Gut gedüngt ist halb gewachsen.
Gärtnerspruch
Kompostierung (lat. compositum = Zusammengesetztes, Gemischtes) ist die Kunst und Wissenschaft, pflanzliche und tierische Abfälle zusammenzumischen und durch eine Verrottung zu führen, um eine gut riechende, dunkle Düngererde zu erzeugen, in der die Pflanzen ihr geeignetes Medium zum Gedeihen finden.
Im natürlichen Kreislauf der Pflanzenwelt, im Lebensrad, wie Sir Albert Howard es nennt, steht die Kompostierung am untersten Pol. Das Rad beginnt sich im Frühling zu drehen, wenn die Samen und Knospen von Sonnenwärme und Feuchtigkeit geweckt werden. Ein übermütiges Wachstum bemächtigt sich der Vegetation bis zur Sommermitte, dann verlangsamt sich der Aufbau der grünen Biomasse, während unmerklich der neue Einschlag zur Blütenbildung, zum Fruchten und zur Samenreife zu überwiegen beginnt. Allmählich verfärben sich die älteren Blätter gelblich oder rötlich, werden von Insekten angeknabbert und fallen schließlich zu Boden. Der großartige Aufbau im Frühling wird im Herbst ganz deutlich vom Abbau abgelöst. Im Spätherbst ist der Boden von braunen Stengeln und Blättern bedeckt. Kleinlebewesen, Würmer, Bakterien und Pilze zersetzen diese und lassen eine dünne Schicht mulchiger, schwarzer Humuserde entstehen. In den über die Jahre angesammelten Humus fallen die Samen, ruhen sich in den Kristallnächten des Winters darin aus und wachsen, neues Leben schöpfend, im Frühling, wenn ein neuer Aufbauzyklus beginnt, aus diesem Humus wieder empor.
Ein großartiges Bild der Einheit von Pflanzen und Boden tritt uns in diesem Lebensrad vor Augen. Im ewigen Wechselspiel entsteht die grüne Vegetation, zerfällt dann einerseits in Samen, andererseits in Humus, um im Lenz wieder zu einer Einheit zusammenzuwachsen. Tierstoffe, -ausscheidungen, -schalen und -kadaver sind in diesen Kreislauf mit einbezogen, denn es gibt keine Biozönose ohne entsprechende Fauna. Der Kompost befindet sich an der Nahtstelle des Aufbau-Abbau-Prozesses. Dieser ewige Lebenskreislauf wurde schon in vorgeschichtlichen Zeiten als Ouroboros, ein grüner Drache, der sich selbst in den Schwanz beißt, dargestellt.
In der biologischen Landwirtschaft ist die Humusherstellung im Kompost der goldene Schlüssel zum Erfolg. In der Natur findet der Kompostierungsprozess unaufhörlich statt. Blätter, tote Stengel, Kot, Kadaver, Baumstrünke und alle organischen Substanzen, deren Ätherkräfte am Verebben sind, werden von Abbauorganismen ergriffen, verfaulen, verrotten, gären und verwesen, bis sie zu Erde geworden sind. Es gibt Gärtner, wie die Anhänger der biologisch-organischen Methode nach Müller und Rusch, die es ganz der Natur nachmachen wollen, die biologische Abfälle wie Streu direkt auf den Boden bringen wollen. Aber im Gemüsegarten, wo man eine schnelle Pflanzenfolge hat und hohe Erträge entnimmt, ist man besser beraten, die Humusbereitung auf den Kompostplatz zu verlagern. Auf den Boden direkt ausgebrachte Miste oder Pflanzenreste sind dem Nährstoffverlust und der Auswaschung ausgesetzt und können hier Geilwüchsigkeit, dort Wachstumshemmungen hervorrufen. Der Dauerhumus vom Komposthaufen wirkt hingegen ausgleichend. Eine schützende Bodenbedeckung kann man ja immer noch geben.
Kompostierung ist eine uralte Kunst. Sie wurde von Philosophen wie dem Römer Plinius, dem Araber Ibn al Awan und dem deutschen Naturphilosophen Albertus Magnus beschrieben und von unzähligen Alchemisten eifrig betrieben. Für sie war die Kompostzubereitung ein Schlüssel zum Geheimnis der Stoffverwandlung, der Transmutation, des Todes und der Auferstehung im elementischen Bereich. Mit der Kompostierung eilt man der gemächlichen Mutter Erde zur Hilfe, beschleunigt die Naturvorgänge etwas und führt sie in eine erwünschte Richtung, ohne dabei die Naturgesetze zu verletzen. Es erfreut die alte Mutter Erde sogar: »Operis processio multum naturae placet«, sagten die Alchemisten. Der Kompost selbst galt als ein Homunculus, ein künstlich, ex uterus erzeugter »Grobmensch« oder Lebenskloß, der in seine chaotisierte Masse die Impulse des makrokosmischen wie auch des mikrokosmischen Firmaments aufnimmt, der sich erhitzt, von ätherischen Lebenskräften durchstrahlt und von Sternenkräften beseelt wird und schließlich in den Erdboden geopfert wird. Ausgebracht, »tingiert« der Kompost den Ackerboden und »informiert« ihn mit den Sternenkräften, so dass sich die Pflanzen artgemäß nach ihrem Urbild (Archetypus) entfalten können.
Die Bauern, die sich weniger solchen Spekulationen hingaben, hatten schon immer ihren Misthaufen, auf dem Stallmist, Abfälle und Kadaver verrotteten. Das waren oft stinkende Haufen mit viel zu viel Nährstoffverlusten. Im Gegensatz dazu hatte man in China schon früh sorgfältige Kompostierungsverfahren entwickelt, die es ermöglichten, eine zehnköpfige Familie von ein bis drei Hektar Land zu ernähren. Fäkalien, Unkräuter, Schlamm und durch Schweine weiterverwertete Abfälle wurden mit geringstem Nährstoffverlust in besonderen Komposthäusern, die Teil des bäuerlichen Gebäudekomplexes waren, veredelt (King 1933: 212). Auch in der Schweiz fand man zuweilen überdachte Miststöcke (Hauser 1973: 64). Durch Einführung der Kunstdüngung, das Verschwinden der Pferde und Ochsen, das Aufkommen der Kraftmaschinen und die Teilspezialisierung der Landwirtschaft in viehlose Betriebe einerseits und Mastbetriebe andererseits ist die Kompostierung ins Hintertreffen geraten. Erst jetzt, da man der ökologischen Schäden und der Verteuerung der energiekonsumierenden chemischen Dünger gewahr wird, blickt man wieder auf diese alte Kunst. In der Zwischenzeit hat die biologische Bewegung die Kompostierungskunst wissenschaftlich untermauert, hat Kräuterzusätze entwickelt, die lenkend in die Verrottung eingreifen, und dazu weitere Einsichten über Zutaten und Abläufe erarbeitet.
Das Kompostieren ist gar nicht viel anders als Kuchenbacken. Zuerst muss man die richtigen Zutaten in den richtigen Mengen haben. Jede Art von biologischer Substanz kann kompostiert werden. Der gewöhnliche Gartenkompost enthält Küchenabfälle, Unkräuter, Holzasche, Miste der Haustiere, auch Katzen- und Hundedreck, Blätter, grobes Papier, Eierschalen, Rasensoden und vieles mehr. Man kann aber auch spezielle Komposte – Mistkomposte, Leguminosenkomposte, Schnellkomposte usw. – für besondere Düngeransprüche herstellen, genau wie man verschiedenartige Kuchen backen kann. Es ist besser, die Kompostzutaten gut zusammenzumischen, als sie Schicht für Schicht aufzutragen, damit in allen Teilen des Haufens die Prozesse gleichmäßig verlaufen und nicht eine Mistlage fault, während eine Blätterlage schimmelt. Die Zutaten sollten so fein zermalmt und klein gehäckselt werden, wie es nur geht. Eine Häckselmaschine ist besonders bei Kohlstrünken, Sonnenblumenstielen und holzigem Gestrüpp eine große Hilfe. Trockene Substanzen sollten vor der Kompostierung in einem Becken eingeweicht werden.
Bei der Zusammensetzung des Kompostes hat man vor allem auf das Verhältnis der kohlenstoffhaltigen Pflanzenreste gegenüber den stickstoffhaltigen Tiersubstanzen, auf das so genannte C-N-Verhältnis, zu achten. Beim Sägemehl, das 500 Teile Kohlenstoff gegenüber einem Teil Stickstoff aufweist, spricht man von einem weiten C-N-Verhältnis. Bei Mistsickersaft (C-N 3 : 1) oder Belebtschlamm (C-N 6 : 1) hingegen spricht man von einem engen C-N-Verhältnis. Das ideale Mischungsverhältnis am Anfang der Kompostierung sollte zwischen C-N 30 : 1 und C-N 20 : 1 liegen. Nachdem der Kompostierungsprozess in Gang gekommen ist, geht ein Teil der Substanz als Kohlensäure und Wasserdampf verloren und bringt den fertigen Kompost auf C-N 15 : 1 bis C-N 20 : 1.
Wenn man Sägemehl, Papier, Torf, Stroh, Herbstlaub und andere Ausgangsstoffe mit weitem C-N-Verhältnis hat, muss man diese durch das Beimischen von stickstoffreichen Materialien auf das ideale Verhältnis von C-N 20 : 1 bis C-N 30 : 1 bringen. Das kann dadurch erreicht werden, dass man Miste, Jauche, Guano, Blut, Hornmehl, Federn, Schweineborsten, Urin, Klärschlamm oder sogar Haare, die man beim Friseur auffegt, darunter mischt. Frische Sägespäne können ausnahmsweise mit Kunstdünger wie Kalkstickstoff oder Harnstoff vorverdaut werden, damit die Bakterien überhaupt eine Stickstoffquelle haben, um den Verrottungsvorgang einzuleiten. Nach dieser Vorverdauung können die nicht mehr ganz rohen Sägespäne im Kompost weiterverrottet werden.
Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis verschiedener Substanzen
Wenn das C-N-Verhältnis der Ausgangsstoffe unterhalb der idealen Relation liegt, kommt es zu Stickstoffverlusten; man riecht das sich verflüchtigende Ammoniak; der Haufen wird faulig und speckig, lockt Fliegen an und entwickelt Maden. Wenn die Zusammensetzung andererseits über dem idealen Verhältnis im weiten C-N-Bereich liegt, verlangsamt sich die Zersetzung erheblich. Wenn dann noch Feuchte und Kälte hinzukommen, erhält man einen sauren, nährstoffarmen, torfähnlichen Stoff, wie man ihn in Mooren vorfindet.
Neben den kohlenstoff- und stickstoffhaltigen Substanzen mischt der Kompostmeister noch andere Zutaten bei. Eine Beigabe von 5 bis 10 Prozent Erde fördert die Humifizierung, die Würmer und die Strahlenpilze. Getrockneter Ton, zu feinem Pulver gemahlen, kann beim Aufsetzen sachte in die Lagen gestreut werden. Zwei, drei Hand voll pro Kubikmeter genügen. Die Kompostwürmer, die die Ton-Humus-Komplexe aufbauen, sind dafür dankbar. Man kann beobachten, wie gerne sich die jungen Würmchen um einen kleinen Tonhappen sammeln. Kohlensaurer Kalk, Korallenkalk, Algenkalk, Muschelmehl, Eierschalen oder Dolomitensteinmehl werden in ebenso geringen Mengen zwischen die Lagen gestreut, wie man Puderzucker auf den Kuchen stäubt. Scharf ätzender Brandkalk sollte vermieden oder vorher mit Wasser gelöscht werden, da er chemisch zu reaktiv ist, den Stickstoff (NH3) austreibt und die Kleinlebewesen schädigen kann. Eine basische Reaktion hindert die Entwicklung der Pilzgeflechte, die das durch den Bakterienabbau frei werdende Ammoniakgas abfangen und in ihre Gewebe einbauen. Andererseits bewirkt die richtig abgewogene Menge langsam reagierenden Kalks einen besseren Umsatz der Stoffe, begünstigt die Zellulose verdauenden Bakterienstämme und bindet die Säuren. Das wiederum begünstigt die Salpeter schaffenden Bakterienstämme.
Ebenso wie Kalk- und Tonpulver kann man Holzasche in den Kompost streuen. Auch dieser Stoff, der Kali, Mineralsalze und Spurenelemente vermittelt, ist fein zu verstäuben, denn wenn große Klumpen feucht werden, bildet sich Kalilauge (KOH). Asche vom Steinkohlenfeuer enthält zu viel Schwefel; Asche von Kunststoff oder buntem Glanzpapier enthält suspekte Verbrennungsrückstände. Es ist immer besser, Steinmehle – Granitmehl, Basaltmehl, Grünsand, Phosphatgestein, Thomasschlacke – und die schon erwähnten Substanzen durch den Kompost gehen zu lassen, wo sie von den aktiven Kleinlebewesen zu biologisch assmilierbaren Chelatkomplexen verarbeitet werden, als sie direkt auf den Boden zu bringen.
Auf die verschiedenen Kompoststarter aus Bakteriensporen, Stickstoffkonzentraten und mysteriösen Zutaten kann man getrost verzichten. Bessere Resultate erreicht man oft mit einer Schaufel voll altem Stammkompost. Man löst den Stammkompost in Regenwasser auf und begießt den Haufen damit, um ihn zu impfen. Ähnlich stimulierend wirken der so genannte russische Tee (ein in Wasser aufgelöster Kuhfladen), der »Kompoststarter des Vorsitzenden Mao« (eine Vier-zu-eins-Mischung von Wasser und Urin), Brennnesseljauche oder Brennnesseltee und Beinwelljauche (Symphytum officinale). Die biodynamischen Kräuterpräparate gehören einer anderen Kategorie als die Kompoststarter an und werden an anderer Stelle behandelt. Ein Kompoststarter ist nicht absolut notwendig. Es geht auch ohne. Aber genauso wie man beim Brotbacken Sauerteig oder Hefe zusetzt, um eine gute, rasche Gärung zu bekommen, anstatt sich auf wilde Hefesporen aus der Luft zu verlassen und dann wohlmöglich ein hartes, bitteres, ungenießbares Brot zu erhalten, tut man besser daran, einen Kompoststarter zu benutzen (Pfeiffer 1977: 94).
Wo, wann und wie man den Komposthaufen anlegt
Für den Komposthaufen soll ein geschützter, leicht zugänglicher Platz vorgesehen werden. In wärmerem, trockenerem Klima, aber auch in regenreichen Gegenden kann dieser Platz auch mit leicht entfernbaren Platten überdacht sein. Holunder, Birke, Haselnuss und Erlengebüsch sind ideale Schattenpflanzen, deren Blätter und Wurzelausscheidungen den Verrottungsprozess günstig unterstützen.
Die Kompostmiete sollte direkt auf dem Boden, nicht auf Holz und schon gar nicht auf einer Zementplatte aufgebaut werden, denn die Bakterien vom vorhergehenden Haufen sollen den neuen impfen können, und die regenwurmähnlichen Kompostwürmer wollen sich in der Zwischenzeit in den Boden verkriechen. Für ihre Tätigkeit im Kompost müssen sich diese Würmer Lehm und Mineralien aus dem Untergrund holen können, um ihre Verdauung auszugleichen. Auch sollte der Kompost nicht in einer Kuhle im Boden sitzen, denn dann würde es aus Mangel an Sauerstoff zu Fäulnis und anaerobem Abbau kommen. Die Nitrat erzeugenden Bakterien brauchen Sauerstoff. Aus diesem Grund muss man den Kompost locker aufsetzen. Er muss feucht gehalten werden, darf aber nicht von Wasser triefen. Es sollte überhaupt kein Wasser absickern.
Nicht nur der Schönheit wegen, sondern für die innere Kräftedynamik und um die »kritische Masse« für die biochemischen Reaktionen zu erhalten, muss der Kompost die richtige Form haben. Er kann bis zu 2 Meter breit sein und jede beliebige Länge haben, nach oben hin sollte er auf 1,20 Meter kegelartig abgerundet sein. Wenn er kleinere Proportionen hat, erhitzt er sich nicht genügend und zersetzt sich schlecht. Wenn er größer ist, bleiben die inneren Schichten roh und haben nicht genügend Luft, während die äußeren Schichten sich viel schneller zersetzen.
Beim Kompost handelt es sich um einen undifferenzierten, primitiven Lebenskloß, dem Brotteig ähnlich. Wie jedes Lebensgefüge braucht der Kompost eine Schutzhaut gegen die anorganische Umwelt, gegen Kälte, Niederschläge, direkte Sonnenbestrahlung und Austrocknung, aber auch um zu verhindern, dass die Zwischenprodukte des Stoffwechsels, wie Ammoniak und Methan, sich nach außen hin verlieren. Ein Kompost, der stinkt, ist gleich einem übelriechenden Menschen oder Tier ungesund; er verliert ätherische Kraft. Ein Mantel aus Blattlaub, Stroh, verrottetem Sägemehl oder einer anderen stickstoffarmen Substanz, die das flüchtige Gas auffängt, ist notwendig. Mit einer schwarzen Plastikfolie kann der Kompost weiter geschützt werden. Die Schwärze absorbiert die Lichtstrahlen (Sonnenenergie!) und verwandelt sie in Wärme, die dem Kompost zugute kommt, schützt gegen Austrocknung in Dürrezeiten und gegen Auswaschung bei Regenwetter. Ein dynamischer Kreislauf entwickelt sich in diesem primitiven Leib: tagsüber steigt die Feuchtigkeit nach oben; wenn es abends abkühlt, kondensiert sie, wird zu schweren Tropfen und sickert wieder nach unten durch den Haufen.
In kleineren Hausgärten oder Schrebergärten kann man mit einem Kompostsilo, Drahtbehälter oder einer Komposttonne auskommen. Hier werden das frische Material, die Küchenabfälle, welke Blumen, Katzenstreu oder Kaffeesatz oben eingeworfen, und unten sollte man ab und zu eine Schaufel Humus herausnehmen können.
Spezialkomposte aus besonderen Ausgangsstoffen und für bestimmte Düngewirkungen kennzeichnen die Kunst des Kompostmeisters. Achim Schwarze beschreibt im »Grünen Zweig« besondere Fäkalien-, Unkraut-, Laub-, Holz-, Torf-, Rinden- und Teichschlammkomposte (Schwarze 1980). Ein Kompost zur Düngung von Hülsenfrüchten, der die Wurzelknöllchenbakterien in eine virulente Entwicklung bringt, wurde von N. Remer entwickelt. Dazu werden Kleegrassoden mit Kuhmist und etwas gelöschtem Kalk ein Jahr lang kompostiert (Remer 1968: 20). Tomaten sind eine der wenigen Pflanzen, die auf einem Kompost aus ihren eigenen Abfällen gut gedeihen.
Durch kompostierte Tiermiste kann man eine gezielte Düngerwirkung erreichen. Im Allgemeinen kann man die ökologische Regel aufstellen, wonach der Pflanzenteil, den eine Tierart als Nahrung bevorzugt, auch vom Kot dieser Tierart am besten gefördert wird:
Die Schweine leben mit Vorliebe von Knollen und Wurzeln, die sie mit ihren Rüsseln aus dem Boden wühlen. Es wundert daher nicht, dass ihr kalireicher Mist, wenn er gut kompostiert ist, insbesondere den Wurzelfrüchten – Sellerie, Lauch und Kartoffeln – zugute kommt.
Das Pferd als Steppentier gedeiht bei trockener, stengeliger Nahrung – Hafer, Heu, Häcksel – am besten und liefert daher auch einen guten Mist, der Stengelbildung und Blattwachstum unterstützt und einen schweren, lehmigen Boden lockerer und leichter macht. Pferdemist, der viel Ammoniak enthält, kann sich in der Verrottung auf lange Zeit erhitzen, eine Eigenschaft, die die Alchemisten schätzten, um darin ihre Präparate »zu kochen«, und die diesen Mist auch für Frühbeete zur Aufzucht von Setzlingen geeignet macht. Man braucht kein Gewächshaus, denn ein Frühbeet mit einer Pferdemistpackung kann im kleineren Betrieb völlig genügen, um die Jungpflanzen aufzuziehen. Stallhasenmist ist wie der Pferdemist ein leichter, trockener, ammoniakhaltiger Mist, der in Kleingärten oft eine große Rolle spielt und die Blatt- und Stengelentwicklung unterstützt.
Schafe und Ziegen, die gerne aromatische Kräuter, Gestrüpp und Laubzweige anknabbern, geben einen Mist, der sich besonders dazu eignet, die Qualität und das Aroma von Früchten, Ölpflanzen und Kräutern zu verbessern. Vor dem Aufkommen der Herbizide und der chemischen Düngung ließ man in den großen Pfefferminzfeldern in Oregon Schafe weiden. Sie säuberten die Felder von Unkraut, und ihr Dung erhöhte zugleich die Menge der ätherischen Öle und trug zur Gesundheit der Minze bei.32 Hier traf das Sprichwort zu: »Schafe haben goldene Klauen.« In einem mediterranen Ökotop wie der Provence oder in Griechenland, wo die würzigsten Kräuter herkommen und Ölbäume wachsen, bilden diese Horntiere einen wichtigen Teil der Agrarbiozönose. Alle ölhaltigen Pflanzen, wie Senf, Hanf, Flachs und Mohn, und Pflanzen, die wie die Heilkräuter reich an ätherischen Ölen und Harzen sind, werden durch die Komposte dieser Tiermiste verbessert.
Vögel im Allgemeinen und insbesondere Hühner finden ihre Nahrung an der äußeren Peripherie der Pflanze; sie picken die Samen oben von der Pflanze oder kratzen Samen, Würmer und Kerbtiere aus dem Boden. Ihre Miste sind reich an Phosphor und enthalten Wuchsstoffe (Auxine) wie Indol, das die Pflanze zur Blüten- und Fruchtbildung anregt. Vogelmiste, die man meistens zu Jauchen vergärt, aber auch mit genügend kohlenstoffhaltiger Streu verkompostieren kann, nimmt man also für alle Blüten-, Frucht- und Samenpflanzen. Ein vorzüglicher Spargel lässt sich durch kompostierten Taubenmist erzeugen.
Es gibt keinen besseren, ausgeglicheneren Dünger als den Mist des Rindviehs. Die schwarzen Humusböden der nordamerikanischen Prärie, die heutzutage Jahr für Jahr gewaltige Weizenernten hervorbringen und zum Brotkorb der Welt geworden sind, wurden über die Jahrtausende durch die Miste der gewaltigen Büffelherden in Verbindung mit den Steppengräsern geformt. Gäbe es in Indien keine heiligen Kühe, wäre das Land noch schlimmer dran, als es im Augenblick ist. Die vielen Kühe sind für die Menschenmassen keine Konkurrenten in Bezug auf Land und Nahrung, wie einige technokratisch orientierte Entwicklungsexperten meinen. Im Gegenteil, sie leben als Symbionten mit den Menschen, fressen ungenießbare, dürre Unkräuter, Abfälle und Raufutter und geben dafür Milch, Zugkraft und Mist. Es ist die Aufgabe der indischen Bauernmädchen, die Kuhfladen zu sammeln. Von den 700 Millionen Tonnen Rindermist, der so anfällt, wird die Hälfte als Dünger genutzt; die andere Hälfte wird als getrocknete Fladen zum Kochen verheizt. Dies bedeutet eine Wärmekraft von ungefähr 27 Millionen Tonnen Kerosin, 3 5 Millionen Tonnen Kohle oder 68 Millionen Tonnen Brennholz – das schont die Wälder und spart Öl (Harris 1974: 19). In nordischen und alpinen Ländern macht die Kuh überhaupt die Landwirtschaft erst möglich, denn dort, wo viel Regen und niedrige Temperaturen herrschen, werden die Böden sauer, torfig, nährstoffarm und für den Ackerbau kaum gegeignet. Die Kuh, in deren warmem Organismus diejenigen Mikroorganismen leben, die sonst im Boden Zellulose, Lignin, Eiweiß und Kohlenhydrate verdauen und vergären, bringt Fruchtbarkeit, die sonst in diesen Gegenden nicht möglich wäre. Hier kann nur das Verdauungssystem eines Wiederkäuer fertigbringen, was in gemäßigten Zonen sonst im Erdboden oder im Pflanzenkompost stattfindet.
Wenn man sich ein Bild vom komplizierten, 200 Liter fassenden und fünfzig Meter langen Verdauungstrakt des Rindes macht, kann man erahnen, was für gewaltige Stoffumwandlungen dort stattfinden, die zur Stütze der Bodenfruchtbarkeit werden. Um Raufutter zu verdauen, dauert es bis zu 12 Tage. Wie ein zweites Herz mutet einen der vierteilige Magen an. Große Futtermengen werden in den Pansen geschluckt, wo sie von einem breiten Spektrum von Kleinlebewesen zur Vergärung gebracht werden. Bakterienflora und Protozoen sondern Enzyme (Cellulase) ab, welche die Zellulose zu Glukose abbauen und Aminosäuren, Vitamin B12 und Fettsäuren synthetisieren. Kein anderes Säugetier kann das. Vom Pansen gelangt das Futter in den Netzmagen, aus dem das Raufutter in kleinen Bällen wieder ins Maul gelangt, wo es von den Backenzähnen wie zwischen Mühlsteinen zu einem dünnen Brei zerkaut und wiederum hinuntergeschluckt wird. Im Blättermagen wird der Speisebrei abgepresst, die Flüssigkeit geht in den Pansen zurück und der feste Teil gelangt nun in den Labmagen. Dies ist der eigentliche Magen, wie wir ihn haben, in dem die Verdauungssäuren ihr Werk tun. Der ganze lange Verdauungstrakt ist von einem komplizierten Nervennetz begleitet, das die Abläufe überwacht. Kein anderes Tier kann Raufutter und Rohfasern – Stroh, Heu, Laub, Reisig – so gut verwerten.
Der Verdauungsapparat ist das Spezialorgan der Kuh, wie das Gehirn das besondere Organ des Menschen ist. Dieser Vergleich ist nicht einfach aus der Luft gegriffen; beide sind Wahrnehmungsorgane. Der Mensch richtet seine Sinne nach außen; die Kuh richtet sie nach innen. Beim Verdauen kommt es zur Aufschlüsselung und Wahrnehnmung jener Informationen und Energien, die die Pflanzen vom Kosmos und der Erde aufgenommen haben. Wenn man eine Kuh beobachtet, wie sie wiederkäuend, still in sich gekehrt, mit ihrem nach außen hin stumpfen Blick daliegt, dann sieht man ein Wesen, das sich in »tiefer Meditation« befindet. Kein Wunder, dass sie in Indien als besonders heiliges Tier gilt. Auch kein Wunder, wenn der Kuhmist eine besonders heilende, verlebendigende Wirkung auf den Boden hat. Und wie die Gärtnerin Frieda Welten hervorhebt: »Vollwertige Nahrung wächst nur auf lebendigem Boden.«
Es ist eines der größten Schandmale unserer Zeit, dass man die Kuh in Massenhaltung züchtet und sie mit Kraftfutter zu unnatürlichen Leistungen zwingt. Getreide33, Fischmehl34 und stickstoffreiches Alfalfaheu vergewaltigen die Naturanlagen35, unterbinden das Wiederkäuen, machen die Tiere krank und liefern nicht den gesunden Mist, den wir für unsere Böden brauchen. Eine Massentierhaltung mit 2 5 000 Kühen produziert 650 Tonnen Kot täglich. Der edle Kuhmist wird auf einmal zum einem Problem der Umweltverschmutzung!
Ein Gartenbetrieb sollte womöglich seine eigene Kuh oder einige Kühe haben. Das wäre schon aus dem Grund günstig, weil sich der Kuhorganismus auf die spezifischen Bedürfnisse des Bodens, von dem sein Futter stammt, einstellt. Der Kuhdünger ist dann für diesen Boden enzymatisch zugeschnitten, er bildet eine funktionelle Einheit mit ihm. Die Ausscheidung ist eine Botschaft, eine Rückmeldung an Mutter Erde und die Pflanzen, die auf der Weide wachsen. Daher ist es am besten, das Futter selbst zu produzieren. Eine Kuh erzeugt ungefähr zehn Tonnen Mist pro Jahr, genug, um einen Hektar Gartenland zu düngen. In der nordischen Legende des makrokosmischen Urmenschen Ymir ist es die kosmische Kuh Audumla, die ihm Speise und Trank spendet. Im Kompost des Gartens sollte es auch die Kuh sein, die dem Kompost und dem Acker Nahrung spendet.
Kräuterjauchen und flüssiger Dünger
Jauchen, im Verhältnis 1 : 10 mit Regenwasser verdünnt, kommen den starkzehrenden Gemüsen während ihrer Wachstumsperiode zugute. Sie können auch den Kompost anregen, wenn man ihn damit anfeuchtet. Die Jauche aus dem Stall, eine Mischung von Urin und Mistbestandteilen, muss gut vergoren sein, ehe man sie ausbringt. Zu frische Jauche »verbrennt« die Pflanzen und die Regenwürmer, stinkt, verliert Nährstoffe und verursacht schließlich Geilwüchsigkeit und Schädlingsanfälligkeit. Um dem vorzubeugen, präpariert man die Jauche mit biodynamischen Kräuterzusätzen und gibt große Mengen Brennnesselkraut dazu. Gesteinsmehl gibt den anaeroben Bakterien die nötigen Mineralien, die sie brauchen, um den Ammoniak zu binden; eine schwimmende Decke Strohhäcksel, Sägespäne oder Torfmull kann aufsteigende Dünste auffangen. Man kann die Jauche ab und zu rühren, um etwas Sauerstoff hineinzubekommen. Zu viel Rühren jedoch wirkt ähnlich wie eine Kläranlage; es oxidiert zahlreiche Bestandteile und verflüchtigt den kostbaren Ammoniak.
Kräuterjauchen sind äußerst wertvolle Hilfsmittel für den Gärtner. Man stopft ein Holzfass mit Blättern voll, übergießt sie mit Regenwasser und lässt sie gären. Die eisenhaltige Brennnesseljauche unterstützt die Bildung des Blattgrüns und der Humifizierungsvorgänge im Boden oder Kompost und ist wirksam gegen Blattläuse. Eine Jauche aus Kohlblättern düngt und reguliert den Schwefelhaushalt in Pflanze und Boden. Eine Beinwelljauche ist reich an Mineralien (Ca, K, P, Ma) und eignet sich als Kopfdüngung, besonders bei Tomaten. Eine Holunderblätterjauche soll gegen Wühlmäuse – direkt in den Gang gegossen – und gegen die Möhrenfliege wirksam sein (Hollerbach 1998: 240). Auch Jauchen und Brühen aus Löwenzahn, Wermut, Hirtentäschel und Schachtelhalm sind bekannt. Der Gärtner sollte seine eigenen Versuche damit anstellen.
Kuhfladen können in Wasser gerührt und verjaucht werden, um damit das Wurzelwachstum bei Jungpflanzen anzuregen. Geflügeljauche, aus Tauben- oder Hühnermist hergestellt, regt die Blütenbildung, Obst, Beeren und Früchte sowie Gemüse wie Zuckermais, Tomaten und Auberginen (Eierpflanzen) an. Alle Jauchen entwickeln üble Gerüche, da es sich um einen Abbau unter Sauerstoffabschluss handelt. Dieser Gestank sollte etwas abgeklungen sein, wenn die Gärung vorüber und die Jauche ausgereift ist. Im Sommer entwickeln sich die fetten, trägen weißen Rattenschwanzlarven in den offenen Jauchebehältern. Die Anwesenheit dieser Schlamm fressenden Larven, die nicht mit den viel kleineren Mückenlarven zu verwechseln sind, bedeutet, dass die Jauche reif ist, um zum Gießen verwendet zu werden. Der Rattenschwanz ist die Larve der Schwebefliege oder Mistbiene (Eristalis tenax). Man sieht diese »Bienen« oft in der Luft stillstehend über den Dolden der Schirmblütler schwirren. Da die Schwebefliege zur Bestäubung der Doldengewächse und Korbblütler beiträgt, ist es schon aus diesem Grund ein Vorteil für den Gärtner, Jauchen herzustellen.
Wenn der Bäcker alle Zutaten auf einen Haufen legt, hat er noch längst keinen Kuchen; es kommt auf den Backprozess an. Man kann mit denselben Zutaten ganz verschiedenartige Resultate erzielen. Dies zeigt sich deutlich, wenn man die Verdauungsprozesse verschiedener Tierarten vergleicht. Man kann einer Kuh, einem Pferd, einer Ziege oder einem Schwein die gleichen Rüben vorsetzen: ihre Miste sind dennoch charakteristisch voneinander verschieden. Obwohl man dasselbe Ausgangsmaterial hat, wird es durch die unterschiedlich gestalteten Verdauungsorgane, die unterschiedliche Zeitdauer – 12 Tage bei der Kuh, bis zu 16 Tage beim Schaf, 4 Tage beim Pferd – und durch die verschiedenartigen Sekrete, Darmflora und Hormone zu einem jeweils anderen Endprodukt. Die Kuh wird einen schweren, kalten, nassen Fladen erzeugen, das Pferd einen trockenen, nach Ammoniak riechenden Pferdeapfel, die Ziege kleine feste Kugeln, und das Schwein produziert seinen typisch nassen, sauren Kot.
So ist es auch beim Kompost, der ja ein nach außen in den Makrokosmos verlegter Verdauungsvorgang ist. Man kann mit den besten Stoffen anfangen, aber wie der Kompost aufgesetzt und gepflegt wird, entscheidet darüber, ob man einen reifen, gesättigten Humus, reich an Fulvo- und Huminsäuren, oder ob man einen aziden, stickstoffarmen Rohhumus oder Torf erhält. Im Extremfall kann es zu einer völligen Vermineralisierung kommen, wobei der Abbauprozess gar nicht in den Aufbau überschlägt, sondern alle Kohlenstoffverbindungen zu Kohlensäure und Wasserdampf und alle Eiweißverbindungen zu N oder flüchtigem NH3 abgebaut werden.
Für einen günstigen, ausgeglichenen Ablauf des Kompostierungsvorganges müssen die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer sich im harmonischen Gleichgewicht befinden:
Das Erdelement ist durch einen Zuschlag von ungefähr zehn Prozent tonhaltiger Erde oder durch Steinmehle vertreten. Zu viel Erde verlangsamt die Umsetzung und macht die Masse zu schwer.
Das Wasserelement als Feuchtigkeit ist von äußerster Wichtigkeit für die Stoffwechselabläufe der Kompostbakterien. Die Masse soll immer den Feuchtigkeitsgrad eines ausgewrungenen Schwammes haben, der die Hand benetzt, wenn man ihn drückt, aber es sollen sich keine Tropfen bilden.
Der Kompost soll leicht aufgesetzt sein, damit genügend Luft für die sauerstoffhungrigen Rottebakterien vorhanden ist. Es kann hilfreich sein, den Kompost beim Aufsetzen durch einen stehenden Miststreuer zu stoßen. Man kann auch mit einer Eisenstange Löcher in den Kompost stoßen oder diesen notfalls umsetzen.
Das Feuerelement kommt in der Erhitzung des Kompostes zur Geltung. Wie heiß er werden soll, ist Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen unter Gärtnern, aber wenn er tatsächlich Flammen schlägt, ist er entschieden zu heiß. Bei Temperaturen zwischen 60 °C und 70 °C werden Krankheitskeime und Unkrautsamen abgetötet, zu hohe Temperaturen aber führen zu Substanzverlusten.
Wenn die imponderablen Elemente (Luft und Feuer) überwiegen, der Haufen zu leicht gepackt oder bei der Erhitzung zu viel Feuchtigkeit verloren hat, erscheinen charakteristische Symptome: Er riecht moderig, hat einen weißen, puderigen Schimmel und wird in den oberen Schichten von vielen Rollasseln (Armadillidium vulgare) belebt. Um einen solchen Moderhaufen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, mischt man etwas mehr Erde bei und feuchtet ihn mit Wasser oder Jauche an.
Die vier Elemente im Kompost.
Wenn der Kompostierungsvorgang sich in die Richtung der ponderablen Elemente verlagert hat, wenn der Kompost schwer, kalt und nass ist, fallen einem folgende typische Symptome auf: Der Kompost wird schwarz, schmierig und stinkt. Der Gestank stammt von den Abbauprodukten der anaeroben Bakterien, die die Fähigkeit haben, sich von Harnstoffen und Schwefelverbindungen zu ernähren. Daneben gibt es Milchsäurebakterien, die einen Teil des Kompostes in sauerkraut- und silageähnliche Substanzen umbauen. Der Geruch ist übel, sauer und ranzig (Buttersäure), faulig (Methan- oder Sumpfgas), scharf (Ammoniak), oder es stinkt nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoff). Als charakteristisches Tier sind Fliegen und weiße Fliegenmaden vorhanden, besonders dann, wenn das C-N-Verhältnis eng ist. Bei einem solchen Haufen hilft nur das Umsetzen und Beimischen von Strohhäcksel, Torf und anderen trockenen, leichten Stoffen.
Ein ausgeglichener Kompost hingegen hat einen guten Geruch wie Walderde. Er ist locker und satt braun und wird vom rötlichen Mistwurm (Eisenia foetida), einer Regenwurmgattung, belebt. Die biologisch-dynamischen Kräuterpräparate, die wir im Abschnitt Präparate, Tinkturen und Elixiere behandeln werden, unterstützen die ausgeglichene, harmonische Entwicklung des Kompostierungsprozesses.
Wir haben dem Kompost eine Haut aus Stroh, Erde oder Laub gegeben, damit er seine Lebensessenzen nicht verströmt, und haben ihn in einer bestimmten Form und einer bestimmten Mischung aufgesetzt. Nun kann der Kompost zu leben anfangen. Leben tut er, auch wenn sich keine besonderen Organe feststellen lassen. Er durchläuft drei deutlich unterscheidbare Lebensstufen, atmet und führt einen regen Stoffwechsel.
Die erste Lebensstufe, die Kindheit des Kompostes, ist das Bakterien-Pilz-Stadium. Der erste Teil dieses Stadiums gehört im großen Lebensrad noch dem Abbauprozess an. Bakterien zersetzen die Eiweiße zu Animosäuren und schließlich zu Ammoniak, bauen Kohlenhydrate zu einfachen Zuckern, organischen Säuren und CO2 ab und zerlegen andere Komplexmoleküle. Würde der Abbau nicht in einen Aufbau umschlagen, würde alles schließlich bis auf die einfachsten Elemente – Wasser und Kohlensäure – reduziert werden. Die Pilzmyzelien schließen sich jedoch gleich an die Bakterien an, fassen die gelösten Stoffe in ihre Myzelgewebe und fangen wieder an, das Ammoniak zu einfachen Aminosäuren aufzubauen. Die thermophilen Bakterien sind in diesem hitzigen Stadium äußerst aktiv. Der Gärtner hat darauf zu achten, dass diese Bakterien genügend Feuchtigkeit für ihren Stoffwechsel haben. Wenn man einen Kompost in diesem Stadium halbiert, sieht man, wie sich die Bakterien in den Haufen hineinfressen und wie die Pilzfäden gleich darauf folgen.
Profil eines Kompostes im Stadium 1.
Die zweite Lebensstufe, die Jugend des Kompostes, ist das Regenwurmstadium. Die thermophilen Bakterien haben inzwischen Dauersporen gebildet, und die Pilze haben die organischen Stoffe so weit vorverdaut, dass nun die Regenwürmer (Mistwürmer) und Strahlenpilze sie weiterverarbeiten können. Wenn das erste Stadium ungünstig verlaufen ist, entweder zu nass oder zu trocken war, sollte der Gärtner zu diesem Zeitpunkt den Haufen umsetzen, was eine kurze zweite Erhitzung hervorrufen kann. Beim Umsetzen kann man ein bis eineinhalb Kilogramm kohlensauren Kalk, Algenmehl, Dolomitmehl oder eine andere gelöschte Kalkart (nie Ätzkalk!) dazugeben, um die Salpeter schaffenden und Zellulose zersetzenden Bakterien, Aktinomyzeten und die Regenwürmer zu unterstützen sowie die organischen Säuren zu binden. Wenn man in diesem Stadium kalkt, ist auch weniger die Gefahr eines Stickstoffverlustes vorhanden. Wie wir schon gesehen haben, nehmen die Regenwürmer die durch Pilze vorverdauten Pflanzenreste auf, und mit Hilfe von Kalk und Ton bauen sie die Ton-Humus-Komplexe auf.
Das dritte Stadium, die Reife des Kompostes, ist das Nitratbakterien- oder Salpeterstadium. Dieses ist erreicht, wenn die Regenwürmer sich wieder aus dem Komposthaufen zurückziehen und die Miete zu lockerem, duftendem, reifem Dauerhumus geworden ist. Der Dauerhumus ist durch Ton-Humus-Komplexe charakterisiert, die wie ein Magnet die Kationen (Ca, NH3, Mg, K, Na usw.) anziehen und festhalten. Aber auch die Anionen (Phosphate, Nitrate und Sulfate) sind durch diese Makromoleküle sicher vor Auswaschung und Zerfall. Metallisch glänzende Laufkäfer (Carabidae), die Schnecken und Insektenlarven jagen, Aas fressende Kurzflügler (Staphylinidae), Tausendfüßler, Spinnen und anderes Kleingetier siedelt sich nun im fertigen Kompost an. Für keimende Samen, Jungpflanzen und für das Wurzelgemüse ist es besonders wichtig, eine reife Humuserde mit Stickstoffverbindungen in Form von Salpeter und Nitraten zu haben. Hierfür nimmt man die fertige Erde aus dem dritten Stadium. Für die Kopfdüngung der Starkzehrer – Tomaten, Kohl, Mais, Abelmosch, Gurken und alle Kürbisarten – kann man den Kompost schon im zweiten Stadium verwenden.
Wie schnell ein Kompost diese drei Lebensstufen durchmacht, hängt von seiner Zusammensetzung und von äußeren Umständen wie Wetter, Luftfeuchtigkeit und Temperatur ab. Ein Schnellkompost nach dem Verfahren der »Miss Bruce Quick Return Method« oder der »University of California Method« kann unter idealen Bedingungen in zwei bis drei Wochen fertig sein (Rodale 1975: 90). Man häckselt und zerfetzt die Ausgangsstoffe feinstmöglich, um den Bakterien die größtmögliche Fläche zu schaffen. Man hält das C-N-Verhältnis im engen Bereich, indem man die Materialien mit Blutmehl, Sickersaft, Jauche oder Fischmehl anreichert, und benutzt Ätzkalk, um die Reaktionen zu beschleunigen. Die Feuchtigkeit muss genau stimmen, und der Haufen muss öfter umgesetzt werden, um den Sauerstoff hineinzubekommen.
Eigentlich macht der Schnellkompost schon beim zweiten Stadium Halt. Ein Dauerhumus mit Ton-Humus-Bestandteilen, der über Jahre hinweg nachhaltig düngt, wird dabei nicht geschaffen. Solcher Schnellkompost ist sehr symptomatisch für unsere chaotische, schnelllebige Zeit, wo alles sofort zur Hand sein muss. Ein normaler Kompost hingegen braucht bis zu einem Jahr, bis das dritte Stadium erreicht ist. Wer die Geduld hat zu warten, hat dann auch einen Dauerhumus, der den Gemüsepflanzen nicht nur kurzfristig Nährstoffe liefert, sondern dem Boden die gewünschte Lebendigkeit und Aufgeschlossenheit für kosmische Einwirkungen verleiht, der Wasser für die Pflanzen bereithält, die Säurereaktionen puffert, den Boden besser erwärmt, zu besserer Samenkeimung führt und den Vitamin-, Zucker-, Eiweiß-, Gluten- und Karotingehalt der Nahrungspflanzen erhöht. Dauerhumus gibt den fruchtbarkeitsfördernden Bodentierchen eine Heimat und verleiht den Pflanzen gleichmäßigeres Wachstum und Schädlingsresistenz.
In einem Zeitalter, in dem sechzig Prozent der Humusreserven der Erde innerhalb von einem Jahrhundert verloren gegangen sind, kann man nicht genug auf die zentrale Rolle der Humuspflege und Kompostierung aufmerksam machen. Mit der Energieverknappung wird der Kunstdünger irgendwann notwendigerweise teurer werden. Daher ist es zeitgemäß, sich mit der Kunst und Wissenschaft der Kompostierung zu befassen.
Menschliche Exkremente werden in der Landwirtschaft Asiens, Mittelamerikas und Afrikas als Dünger genutzt. In China wird jedes Häuflein gesammelt und in gesonderten Gruben vergoren oder in trockenen Klimazonen ausgetrocknet, pulverisiert und dann in den Erd- und Pflanzenkompost gestäubt. In vielen Städten Ostasiens werden Fäkalien an Händler verkauft, die sie dann den Bauern weiterverkaufen. Bauern stellen kleine Klos an den Straßenrändern auf in der Hoffnung, dass ein Reisender sie mit seinem Stuhl beglückt (King 1933: 19). Meistens werden die Fäkalien anaerob vergoren und dann bei Regenwetter in Eimern auf die Felder getragen.
Auch im Abendland hat man menschliche Ausscheidungen in großen Faulschlammbehältern oder Güllegruben gesammelt und den vergorenen Inhalt im nassen Herbst oder im Winter mit dem Güllewagen auf den Acker gefahren. Die amerikanischen Siedler haben oft, wenn ein Abort gefüllt war, das Loch mit Erde gefüllt und einen Obstbaum hineingepflanzt, dem die mineralienreichen Abortprodukte zugute kamen. Mit dem Entstehen der Industriegroßstädte wurde das Ausbringen der Abwässer ein immer größeres Problem. Als dann L. Pasteur und Robert Koch die Anwesenheit mikrobieller Krankheitserreger – Typhus, Cholora, Salmonellen, Ruhr usw. – im Stuhl nachwiesen, ging man allgemein auf das sanitäre Wasserspülklosett über. Seither werden im abendländischen Kulturkreis Milliarden von Tonnen nährstoffreicher Materie geklärt oder in die Flüsse und Meere gespült, während man in der Landwirtschaft immer mehr zu den »sauberen« Kunstdüngern greift. Nach F. H. King werden pro Million Einwohner jährlich 5794300 Pfund Stickstoff, 775 600 Pfund Phosphor und 1 825000 Pfund Kali neben anderen Mineralien wie Kalk oder Magnesium in die Meere gespült (King 1933: 257).
Ein Bauer oder Gärtner braucht nicht auf diese Nährstoffquellen zu verzichten. Er braucht auch nicht die Gefahr von Krankheitskeimen und Wurminfizierung zu fürchten, wenn er sorgfältig, die ökologischen Kreisläufe und die besonderen Regeln beachtend, verfährt. Obwohl die »offiziellen« biologisch-dynamischen Bauern und Gärtner die Verwendung von Abortprodukten ablehnen, sollten diese doch mit in den geschlossenen Kreislauf des Betriebsorganismus einbezogen werden. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg riet Rudolf Steiner vom Gebrauch der Fäkalien in der Düngung ab. Um die Ernährung zu sichern, hatte man in der damaligen Krisenzeit die Felder um Großstädte wie Berlin mit Abwässern berieselt. Es stank fürchterlich, brachte hygienische Probleme mit sich und beeinträchtigte natürlich den Geschmack der Gemüse. Kaum ein Tier verträgt Pflanzen, die auf dem eigenen Mist gewachsen sind. Man kann beobachten, dass Kühe gerne die Geilwuchsstellen beim Pferdemist fressen und umgekehrt die Pferde gerne die saftigen Grasbüschel um die alten Kuhfladen auf der Weide, aber das Gras beim eigenen Mist lassen sie stehen. Es müssen also ein oder mehrere andere Organismen zwischen die eigenen Abfälle und die zu genießende Pflanze zwischengeschaltet werden. Je differenzierter der Kreislauf, um so besser ist es. In kleineren landwirtschaftlichen Betrieben geht es gerade noch, dass man den Abort in die Stalljauche ablässt, diese zusammen vergären lässt und sie dann als Gülle oder »Pschütte« zum Düngen der Weiden und Felder nimmt. Arthur Hermes benutzte zwei Sammelbecken. Während sich das eine langsam füllte, ließ er das volle unter Zusatz von Kräuterpräparaten, Brennnesselkraut und Schneeschmelzwasser vergären. Im Findhorngarten wurde sogar der Nachttopf direkt mit Stroh in den Kompost geschüttet, anscheinend ohne Probleme damit zu haben (Findhorn Community 1975: 15). John Todd (New Alchemy Institute) hat für den Biogarten einen längeren biologischen Kreislauf entwickelt, der über mehrere Becken läuft. Algen und Wasserpflanzen ernähren sich zuerst von den Abwässern, Wasserinsekten leben von den Algen, diese werden wiederum von Fischen gefressen, die Fische den Hühnern verfüttert, und mit Brathühnchen und Eiern schließt sich der Kreislauf wieder (Todd 1976: 272). Eine weitere Möglichkeit ist die Gewinnung von Biogas (Faulgas, Methan) durch Vergärung der Fäkalien unter Sauerstoffabschluss und Beimengung von Brandkalk. Die verschiedenen Kompostierungsklosetts lassen sich ebenfalls in die geschlossenen Kreisläufe eines Gartenorganismus einpassen (Golueke 1977: 106).
32 Nachdem die Schafherden durch Agrarchemie ersetzt wurden, gingen die Pfefferminzstauden allmählich ein, so dass der plantagenmäßige Anbau der Lippenblütler in Oregon aufgegeben werden musste.
33 In den USA, die weltweit den grössten Rindfleischkonsum pro Kopf aufweisen, wird rund 70% des Getreides an Rinder verfüttert (Launer 1996: 58).
34 Die Küsten Perus, Indiens und anderer armer Länder werden stark überfischt. Nur so können die bitterarmen Fischer ihren Lebensunterhalt verdienen. Futtermittelhersteller aus den Industrieländern kaufen getrocknete Sardinen und kleine Fische auf und verarbeiten sie zu Kraftfutterzusätzen, obwohl die Bevölkerung vor Ort an Proteinmangel und Unterernährung leidet.
35 Das leistungssteigernde, eiweißreiche Kraftfutter erzeugt beim Abbau ungesunde Metaboliten, die das Rind schnell ausscheiden will. Der natürlicherweise langsame Verdauungsprozess wird drastisch beschleunigt, bis hin zum Durchfall (Remer 1968: 70). Gipfel der Perversion ist natürllich die Verfütterung von Mastfutter, das mit Aromastoffen kaschierte, eiweißreiche Schlachtabfälle enthält. Schon 1917, als man kriegsbedingt derartige Futtermittel in Erwägung zog, prophezeihte Rudolf Steiner, dass dadurch die Rinder wahnsinnig werden würden. Keine Lichtbotschaften aus dem Kosmos, sondern Botschaften des Todes und der Verwesung entschlüsseln die Rinder dann im Verdauungsprozess. BSE ist die Folge. Auch wenn Wissenschaftler Prionen als Ursache des bovinen Hirnschwamms ausmachen, ist menschliche Gier und Lieblosigkeit die Ursache. Alles was der Mensch seinen Mitgeschöpfen antut, wird auf ihn zurückkommen.