne Ernährungsumstellung und sonstige Einschränkungen eingestellt (zumindest fühlt es sich inzwischen so an). Auch wenn Daniel mir schon öfter gesagt hat, dass er die Quälerei beim Heilfasten unsinnig findet, lässt es sich doch mit dem Kurzzeitfasten sehr gut kombinieren. Aber wahrscheinlich muss hier jeder seine eigenen Erfahrungen machen, und bei mir hat sich beides prima ergänzt.
Bisher habe ich immerhin schon 8 kg runter. Für ein halbes Jahr zwar nicht wahnsinnig viel, aber besser als anders herum, oder? In einem Jahr sehen wir weiter, aber bis dahin habe ich den festen Vorsatz, an dem Konzept festzuhalten – und das fühlt sich ausnahmsweise sogar so an, als könnte es wirklich klappen mit dem Wunschgewicht.