Vorbemerkungen

Meine Darlegungen schildern im Kern den erlebten Untergang Dresdens vom 13.-15. Februar 1945, sind aber verständlicherweise keine lückenlose Wiedergabe aller dramatischen Geschehnisse. Im Alter von 14 1/2 Jahren meißelten sich die grausigen Szenen der Vernichtung dieser weltweit bekannten sächsischen Metropole ins Gedächtnis ein, und das Entsetzen erregende Geschehen steht mir nach fast 70 Jahren noch immer vor Augen.

Die meisten Abschnitte dieses Berichtes schrieb ich vor zehn Jahren und heftete sie zu einem vervielfältigten Band, der auch in die Bibliothek des Dresdner Stadtmuseums aufgenommen wurde. Im letzten Dezennium entfaltete eine vom damaligen Oberbürgermeister 2004 berufene Historikerkommission ihre Tätigkeit. Ihren Befunden1 können Dresdner Zeitzeugen jedoch nicht in allen Teilen kritiklos zustimmen, obwohl dieses Gremium seine wissenschaftliche, interdisziplinäre Arbeitsweise gebührend betonte. Einige der 13 Mitglieder erinnern mich an manchen Stellen ihrer Ausführungen an Goethes Faust I2:

Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln;
Was Ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.

Manche Befunde der Kommission sind sehr aufschlussreich und regen zu weiteren historischen Studien an. Angesichts der Fülle neuer Wertungen zum Flächenbombardement im Allgemeinen und dem Untergang Dresdens im Besonderen überarbeitete ich die frühere Fassung meines Bandes und habe nun die Gelegenheit, sie einer an Dresdens Geschichte interessierten Leserschaft vorzulegen. Wie v. Plato und Nicole Schönherr3 mitteilten, werden Berichte damaliger Zeitzeugen von Historikern offenbar sehr unterschiedlich aufgenommen, bis hin zu der unerhörten Behauptung einiger Vertreter dieses Fachgebiets, die Mehrheit der Zeitzeugen erinnere sich „falsch“. Da will ich mit Schiller4 entgegenhalten, „das Herz in mir empört sich“, wenn einige, die sich beruflich der Geschichtswissenschaft widmen, jenen, die den maßlosen Bombenhagel mehrmals über sich ergehen lassen mussten, das grausige Erleben absprechen wollen. Sie machten sich selbst aber in späteren Jahrzehnten am Schreibtisch, nach Auswertung verschiedener Quellen, vergleichend ein Bild von den damaligen Ereignissen und stellten nun ihre gewonnenen Erkenntnisse als das wahre Geschehen jener dramatischen Tage vor. Und was die von mir zitierte Literatur angeht, so sind die bedeutendsten der zu Dresdens Untergang in den sieben Dezennien publizierten Schriften, Bücher, Beiträge u. Ä. ausgewertet und zitiert worden. Die eigenen Erlebnisse sowie Belege aus den erwähnten Quellen ergeben einen Überblick über viele Ereignisse des dramatischen Geschehens in betroffenen Stadtteilen Dresdens.

Die Historikerkommission hat ihrem Buch (2010)5 nur eine sehr spärliche Literaturauswahl beigefügt. Sie hätte aber eine Übersicht über das gesamte Schrifttum beibringen müssen, soll doch ihr Buch die Forschungstätigkeit bestätigen, um die sie gebeten worden war und für die beträchtliche öffentliche Mittel bereitgestellt wurden.

Die Übersetzung englischsprachiger Zitate stammt in meinem Band von mir. Dort, wo ich es für nötig hielt, eine kurze Information über das jeweilige Kaliber der Bomben einzuflechten, beließ ich es bei den originären Angaben in britischen Pfund, wofür die Abkürzung lb (0,45359 kg) steht; somit entsprechen etwa 2,2 britische Pfund einem Kilogramm des gewohnten metrischen Systems. Auf Fotos wurde verzichtet, denn eigene Aufnahmen aus den Februartagen 1945 sind nicht vorhanden, da der Fotoapparat den Flammen zum Opfer fiel. Zudem war nach den Luftschlägen das Fotografieren in Dresden strengstens untersagt.

15. Juli 2014

Wolfgang Rudolph