WIND UND WETTER: DIE ATMOSPHÄRISCHEN FAKTOREN

Sonnenschein und Regen.

Bringt dem Gärtner Segen.

Klima und Wetter vermitteln zwischen der großen Polarität von Erde und Kosmos. Die für den Garten so wichtigen ausgleichenden und verbindenden »merkurialen« Faktoren sind die folgenden:

–  Feuchtigkeit: Luftfeuchtigkeit, Regen, Hagel, Schnee, Tau- und Nebelbildung und wie lange der Schnee den Boden bedeckt hält.

–  Winde: Windstärke, Richtung, jahreszeitliche Veränderungen (z. B. Bise, Föhn, Schirocco usw.) und kleine lokale Winde wie der Abendoder der Talwind.

–  Luftdruck: der Wechsel im Wetterglas.

–  Lichtklima: relatives Verhältnis der bewölkten Tage gegenüber klaren Tagen. Winkel der Sonneneinstrahlung, Tageslängen, Schattenfall von Bäumen, Häusern, Hügeln oder Mauern.

–  Temperatur: Durchschnittstemperaturen, Tages- und Nachtextreme, jahreszeitliche Temperaturkurven, Frost und Kaltwetterperioden.

Jeder dieser Faktoren spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie gut ein Garten gedeiht, denn sie bestimmen mit, wann es günstig ist zu säen, zu pflanzen, zu pflegen oder zu ernten, wann die Gefahr des Mehltau-, Pilz- oder Schädlingsbefalls vorhanden ist und was schließlich die Qualität und Quantität der Ernte betrifft. Nicht nur im Gefühl sollte der Gärtner dies haben, sondern er sollte sorgfältig Tag für Tag die Angaben in seinem Gartentagebuch festhalten.

Um genauere Angaben zu erhalten, kann man mit einfachen Messinstrumenten eine Gartenwetterwarte einrichten. Dazu gehört ein Thermometer, mit dem man früh, mittags und abends in der Sonne und im Schatten Messungen macht, eine Wetterfahne auf dem Dach, die die Windrichtung angibt, ein Hygrometer, das die Luftfeuchtigkeit anzeigt, ein einfaches Anemometer – eine Art Windmühle mit Umlaufzähler –, das die Windgeschwindigkeit angibt, ein Wetterglas (Barometer), um den Hoch- und Tiefdruck der Luft zu messen, und ein kalibriertes Glas zum Messen der Niederschlagsmengen. Diese Instrumente sind alle leicht selber zu machen oder billig zu kaufen. Das Hygrometer ist manchem vielleicht noch als Wetterhäuschen bekannt, aus dem bei schönem Wetter Hänsel und Gretel hervortreten und bei schlechtem Wetter die Hexe erscheint. Ein hängendes Haar mit einem Zeiger daran oder ein Stück Seil, das sich je nach Luftfeuchtigkeit fester oder lockerer windet, stellen geeignete einfache Hygrometer dar. Der Wetterfrosch im Glas kann das auch, aber sicher ist er glücklicher, wenn man ihn im Teich lässt.

Die so gemessenen Angaben kommen zusammen mit astronomischen Feststellungen über Sonnen- und Mondpositionen, den Ort am Horizont, wo die Sonne auf- und untergeht, sowie den Winkel der Sonneneinstrahlung und des Schattenfalls über die Beete in das Gartentagebuch, neben den üblichen Eintragungen über Kompostierung, Arbeitsgänge, Düngung und Fruchtfolgen. Nach einigen Jahren wird solch ein Tagebuch zur zuverlässigen Grundlage einer Wetter- und Erntevorhersage für die betreffende Gegend.

Wettervorhersage

Den Rundfunk- und Fernsehwetterbericht kann man sich ersparen. Anstatt vor dem elektronischen Orakel zu sitzen, kann man durch direkte Beobachtung der Natur zu den notwendigen Schlüssen kommen, die für die örtliche Lage stimmen. Dabei sind die Aussagen der alten Leute und auch die regionalen Bauernregeln eine große Hilfe. Durchziehende Wetterfronten kündigen sich entweder in alten Wunden an oder daran, dass das Vieh besonders unruhig ist. Pflanzen und die niederen Tiere wie die Insekten, die ganz in die makrokosmischen Launen eingespannt sind, können das Wetter anzeigen, wenn man sie genau beobachtet. Wenn das Wetter gut bleibt, tanzen die Mücken, die Schwalben fliegen hoch, die Hängespinnen machen lange Fäden, die Ameisen haben ihre Gänge offen, und die Spinnen bilden feine Netze. Wenn das Wetter umschlägt, dann fliegen die Schwalben tief, die Bienen, Mücken und »Gewittertierchen« werden stechlustiger, die Ameisen knistern aufgeregt, eilen zum Bau zurück und schließen ihre Gänge, die Fichtenwälder nehmen ein düsteres Aussehen an, die Jauchegruben beginnen zu stinken, der Rauch will nicht zum Schornstein hinaus, die Schnecken kriechen ungeniert tagsüber auf den Blättern herum und die Rehe treten gerne aus dem Wald.

Auch die rein atmosphärischen Erscheinungen lassen brauchbare Schlüsse zu. Einige Quellwolken (Kumulus) am blauen Himmel bedeuten, dass das Wetter schön bleibt. Schäfchenwolken (Zirrokumulus) dagegen sind Vorboten von Regenwetter: »Wenn die Engel Brot backen, regnet es am nächsten Tag.« Abendrot verheißt meistens schönes Wetter am nächsten Tag; Morgenrot hingegen ist ein Zeichen, dass es regnen wird. Es heißt: »Morgenregen wie Weiberweh hält nicht lange an«; Regen am Nachmittag hält jedoch oft lange an. Morgentau bedeutet einen schönen Tag, denn »Tau hält den Himmel blau«. Wenn die Sonne oder der Mond einen Hof haben, bedeutet das oft feuchtes Wetter in den folgenden Tagen. Wie alles, was nicht im physikalischen Labor geschieht, sind diese Regeln nicht hundertprozentig sicher. Wer an verschiedenen Orten gegärtnert hat, weiss, dass jeder Ort seine Wettereigentümlichkeiten hat. Das trifft besonders auf Winde und Fröste zu.

Auch weitreichende Vorhersagen lassen sich durch Naturbeobachtungen machen. Im Jura kann man anhand der Schneemenge, die im Winter auf den Gipfeln liegt, vorhersagen, ob die Quellen im Sommer genügend Wasser haben werden oder ob man mit dem Wasser haushalten muss. Andererseits bedeutet viel Schnee auf den Höhen, dass die Nachtfröste bis weit in den Frühling hinein reichen werden. Wenn die Bienen eine große Brut aufziehen, kann man auf ein gutes Jahr schließen; in einem Sonnenfleckenjahr, das durch unbeständiges Wetter gekennzeichnet ist, haben die Bienen eine geringe Brut. Wenn die Ameisen im Sommer ihre Haufen stark ausbauen und höher machen und wenn die Zwiebeln dicke Schalen bilden, kann man einen strengen Winter erwarten. Wenn die braunen Markierungen der haarigen Bärenspinnerraupen (Arctiidae) stärker hervortreten als die schwarzen, wird der Winter mild, wenn die schwarzen Streifen breit sind, wird der Winter lang. Eine alte Bauernregel sagt einen nassen oder trockenen Sommer voraus:

»Grünt die Eiche vor der Esche,

Bringt der Sommer große Wäsche.

Grünt die Esche vor der Eiche,

Bringt der Sommer eine Bleiche.«

Gartenarbeitskalender

Einen Gartenkalender mit feststehenden Terminen kann es nicht geben, denn jedes Gebiet hat seine Eigentümlichkeiten. In den Höhenlagen kommt der Frühling später, in der Nähe eines Sees bleibt die Temperatur ausgeglichener und so weiter. Anstatt sich an einen abstrakten Kalender zu binden, befrage man wieder die Natur nach ihren Zeichen. Der Frühling erscheint immer in ganz bestimmten Schritten. Vom Kosmos bedingt, beginnt Mitte Februar der Saftfluss in den Bäumen; bis dahin muss man mit dem Schnitt der Beerensträucher und Obstbäume fertig sein. Langsam merkt man, wie die Tage länger werden, wie Haselnuss, Schneeglöckchen und Himmelschlüsselchen zu blühen und Moose zu grünen beginnen. Nun kann man auch die ersten Aussaaten in das Mistbeet machen. Wenn die Beete trocken genug sind, kann man die Bodenbedeckung wegkratzen und die der Kälte trotzenden Pferdebohnen, Pastinaken, Karotten, Zwiebeln, Schalerbsen und Schwarzwurzeln säen und Topinambur stecken. Bald blühen auch die Weiden, die Brennnesseln ergrünen, und dann folgen nacheinander Scharbockskraut, Wiesenschaumkraut, Löwenzahn und schließlich Wiesenkerbel. Wenn der Schwarzdorn blüht, kann man unter Folie oder Glas Lauch, Salat, und die verschiedenen Kohlarten im Saatbeet aussäen und die Obstbäume pfropfen. Da der Boden noch kalt ist, besteht trotz der wärmeren Tage noch Frostgefahr. Erst wenn der Kuckuck ruft, die Schwalben gekommen sind, das Wiesel sich wieder braun gefärbt hat, die kleinen Spinnen aus ihren Hüllen ausgebrochen sind und die Esche blüht, braucht man keinen Frost mehr zu befürchten und darf die wärmeliebenden Tomaten, Gurken, Mais, Paprika, Eierpflanzen und Bohnen aussetzen. Oft ist das, nachdem die Eisheiligen (12. bis 14. Mai) oder die »kalte Sophie« (15. Mai) den letzten Kälteschub gebracht haben. Solche Zeichen begleiten das gesamte Gartenjahr.

Wenn im Sommer das Johanniskraut abgeblüht ist, ist dies ein Zeichen, dass die Folgesaat von Buschbohnen, Salat, Karotten, Grünkohl oder Wirsingkohl gesät werden muss. Ebenso begleitet die Herbstflora Schritt für Schritt die Gartenarbeiten im Herbst, bis dann die Wandervögel, die Gänse aus dem hohen Norden, in ihrem Überflug die ersten Kältewellen ankündigen. Da es sich um einen lebendigen Kreislauf handelt, ist es schwer, allgemeine Aussagen zu machen; man muss sich im Laufe der Jahre in diese Natursprache einleben.

Magische Wetterbeeinflussung

Günstiges Wetter ist eine dermaßen lebenswichtige Angelegenheit, dass alle Landwirtschaft betreibenden Völker versuchten, die Launen der makrokosmischen Wesen, die das Wetter bestimmen, zu beeinflussen. Bei den nordischen Völkern bat man den rothaarigen Bauernfreund Thor (Donar), die Eis- und Frostriesen mit seinem Hammer aus dem Lande zu jagen; wenn es zu trocken wurde, betrieben nackte Mädchen Regenzauber mit dem Bilsenkraut (Storl 2000c: 74); man wusste, dass die gute Frau Holle die Wintersaat mit Schnee sanft und schützend zudeckte und den Acker fruchtbar machte, wenn sie ihre Federbetten ausschüttelte oder ihre Gänse rupfte. Bei den Griechen war es Zeus, der Donner, Blitz und Regenwolken brachte. Iris folgte ihm oft mit dem Regenbogen, während auf dem Meer Nereus im Sturm seine Launen fahren ließ. Die vier Winde, Zephir, der milde, nasse Westwind, Boreas, der kalte Nordwind, Notos, der heiße, trockene Südwind, und Apelides, der kalte, trockene Ostwind, konnten vom Zauberer und Theurgen aufgerufen werden. Es besteht eine Entsprechung zwischen den Winden im Mikrokosmos und jenen im Makrokosmos. Da nach dem Grundsatz der homöopathischen Magie (Sympathiezauber) Gleiches auf Gleiches wirkt, konnten die Zauberer durch Pusten und Schnaufen die Winde herbeirufen.

Die altheidnischen Zauberer und Hexen besaßen Techniken, um mit den Elementarwesen und Wolkengeistern zu kommunzieren. Zum Wohl der Gemeinde konnten sie mit Ritual, Opfer oder Gebeten das Wetter bewegen. In Märchen und Sage erinnert man sich noch heute an die Hagelannen, Schauerbrüterinnen oder Wolkenschieberinnen, die wie die Hexen in Shakespeares »Macbeth« in ihren brodelnden Töpfen das Wetter brauten.

Ethnografische Forschungen belegen die Universalität dieser Praktiken. In Dürrezeiten zieht sich der Medizinmann schwarz wie die Regenwolken an, trommelt und tanzt, den Platzregen nachahmend.31 Anderswo singt und tanzt die Gemeinschaft, splitternackt oder in grüne Blätter gekleidet, den Regen herbei, man spritzt Wasser oder Blut auf die Erde. Bei den Azteken wurden kleine Kinder dem Regengott Tlaloc geopfert, damit sein Regen, wie die Tränen der Kinder, den staubigen Boden befeuchten möge. In Oregon konnte ich moderne Amerikaner beobachten, die während einer lang anhaltenden Dürreperiode (1977) vollen Ernstes einen Regentanz nach indianischem Muster aufführten, als der zunehmende Mond in das Wasserzeichen Fische wanderte. Entgegen der offiziellen Wetterprognose regnete es tatsächlich am nächsten Tag. Auch die Christen versuchten mit dem Wetterläuten der Kirchglocken, mit Wetterkerzen und dem Singen bestimmter Lieder das Wetter zu besänftigen. Christus, der den Sturm auf dem See von Genezareth ebenso wie die Angst seiner Jünger zu beruhigen wusste, wird in Liedern als der Herr Elemente angefleht.

Um den Regen zu unterbrechen, nimmt man das entgegengesetzte Element zur Hilfe. Man wirft brennende Fackeln in die Luft, zündet ein Feuer an oder singt wie der Elementarmusiker Thomas Eberle Lieder an Surya, den Sonnengott. Mehrfach wurde ich Zeuge, wie sein Gesang und Getrommel die Wolken öffnete, den Sonnenschein hindurchließ, während es rundherum munter weiterregnete.

Für viele Zeitgenossen ist dies wenn nicht reiner Aberglaube so doch zumindest interessante Folklore, ein Zeichen des prälogischen, vorwissenschaftlichen Denkens, der Versuch, die Ungewissheit und Angst durch eine an und für sich unsinnige Handlung zu beheben. Die naturwissenschaftliche Schlussfolgerung ist, dass man es mit einem rein physikalischen Vorgang zu tun hat, der sich nicht auf diese Weise beeinflussen lässt. Wenn man jedoch andererseits zugeben kann, dass Denken und Wollen genauso ein reales Sein haben wie die Materie, obwohl nicht so physisch konkret, dann kann man sich auch vorstellen, dass zwischen dem seelischen Zustand, den Hoffnungen und Wünschen der Menschen, und dem äußeren Naturgeschehen ein Zusammenhang bestehen könnte. Wahrscheinlich wusste man zu der Zeit, bevor der abstrakte Intellekt im Menschen die Herrschaft übernahm, wie man geistig-seelische Energien zielgerecht leitet und wie Gebete, Lieder und Tänze die Naturenergien, Wolkengeister oder Elementarwesen in Bewegung setzen können. Nach Arthur Hermes gibt es Beziehungen zwischen den Stürmen der Leidenschaft, die sich im Volk zuspitzen, und den Stürmen in der Natur. Wahrscheinlich vibrieren die heißen und kalten Temperamente und die Launen der menschlichen Kollektive bis in die ätherischen Bereiche hinein. Waren nicht die kalten Sommer nach den beiden Weltkriegen eine Spiegelung des Völkerhasses? Gotthelf beschreibt, wie Hagel »zufällig« das Feld des kaltherzigen, geizigen Bauern vernichtet (Gotthelf 1978). Bei wem schlägt der Blitz ein? Warum ist das Wetter in den letzten Jahrzehnten, wie uns die Alten bestätigen, so unbeständig geworden?

Das Kleinklima: Licht und Wärme

Auch wenn wir das Wissen um die Rituale, die die große Wetterlage beeinflussen, verloren haben, kann jeder Gärtner doch vieles tun, um das Kleinklima, das Mikroklima, durch eine Reihe von Maßnahmen günstig zu gestalten.

Ein sonniger Gartenplatz ist am besten, denn durch Licht und Wärme werden die Photosynthese und das Fruchten und Reifen gefördert. Gemüse, die an schattigen Orten wachsen, haben weniger Zucker, Stärke und Geschmack, halten sich nicht lange und sind gegen Schädlinge anfälliger. Man muss also wissen, wo die Sonne im Jahres- und Tageslauf ihren Schatten über den Acker wirft und wo die Schatten der Gebäude, Bäume und Hügel hinfallen. Die wärmeliebenden Pflanzen gehören in den sonnigsten Teil des Gartens. Wenn man seinen Garten an einem Hang anlegt, muss man wissen, dass die Sonneneinstrahlung bei einem Winkel von 90° viel intensiver ist als bei einem von 45°. Der Südwesthang ist am trockensten und am heißesten; der Osthang ist kühler, weil der Morgentau erst wegtrockenen muss, ehe eine Erwärmung stattfindet; die Nordostseite (Schattenseite) ist immer am feuchtesten und am kühlsten.

Im Frühling bleibt der Hanggarten etwas wärmer als der Talgarten, denn die kühle Luft bewegt sich nachts hangabwärts, daher sind die Fröste auch im Tal verheerender. Ein dunkler Humusboden nimmt schneller Wärme auf und hält sie länger als ein reflektierender, heller Boden. Bei Spalierbäumen jedoch nutzt man eine helle Hauswand, die das Licht und die Wärme zurückstrahlt, um besonders süße Früchte zu ernten. Beim Wein, wo es auf diese Rückstrahlung ankommt, lässt man die Reben nicht hoch wachsen, sondern befestigt sie nahe beim Boden, wo die ausgestrahlte Wärme der Traubenzuckerbildung zugute kommt.

Sonneneinstrahlung und Mikroklima.

Nachtfröste

Im Vorfrühling, wenn die Tagestemperaturen schon angenehm warm sind, aber der Boden noch kalt, strahlt die Erde die geringe, tagsüber aufgenommene Wärme rasch ab. Besonders wenn der Nachthimmel klar und wolkenfrei ist, kondensiert sich die Luft bei der Abkühlung als Raureif auf den jungen, zarten Blättchen. Von den höheren Lagen fließt langsam und zäh die Kaltluft und staut sich in den Senken. Der Gärtner hat darauf zu achten, dass sich diese Luft nicht in seinem Garten festsetzt. Schon weniger als ein Meter macht einen Unterschied aus. Er kann entweder mit einer Hecke oder einem Wall die Kaltluft oberhalb des Gartens abfangen oder ihr durch das Öffnen einiger Schneisen unterhalb des Gartens den Weiterfluss erlauben.

Da feuchte Luft die Wärme zurückhält und sie vier- bis fünfmal weniger leicht wieder abgibt als trockene Luft, ist ein Wald, See oder Teich in der Nähe des Gartens ein wirksamer Schutz gegen Wärmeverlust. Feuchtere Böden, obwohl es länger dauert, bis sie aufwärmen, halten die Bodenwärme länger als trockene Böden, daher sollte man nicht zu zeitig im Frühling schon hacken und kultivieren oder das Beet mit trockenem Mulch abdecken. Man warte lieber, bis die Frostgefahr geringer ist.

Frostgefahr besteht besonders, nachdem eine Kaltfront vorbeigezogen, der Himmel klar, die Luft windstill und trocken und der Boden kalt ist. Dann kann man förmlich den Frost daherfließen sehen, hier und da aufsetzend, wie die Fußstapfen des Eisriesen aus der Sage. Wenn der Himmel hingegen mit Wolken bedeckt ist, verstrahlt die Wärme nicht so leicht. Eine künstliche Wolkendecke richtet man mit einer Plastikfolie über dem Beet ein. In größeren Obstplantagen erreicht man Ähnliches mit einem Rauchfeuer.

Kurz vor Sonnenaufgang, in den kältesten Stunden trampelt Jack Frost, wie man den Frostriesen in England nennt, durch den Garten. Man kann ihn überlisten, indem man die Beregnungsanlage während dieser Zeit anstellt. Solange frisches Wasser über die Blätter rieselt, fällt deren Temperatur nie unter den Gefrierpunkt. Im Spätherbst findet sich Jack Frost dann wieder ein. Dann kann man mit Plastiktunneln und dem Besprühen der Pflanzen mit einem Baldrianpräparat die Saison um einige Wochen verlängern.

Winde und Lüfte

Der Gärtner sollte die Winde, ihre Richtung und Stärke genau kennen. Er sollte wissen, welcher Wind Wärme, Regen oder Kälte bringt.

Jeder Wind, der über die Beete fegt, kühlt und trocknet den Boden aus und bläst die Kohlensäure weg, die die Pflanzen zur Photosynthese brauchen. Kohlendioxid (CO2), das etwas schwerer ist als die gewöhnliche Luft, wird von den Bodenorganismen ausgeatmet und durch die Spaltöffnungen an der Unterseite der Blätter wieder eingeatmet. Ein Garten, der durch Hecken, Büsche oder mit Reisig geflochtene Zäune geschützt ist, ergibt im Durchschnitt zehn Prozent höhere Ernteerträge, und die Pflanzen sind ungefähr eine Woche weiter in ihrer Entwicklung als in ungeschützten Lagen (Schwarze 1980: 18). Eine zwei Meter hohe Hecke hält den Wind noch auf hundert Meter Abstand vom Boden ab und hält die Bodentemperatur im Frühling zwei Grad höher als an einem ungeschützten Ort (Pfeiffer 1977: 145).

In Hecken sammeln sich nicht Schädlinge, wie mitunter behauptet wird, sondern sie gewähren nützlichen Tieren wie Laufkäfern, Kröten, Blindschleichen, Spitzmäusen, Igeln, Vögeln und Wieseln, die die Feldmäuse vertilgen, Unterschlupf. Eine Hecke kann außerdem Nüsse, Beeren und Wildfrüchte liefern, Bienenstöcke schützen; Tomaten- und Bohnenstangen können herausgeschnitten werden, Reisig für das Feuer und Laubheu für das Vieh können gewonnen werden. Wenn man die Hecke beschneidet, wird sie im folgenden Jahr dichter. Ehe eine Hecke herangezogen ist, kann man sich mit dem Anpflanzen eines Schutzstreifens aus Mais, Topinambur, Erbsen oder Hanf in den Randbeeten behelfen. Leider ist ein solcher Schutzstreifen im Frühling noch nicht hoch genug, wenn man ihn am dringendsten braucht. Hecken sind winddurchlässig, aber sie verlangsamen die Windgeschwindigkeit. Mauern und undurchlässige Barrieren verursachen Wirbel und Turbulenzen, die in den Beeten verheerend wirken können.

Wasser

Der Gärtner muss die Witterungsverhältnisse und die Eigenschaften seines Bodens genau kennen, um mit dem Wasserhaushalt vernünftig umgehen zu können. In einem mediterranen Klima, wo es im Sommer kaum regnet, hat man andere Regeln zu befolgen als im Gebirge oder im Norden, wo es fast jede Woche regnet. Ein wasserdurchlässiger Moräne- oder Sandboden ist anders zu behandeln als ein guter Humusboden, der das Wasser wie ein Schwamm hält. Auf moorigen und marschigen Böden kann man Entwässerungsgräben ziehen oder Dränagerohre legen, einen wassersammelnden Teich anlegen, in dem auch Fische, Frösche und Enten gedeihen, oder Hügelkulturen machen, die die Pflanzen auf ein etwas höheres Niveau heben.

Folgende Bewässerungsregeln sind im Allgemeinen gültig, obwohl sie in den trockeneren Klimaverhältnissen Genfs und Oregons ausgearbeitet wurden. Die Wassernutzung kann durch diese Maßnahmen optimal gestaltet werden:

–  Tiefbeetkultur lockert den Boden bis zu einen halben Meter tief und erlaubt den Jungpflanzen, ihre Wurzeln schnell in die feuchten Tiefen zu senken. Der gelockerte Boden unterbricht die Kapillarbewegung des Wassers nach oben. Die Krümel unterbinden den Kontakt der Wassermoleküle miteinander und verhindern so eine übermäßige Verdunstung.

–  Die Ton-Humus-Komplexe des Kompostes halten das Wasser wie ein Schwamm, der sechsmal sein Eigengewicht und 800 bis 900 Prozent mehr Wasser halten kann als Sand. Die elektrostatische Anziehungskraft des Humuspolymers hält eine viermolekulare Wasserschicht, die vor Verdunstungssog und Schwerkraftsog gefeit ist, aber von den Wurzeln durstiger Pflanzen aufgenommen werden kann. Pflanzen in mageren Böden verbrauchen größere Mengen Wasser, da sie mehr Flüssigkeit verdunsten müssen, um die gleiche Menge gelöster Substanzen für ihren Stoffwechsel zu bekommen. In einer Trockenzeit kann man ohne weiteres erkennen, wo mit Humus gewirtschaftet wird. Kompostböden haben Wasser und Nährstoffe auf Vorrat.

–  Bodenbedeckung verhindert Verdunstung. Es ist, als ob sich eine Wolkendecke auf den Boden gelegt hätte. Gewöhnliches Laub und Unkrautmulch senken die Verdunstung auf 50 Prozent, während bei hellem Stroh, das auch die Wärme zurückstrahlt, 70 Prozent weniger Wasser an die Luft abgegeben wird.

–  Hecken und Windschutzstreifen verringern den Wasserverlust.

–  Auch das sachgemäße Gießen muss gelernt sein. Viele Leute »verwöhnen« ihre Pflanzen, indem sie jeden Tag ein bisschen sprengen oder gießen. Am nächsten Nachmittag sehen die Zöglinge schon wieder welk aus und warten auf ihre Brause. Solche Pflanzen sind verwöhnt! Da nie durchgehend und gründlich gegossen wird, wurzeln die Pflanzen nur oberflächlich. Sobald die Oberfläche trocken ist, sehen sie wieder welk und matt aus. Es ist besser, einmal alle zwei oder drei Wochen gründlich zu wässern und dann sofort, um Verdunstung und Verkrustung zu verhindern, den Boden mit Mulch zu bedecken oder die Oberfläche zu hacken, als sie täglich ein bisschen anzufeuchten.

Die Pflanzen sollen nie zur heißen Mittags- oder Nachmittagszeit gesprengt werden. Sie sind zu dieser Zeit gar nicht auf ein plötzliches kaltes Bad eingestellt und erleiden einen Schock, der zu Wachstumshemmungen führt. Wir werden sehen, dass es immer zu Schädlingsund Pilzbefall kommt, wenn eine Pflanze erschreckt wird und das ihr gemäße Wachstum ins Stocken gerät. Um sich vor übermäßiger Transpiration zu schützen, lassen einige Pflanzen, wie die Bohnen und Kürbisse, am Nachmittag die Blätter hängen. Das ist noch lange kein Zeichen, dass sie Durst haben. Man muss in den Boden hineingreifen, um sich zu vergewissern, ob noch Feuchtigkeit vorhanden ist. Bis in die untere Wurzelzone hinein soll sich der Boden so feucht anfühlen wie ein ausgewrungener Schwamm. Am frühen Morgen, wenn die Pflanzen noch taufrisch sind, am kühlen Abend oder wenn es gerade regnet und die Pflanzen auf einen Wasserguss eingestellt sind, kann man bewässern.

Pflanzen, die es kühler lieben und denen die Luftfeuchtigkeit zusagt, wie Kohlsorten, Kartoffeln und Wurzelgemüse, gedeihen gut mit einer Beregnungsanlage, die das Wasser regenartig von oben herab auf die Pflanzen fallen lässt. Die dadurch erhöhte Luftfeuchtigkeit im Kleinklima kommt den Gewächsen im Allgemeinen zugute. Wärmeliebende Pflanzen wie Bohnen, Tomaten, Aubergine, Paprika oder Okra vertragen keine nasse Haut; bei ihnen ist es besser, Bodenbewässerungsanlagen wie perforierte Schläuche anzuwenden.

Wasser ist nicht gleich Wasser. Es gibt Qualitätsunterschiede, die bei den Pflanzen unterschiedliche Wirkungen hervorrufen. Am allerbesten ist das »weiche«, lebendige Regenwasser, besonders um die Vollmondperiode. Man kann nicht genug davon in Fässern und Trögen sammeln. In der Reihenfolge der Brauchbarkeit folgt das Teich- oder Tümpelwasser, wenn es nicht zu viel Gerbstoffe vom Blattlaub enthält, Flusswasser und Grabenwasser. Das harte, mineralische Brunnenwasser ist schon weniger günstig, besonders wenn es viel Eisen enthält und den Boden damit verkrusten kann. Am wenigsten geeignet ist chloriertes Stadtwasser. Obst, Beeren, Tomaten, Bohnen und Kartoffeln sind chlorempfindliche Pflanzen.

Qualitätsskala des Wassers für den Garten:

Regenwasser

Teichwasser

Flusswasser

Brunnenwasser

Stadtwasser

weich

 

 

 

hart

lebendig

 

 

 

tot

Mulch und Bodenbedeckung

Bodenbedeckung oder Mulch ist überall in der Natur zu finden und sollte auch im Gartenökotop zur Regulierung des Kleinklimas eine nützliche Rolle spielen. Mulch ist ein aus dem Englischen eingedeutschtes Wort, das mit Müll, Mulm (faules Holz) und Torfmull sprachlich verwandt ist und im Gärtnerlatein so viel wie »organische, feuchte, angerottete Bodenbedeckung« bedeutet.

Die einfachste Bodenbedeckung ist die lose, lockere Krume, die durch das Hacken entsteht. Sie lässt den Boden atmen, ermöglicht den Sauerstoff-Kohlensäure-Austausch und unterbricht die Kapillarbewegung der Wassermoleküle zur Bodenoberfläche. Nur dank dieses Trockenmulchens durch fleißiges Hacken können die Puebloindianer in den Wüsten Arizonas leben. Wenn es irgendwo einen Wolkenbruch gegeben hat, macht die ganze Sippe, Jung und Alt, Mann, Weib und Kind, einen Wettlauf zu den Gärten, die hier und da, weit verstreut in Talsenken unterhalb der Mesas liegen. Da es sich bei diesem Volk um keine Wettbewerbsgesellschaft handelt, kommen alle schnell, aber gleichzeitig an, und man beginnt sofort zu hacken, um das lebensspendende Wasser im Boden zu behalten. Nach jedem Regen muss neu gehackt werden.

Weniger Arbeit als das Hacken macht die Bodenbedeckung, die auch andere biologische Vorteile hat. Gehäckseltes Stroh hält den Boden kühl und eignet sich für Kohl, Karotten und Kartoffeln, die einen kühlen Wurzelbereich vorziehen. Wenn der Boden zu warm wird, bilden die Kartoffeln weniger Knollen und die Karotten werden kurz und gedrungen. Ein Bodenschutz aus altem Heu ernährt die Kleinlebewesen und Regenwürmer zusätzlich. Einziges Problem könnten die keimfähigen Samen sein, die das Heu enthält. Papiermulch ist unangenehm, da er leicht vom Wind erfasst wird, außerdem ist es fraglich, welche Wirkung die Druckerschwärze des Zeitungspapiers auf den Nährstoffkreislauf hat. Frisch gemähtes Gras muss erst etwas angewelkt sein, ehe man es als Bodenbedeckung benutzt, denn es kann luftundurchlässig zusammenbacken. Schwarze Plastikfolien werden von Gärtnern viel als Bodenbedeckung für Kulturen von Erdbeeren, Tomaten, Auberginen (Eierpflanzen) und Pfeffern verwendet, denn sie geben den Pflanzen im Frühjahr einen Vorsprung, aber sie versäuern auch den Boden, da sie die Bodenatmung unterbinden; während sie allmählich verwittern und auch beim Verbrennen geben diese Folien giftige Polyvinylchloridgase von sich. Tannennadelmulch enthält keimhemmende Harze und Säuren und eignet sich nur bei Erdbeeren oder Azaleen, die einen niedrigen pH-Wert verlangen. Frisches Sägemehl raubt dem Boden seinen Stickstoff und sollte erst im angerotteten Zustand als Mulch genommen werden. Gehäckselte Laubblätter eignen sich besser, aber wegen ihres Gerbstoffgehalts sind sie weniger gut als Heu, Stroh, Unkraut oder Gras. Hier gilt die Regel: »Holz und Laub macht Acker taub.»

Kapillar wasserbewegung.

Wenn einmal eine 3 bis 10 Zentimeter dicke Decke den Boden bedeckt, kann man sich etlicher Vorzüge erfreuen. Unkraut ist kaum ein Problem mehr; die wenigen, die durch die Mulchdecke sprießen, lassen sich leicht mit den Fingern herausziehen. Der Boden hält die Feuchtigkeit besser; er trocknet nicht aus. Die Kleinlebewesen können bis zur unmittelbaren Oberfläche den Boden lockern und haben immer organische Stoffe als Nahrung zur Verfügung. Nach Regen oder Bewässerung verkrustet die Oberfläche nicht, und beim Gießen spritzt der Dreck nicht auf die zarten Salatblätter oder Erdbeeren.

Diesen Vorteilen stehen als Probleme gegenüber, dass man dann möglicherweise zu wenig Masse für den Kompost hat und dass sich die Schnecken unter der Mulchdecke verkriechen können. Die Sorge um die Begünstigung der Schnecken ist jedoch weniger gerechtfertigt, denn durch den Verzicht auf die tägliche Bewässerung wird auch eine der günstigen Bedingungen für diese Feuchtlufttiere verringert. Die Schnecken sind besonders auf den nackten Böden der Hackkulturen ein Problem, wo sie weder Unkraut noch Mulch finden. Da machen sie sich über die Kulturen her und können im Frühjahr ein Beet kahlrasieren. Da Schnecken gewelkte Pflanzen den grünen bevorzugen, sollte man keine Angst vor dem Mulchen haben.

31 Als der Cheyenne-Medizinmann Elk Shoulder anlässlich eines Besuchs in Oklahoma gebeten wurde, eine Regenzeremonie durchzuführen, regnete es in Strömen, so dass es zu Überflutungen kam.