Ein ruhiger Blick, eine stille Konsequenz,
in jeder Jahreszeit, in jeder Stunde das Gehörige zu tun
wird vielleicht von niemand mehr als vom Gärtner verlangt.
Johann Wolfgang von Goethe
Das Gartenjahr richtet sich nach dem Klima und der geografischen Lage, in der sich der Garten befindet. Es ist daher schwierig, einen allgemeingültigen Arbeitskalender aufzustellen. Ein Kontinentalklima, wie man es in Osteuropa oder im Mittelwesten der USA findet, ist durch ganz klar unterscheidbare Jahreszeiten gekennzeichnet. Der feuchte, milde Frühling schmückt sich mit einer Blumenpracht, die aus dem Boden schießt, ehe sie vom Sommerlaub der Bäume beschattet wird. Dann folgt der heiße, schwüle Sommer, ein farbenprächtiger, klarer Herbst und schließlich ein eiskalter Winter. In einem mediterranen Klima, wie in Südeuropa oder an der Küste Kaliforniens, hat man es dagegen grundsätzlich mit zwei Jahreszeiten zu tun, einer regnerischen, kühlen Winterzeit und einer heißen, trockenen Sommerzeit. Im atlantischen Küstenklima Westeuropas sind die Grenzen der Jahreszeiten eher verschwommen. Der hier angegebene Kalender trifft für die Gegend um Genf zu, die sich in der Übergangszone der erwähnten Klimagebiete befindet. Zuvor wollen wir aber das sich jährlich wiederholende Naturgeschehen im Bild des aus- und einatmenden Erdorganismus fassen, in dessen Atemzug Mensch, Tier, Pflanze und Großwetterlage eingebettet sind.
Das Jahr: Atemzug der Erdenseele
Die Einteilung des Jahres ist nicht etwas willkürlich Ausgedachtes, sondern ein objektiv feststellbares, rhythmisches Zusammenwirken der Sonne und der Erde mit dem Tierkreis im Hintergrund. Es ist der Lebensrhythmus des Erdorganismus. Wenn wir vom Erdorganismus sprechen, dann ist nicht der heute im geläufigen Sinne »Raumschiff Erde« genannte Planet, sondern die Erde zusammen mit der Sonne, dem Mond und den Planeten als pulsierendes, sinnlich-übersinnliches Wesen gemeint. Bei allen Völkern nahm man diesen Pulsschlag wahr und begleitete ihn mit kultischen Handlungen und Tänzen. Das Wechselspiel zwischen Sonne, Mond und Erde wurde beim Sonnentanz der Prärieindianer, beim sakralen Ballspiel der Azteken, beim Diskuswerfen der ersten olympischen Spiele und beim Reigen um den Maibaum nachempfunden und mitvollzogen. Ball, Diskus und Tänzer repräsentieren die Sonne und die Planeten in ihren Bahnen.
Anfang Februar merkt man, wie die Tage länger werden und die Lichtkräfte an das fest verriegelte Erdenhaus pochen, in dem die Tiere, Knospen und Samen Winterschlaf halten. Doch obwohl es von Tag zu Tag heller wird, traut der Landmann dem Vorfrühling noch nicht, auch wenn die Sonne hell scheint:
»Uf unser frowen liechtmesstag [2. Februar]
schint die sunn, ist der alten sag,
dass noch eyn winter sy do hynden.
Darumb sich niemand on futer lass finden!
Das weys das unvernünftig thier:
der ber, er kumpt noch nit herfür!«
(L. Reymann, Wetterbüchlein 1505)
Erst nach dem Paulustag (25. Februar) werden die Frühlingsanzeichen stärker, so dass zur der Zeit in einigen Gegenden die Bauern in den Obstgarten gingen, um die Bäume wachzurütteln, damit sie mit ihrem Saftfluss beginnen. Zur Zeit der Tagundnachtgleiche gegen Ende März erringt die Sonne ihren Sieg über den Mond: Helios zieht nun in die höheren Tierkreiszeichen, und die Tage werden bedeutend länger. Kräuter und Gras fangen an zu sprießen. Die Lebenskräfte schießen immer kräftiger aus der Erde empor. Frohlockend strömen die Elementarwesen, die im Winter in der Erde gefangen waren, in die durchwärmte, durchsonnte Luft. Die holde Göttin Ostera, ihr Wagen von fruchtbaren Hasen gezogen, hält ihren Einzug. Blumen werden ihr auf den Weg gestreut. Wo sie vorbeizieht, gibt es neues Leben: Küken und Entlein entschlüpfen ihren Eiern, Lämmer, Fohlen und Kälber werden geboren. Die Lerchen steigen, Bienen und Ameisen schwingen sich zum Hochzeitsflug empor, und die Zugvögel kommen wieder, um die liebliche Göttin zu besingen. Im Mai feiert man das Hauptfest dieser der Unterwelt entronnenen Erdenseele. Das Zwitschern, Singen, Sprießen, Blühen, Gebären und Wachsen scheint kein Ende zu haben. Die Germanen zündeten ein Osterfeuer an und verbrannten den Winterriesen als Strohpuppe. Die Kelten feierten den Maivollmond – später den 1. Mai – als die Hochzeit des Sonnengottes Belenos und der Vegetationsgöttin. Im alten Rom wurde Maia, nach der der Monat benannt ist, ein Schwein geopfert. Die ganze Natur feiert die Maiennacht, die Walpurgisnacht mit. Es ist, wie wir auch aus der Walpurgisnachtszene in Goethes »Faust« vernehmen, ein rasendes, orgiastisches Fruchtbarkeitsfest:
»Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf’,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
Es f … t die Hexe, es s … t der Bock.«
Die Christen feiern gemächlicher. Der Auferstehungstag wird auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond, der der Tagundnachtgleiche folgt, festgelegt. Es ist die Zeit, in der die Natur am üppigsten wächst. Am Karfreitag, an dem der Heiland in das Grab gelegt wird, pflanzt man auch gerne den Karfreitagsgarten mit Erbsen, Möhren, Salat und so weiter. Genau wie Er die Todeskräfte überwindet und den Stein wegrollt, sollen auch die Samen sprießen und gedeihen.
Immer weiter atmet die Erdenseele aus und reißt alle Pflanzen, Tiere und Elementarwesen mit sich. Die siegreiche Sonne zieht immer höhere Bögen; unüberwindlich ist sie, nichts scheint ihren Siegeszug aufhalten zu können. Alle Wesen freuen sich, nur der Feuergott Loki beneidet sie. Auf dem Gipfel ihrer Macht tritt die Wende ein – die Sommersonnenwende. Der Sonnengott Baldur wird mit Hilfe Lokis vom außerordentlich starken, aber blinden Gott der Zeit, Hördur, tödlich verwundet. In der christlichen Bilderwelt ist es Johannes, der zu dieser Zeit geköpft wird. Hier und da wird noch der alte Brauch gepflegt, zur Sonnenwende ein Johannisfeuer anzuzünden und dann über die Glut in die zweite Jahreshälfte zu springen.
Ab Mittsommer beginnt das Leben sich langsam wieder von der Erscheinungswelt zurückzuziehen. Von Tag zu Tag werden die Sonnenstunden kürzer. Die heißesten Tage stehen jedoch noch bevor; sie wurden von den Kelten mit einem Augustfeuer zu Ehren Lugs, dem Gott der Ernte und Reifung zelebriert.
Die Früchte und Samen reifen aus. Bald ist die Herbsttagundnachtgleiche da, die Erntezeit, die Zeit, in der Michael und die himmlischen Heerscharen gegen das himmelstürmende Dunkel ankämpfen. Die Sonne schreitet durch das Zeichen der Jungfrau, der Tochter der Erdenmutter Demeter und des Himmelsvaters Zeus, die ihr sattes Füllhorn mit Obst, Früchten, Getreide und Blumen über die Gärten und Felder schüttet. Dann wird es immer kälter und feuchter, da die Sonne immer tiefer in die niederen Zeichen des Zodiakus steigt. Mondpflanzen wie Hutpilze, Mehltau und Flechten blühen auf, während die Sonne durch die Waage in Richtung des Hauses des Todes, in den Skorpion, zieht und ihre Vorherrschaft an den Mond verliert. Nun werden die Elementarwesen wieder von der Erde eingeatmet. Sie sind mürrisch und stürmen mit Odin und dem wilden Heer durch die Lüfte. Die Kelten feierten Samain, das Fest der Toten, Anfang November. Es ist Halloween, die Geister gehen um. Zum Allerseelenfest in dieser düsteren, unheimlichen Zeit zünden die Christen Kerzen auf den Gräbern der Verstorbenen an.
Der Jahreskreis.
Zur Wintersonnenwende, in den zwölf heiligen Nächten, hat die Erdseele ganz eingeatmet, sie hält ihren Atem an, es ist vollkommen still und ruhig. Die Sonne ist am tiefsten Punkt angekommen, die Tage sind kurz, grau und trüb. Aber hier in der Tiefe wird sie neu geboren. Der Schütze weist sie auf die neue Bahn, während im Mikrokosmos das Feuer des Logos im Seeleninneren, im kleinen Stall des Herzens neu entfacht wird. Behutsam beginnt die Erdseele wieder auszuatmen. Doch zuerst kommen noch die eiskalten Kristallnächte im Januar und Februar, wenn die Mächte der Sterne bis tief in die Erde hineinwirken. Es glitzert und funkelt, und kristallene Eisblumen wachsen auf den Äckern und kahlen Ästen: Für die Mineralwelt ist es nun Hochsommer. Die Pflanzen schlafen, geborgen in Samen und Knospen, der äußeren Manifestation entzogen. Sie ruhen im Übersinnlichen, wo die Erde und die Gnomen ihre schönen Gestalten und kunstvollen Formen in ihrem Bewusstsein bewahren.
Schon im Februar kann man feststellen, wie die Tage länger werden. Der Lichtmesstag, der als Orakeltag beim Landvolk eine große Rolle spielte, war für die Kelten der Tag, an dem die jungfräuliche Göttin Brigit den Tiefen entstieg. Im Februar, wenn der Saft schon in die kahlen Bäume steigt, hören die Bauern auf zu holzen. Die Alteuropäer zapften die Birken an, um den belebenden, reinigenden Saft zu gewinnen, die Irokesen zapften zur gleichen Zeit die Ahornbäume an. Die stark werdende Sonne eilt dem Frühlingspunkt in den Fischen zu und überwindet die Mondkräfte.
Und so schließt sich der Kreislauf. Der Gärtner lebt wie der Bauer ganz mit diesen makrokosmischen Rhythmen. Mit der Pflanzen- und Tierwelt fühlt er sich im Frühling in den Kosmos hineingegossen und im Herbst von der Erdseele wieder eingeatmet. Mit dem geistigen Auge sieht er hinter den Naturerscheinungen den Geist und die Seele der Natur walten. In den zwölf Monaten des Jahres, während die Sonne die »Häuser der zwölf Götter« durchwandert, nimmt er im Garten die wesenhaften Unterschiede ihrer Wirkungen wahr. Der kosmisch orientierte Gärtner wird nicht verlangen, Tomaten oder Erdbeeren zu Weihnachten zu haben. Auch wenn das möglich ist, tut er es nicht, denn ein solcher Verstoß gegen die Naturgesetze braucht gewaltige Energien: künstliches Licht, Pflanzenschutzmittel, Transportwege und Gewächshäuser, die mit Öl geheizt werden müssen.
Werfen wir nun einen Blick auf die Monat für Monat wichtigsten Arbeiten im Gemüsegarten. Die naturbezogenen Monatsnamen aus der Zeit Karls des Großen (742–814) und das Tierkreisbild, in dem sich die Sonne befindet, stellen wir neben den gewöhnlichen Monatsnamen.
Januar (Hartung oder Schneemonat; Schütze, Steinbock). Für den Gärtner gibt es draußen wenig zu tun. Nun arbeiten die Heinzelmännchen für ihn. Unter dem schützenden Mulch sind Trilliarden Klein- und Kleinstlebewesen am Werk, den Humus aufzubauen und dem Boden eine gute Gare zu geben. Frost und Schnee vermitteln dem Erdboden die harmonischen, gestaltenden Bildekräfte des Kosmos und drängen die potenziellen Schädlinge zurück. Das ist ein mystisches Geschehen, in das der Gärtner nicht hineinpfuschen soll. Seine Arbeit ist jetzt eine geistige. Er kann den Gartenplan, die korrekten Fruchtfolgen und Pflanzengemeinschaften durchdenken, Samenkataloge und Gartenbücher durchblättern.
Die Obstbäume, Hecken und Beerenbüsche können noch ausgelichtet werden. Aber Vorsicht! Die meisten Gärtner schneiden zu viel und zu radikal, und dann gibt es später im Jahr Blattlaus- oder Schildlausbefall. Eine gute Regel, die Arthur Hermes lehrte, ist, nur ein Drittel von dem zu schneiden, was man sich auf ersten Blick vorgenommen hat. Frühblühende Zierhölzer – Forsythie, Zierkirsche, Kornelkirsche, Zierquitte – soll man zu dieser Zeit überhaupt nicht schneiden.
Wenn es das Wetter erlaubt, ist es vorteilhaft, den Kompost zu wenden. Holzasche vom Herd kann auf die ruhenden Beete gestreut werden – aber nicht die Asche von Steinkohle, die wegen ihres Schwefelgehalts den Boden versäuert.
Man kann die Vögel füttern und beobachten. Früher wusste man, dass sie Botschaften aus anderen Dimensionen mitbringen. Im frischen Schnee kann man Spuren lesen und die nächtlichen Besucher des Gartens ausmachen.
Vielleicht gibt es auch noch etwas zu ernten, etwa Grünkohl, Krauskohl, Lauch (Porree), Feldsalat (Nüsslisalat) oder – wenn die Wühlmäuse etwas übrig lassen – Pastinaken und Topinambur. Diese Wintergemüse vertragen Frost und bleiben im Beet. Im Wurzelkeller sollte man darauf achten, dass der Weißkohl, Spitzkohl oder Rotkohl nicht schimmelt. Befallene Blätter sollten sorgfältig entfernt werden.
Februar (Hornung; Steinbock, Wassermann). Nach Lichtmess, so sagte man, »spitzt der Garten langsam wieder die Ohren«. Die gemächliche Zeit der Gartenruhe geht allmählich zu Ende. Die alte Bodenbedeckung (Mulch) kann weggerecht und die Beete können für die ersten Saaten vorbereitet werden. Der erfrorene Gründünger (Phazelie, Persischer Klee, Senf), der im Spätherbst eingesät wurde, wird nun umgegraben, so dass er richtig verrottet, ehe man dann später Erdäpfel oder Sommergemüse in die Beete setzt.
In klimatisch günstigen Gegenden können eventuell schon gegen Monatsende – traditionell ab Petri Stuhlfeier (22. Februar) – folgende Saaten im Freiland ausgebracht werden: Puffbohnen, Zuckererbsen (Kefen), Feldsalat (Nüssli), Schalerbsen, Schwarzwurzeln, Pastinaken, Karotten (Möhren), Gartenkresse und Radieschen. Steckzwiebeln und Schalotten können gesteckt werden, am besten in Reihen zwischen oder neben den Doldenblütlern (Pastinaken, Karotten).
In den 1,20 Meter breiten Beeten nutzt man die Sonneneinstrahlung am besten, wenn man die kurzstämmigen Erbsen in einer Reihe an der Südseite pflanzt und die hochwachsenden Erbsen in der Reihe dahinter. Zwischen den Reihen können Spinat und an beiden Seiten Frühsalat oder Radieschen gepflanzt werden. Topinambur und die ägyptische Luftzwiebel (Rockenbolle) können, sofern sie noch nicht im Beet sind, jetzt gesteckt werden.
Tief gelockerte Hügelbeete erwärmen sich schneller und trocknen leichter ab; man schafft dadurch bessere Wachstumsbedingungen. Ein Plastikzelt, im Bogen über die Beete gespannt, kann nachts und an kalten Tagen Schutz gewähren. Tagsüber muss man Acht geben und die Zelte lüften, damit man die Pflanzen nicht »kocht« und damit sich kein Mehltau entwickelt. In besonders kalten Nächten kann man noch zusätzlich Säcke und Strohmatten über die Zelte legen und vielleicht auch Eimer mit heißem Wasser darunter stellen. Das Wasser gibt dann langsam über Nacht seine Wärme ab.
Der Februar eignet sich, um Stauden umzupflanzen und die ausdauernden Kräuter im Kräutergarten zu versetzen. Dabei muss man sich vorstellen, wie groß diese Gewächse im Sommer werden, damit man sie nicht zu dicht nebeneinander pflanzt.
März (Lenzmonat; Wassermann, Fische). Nun, da die Wiesen zögerlich zu grünen anfangen, beginnt das eigentliche Gärtnerjahr. Der traditionelle Stichtag ist der Tag der »ersten Gärtnerin«, der Gertrudentag am 17. März. Im Bauernspruch heißt es: »Ist Gertrude sonnig, wird’s dem Gärtner wonning« oder: »Gertrud mit der Maus, treibt die Spinnerin aus« – und zwar aus der Stube in den Garten.
In den noch kalten Märznächten leistet ein Jungpflanzenfrühbeet
– für Sommerkohl, Blumenkohl, Spargelkohl, Blattkohl, Kopfsalat, Rippenmangold (Krautstiele), Lauch, Sellerie, Endivien – wertvolle Dienste. Das Beet wird ringsum mit Brettern vor dem Wind geschützt und mit Fenstern abgedeckt. Eine besonders feine, gut gesiebte Erdmischung aus 1 Teil Torfmull, 1 Teil Sand, 1 Teil reifer Komposterde, 2 Teilen guter Gartenerde wird den Sämereien als Wachstumsgrundlage bereitet. Die Jungpflanzenzucht wird in kleine Quadrate in das Frühbeet eingesät. Der Kasten wird nachts zugedeckt, morgens je nach Temperatur aufgedeckt. Die Pflänzchen werden von Unkraut freigehalten, ab und zu etwas ausgelichtet und schließlich pikiert. Eine wöchentliche Besprühung mit Kamillen-Schachtelhalm-Tee wirkt vorbeugend gegen Stengelfäule und Mehltau. Bei der langsam aufgehenden Sellerie- oder Bleichselleriesaat – das Keimen dauert drei Wochen
– sind tägliches Gießen mit der feindüsigen Gießkanne und Unkrautzupfen besonders wichtig. Die winzigen Selleriesamen kann man mit Sand mischen, damit sie sich bei der Aussaat besser verteilen.
Mitte März werden weiterhin kältebeständige Pflanzen in die offenen Beete eingesät. Zu den Saaten gehören Haferwurzel, Schwarzwurzel, Gemüselöwenzahn, Gartenmelde, Gartensauerampfer, Rote Bete (Rande), Karotte (Möhre), Kohlrabi, Senf, Petersilie, Wurzelpetersilie, Pastinake, Speiserübe und Kohlrübe. Die langsam keimenden Doldenblütler – Karotte, Pastinake und Petersilie – sollte man zusammen mit einigen Salat- oder Radieschensamen als Markiersaat aussäen, damit man später die Reihen wiederfinden kann. Zwischen den Reihen muss man fleißig mit der Pendelhacke den Boden lockern, um das sprießende Unkraut zu vernichten. Besonders nach dem Regen sollte gehackt werden, damit die Erdoberfläche nicht verkrustet und der Boden leichter »atmen« kann. Im März kann man weiterhin Erbsen, Feldsalat, Schalotten und Spinat säen. Jetzt kann auch Spargel, der dann später verpflanzt wird, ausgesät werden.
Kartoffeln – sie sollten schon vorgekeimt sein – kann man gegen Ende März in den Boden legen. Die Iren wählen dafür den Tag ihres Nationalheiligen, den Patrickstag am 17. März.51 Wenn man wenig Saatgut hat, kann man die Kartoffeln »äugeln«. Jedes »Auge«, das mit etwas Fruchtfleisch aus der Knolle geschnitten und in 60 Zentimeter Abstand voneinander in die Reihen gesteckt wird, entwickelt sich zu einer Kartoffelstaude. Die Kartoffel ist wie andere Nachtschattengewächse eine stark lunare Pflanze, daher schaut man auf die Mondstellung, wenn man sie pflanzt. Man steckt sie, wenn der Mond sich in einem Erdzeichen – Stier, Steinbock, Jungfrau – befindet, womöglich bei Erdferne (Apogäum). Die wässrigen Zeichen, Krebs und Skorpion, sind ungünstig für die Erdäpfel. Wie Bohnen und Erbsen kann man Kartoffeln auch bei Neumond setzen. Auf eine Düngung mit kalihaltiger Holzfeuerasche, gut verrottetem Stallmist und einer biodynamischen Hornmistpräparatbehandlung sprechen die Kartoffeln gut an. Auf eine Mulchdecke für die Erdäpfel sollte man vorerst verzichten. Da die Bodenbedeckung den Boden kühl hält und dieser sich dann nicht schnell genug aufwärmt, kommt sie erst später in Betracht.
Wie jedes Hauptnahrungsmittel sind auch die Erdäpfel mit Tabus und magischen Ritualen verbunden. Das war schon im Ursprungsland Peru der Fall, wo die Kartoffel dem Jaguarschöpfergott geweiht war, dessen Ungunst man mit blutigen Ritualen beschwichtigen musste und wo die zuletzt geerntete Knolle von den Bauern als »Kartoffelmutter« gefeiert wurde. Bei uns gibt es auch ziemlich ritualisierte Ansichten, wie man die besten Kartoffeln erzeugen kann. Einige Gärtner schwören auf Mulchkultur, bei der man die Saatknollen einfach unter eine Decke Mulch legt; andere pflanzen sie in Tonnen oder ausgediente Autoreifen, andere wieder in Hügelbeete. Wie dem auch sei: Der dümmste Bauer hat die dicksten Kartoffeln, denn er ist derjenige, der, jenseits aller schlauen Theorien, in das Wesen dieser eigenartigen Pflanze eindringen kann und sich von der Kartoffel selbst sagen lässt, wie man sie am besten behandelt.
Im Obstgarten kann man nun Edelreiser pfropfen und neue Bäume und Sträucher pflanzen. In die Dauerbeete werden die mehrjährigen Gewächse wie Spargel, Meerrettich, Kermesbeere (Phytolacca), Rhabarber, Topinambur und Beinwell gepflanzt. Jetzt ist auch die Zeit, das kräftige Wurzelgeflecht von Kräutern wie Schnittlauch, Lavendel, Minze, Salbei, Rockenbolle und Ysop zu teilen; die Kamille sät man in leicht alkalische Böden aus.
April (Ostermonat; Fische, Widder). Die im März angefangenen Arbeiten gehen auf Hochtouren weiter. Die Osterzeit ist ohne Zweifel die fruchtbarste Zeit des Jahres. Die Saatkästen bedürfen weiterhin genauester Pflege. Jungpflanzen werden weiter vereinzelt (pikiert). Gegen Monatsende können die Markerbsen gesät werden und in den Saatbeeten die Spätgemüse (Weißkohl, Rosenkohl, Rotkraut, Wirsing, Sommerendivie). Im Obstgarten können noch immer Veredelungen vorgenommen werden. Der Spargelstich beginnt.
Wenn man kein Gewächshaus hat, kann man gegen Ende März und Anfang April ein Mistbeet bereiten, um die Setzlinge der wärmebedürftigen Sommerpflanzen aufzuziehen. Zu diesen gehören Tomaten, Pfeffer, Paprika (Peperoni), Auberginen (Eierfrüchte), Abelmosch (Okra), Neuseeländer Spinat, Malibar-Spinat, Gurken und Kürbisse. Man schachtet ein 1 Meter breites Beet 1 Meter tief aus und füllt das Loch mit frischem Pferdemist, der mit Jauche, Urin, Gülle oder Belebtschlamm angefeuchtet ist und dem Branntkalk (Ätzkalk) beigegeben wurde. Darüber kommt eine Handbreit (etwa 10 Zentimeter) Torfmull, der die giftigen Ammoniakdämpfe auffängt, und darauf zwei bis drei Handbreit (etwa 2 5 Zentimeter) gesiebte, gut gemischte Anzuchterde. Wie beim Frühbeetkasten werden die Seiten mit Brettern verschlossen und das Ganze mit Fenstern, die zur Südseite schräg abfallen, überdeckt. Die Sonne heizt von oben durch das Glas, und der Pferdemist heizt den Boden von unter her. Die beständige Wärme des Pferdemistes, die bis zu sechs Wochen anhält, wurde schon von den Alchemisten zur Herstellung von Präparaten benutzt.
Vierzig Tage heizten die Alchemisten gewöhnlich das spagirische Präparat im Pferdemist, eine Zeitspanne, die auch im Mistbeet zutrifft. Wie beim normalen Saatbeet muss man lüften, wenn es zu warm wird, nachts bei Frostgefahr zudecken und die Keimlinge vorsichtig mit lauwarmem Wasser begießen. Wenn die Pflanzen dann groß genug sind und keine Frostgefahr mehr besteht, können sie im Mai in weitere Saatbeete gepflanzt werden. Gurken, Zucchini und Kürbis, die sich nicht gerne umpflanzen lassen, kann man in Papptöpfen oder in Presstorftöpfen großziehen und später gleich mit den Behältern in ihre Beete setzen.
Mai (Weide- oder Wonnemonat; Widder, Stier). Kohlsetzlinge, Endivien, Salate, Lauch und Rippenmangold sollten nun schon alle in ihre Beete gepflanzt sein. Wenn es keinen Frost mehr gibt, kann man die Stangen- und Buschbohnen, Zuckermais, Kürbisse, Gurken, Sommersalat und Kräuter wie Basilikum, Majoran und Bohnenkraut direkt in die Beete säen. Nun kommen auch bald Tomaten, Abelmosch, Neuseeländer und Malibar-Spinat, Aubergine, Tomatillos, Paprika (Peperoni), Kürbis und Chilipfeffer in ihre gut gedüngten Beete. Die frostfreien Tage beginnen, wie der Bauernspruch sagt, meistens nach den Eisheiligen: »Vor Nachtfrost bist du sicher nicht, bevor Sophie vorüber ist« (15. Mai, die »kalte Sophie«).
Der Sellerie kann nun ebenfalls ausgepflanzt werden. Obwohl er Frost vertragen kann, sollte man ihn davor behüten, denn er macht sonst keine Knollen, sondern schießt in Blüte. Auch die kälteempfindlichen Kräuter wie Basilikum, Bohnenkraut, Majoran, Rosmarin und Kapuzinerkresse können gesät werden.
Im Mai sollte man auch schon etliches vom Garten in die Küche nehmen können: Zuckererbsen (Kefen), Erbsen, Puffbohnen, Spinat, Brennnessel, Salat, Schnittlauch, Radieschen, grüne Zwiebeln, Kresse, Rauke (Eruca sativa) und Senfgemüse. Auch kann man die nun hochgewachsenen, noch vor der Blüte stehenden Brennnesseln sammeln, trocknen und für Jauchen, Hühnerfutter oder als Suppengemüse aufbewahren.
Juni (Brachmonat; Stier, Zwillinge). Die Frühbeete, in denen man Spinat und Erbsen hatte, können nun abgeräumt und mit Folgesaaten von Karotten (Möhren), Salat, Buschbohnen, Kohlrabi und anderen Saaten bestellt werden. Verdünnte Jauchen und Güllen leisten bei Kohl, Mais, Gurken und anderen Starkzehrern Nachschub. Erdbeeren werden gelichtet, gedüngt und gemulcht und ihre Ableger in ein neues Beet gesetzt. Vor der Sonnenwende sollte auf alle Fälle das Spargelstechen und die Rhabarberernte beendet sein.52 Diese Kulturen, ebenso wie die Erdbeeren werden nun noch gedüngt, damit sie für das nächste Jahr neue Kräfte sammeln können.
Ansonsten geht es mit den Pflegearbeiten weiter: Gießen, Hacken, Jäten; Bohnen, Lauch, Kohl, Gurken und Tomaten häufeln. Juli (Heumonat; Zwillinge, Krebs). Nun kommt die heiße, lichte Zeit nach Johanni, wo auf die richtige Bewässerung und auf eine schützende Bodenbedeckung zu achten ist. Die Tomaten werden aufgebunden und mit ihren eigenen, ausgegeizten Geiltrieben gemulcht. Die Gurken werden an schräg stehenden Hühnerzäunen aufgebunden, damit sie nicht so viel Platz wegnehmen. Nur muss man vorsichtig sein und darf die Triebe nicht knicken, denn sonst werden die Gurken bitter. Wir richten nun das Saatbeet wieder her, um gegen Monatsende noch einmal Endivien, Kohlrabi, Blattmangold, Zuckerhut und Kopfsalat einzusäen. Das Saatbeet muss mit Kartoffelsäcken, Strohflechtwerk oder kalkmilchgetrübtem Glas beschattet und gut feucht gehalten werden, damit die Saat auch keimen kann. Das Keimen ist in dieser Jahreszeit manchmal ein Problem.
In die abgeernteten Frühkartoffelbeete und andere Beete, in denen schon wieder oder noch Platz ist, können die letzten Buschbohnen, Radieschen, Blattsalat oder Wintergemüse wie Karotten, Speiserüben, Chinakohl, Wurzelpetersilie, Rote Beten (Randen) und Knollenfenchel gesät werden. Auch diese Beete müssen gut mit Humuskompost vorbereitet und feucht gehalten werden, damit die Samen keimen können.
Zucchini sollten täglich geerntet werden, denn solange man die jungen Früchte schneidet, produziert die Pflanze neue Blüten. Tomaten, Gurken und Mais können – an regnerischen Tagen – mit gegorener Geflügeljauche gedüngt werden. Überhaupt sind die Starkzehrer, auch die Kohlarten und Kürbisse, dankbar für Brennnessel- und Beinwelljauche und anderen flüssigen Kopfdünger.
August (Erntemonat; Krebs, Löwe). Das Bewässern und Hacken geht wie im Vormonat weiter. Abgeerntete Himbeerruten werden abgeschnitten; die Spitzentriebe der Tomaten abgebrochen. Nun kann man für den Herbst Feldsalat (Nüssli), Spinat, Kohlrabi, Chinakohl und Senf aussäen, Perlzwiebeln stecken, Kopfsalat und Grünkohl pflanzen. Es ist Hauptpflanzzeit für neue Erdbeerkulturen.
Die Ernte ist voll im Gang, und man sollte die Pflanzen, die man für die Samenzucht behalten will, markieren. Viele Heil- und Gewürzkräuter können nun geerntet und in Büscheln in einer durchlüfteten, schattigen Kammer zum Trocknen aufgehängt werden. Der 15. August (Maria Himmelfahrt) ist traditionell der Weihetag der Kräuterbüschel.
September (Herbstmonat; Löwe, Jungfrau). Der erste Frost kann nun jederzeit kommen, aber Spinat, Radieschen und Feldsalat können immer noch ausgesät werden. Der Knoblauch soll jetzt in die Erde gesetzt werden. Wo man schon abgeerntet hat, wird ein Gründüngergemisch aus Hafer/Roggen und Wicke/Erbse eingesät. Diese Gründüngung kann sich gut entwickeln, da es nun noch genügend warm ist und die Vögel die Saat nicht auskratzen, da es genügend Wildbeeren und -früchte gibt. Ansonsten wird der Gärtner mit Ernten im Gemüsewie im Obstgarten und mit dem Gurken- und Sauerkrauteinlegen beschäftigt sein.
Oktober (Weinmonat; Jungfrau). Nach der Herbsttagundnachtgleiche schwindet die Üppigkeit der Vegetation. Die Beete leeren sich langsam. Man holt wieder die Folien hervor, um bei kühleren Temperaturen die Beete der Tomaten, Auberginen und Paprika damit zu überdachen. Die Knollensonnenblumen (Topinambur) sind mit ihrer Blüte fertig und reif zum Verzehr. Die Wurzeln des Brüssler Chicorée werden ausgegraben und im dunklen, kühlen Keller gelagert, bis man sie im Winter in ihre Treibboxen pflanzt. Rhabarberstauden können geteilt und vermehrt werden.
November (Windmonat; Waage, Skorpion). Das Wintergemüse wird nun mit einer lockeren Stroh- oder Laubdecke geschützt, wenn sich die Frostmännlein in den Garten schleichen. Erdbeeren, Spargel und Rhabarber werden mit altem, verrottetem Mist gemulcht und mit Fichtenzweigen bedeckt. Die Komposte werden noch einmal umgesetzt und winterfest abgedeckt, damit man im nächsten Frühling gut humifizierte Erde für die Saatbeete hat. Die leeren Beete werden mit Laub oder Stroh bedeckt oder eventuell grob umgegraben. Es ist höchste Zeit, die Wurzelgemüse in Mieten und im Wurzelkeller einzuwintern. Dazu gehört auch der Chicorée (Witloof), den man nach Weihnachten zu treiben beginnt. Grünkohl, Rosenkohl, Lauch, Zuckerhut und andere harte Gesellen bleiben draußen. Topinambur, Pastinaken, Knollenziest und Schwarzwurzeln können in der Erde bleiben. Junge Obstbäume und Gehölzer werden jetzt gepflanzt.
Dezember (Christmonat; Skorpion, Schütze). Im Weihnachtsmonat macht man die Treibkisten für den Chicorée bereit, fängt mit dem Reben- und Obstbaumschnitt an, flickt das Gartenwerkzeug, schaut nach den Komposten und ruht sich aus. Die zwölf heiligen Weihnachtstage vom Heiligen Abend bis zum Dreikönigstag sind eine Vorschau auf die nächsten zwölf Monate. Jeder Tag – so Arthur Hermes – zeigt jeweils den Charakter und das Wetter der kommenden Monate an.
Vom Schnee bedeckt schlafen die Beete. Das Leben und Treiben der Pflanzen und Tiere des Gartenmikrokosmos ist entschwunden. Es ruht unsichtbar in der Erde, im Kosmos, aber auch im Geiste des Gärtners. Vor seinem inneren Auge werden jetzt schon die Beete bestellt und die Fruchtfolgen und Pflanzengemeinschaften des kommenden Jahres ausprobiert. Die Erfahrungen vergangener Jahre spielen da mit hinein und bereiten im Einklang mit den Kräften und Wesen des Makrokosmos die neue »Inkarnation« des Gartenmikrokosmos vor.
Baumschnitt im Winter.
51 Patrick, der Kartoffel-Patron, ist der Schutzheilige Irlands, jenes Landes, das wie kein anderes karmisch mit der Kartoffel verbunden ist.
52 Nach der Sommersonnenwende wird der Rhabarber immer unbekömmlicher, da er zunehmend nierenschädigende Oxalsäure akkumuliert.