PFLANZENGEMEINSCHAFTEN, FRUCHTFOLGEN UND UNKRÄUTER
Für dich wird Unkraut zum Prophet,
Wenn du drauf achtest, wo es steht.
Gärtner Pötschke
Die Pflanzen und Tiere in einem natürlichen Ökosystem bilden ein dynamisches Netz von Wechselbeziehungen. Die darin enthaltenen Energie-, Stoff- und Informationskreisläufe befinden sich in einem rhythmisch schwankenden Gleichgewicht. Jede Veränderung wirkt sich in der ganzen Lebensgemeinschaft aus. Warum sollte das nicht auch auf das Mini-Ökosystem Gemüsegarten zutreffen? Der aufmerksame Gärtner ist jedes Jahr erneut Zeuge solcher Wechselbeziehungen. Das Wissen um die subtilen gegenseitigen Beeinflussungen der Gemüsearten und Kräuter aufeinander gehört mit zur sprichwörtlichen Gärtnerweisheit. Manch ein wissenschaftlicher Experte hat mit dieser »Weisheit« seine Schwierigkeiten. Es sind wie bei der Frage der kosmischen Einflüsse einfach zu viele unbestimmbare Faktoren im Spiel; es ist schwierig, experimentelle Modelle aufzustellen, die alle aufeinander wirkenden Bestandteile berücksichtigen. Trotzdem entwickelt sich zögernd eine Wissenschaft der Allelopathie – der biochemischen Wechselwirkungen höherer Pflanzen –, der Pflanzensoziologie und der Synökologie. Es sind jedoch hauptsächlich einfache Gärtner, denen wir das Wissen um die gegenseitigen Beeinflussung der Kulturpflanzen – wenn man sie nacheinander oder nebeneinander anbaut – verdanken.
Wenn man versteht, dass Pflanzen nach außen gerichtete makrokosmische Wesenheiten sind und nicht abgekapselte, mikrokosmische Einzelwesen, dann kann man einsehen, dass jede Pflanzengattung für die ganze Lebensgemeinschaft eine spezifische Funktion erfüllt. Wir haben gesehen, dass die Schmetterlingsblütler die Stickstoffakkumulation zur Aufgabe haben. Der Gärtner nimmt sie daher ganz absichtlich mit in die Fruchtfolge oder zur Zwischenpflanzung. Andere Gewächse hingegen sind auf Kalkakkumulation spezialisiert: Gänseblümchen, Ginster, Buchweizen, Löwenzahn und Kamille sammeln auch auf kalkarmen Böden diesen Stoff und stellen ihn dann den anderen Pflanzen zur Verfügung. Bilsenkraut, Stechapfel und Baldrian speichern Phosphorsäure, die mitunter den Wurzeln anderer Pflanzen weitergereicht wird. Fingerhut sammelt Eisen, Kalzium, Silizium und Magnesium. Schafgarbe reichert Kalium, Kalzium und Silizium an. Zinnkraut (Schachtelhalm) besteht aus beträchtlichen Mengen Silizium. Huflattich, das bekannte Hustenkraut, speichert so viel Zink, dass auf die Haut aufgetragene, zerstampfte Blätter heilend wie eine Zinksalbe wirken. Die Liste kann beliebig verlängert werden. Genaue Messungen sind jedoch schwierig, da die Konzentrationen mit den Jahres- und Tageszeiten sowie mit der Bodenbeschaffenheit schwanken. Manche Pflanzen reichern Elemente im Jugendstadium an, andere, wenn sie älter werden. Hauschka findet Unterschiede je nach Mondphase (Hauschka 1965: 76). In stickstoffreichen Böden sammeln die Leguminosen keinen weiteren Stickstoff. Tabak enthält viel Kali auf kaliarmen Böden, auf kalireichen Böden dagegen wenig. Die ganze Angelegenheit wird noch viel komplizierter, wenn man die Möglichkeit einer Transmutation der Elemente innerhalb der Pflanzenzellen gelten lässt, wie es die Forschungen von Kervran, Hauschka, Spindler und Baranger zu beweisen scheinen.36
Nicht nur Elemente werden angereichert und weitergegeben, sondern auch molekulare Verbindungen wie Aminosäuren, Hormone, Enzyme, Auxine, Hemmstoffe und andere, von denen noch etliche unerforscht sind. Als Duftstoffe der Blüten, als ätherische Öle der Blätter, als Wurzelausschwitzungen, durch das Abfallen von alter Rinde und Laub, durch den von Wind oder Insekten vertragenen Blütenstaub sowie durch die Verdauungsprodukte der Tiere teilen sich die Pflanzen ihren Nachbarn mit. Die abgesonderten Stoffe kommen manchmal in so geringfügigen, homöopathischen Dosierungen vor, dass sie oft kaum nachweisbar sind. Vor ein paar Jahrzehnten noch hätte man diesen minimalen Spuren kaum eine Wirkung zugeschrieben, aber heute wissen wir, dass oft nur die Nähe einer dieser Substanzen bereits eine Wirkung erzielt. Wahrscheinlich spielt auch die Photonenabstrahlung in der pflanzlichen Kommunikation eine Rolle.
Was das endokrine Drüsensystem mit seinen die Lebensfunktionen regulierenden Aussonderungen innerhalb des tierischen Organismus ist, das ist dieser feinstoffliche wechselseitige Austausch innerhalb der Lebensgemeinschaften der Pflanzen. Beim Ersteren hat man es mit mikrokosmischen Regulatoren zu tun, beim Letzteren mit ähnlichen, wenn auch nicht so spezifischen makrokosmischen Steuerungsvorgängen.
Solche Verhältnisse bestimmen die Pflanzensoziologie. Man braucht sich nur die Pflanzenteppiche und bunten Mosaike der Felder, Wiesen und Wälder anzuschauen, um zu erkennen, dass sich bestimmte Pflanzen gerne zu anderen gesellen. Zu lange stand die Biologie unter dem Einfluss des sozialdarwinistischen Gedankens, dass jedes Lebewesen sich mit anderen im ständigen Kampf um Lebensraum befindet. Seit dem Aufkommen der Ökologie erkennt man, dass Lebewesen sich auch zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung entwickelt haben. Das Mantram der Darwinisten, »Survival of the fittest«, hat weniger mit Biologie zu tun als mit der Entwicklungstendenz der kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft. Joseph Cocannouer konnte zeigen, dass sogar die so genannten Unkräuter, die sich in den Jahrtausenden der landwirtschaftlichen Praxis mitentwickelt haben, im Allgemeinen einen guten Einfluss auf das Lebensgefüge eines Ackers haben und nicht nur als Konkurrenten der Kulturpflanzen anzusehen sind (Cocannouer 1964).
Ein Gärtnermeister nutzt diese Wechselwirkungen ganz gezielt, indem er auf die Zusammenstellung und Aufeinanderfolge der Pflanzenarten im Beet achtet und dazu mit Kräutertees, -jauchen und -brühen nachhilft.
Vom ökologischen Standpunkt aus betrachtet sind die Gärten und Felder der Eingeborenen gar keine primitive Angelegenheit. Die Pflanzenvölker in Asien, Afrika und Südamerika machen Gebrauch von Bodenbedeckung, Mischkulturen und Pflanzengemeinschaften. Schädlinge und Missernten sind selten ein Problem. Erst beim Übergang von der Bedarfswirtschaft zur globalisierten Geldwirtschaft findet man die Monokulturen der Plantagen mit ihren ökologischen Problemen. Gleichzeitig mit der Verarmung der natürlichen Umwelt in den Drittweltländern greift Hunger und zunehmende kulturelle Verarmung um sich. Relativ ungeschädigte Völker wie die Schambala in Tansania kennen Fruchtwechsel, Gründüngung, Mulch und das Zusammenpflanzen von aufeinander abgestimmten Sorten. Bekannt sind die Kugelbeete der nordamerikanischen Indianer, auf denen jeweils vier Maispflanzen, Kürbisse und Bohnen gepflanzt wurden, die sich dann mit Fuchsschwanz (Amaranthus), Melde und anderen »Unkräutern«, die als Suppenkräuter und Medizin verwendet wurden, zu einer kunterbunten Pflanzengemeinschaft entwickelten. Der Ethnologe Clifford Geertz beschreibt die Felder der traditionellen Wanderfeldbauern als eine Nachahmung des Urwalds: »Die Anbauflächen sind gar nicht das, was wir uns unter Feldern vorstellen, sie sind verkleinerte tropische Urwälder, die hauptsächlich aus Nahrungs- und Arzneipflanzen bestehen« (Geertz 1969: 14).
Ein anderer Völkerkundler schreibt von den angepflanzten Phytozönosen der Tsembaga auf Neuguinea, dass die Gärtner hier die Sonneneinstrahlung durch Mischkultur und Zwischenpflanzungen maximal nutzen, wobei jeder Millimeter der Gartenfläche photosynthetisch wirksam sein kann. Er berichtet, dass durch die dichte Pflanzendecke der Boden vor Austrocknung geschützt und dass durch die Vielfalt der Arten, wobei selten gleiche Pflanzenarten nebeneinander wachsen, das Schädlingsproblem gelöst sei. Wie ein Dschungel mutet das an: »Eine dichte Matte der Jams und Süßkartoffeln bedeckt die Bodenoberfläche. Taroblätter sprießen darüber, und noch etwas höher stehen die Blätter von Hibiskus, Zuckerrohr und Pitpit. Die großen Bananenblätter überragen den Garten als dritte horizontale Ebene« (Rappaport 1971: 121).
Als letztes Beispiel wollen wir noch lesen, was ein Botaniker über einen typischen Indianergarten in Guatemala berichtet: »Der Garten, den ich untersuchte, war nicht besonders groß, ungefähr die Fläche eines Stadtgrundstücks in den Vereinigten Staaten. Er war von solch üppigem Pflanzenwuchs überwuchert, scheinbar so planlos angelegt, dass der typische Amerikaner oder Europäer, der an die puritanisch sauberen Gärten Europas gewöhnt ist, meinen müsste, es handle sich um einen verlassenen Garten. Wahrscheinlich hätte er es als Garten gar nicht erkannt. Doch als ich ihn sorgfältig untersuchte, fand ich keine Pflanze, die nicht irgendwie dem Besitzer nützlich wäre. Es gab keine ausgesprochenen Unkräuter, und der Ertrag im Verhältnis zum Arbeitsaufwand war sicherlich sehr hoch« (Anderson 1952: 137). Der Botaniker beschreibt dann weiter die vielen Arten der Nutzpflanzen in diesem Wirrwarr von Obstbäumen, Büschen, Blumen, Gemüsen und Bienenkörben. Obwohl der Garten an einem Hang lag, war Erosion kein Problem, denn das Wurzelgeflecht hielt den Humus fest. Zu Schädlingsexplosionen konnte es wegen der Vielfalt der vermischten Arten nicht kommen; der Ertrag pro Flächeneinheit war ebenso günstig wie der Ertrag im Verhältnis zum Arbeitsaufwand. »In diesem Garten hatte man es mit einem Gemüsegarten, Arzneikräutergarten, Komposthaufen und Bienenhof, alles in einem, zu tun« (Anderson 1952: 140). Die Nachbildung natürlicher Landschaften voller Heilkräuter, essbarer Gemüse und Früchte, mit genügend Platz für Tiere und Menschen ist auch das erklärte Ziel der heute populären Permakultur.
Alan Chadwick mit seiner »biologisch-dynamischen französischen Intensivmethode« versucht in Kalifornien, die Idee der Mischkultur mit Pflanzengemeinschaften wieder in die allgemeine Gartenbaupraxis einzuführen. Seine tief gelockerten Hügelbeete werden nach dem gleichen Prinzip wie der Plenterwald genutzt. Gemüse werden einzeln geerntet; die Lücken schließen sich schnell wieder durch Blattwuchs, der immer den Boden schützend beschattet und die Schattengare erhält. Selektierte Unkräuter und prachtvolle Blumen wachsen zwischen den Gemüsepflanzen. Der Ertrag ist hoch, die Lebensgemeinschaft gesund; die Methode ist jedoch ziemlich arbeitsintensiv (Jeavons 1974). Im deutschen Sprachraum ist die Mischkultur von Gertrude Frank bekannt. Pfeiffer und Riese haben ebenfalls gute Ratschläge für gemischte Kulturen; sie empfehlen, Tiefwurzler mit Flachwurzlern abzuwechseln (Pfeiffer/Riese 1977: 53). Als Tiefwurzler gelten die Leguminosen, Getreide und Kartoffel, die ihre Wurzeln zwei bis drei Meter in den Untergrund senken.
Einige gute Pflanzennachbarschaften im Garten
Bohnen vertragen sich mit fast allen Gemüsen und besonders mit Bohnenkraut. Buschbohnen eignen sich besonders als Zwischenpflanzungen bei Erdbeeren, Frühkartoffeln, Kohl, Sellerie und Gurken. Nur Zwiebelgewächse mögen sie nicht.
Erdbeeren kommen besonders gut neben Lattich, Salat und Spargelbeeten; auch Chrysanthemen, Bohnen und Borretsch (Gurkenkraut) mögen sie.
Erbsen gedeihen mit Radieschen, Karotten, Gurken, Spinat, Salat und Speiserüben.
Gurken wachsen gerne neben Salat, Dill, Fenchel und Bohnen. An schrägen Zäunen aufgebunden, entwickeln sie sich gut zwischen Zuckermais.
Hanf gedeiht gut mit Brennnesseln und hat einen positiven Einfluss auf Kartoffeln, Rote Beten (Randen) und Kohlgewächse.
Kartoffeln gedeihen mit Bohnen, Puffbohnen, Erbsen oder Kohl als Zwischenpflanzung. Eine Umrandung mit Hanf, Fingerhut oder Meerrettich wirkt sich günstig aus.
Kohlsorten (Blumenkohl, Weißkohl, Wirsing, Rosenkohl, Spargelkohl usw.) vertragen sich mit Buschbohnen und Salat. Hanfzwischenpflanzungen vertreiben Kohlweißlinge. Kamille, Ringelblume und Dill haben sich als Randpflanzungen bewährt. Als Nachfrucht auf dem Frühkartoffelbeet entwickelt er sich ebenfalls günstig.
Kohlrabi verträgt sich mit Roten Beeten (Randen) und Zwiebeln. Karotten (Möhren) gedeihen hervorragend mit Lauch und allen anderen Zwiebelgewächsen.
Kräuter sind mit ihren duftenden Essenzen gute Genossen für alle Gemüse. Brennnessel erhöht den Ölgehalt bei den Minzen, Knoblauch unterstützt die Rosengewächse, und Kapuzinerkresse zieht die Blattläuse von den anderen Pflanzen weg.
Lauch (Porree) ist der geeignete Partner des Sellerie. Beide können gleich gedüngt werden, da sie eine Vorliebe für kalireichen Schweinemistkompost und Holzasche haben. Lauch gedeiht gut in Reihenkulturen mit Wurzelpetersilie, Karotten oder Pastinaken und wird von diesen Doldenblütlern vor der Zwiebelmade geschützt.
Radieschen und Rettiche gedeihen zwischen Kapuzinerkresse, Kerbel, Erbsen und Schnittsalat.
Rippenmangold (Krautstiele, Mangold, Römischer Kohl) lässt sich leicht in einer Mischkultur mit Kohl und Endivien anbauen.
Rote Beten (Randen) vertragen sich mit Zwiebeln, Salat, Möhren.37 Salat profitiert von der Nachbarschaft mit Karotten, Radieschen, Erdbeeren, Gurken und Borretsch.
Sellerie floriert mit Lauch, Zwiebeln und Schalotten.
Spinat gedeiht mit Schnittsalat, Kohl, Radieschen und zwischen Erdbeeren und Erbsen.
Kürbisgewächse (Kürbis, Melonen, Zucchini usw.) gedeihen mit Fuchsschwanz (Amaranthus), Bohnen und Mais. Diese Hauptnahrungsmittel der nordamerikanischen Indianer wurden in Hügelbeeten zusammengepflanzt.
Speiserüben (Kohlrüben, Weiße Rüben, Steckrüben) wachsen gut mit Salat und Erbsen.
Tomaten, die trockene Blätter, aber feuchte Wurzeln bevorzugen, lassen sich eine lebende, Schatten spendende Bodenbedeckung aus Neuseeländer Spinat, Petersilie, Basilikum oder auch Zucchini gefallen. Die Nähe eines Spargelbeets, von Brennnessel und Fingerhut scheint ihnen zu behagen.
Zuckermais soll in geschlossenen Blöcken angepflanzt werden, damit die Windbestäubung erfolgreich ist, aber neben und zwischen diesen Blöcken kann man Bohnen, Gurken und Kürbis anbauen.
Zwiebeln wachsen gut mit Roten Beten (Randen), Salat, Bohnen und allen Schirmblütlern wie Karotte, Sellerie, Petersilie oder Pastinake. Auf Sandböden gedeihen sie gut mit Kamille (Pfeiffer 1977: 149).
Einige Pflanzennachbarn vertragen sich nicht und hindern einander im Wachstum. Knollenfenchel scheint sich kaum mit anderen Gewächsen zu vertragen außer mit Zwiebelgewächsen und Salaten. Man konnte zweifelsfrei feststellen, dass Hafer, Tomaten, Paprika (Peperoni) und Pfeffer ihre Nachbarn durch allelopathische Wurzelausscheidungen ungünstig beeinflussen. Daher ist es am besten, diese Egoisten in ihre eigenen Beete zu setzen (Kreeb 1974: 20). Möhren vertragen sich nicht mit Dill. Zwiebeln haben die Leguminosen (Erbsen, Bohnen) nicht besonders gerne. Kartoffeln entwickeln sich schlecht, wenn man Tomaten, Sellerie, Sonnenblumen oder Topinambur mit im selben Beet hat. Auch Gurken und Kartoffeln scheinen nicht besonders zusammenzupassen.
Oft bilden diejenigen Gemüse, die zusammen im Kochtopf gut schmecken, auch gute Pflanzengemeinschaften im Gartenbeet. Über diese Zusammenhänge kann man manchmal ins Staunen geraten. Zum Beispiel schmecken Bohnen gut mit Bohnenkraut, Rote Beten (Randen) mit Zwiebeln angemacht, Kohl mit Dill oder Kümmel, Karotten mit Lauch, Mais mit grünen Erbsen, Tomaten mit Petersilie oder Basilikum, Salat mit geraspelten Karotten oder mit Zwiebeln und Radieschen, Kartoffeln mit Kohl oder mit Meerrettich. Zuckermais wurde von den Algonkin zusammen mit Limabohnen als Succotash gegessen. Natürlich wird es Ausnahmen geben, aber doch scheint es eine Regel zu sein: Was sich im Gaumen verträgt, verträgt sich auch auf dem Acker.
Mischbeetkultur und Zwischenfruchtanbau
Oft werden Gemüsesorten weniger wegen ihrer pflanzensoziologischen Verträglichkeit als zur bestmöglichen Anbauflächennutzung angebaut. Die so genannten Hauptfrüchte – Kohl, Buschbohnen, Krübis, Kartoffeln, Karotten (Möhren), Sellerie, Pastinaken – nehmen sich in ihrer Entwicklung relativ viel Zeit. Derweil sie heranwachsen, kann man in den noch nicht überwachsenen Reihen dazwischen Zwischenfrüchte pflanzen. Solche Zwischenfrüchte, die eine kürzere Entwicklungszeit haben, sind zum Beispiel Schnittsalat, Spinat, Gartenkresse, Chinakohl, Radieschen, Senfblätter, Rauke und Kohlrabi. Sie sind dann entweder schon geerntet oder werden als Gründüngung in den Boden gehackt, wenn die Hauptfrüchte größer werden.
Platz sparende Kombinationen ergeben sich, wenn man hochwachsende Pflanzen wie Stangenbohnen mit niedrigwachsenden wie Kürbissen zusammenbringt. Man kann Gurken zwischen den Zuckermais setzen und den Neuseeländer Spinat um die aufgepflockten Tomaten kriechen lassen. Feuerbohnen kann man sich an Sonnenblumen und Maisstengeln emporschlingen lassen, wenn man sie entsprechend später aussät.
Vorfrüchte erntet man schon im Frühsommer, damit man in der zweiten Jahreshälfte die Nachfrüchte anbauen kann. Nach abgeernteten Frühkartoffeln, Erbsen, Zuckererbsen (Kefen), Puffbohnen, Spinat, Salaten und Frühkohlen kann man Karotten, Pastinaken, Wurzelpetersilie, Winterrettich, Zuckerhut, Rapunzel und andere Folgesaaten aussäen oder erneut mit Kohl-, Mangold- oder die abgeernteten Flächen mit Kopfsalatsetzlingen bepflanzen. Damit nicht alles auf einmal reift und man von der Ernte überwältigt wird, staffelt man die Aussaat, indem man alle paar Wochen von neuem Buschbohnen, Salat, Radieschen und anderes sät.
Halten wir uns einmal alle Kombinationsmöglichkeiten vor Augen, sieht man, dass richtiges Gärtnern mehr als eine Wissenschaft ist. Es ist eine Kunst. Schon im Winter muss man sein Gartentagebuch zur Hand nehmen und in aller Ruhe die Vielfalt der Möglichkeiten der Beetgestaltung vor dem inneren Auge vorbeiziehen lassen.
Die Mischkultur versucht die Gesetze der natürlichen Pflanzenassoziationen nachzuahmen. Die Fruchtfolge dagegen versucht der natürlichen Pflanzenfolge (Sukzession) gerecht zu werden. Wenn durch einen Erdrutsch oder das Wüten einer Planierraupe oder eines Baggers die schützende Pflanzendecke zerstört ist, entsteht in der geregelten Abfolge verschiedener Arten die ursprüngliche Pflanzendecke wieder neu. Über Nacht, so scheint es, springen die ersten Pionierpflanzen aus dem entblößten Boden. Zuerst sind es die ein- und zweijährigen Wildkräuter – Huflattich, Ampfer, Königskerzen, Hirtentäschel, wilde Möhren, Knöteriche, Kreuzkraut, Melde, das Berufskraut und viele andere –, die sich wie ein Pflaster über die geschundene Erde breiten und sie vor Auswaschung und Winderosion schützen. In den nächsten Jahren folgen Büsche, Ranken, Dornen und unzugängliches Gestrüpp. Sie verwehren uns den Zutritt, halten uns aber Himbeeren, Brombeeren, Schlehen und Hagebutten entgegen, als wollten sie sagen: »Hier ist eine Baustelle! Hier dürft ihr nicht durch! Aber seid uns nicht böse; da, nehmt die süßen Beeren!« Unter dem Schutz der Dornen entwickeln sich dann die ersten schnellwüchsigen Bäume, die Ulmen, Erlen, Weiden und einige Tannen, bis dann schließlich die ausgeglichene Klimaxgesellschaft wieder hergestellt ist.
Im Garten ist die Sukzession nicht so kompliziert und langwierig, aber sie hat auch ihre eigenen Regeln. Wenn diese Regeln nicht beachtet werden, wird der Boden »müde«: Kreuzblütler bekommen die Kohlhernie, Rüben und Kartoffeln leiden an Nematoden, Schädlinge nehmen zu. Starke Vermehrung und Hartnäckigkeit bestimmter Unkräuter ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich die Bodenqualität auf einseitige Art und Weise verschoben hat. Die Erde ruft nach Unkräutern, um sich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn die Melde lästig wird, dann hat man zum Beispiel zu lange Kartoffeln gepflanzt. Einseitige Monokulturen haben gezwungenermaßen ständig gegen Unkräuter zu kämpfen, die eigentlich die natürliche Sukzessionsfolge darstellen.38 Um der Natur entgegenzukommen, versucht der Gärtner, die natürliche Pflanzensukzession mittels Fruchtfolgen nachzuahmen. Manchmal ist es sogar angebracht, ein Brachjahr einzuschalten, wie es in der mittelalterlichen Dreifelderwirtschaft und beim Wanderfeldbau der Brauch war, damit die Unkräuter ungehindert den Boden harmonisieren können. Diese Praxis hat sich besonders bei chemisch verseuchten Böden bewährt, die eine Schadstoffakkumulation aufwiesen. In einer gesunden Gartenbiozönose mit reifem Humus als Grundlage üben die Unkräuter auch keinen großen Sukzessionsdruck aus. Mit anderen Worten: sie sind kein Problem. Ein alter Garten ist selbst in einem gewissen Klimaxzustand.
In der Fruchtfolge unterscheidet man zwischen starkzehrenden, leichtzehrenden und bodenschonenden Gemüsen. Man pflanzt zuerst die Starkzehrer, nachdem man das Land gut mit Kompost – im zweiten oder dritten Verrottungsstadium – gedüngt hat. Die nächste Tracht auf dem Beet ist die der bodenschonenden Hülsenfrüchte, die den Acker frisch durchwurzeln und mit dem Stickstoff der Wurzelknöllchenbakterien anreichern. Zuletzt in der Reihenfolge sät man die Leichtzehrer, nachdem man das Beet leicht mit sehr reifem Kompost – drittes Stadium – gedüngt hat. Nach diesen drei Trachten kann man den Boden brach ruhen lassen oder ihn mit einer Gründüngermischung versehen. Man kann ihn aber auch mit Pflanzen, die ansonsten gar nicht in die Fruchtfolge kommen – etwa mit einer Bienenweide aus Büschelschön (Phacelia tanacetifolia), mit Buchweizen oder Flachs –, bebauen oder auch kräftig düngen und sofort wieder mit den Starkzehrern anfangen. Zu den Starkzehrern zählen alle Kohlarten, Tomaten, Gurken, Sellerie, Kürbis, Mangold, Salate, Spinat, Lauch, Zuckermais, Aubergine (Eierpflanze), Abelmoschus und Paprika (Peperoni).
Zum bodenschonenden Gemüse gehören alle Schmetterlingsblütler: Bohnen, Erbsen, Zuckererbsen (Kefen), Puffbohnen, Feuerbohnen usw.
Schwachzehrer sind Karotten, Rote Beten (Randen), Radieschen, Rettiche, Schwarzwurzeln, Haferwurzeln, Pastinaken, Petersilienwurzeln, weiße Rüben, Steckrüben, Feldsalat (Rapunzel, Nüssli), Zwiebeln und die meisten Sommerblumen.
Ein biologisch-dynamisches Schema beschäftigt sich mit der Abfolge der vier Ätherarten Erde, Wasser, Luft, Feuer, wie sie in der Pflanzenwelt in Wurzel, Blatt/Stengel, Blüte und Frucht/Samen zum Ausdruck kommen. Damit die Ätherarten sich harmonisch ablösen, fängt man die Fruchtfolge mit gut gedüngtem Blattgemüse (Wasser) an, dann kommen Blumensorten (Luft) und Frucht-/Samenpflanzen (Feuer), darunter natürlich die Hülsenfrüchte; mit den Wurzelgemüsen (Erde) in der dritten Tracht schließt sich der Kreislauf. Man sieht, wenn man dies mit der vorher erläuterten Fruchtfolge vergleicht, dass eigentlich wenig Unterschiede zwischen den beiden Methoden besteht. Vielleicht kann man sich die Letztere leichter merken.
Familienzugehörigkeiten der Gemüsepflanzen
Um die Fruchtfolgen meisterhaft zu handhaben, muss der Gärtner die Familienzugehörigkeit der einzelnen Gemüse kennen. Es ist nicht gut, wenn man Mitglieder derselben Familie nacheinander in dasselbe Beet pflanzt. Da Familienmitglieder ähnliche Nährstoffansprüche haben, ist eine Art »Inzestverbot« im Gartenbeet angebracht. Unter Tausenden von Pflanzenfamilien, die es auf der Welt gibt, gelten nur etwa ein Dutzend als richtige Nahrungspflanzen. Hat dieses Dutzend etwa Entsprechungen mit den zwölf Regionen des Tierkreises?
Einkeimblättrige
1. Gräser (Gramineae): Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Dinkel, Hirse, Reis und Mais sind die Hauptnahrungsmittel der großen Zivilisationen und werden fast überall als göttliche Inkarnationen gefeiert. Für den Gärtner kommt der Zuckermais (Zea mais) der alten Indianer in Betracht, auch Hafer und Roggen, die mit Wicken oder Erbsen als Gründüngung und Winterbodendecke ausgesät werden. Nach der Planetenlehre gehören die Getreide allgemein dem Jupiter und der Sonne an. Man ordnet die Gerste zum Mars zu, Hirse dem Merkur, Roggen dem Jupiter und Hafer der Venus. Der Reis, der im Wasser wächst und im Land der aufgehenden Sonne beheimatet ist, gehört zum Mond. Der Mais, der im fernen Westen, wo die Sonne »stirbt«, zuhause ist, hat den Saturn als Herrscher. Folgerichtig rechneten die Renaissance-Denker den Weizen zur Sonne, die ja den mittleren Planeten ausmacht, ebenso wie das mediterrane (lat. »mittelländische«) Gebiet, wo der Weizen beheimatet ist, für sie die Mitte der Welt ausmachte.
2. Liliengewächse (Liliaceae): Zwiebeln (Allium cepa), Knoblauch (A. sativum), Lauch oder Porree (A. porrum), Schnittlauch (A. schoenprasum), Schalotte (A. ascalonicum), der nach Knoblauch riechende Bärenlauch (A. ursinum), die ägyptische Luftzwiebel (Rockenbollen), Bleichspargel und Grünspargel (Asparagus officinalis) gehören zu dieser Familie. Als keusch und gegen das Böse schützend werden die Liliengewächse in der Folklore dargestellt. Mit Knoblauch halten die Slawen Vampire fern, die Jungfrau wird von weißen Lilien umgeben gemalt, und nach römischer Sage entsprangen die Lilien den Milchtropfen aus Heras Brust. Außer Spargel und Lauch sind die Liliengewächse Leichtzehrer, die alle können kühles Wetter vertragen.
Zweikeimblättrige
1. Kreuzblütler (Cruciferae) sind leicht an den vier gelben oder weißen Blütenblättern, die ein Kreuz formen, zu erkennen. Sie sind Kaltwetterpflanzen, die Feuchtigkeit und starke Düngung mögen. Die Kohlsorten (Brassica) haben sich aus einem unscheinbaren Kraut (Brassica maritima) entwickelt, das in Meeresnähe wild wächst. Wie so viele andere Strandpflanzen haben sie fleischige Blätter mit einer wachsgeschützten Haut, können eine starke, »salzige« Düngung vertragen und sind wegen ihres schwefeligen Senföls gegen Kälte relativ unempfindlich. Es ist passend, dass die Völker der trüben, nasskalten Nordseeregion den Kohl (Brassica oleracea) besonders schätzen. Zu den Brassica gehören Blumenkohl, Spargelkohl (Broccoli), Grünkohl, Kabis, Wirsing, Rosenkohl, Rotkohl und Federkohl, ferner Kohlrabi (B. deracea), weiße Rüben oder Speiserüben (B. rapa), deren Blätter man auch wie Spinat essen kann, und Steckrüben (B. napobrassica). Aus dem Orient kommt der bleiche, zarte, dem Senf verwandte Chinesenkohl Wong Boc (B. pekinensis) und der robustere Boc Choi oder Pak Choi (B. chiniensis), auch Pe-tsai genannt. Besonders scharf und daher dem Mars zugeordnet sind Meerrettich (Armoracia rusticana) und das Vitamin-Creiche Löffelkraut (Cochlearia officinalis), mit dem man früher Skorbut heilte. Als Beigaben zum Salat kommen schmackhafte Radieschen (Raphanussativus), Rettich (Raphanussativussativa), Gartenkresse (Lepidium sativum), Brunnenkresse (Nasturtium officinale) und die würzige Rauke (Eruca sativa) in Frage. Die Chinesen, die meisterhafte Gärtner sind, verwenden die noch grünen, pikant schmeckenden Samenschoten der verblühten Radieschen als Gemüse, was durchaus empfehlenswert ist! Die Blätter der Senfpflanze (Sinapis alba) werden wie Spinat gekocht oder frisch in den Salat gegeben. Die Samen (Senfkörner) eignen sich zum Gurkeneinlegen, im Winter als Keimlinge oder sie werden zu Mostrich gemahlen. Von der Wurzel bis zum Samen wird die Gattung Brassica genutzt; man kann über die plastische Formenvielfalt nur staunen!
Auch als Wildkräuter sind die Kreuzblütler unsere ständigen Begleiter im Garten. Kaum ein Acker ohne Hederich, Ackersenf, Barbarakresse, Schaumkraut, Hirtentäschel oder Ackerhellerkraut. Als Goldlack, Schleifenblume und Blaukissen hat diese Familie auch im Blumengarten ihren Platz.
2. Die Schmetterlingsblütler oder Hülsenfrüchte (Papilionaceae, Leguminosae) ziehen gierig die Astralität in sich hinein und können dadurch dem Boden Stickstoff und dem Menschen notwendige Aminosäuren vermitteln. Nur sollte man die pythagoräische Weisung ernst nehmen und nicht zu viel davon essen, um am Ende nicht wie der haarige Esau sein Erbrecht gegen eine Schale Linsensuppe einzutauschen. Es ist nicht von ungefähr, dass man von jemanden sagt, er sei »dumm wie Bohnenstroh«. Mit »dumb as beans« wird der Narr in England bezeichnet, und im Spanischen steckt der Verrückte voller »frijoles«.
Zu den Leguminosen zählt man die vielen verschiedenen Bohnenarten (Phaseolus), von denen einige besonders farbig sind oder ungewöhnliche Größen haben. Ursprünglich kamen sie alle einmal aus den Dschungeln Südamerikas. Dazu gehören die markigen Lima- und Sievabohnen (P. lunatus), die prächtig scharlachrot blühenden Feuerbohnen (P. coccineus und P. multiflorus) sowie verschiedene Busch- und Stangenbohnen. Schon die Römer kannten die kälteverträglichen Puff-, Pferde- oder Saubohnen (Vicia faba) und bauten sie ebenso wie die Reben überall an, wo ihre Legionen Fuß fassten. Die Sojabohne (Glycine soya) kommt aus China. Die Erbsensorten (Pisum sativum) – Markerbsen, Schalerbsen, Zuckererbsen (Kefen) – waren schon den neolithischen Pfahlbauern im Alpenvorland bekannt.
3. Die Doldengewächse oder Schirmblütler (Umbelliferae) segnen die Menschheit mit den wichtigsten Wurzelgemüsen und Gewürzkräutern. Wahrscheinlich weil dieser Familie auch viele Arzneikräuter und Giftpflanzen angehören, wird sie dem Planeten Merkur zugerechnet. Bei den Doldengewächsen schießen die Licht- und Wärmekräfte förmlich durch die Pflanze hindurch, schmelzen die Blattsubstanz bis auf feine, federige Spitzen weg und finden ihren Ausklang in aromatischen orangefarbenen, gelben oder weißen Pfahlwurzeln. Als Typus sind sie das Gegenteil der fleischigen Kohlgewächse und bilden eine ausgleichende Pflanzengemeinschaft mit ihnen. Die vielen kleinen weißen Einzelblüten auf dem Schirm (lat. umbella = Schirm) sind ein Tummelplatz für Fliegen, Schwebefliegen und Käfer.
Zu den im Garten vorkommenden Umbelliferen gehören die Karotten und Möhren (Daucus carota), die Pastinake (Pastinaca sativa), auch Hammelrübe oder Zuckerwurzel genannt, Wurzelpetersilie (Petroselinum crispum), Knollensellerie (Apium graveolens), Blatt- und Bleichsellerie (Apium rapaceum) und Gemüsefenchel (Foeniculum sativum oder dulce). Ein in Vergessenheit geratenes Wurzelgemüse, das im Mittelalter besonders in Holland beliebt war, ist die Suikerwortel (Sium sisarum). In England, wo sie noch gelegentlich angebaut wird, ist sie als Skirret bekannt. Die fingerdicken Knollen sind im Geschmack der Pastinake ähnlich, worauf die häufige Verwechslung dieser beiden Zuckerwurzeln zurückzuführen ist. Als Gartenkräuter gelten Dill (Anethum graveolens), Kerbel (Anthriscus cerefolium), Petersilie (Petroselinum sativum), Liebstöckl oder Maggikraut (Levisticum officinale), Fenchel (Foeniculum vulgare) und Bibernelle (Pimpinella major). Als würzige Samenpflanzen finden ihren Platz im Kräuterbeet unter anderem Koriander (Coriandrum sativum), Anis (Pimpinella anisum) und Kümmel (Carum carvi). Zu den Doldenblütlern, die in den Heilkräutergarten gehören, zählt die Meisterwurz (Peucedanum ostruthium) und die Engelwurz (Angelica archangelica); beide wirken immunstimulierend und gelten als Allheilmittel.
Die Doldenblütler können auch gefährliche Giftpflanzen sein. Schon Sokrates musste an die Wirkung der Schierlings (Coniium maculatum) glauben, und Irokesen, die ihre Kräuter durch Geschmacksproben identifizieren, beklagen mehrere Todesfälle wegen der giftigen Wurzel dieser Pflanze. Mitunter tauchen Schierling und Hundspetersilie (Aethuas cynapium), die ebenfalls in die Giftküche gehört, als Unkräuter im Gartenbeet auf – schon deswegen sollte man sie kennen. Bekannte Wildkräuter dieser Familie sind die Wilde Möhre (Daucus carota) und etliche grobstengelige Schirmblütler, wie Wiesenkerbel und Bärenklau, die eine Güllewiese kennzeichnen. Der Giersch oder Geißfuß (Aegopodium podagraria), wegen seiner üppigen Vitalität den Gärtnern verhasst, ist eines der besten Salat- und Suppengemüse sowie ein Gichtheilmittel.
Im Allgemeinen sind die Wurzelgemüse dieser Familie nicht kälteempfindlich. Sie sind Leichtzehrer, die sich mit einer kleinen Gabe voll ausgereiften Komposts zufrieden geben und mit den Liliengewächsen und Kreuzblütlern gute Nachbarschaften bilden.
4. Die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) wie Rote Bete oder Rande (Beta vulgaris esculenta), Rippenmangold oder Krautstiel (Beta vulgaris cicla), Blatt- oder Schnittmangold (B. vulgaris), Zuckerrübe (B. vulgaris altissima), Spinat (Spinacia oleracea) und Gartenmelde (Artiplex hortensis) stammen alle aus den salzigen Steppen und den alkalischen Wüsten Zentralasiens. Sie können leicht Zucker und Salze in ihren Geweben anreichern. Die Gartenmelde hat einen derart salzigen Geschmack, dass man das Gemüse gar nicht zu salzen braucht, während die Zuckerrübe bis zu zwanzig Prozent Zucker in ihrem Saft gelöst haben kann. Die Gänsefüßler sind daher der »salzigen« Düngung des Algenmehls oder der Holzasche (Kali) nicht abgeneigt. Ein alter Gärtner düngte seine Rote Bete sogar von Zeit zu Zeit mit einigen Körnern Kochsalz. Eine alte, fast vergessene Gemüseart ist der Gute König Heinrich (Chenopodium bonus henricus), der oft verwildert die Sennhütten in den Alpen umwuchert. Die Gänsefüßler sind kälteunempfindliche Leichtzehrer, die dem Planeten Jupiter zugeschrieben werden.
5. Die Nachtschattengewächse (Solanaceae) kommen zum größten Teil aus den milden Subtropen, vertragen keinen Frost und beanspruchen einen nährstoffreichen Humusboden. Die Tomate (Solanum lycopersicum), Chilipfeffer und Paprika (Peperoni) (Capsicum annuum), die süßen, gelben Hülsentomaten oder Blasenkirschen (Physalis pruinosa) und die Tomatillo (Lycium pallidum), aus der die Mexikaner ihre grüne Tacosauce machen, stammen alle aus Amerika. Die Tomate wurde in Europa zuerst nur als Zierpflanze gezogen. Man hielt sie, als Verwandte der Tollkirsche, für tödlich giftig. Man glaubte, die saftige, prall rote Frucht sei der »Paradiesapfel« gewesen, mit dem die Schlange Eva verführte. Mit dem Geschenk eines solchen Liebesapfels oder »Paradeisers«, wie er in Wien noch heißt, versuchte manch ein hoffnungsvoller Buhle seine Mamsell von seinen Absichten zu überzeugen. Irgendwann einmal muss wohl ein enttäuschter Liebhaber in die Frucht gebissen haben, um aus dem Leben zu scheiden, und entdeckte dabei, dass sie eigentlich recht gut schmeckt und besonders zu Pizza und Pasta passt. Die Aubergine oder Eierfrucht (Solanum melongena) kommt ursprünglich aus Indien. Die Kartoffel (Solanum tuberosum), auch Erdbirne oder Erdapfel genannt, das einzige der Nachtschattengemüse, das kühleres Wetter verträgt, stammt aus dem nebligen Hochland von Peru, dem Reich der Inkas. Im 16. Jahrhundert wurde sie nach Europa gebracht, um später das billige Hauptnahrungsmittel des Industrieproletariats zu werden. Die Anthroposophen sehen in der Kartoffel die Ernährungsgrundlage des Materialismus. Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Virus die Kartoffelmonokulturen zerstörte, wurden Millionen von europäischen Bauern gezwungen, auszuwandern und in Amerika eine neue Heimat zu suchen.
Die bunten, fleischigen Früchte, das geile Wachstum und die zum Teil vorhandenen starken Nervengifte der Nachtschattengewächse – auch die Beeren und Blätter der Kartoffel sind höchst giftig – verraten eine besondere Beziehung zur Astralität und eine ausgeprägte Mondsignatur. Tabak (Nicotinia tabacum) wurde ursprünglich von indianischen Medizinmännern zusammen mit anderen Psychedelika bei Vollmond geraucht oder geschnupft. Jede Beschwörung, Zauberhandlung, Friedensfeier oder Krankenheilung verlangte Tabakopfer oder -räucherung. Zu den Salben der alten Hexen gehörten Nachtschattengewächse wie Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Tollkirsche (Atropa belladonna) und später der aus Amerika oder Indien kommende Stechapfel (Datura stramonium), mit dem auch der Yaqui brujo Don Juan zauberte (Castaneda 1973). Ein weiteres Mitglied dieser berüchtigten Familie ist die halluzinogene, menschenförmige Alraunwurzel (Mandragora officinarum).
6. Die Gurkengewächse (Cucurbitaceae) lieben entsprechend ihrer subtropischen Heimat feuchte, warme Luft und reichen humosen Boden. Die Gurken (Cucumis sativa) kommen aus Südostasien, die Wassermelonen (Citrullus vulgaris) aus Afrika, die vielen Melonen (Cucumis melo) und Kürbisse (Cucurbita) kommen entweder aus Amerika oder Asien. Der unermüdlich fruchtbare Zucchino (Cucurbita pepo giromontiina) wurde von italienischen Meistergärtnern gezüchtet. Die großen, gelben Blüten der Cucurbiten können, paniert und gebraten, als Delikatessen verspeist werden.
7. Die Korbblütler (Compositae) beschenken den Garten mit zahlreichen Blumen, Gewürz- und Arzneikräutern, Gemüsen, aber auch lästigen Unkräutern. Ihr lateinischer Familienname bezieht sich auf die Tatsache, dass jede Blume aus vielen völlig ausgebildeten Einzelblüten besteht, die sich zu einer Blütengesellschaft zusammenfinden. Jede Blüte ist vollkommen, fügt sich aber in das große Ganze des Blütenkorbes harmonisch ein. Für die amerikanischen Spiritisten haben die Korbblütler den Symbolwert, den einst im Mittelalter die Lilie und die Rose für die Christen innehatte. Auf ihre Banner und Altartücher sind goldene Sonnenblumen gestickt, als Sinnbild einer harmonischen Menschengemeinschaft, die sich dem göttlichen Sonnengeist zuwendet (Storl 1974: 59).
Zu den Gemüsen dieser Familie gehören alle Salate (Lactuca sativa), die Sommerendivie (L. sativa longifolia), der Zuckerhut (Cichorium), die Winterendivie (Cichorium endivia) und der Brüsseler Chicorée oder Witloof (C. intybus), dessen geröstete Wurzel dem Kaffee beigemischt werden kann. Ein Korbblütler ist auch die als Öl-, Samen- und Zierpflanze beliebte, aus Nordamerika stammende Sonnenblume (Helianthus annuus). Weniger bekannt, aber wichtig für den ganzheitlichen Garten sind die Knollen des Topinambur (Helianthus tuberosus), eine ursprünglich aus der amerikanischen Prärie stammende Sonnenblumenart, die mehr Nährstoffe enthält als die Kartoffel. Zu den Kompositen zählt auch die aus Nordafrika stammende Artischocke (Cynara scolymus) und die stattliche Kardy (Cynara cardunulus), deren gebleichten Herzblätter bei den römischen Saturnalien gegessen wurden und die noch heutzutage bei den Genfern die Weihnachtsgans ersetzt. Alle Distelarten haben eine den Leberstoffwechsel fördernde Wirkung. Zu den Wurzelgemüsen dieser Familie gehören die Haferwurzel (Tragopogon porrifolius, engl. oyster plant), ein kultivierter Wiesenbocksbart, dessen Geschmack an gekochte Austern erinnert, die Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica), ein schwarzhäutiger Vetter der Haferwurzel, und die Gemüseklette (Arctium lappa), deren dicke, saftige Wurzel nach Artischocke schmeckt und die heute noch in Japan, wie früher in Europa, eines der beliebtesten Gemüse (Takinogawa oder Gobo) ist. Das Ausgraben der leicht zerbrechlichen, ein Meter langen Wurzel ist Schwerstarbeit, kommt jedoch dem Boden als Tiefenlockerung und -belüftung zugute. (Die Japaner machen es sich leichter, indem sie das Wurzelgemüse in Boxen mit aufklappbaren Seiten pflanzen.
In den Kräutergarten gehören auch Arnika (Arnica montana), Wermut (Artemisia absinthium), Beifuß (Artemisia vulgaris), Ringelblume (Calendula), Rainfarn (Tanacetum), Estragon (Artemisia dracunculus) und viele andere. Zu den Korbblütlern zählen auch die biodynamischen Kompostkräuter Löwenzahn, Kamille und Schafgarbe. Den Blumengarten zieren unter anderem Astern, Dahlien, Goldruten, Schmuckkörbchen, Samtblumen und Chrysanthemen.
8. Die Lippenblütler (Labiatae oder Lamiaceae) liefern uns neben den Korbblütlern und Doldengewächsen die besten Heilkräuter, Tees und Küchengewürze. Das einzige Gemüse in dieser Pflanzenfamilie ist der Knollenziest (Stachys sieboldii), der vor einem Jahrhundert aus Japan zu uns kam. Die kleinen Stachysknollen (etwa 5 Zentimeter) haben eine gewundene Form, ähnlich dem Gehäuse der Achatschnecken. Zu den Lippenblütlern gehören die an ätherischen Ölen reichen Minzearten, Salbei, Thymian, Melisse, Indianernessel, Bohnenkraut, Dost, Majoran, Basilikum, Origano und andere Freunde des Kochs und Pflanzenheilkundigen. Da diese mehrjährigen Pflanzen nicht in die Fruchtfolgen passen, pflanzt man sie in Randbeete. Die aromatischen Ausdünstungen der Lippenblütler wirken heilend und harmonisierend auf das Gartenbiotop.
9. Rosengewächse (Rosaceae) schenken uns keine Gemüsepflanzen, die man in die Fruchtfolgen einbaut. Ihnen verdanken wir aber fast das ganze Obst, das der Garten uns schenkt: Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Kirschen, Pflaumen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Aprikosen und Quitten. Eberesche, insbesondere die Edeleberesche (Sorbus aucuparia var. edulis), Mispel (Mespilus germanica), Felsenmispel (Amelanchier ovalis), Elsbeere (Sorbus torminalis), Schlehe (Prunus spinosa) und die Kartoffel- und Heckenrosen (Rosa rugosa; R. canina) können in die Windschutzhecken eingebaut werden und liefern mit ihren Beeren gute Gelees und Konfitüren. Diese Wildfrüchte sind dermaßen vitaminreich – insbesondere an Vitamin C –, dass sie importierte, mit großem Energieaufwand verbundene Südfrüchte bestens ersetzen können (Stritzke 1981: 43).
Die Gartenrose ist die Zierde des Gartens. Mit ihrem lieblichen Geruch und ihren farbigen Blüten zieht sie gute Elementarwesen in den Garten. In keinem mittelalterlichen Garten, wo sie das Gegenbild der zarten, keuschen, von der Materie noch unbefleckten Lilie darstellte, fehlte sie. Die holzige, dornige Rose mit ihren blutroten Blüten war Sinnbild einer durch die Materie gegangenen und verwandelten Seele. Der Überwinder ist mit einer Dornenrose gekrönt; in den fünf Blütenblättern sah man die fünf Wunden des Heilands. In der Pflanzenökologie bilden Rosengewächse und Liliengewächse, besonders Knoblauch, gute Pflanzengemeinschaften.
Die Beerenbüsche – Johannisbeeren, Schwarze Johannisbeeren (Cassis), Stachelbeeren –, deren Früchte ebenfalls als Vitamin-C-reicher Ersatz für Südfrüchte für den Selbstversorger wichtig sind, gehören zu den Steinbrechgewächsen (Saxifragaceae), nicht zu den Rosengewächsen.39
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und Gärtner sind da keine Ausnahme. Sie pflanzen nur das, was im Samenhandel zu haben ist und was zur semantischen Kategorie »Gemüse« gehört. Dabei gibt es so viele Wildpflanzen, die nur darauf warten, als Gemüse anerkannt zu werden. Der Feldsalat (Nüsslisalat) zum Beispiel war vor rund hundertfünfzig Jahren noch ein »Unkraut« in den Äckern und Weinbergen.
Neben den oben beschriebenen Hauptfamilien der Gemüsepflanzen gibt es noch etliche Vertreter anderer Familien, die entweder früher einmal in alten Kloster- und Bauerngärten ihren Platz hatten, aber im Laufe der Jahre aus der Mode kamen oder aus fernen Länder stammen. Dazu gehört das Bürzelkraut oder Portulak40 (Portulaca oleracea), das häufig unerkannt als »Unkraut« in den Gartenbeeten wächst, einst aber als Gemüse oder Salat geschätzt wurde. Das Saatgut dieser fleischigen, Vitamin-C-reichen Pflanze erhält man in Frankreich unter dem Namen Pourpier potager. Als Pourpier d’ hiver hingegen bezeichnen die Franzosen den Kubaspinat oder Pöstlein (Claytonia perfoliata; Montia perfoliata). Das zartgrüne Kräutlein stammt aus Kalifornien und wuchert dort im Frühling als Pionierpflanze auf frisch aufgewühlten Böden. Die Amerikaner nennen es »miner’s lettuce«, da es viele der Goldgräber, die um 1848 halb verhungert die Erde nach Goldnuggets durchwühlten, am Leben gehalten hatte. Inzwischen wuchert das Pflänzchen als Unkraut in den Baumschulen Norddeutschlands und Hollands. Pöstlein eignet sich hervorragend für das Gartenbeet.
Zu den Malvengewächsen (Malvaceae) gehört die Wegmalve oder Käsepappel (Malva neglecta) und die Rosspappel (Malva silvestris), deren Sprosse im Mittelalter ein begehrtes Gemüse waren und deren Früchte – die runden »Käse« – gesammelt und wie Erbsen gekocht oder als Kapern eingesäuert wurden. Blätter junger Malven, in Hühnersuppe gekocht, sind auch heute noch im Nahen Osten eine Hauptspeise (Melokhia). Die nahe verwandte Stockrose ist in Bauerngärten immer noch eine beliebte Zier. Zur selben Familie gehört der Abelmosch (Hibiscus esculentus), auch Okra oder Gumbo genannt, dessen schleimige Schoten – »lady’s fingers« – in den USA, Indien und Afrika zu den beliebtesten Gemüsen gehören. Okra lässt sich in wärmeren Gebieten, wo auch der Wein und die Edelkastanie gedeihen, problemlos anbauen.
Die Anfang des 17. Jahrhunderts aus Nordamerika eingeführte Nachtkerze (Oenothera biennis) wurde zuerst wegen ihrer spektakulären, gelb leuchtenden Blüten in die fürstlichen Gärten gepflanzt. Erst hundert Jahre später kamen deutsche Gärtner darauf, dass die rosahäutige Wurzel in ihrer Farbe und Textur wie gekochter Schinken aussieht und als Gemüse gekocht gut schmeckt. Sie züchteten daraus die »Schinkenwurzel« oder »Rapontika«. Das Saatgut des neuen Wurzelgemüses gelangte dann wieder als »German rampion« in die Neue Welt. Die jungen Blätter der Nachtkerze eignen sich zudem als Spinat oder roh im Salat. Die Samen, die einen hohen Prozentsatz Gammalinolensäure enthalten, haben sich inzwischen als medizinisches Wundermittel entpuppt.41 Wie viele andere arbeitsintensivere Wurzelgemüse – Haferwurzel, Pastinake, Gemüseklette, Topinambur oder sogar die Knollen der Dahlie (Dahlia variabils) – wurde die Schinkenwurzel immer mehr durch die Kartoffel als Massennahrungsmittel verdrängt.
Der Fuchsschwanz (Amaranthus spp.), für viele schlicht ein Unkraut, lässt sich im Frühling als kräftiges Blattgemüse zubereiten; im Herbst kann man die vielen mohnsamenähnlichen, schwarzen Samen leicht ausdreschen, fein mahlen und mit ins Brot backen. Bei den Azteken Mexikos galt Amaranth, neben Mais, als Hauptnahrungsmittel und war mit einer Abgabepflicht belegt. An religiösen Festen wurden die Samen mit Blut und Honig gemischt und zu Kuchen – Zoale – geknetet, die Götzenfiguren darstellten. Die Zoale wurden feierlich durch die Straßen getragen, dann rituell zerbrochen und verzehrt. Den Spaniern kam das wie eine teuflische Verhöhnung des Abendmahls vor, worauf der Anbau des Fuchsschwanzes verboten wurde.42 Als Grüngemüse ebenso wie als Körnersaat ist der Amaranth auch in Asien beliebt und wird als Yin-choi in China, als Tampala oder Ramadana (»Gottesgeschenk«) in Indien und als Hiyu in Japan auf den Wochenmärkten feilgeboten.
Um im Hochsommer frisches Blattgrün zu haben, sollte jeder Gärtner Neuseeländer Spinat (Tetragonia tetragonioides) in Gemeinschaft mit den Tomaten anpflanzen. Diese fettblättrige, kriechende Pflanze aus Polynesien nimmt sich über einen Monat Zeit, um zu keimen, wuchert aber dann bis spät in den Herbst hinein. Ein wenig bekanntes Blattgemüse aus Asien, das man überall anbauen kann, wo auch Tomaten gedeihen, ist der rankende Malibar-Spinat (Basella alba). Wie beim Neuseeländer Spinat, der Malve und dem Amaranth handelt es sich um eine Pflanze, die nicht »schießt« und auch in den heißen Hundstagen zu ernten ist.
In Japan isst man Chrysanthemen. Die jungen Sprosse und Blätter der schönen Kronen-Wucherblume (Chrysanthemum coronarium), als Shiyungiku bekannt, sind die Hauptzutaten der bekannten japanischen Gerichte Chop-sui und Sukiyaki. Shiyungiku gedeiht leicht in unseren Breitengraden. Wenn man nicht alle jungen Triebe in der Küche verwerten kann, dann lässt man sie einfach in die Höhe schießen: Bald quellen die Beete über von gelb-weiß-orangefarbenen Blüten, die bis in den Spätherbst »wuchern«. Da wir uns gerade mit essbaren Blumen beschäftigen, sei auch die rotgelb blühende Kapuzinerkresse, die rankende (Tropaeolum majus) und die niedrige (T. minus), nicht vergessen. Das zarte kriechende Gewächs, das die Spanier aus Peru mitgebracht haben, gibt dem Salatteller einen pfiffigen Geschmack; die Samenkapseln können als »Kapern« eingesäuert werden.
Zur Dekoration von Sommersalaten – auch das Auge isst mit! – bieten sich neben Kapuzinerkresseblüten die himmelblauen Blüten des Borretsch oder Gurkenkrauts, die gelben Blüten der Nachtkerze, die schwefelgelben des Senfs, Gänseblümchenblüten sowie die rosaweißen Blüten der hochgeschossenen Radieschen an. Bei den Chinesen ist die lachsfarbig blühende Taglilie (Hemerocallis fulva) auch als Gemüse bekannt. Junge Blätter, Blütenknospen und die schmalen Knollen finden wie andere Gemüse ihren Weg in den Wok.
Der Mohn (Papaver somniferum) ist nicht nur eine prächtige Blume: Mit den Samen bestreut man Brötchen oder bäckt Mohnkuchen; der Milchsaft (Latex) liefert eines des besten schmerzstillenden Mittel und ein Heilmittel für die Ruhr. Die zarten Blätter der jungen Mohnpflänzchen machen sich auch vorzüglich im Salat.
Im vollständigen Garten wachsen ferner noch die Brennnessel zur Herstellung von Präparaten, als »blutreinigendes« Mittel bei Gicht und Rheuma, als Hühnerheu und Suppengrün im Frühling. Als hervorragendes Frühjahrsgemüse eignen sich die jungen Triebe des Hopfens (Hopfenspargel), der zur Hanffamilie (Cannabaceae) gehört. Daneben sollten Sauerampfer, Rhabarber und Buchweizen aus der Knöterichfamilie (Polygonaceae), Baldrian und Feldsalat (Rapunzel, Nüsslisalat) aus der Baldrianfamilie (Valerianaceae) sowie Gurkenkraut (Borretsch) und Beinwell (Comfrey) aus der Raublattfamilie (Boraginaceae) als Gemüse oder als Düngerpflanze einen Platz im Garten haben.
Wegen der Freude, die sie dem Menschen bringen, der Abwechslung auf dem Speisezettel und der positiven ökologischen Auswirkung eines artenreichen Lebensraums sollten so viele verschiedene Sorten wie möglich angebaut werden. Jede Pflanze kann eine Heimstätte für Naturgeister sein. In jeder Art verkörpert sich eine hohe devachanische Weisheit, die uns nicht nur nährt und heilt, sondern auch Inspirationen zukommen lässt. Je größer die Vielfalt der Arten, umso mehr wird sich der Garten zu einem kleinen Paradies entfalten, der eine Heimstätte für seltene Schmetterlinge, Vögel, Lurche, Insekten und wilde Kräuter bietet. Unsere modernen, artenarmen, nach bloßer Nützlichkeit angelegten Gärten sind der kümmerliche Ausdruck eines materialistischen Zeitalters, in dem die Seele hungert und die Bilder der Imagination auf ein paar zweckbedingte Begriffe reduziert werden.
Nutzung von Sumpfland und Teichen
In Ostasien, wo der Reis als Grundnahrungsmittel dient, ist es nicht so ungewöhnlich, dass man den Gemüsebau bis in die Sümpfe und Teiche hineinverlegt. Etliche Süßwasserpflanzen lagern im Herbst Stärke in ihre Wurzeln und Knollen ein. Das wusste man früher in Notzeiten auch bei uns zu nutzen. Hier eröffnet sich die Möglichkeit, neue Gemüsearten zu entwickeln und dem Tümpel, der unser Kleinklima im Garten reguliert und den Lurchen einen Laichplatz bietet, weitere Aufgaben zuzuweisen.
Die weitgehend vergessene und bei uns fast ausgestorbene Wassernuss oder Wasserkastanie (Trapa natans, T. bicornis), die in stehenden oder langsam fließenden Gewässern gedeiht, war für die neolithischen Pfahlbauern im Alpenvorland ein Grundnahrungsmittel (Agena/Städtler 1988: 18). Sie können wie Edelkastanien roh gegessen, wie Kartoffeln geröstet oder gekocht oder zu Mehl verarbeitet werden. In Asien werden die eiweißhaltigen, schmackhaften »Nüsse« (chin. ling; hind. Singhara) auf den Märkten feilgeboten. Es gibt keinen Grund, sie bei uns nicht wieder als Gemüse zu genießen.
Der breitblättrige Rohrkolben (Typha latifolia), dessen Wurzeln von den amerikanischen Pionieren ebenso wie von den Indianern als Notgemüse verzehrt wurden, ist eine weitere Pflanze für den Teichgarten. Die Wurzeln, die während der Ruhezeit vor dem erneuten Austrieb geerntet werden, enthalten 46% Stärke und wurden mit Mehl gemischt verwendet. Der reichlich vorhandene gelbe mehlartige Blütenstaub der männlichen Kolben wurde ebenfalls ins Brot oder in den Kuchen gebacken. Die zuckerhaltigen Sprösslinge können im Frühling als Gemüse gekocht werden.
Eine nahrhafte, walnussgroße Knolle liefert das Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia). Dieses Froschlöffelgewächs wird in China als tzu-ku, in Indien als chotokut und in Japan als konwai für den Gemüsemarkt angebaut. Die nordamerikanischen Indianer, die die Knollen wie Kartoffeln im Lagerfeuer rösteten, überließen die Ernte den hamsternden Bisamratten, deren Vorratsspeicher sie dann plünderten. Der verwandte gemeine Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica), der häufig in Teichen wächst und in Südeuropa gelegentlich in Reisfeldern zum Unkraut wird, ist im frischen Zustand scharf und giftig. Die stärkereiche Wurzel soll jedoch getrocknet bekömmlicher sein. Von den Kalmücken und anderen Sibiriern wird berichtet, dass sie die Wurzeln essen.
Die Wurzeln der schönen doldigen Schwanenblume oder Blumenbinse (Butomus umbellatus) werden in Russland »jakutisches Brot« genannt. Sie wurden gebacken und gebraten, Graupen und Pürees daraus hergestellt (Koschtschejew 1990: 113). Da die Schwanenblume unter Naturschutz steht, sollte man sie fleißig vermehren, ehe man sie in den Kochtopf bringt.
Der Schwaden oder das Mannagras (Glyceria fluitans), eine Süßgrasart, die wie Reis in stehenden oder langsam fließenden Gewässern wächst und essbare Körner hervorbringt, wurde einst in ganz Nordeuropa gegen Ende Juni, Anfang Juli gesammelt und zu Suppe, Brei und Pfannkuchen verarbeitet. Die Preußen, Schlesier und Polen kannten eine »Schwadengrütze«; in Osteuropa wurden Überlegungen angestellt, ob der Schwaden nicht als Kulturpflanze gezüchtet werden sollte. »Es ist ein gesundes Essen, so auch einem schwachen Magen bekommt und den Leib etwas gelinde anhält, ohne ihn zu verstopfen«, schreibt der preußisch-königliche Gelehrte S. Bock 1783 (Agena/Städtler 1988: 63). Experimentierfreudige Permakultur-Gärtner sollten sich dieser Wassergetreideart, die im kälteren Klima wächst, annehmen. Wahrscheinlich könnte auch der Wildreis (Zizania aquatica), den die Indianer der Großen Seen als Hauptnahrungsmittel sammeln und der heute als teure Delikatesse unter den Weißen eine Karriere macht, auch bei uns als »halbwildes Getreide« angebaut werden. Der Wildreis bildet mit den Pfeilkrautarten und dem Rohrkolben natürliche Pflanzengemeinschaften.
Das Aronstabgewächs Sumpfkalla oder Drachenwurz (Calla palustris) hat stärkehaltige, aber giftige Wurzelstöcke, die erst durch Trocknen und Kochen genießbar werden. Der Kalmus (Acorus calamus), auch Magenwurz oder deutscher Ingwer genannt, ist ebenfalls ein Aronstabgewächs, das Gräben, Teiche und flache Gewässer besiedelt. Sein aromatisch nach Mandarinen riechender Wurzelstock ist kein Gemüse, kann aber als Gewürz und als Heilmittel bei Magen- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen genutzt werden. Ein fingergroßes Wurzelstück, gekocht und mit ins Badewasser getan, wirkt tonisierend und aphrodisierend.
Der Sumpfziest (Stachys palustris), ein Verwandter des oben erwähnten Knollenziests, der Ufer und Gräben besiedelt, könnte sich eventuell auch zu einem Teichgemüse mausern. Die Internodien der Bodenausläufer schwellen im Herbst zu 5 bis 11 Millimeter dicken und bis zu 4 Zentimeter langen weißlichen, glatten Knollen an, in denen Reservestoffe gespeichert werden. Die Engländer haben sie früher als Wurzelgemüse gesammelt (Agena/Städtler 1988: 98).
Die unter Naturschutz stehenden Seerosengewächse galten den mittelalterlichen Ärzten als »Zerstörer der Liebe« (Anaphrodisiakum) und werden wahrscheinlich schon deswegen wenig Begeisterung hervorrufen, doch werden in Asien und Afrika die Samen, Blätter und Rhizome verschiedener Nymphaea-Arten als Nahrungsmittel verwendet. Die stärkehaltigen Wurzeln der Weißen Seerose (Nymphaea alba) und der Gelben Teichrose oder Mummel (Nuphar lutea) könnten sich als Sumpfgemüse eignen. Sie müssen aber zerkleinert und gründlich gewässert werden, um die Bitterstoffe auszuspülen. Die Blätter der Sumpfdotterblume (Caltha palustris) ergeben nur ein minderwertiges Notgemüse; die Knospen, in Weinessig gelegt, gelten als Kapernersatz. Da es sich hier um ein Hahnenfußgewächs handelt, sollte man vorsichtig sein und die Pflanze nicht roh essen.
Die zarten Jungtriebe des Gemeinen Schilfrohrs (Phragmites australis) kann man roh oder mariniert essen, aus ihnen Salate, Suppen und Pürees herstellen oder sie in Butter dünsten (Koschtschejew 1990: 116). Aus den im Herbst geernteten Wurzeln lässt sich »Mehl« machen.
Die kleinste Blütenpflanze der Erde, die Wasserlinse oder Entenflott (Lemna minor) kann mit einem kleinmaschigen Netz von der Wasseroberfläche des Teiches abgeerntet und als Salatbeigabe oder Zutat für Suppen verwendet werden.
In seichten, langsam fließenden Gewässern lassen sich die vitaminreiche Brunnenkresse (Nasturtium officinale) und der Bachehrenpreis (Veronica beccabunga) leicht anbauen; mit Kresse und Bürzelkraut gemischt ergeben diese frischen Kräuter einen schmackhaften Salat. Etliche Medizinalkräuter – Wasserminze, Helmkraut, Fieberklee, Wolfstrapp – kann man ebenfalls so ernten.
Die so genannten Unkräuter rufen, ebenso wie die Kerbtierchen, bei etlichen Gartenbesitzern unbesonnene, ja fast hysterische Reaktionen hervor. Oft handelt es sich um einen in den Garten projizierten, neurotischen Sauberkeitsfimmel: Blind wuchernde, schwer zu kontrollierende Unkräuter sind oft das Bild blind wuchernder, niedriger Gedanken, die dann radikal mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden müssen. Diese unbewusste Übertragung von Gefühlsinhalten findet man zuweilen auch in der seriösen Literatur. Ein amerikanisches Standardwerk über Unkräuter schreibt etwa: »Sauerampfer ist ein Kommunist. Er hisst seine rote Flagge, wo immer er eindringt, und er dringt überall ein, wo die demokratischen Gräser mit schwierigen Umständen zu kämpfen haben. Obwohl er klein ist, kriechen seine schlangenhaften Wurzeln durch die Graswurzeln und lassen neue ›Rote‹ hier und da zwischen den Grasbüscheln sprießen« (Spencer 1974: 83).
Ein anderer Naturwissenschaftler beschreibt die Unkräuter als fremdartige Ausländer (aliens), mit denen man kurzen Prozess machen soll (Koxloff 1976: 184). »Sie bringen Ungeziefer, verringern den Verkaufswert der Kulturpflanzen, ihr geiles Wachstum ist eine hässliche Plage, sie sind oft giftig und verursachen Heuschnupfen« (Janick 1963: 259). Bis zum heutigen Tag wird gegen die Unkräuter unter Einsatz von chemischen Herbiziden und unter Beeinträchtigung der Lebensgemeinschaft und der Nahrungsmittelqualität ein hoffnungsloser Kampf geführt. Da genügt ein Wort des Meisters Laotse: »Unheil droht dem, der Leben fördern will mit Gewalt, der zwingen will die Kräfte des Lebens« (Tao-te-king).
Ganz objektiv gesehen: Was sind Unkräuter? Sie sind Ackerbegleitkräuter, die sich im Zuge der Entwicklung der Landwirtschaft mitentwickelt haben. Sie sind zudem die ersten Pflanzen in der natürlichen Sukzession, wenn ein Boden seiner Pflanzendecke beraubt worden ist. Ihnen folgen in zweiter Stufe Gräser oder Dornengestrüpp. Unkräuter sind Anzeiger eines Bodenzustandes. Sie können dem Gärtner zeigen, ob sein Boden zu sauer, zu mineralisiert, zu fest oder zu alkalisch ist. Auf der Weide zum Beispiel verdrängen die Unkräuter nicht die Süßgräser, sondern zeigen lediglich an, dass der Boden – wegen mangelnder Düngung oder Überweidung – keine Futtergräser mehr hervorbringen kann. Zu meinen, dass Unkräuter die Ursache von Problemen seien, heißt den Wagen vor das Pferd zu spannen. Gegen Unkräuter zu spritzen bedeutet so viel, wie gegen die Anzeiger von Symptomen zu kämpfen, ohne die Ursachen erkannt zu haben.
Viele Jahre können Wildkräutersamen im Boden ruhend warten, bis günstige Umstände sie zum Keimen veranlassen. »Bodenproben enthalten im Durchschnitt bis zu 7000 keimfähige Unkrautsamen pro Quadratfuß (30 cm2) bis zur Tiefe der Pflugsohle« (Daubenmire 1968: 170). Das Weideröschen (Feuerröschen) und das kanadische Berufskraut keimen erst dann freudig, wenn ein Feuer über den Boden hinweggegangen ist. Nach dem Ersten Weltkrieg keimte der scharlachrote Klatschmohn in Massen in den von Granaten durchwühlten, blutgetränkten Böden Flanderns. Oft bedarf es nur des Umgrabens oder einer besonderen kosmischen Konstellation, dass Unkräuter wie aus dem Nichts erscheinen. Maria Thun berichtet, dass die Unkräuter besonders stark keimen, wenn man den Boden bearbeitet, wenn der Mond im Löwen ist (Thun 1979: 21). Bei einer guten Humuswirtschaft brauchen diese latenten Unkräuter kein Problem zu sein; nur wenn der Boden unwissend einseitig behandelt wird, sprießen viele auf einmal, um ihn wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Für den Biologen Joseph Cocannouer gelten diese sonst unerwünschten Pflanzen als unerkannter Segen, als Wächter des Erdbodens: »Die meisten Unkräuter sind Tiefwurzler, die die Pflugsohle durchbrechen und den Untergrund für die schwächeren Kulturpflanzen aufschließen, die dann selbst ihre Wurzeln treiben können. Mit ihren tiefbohrenden Wurzeln pumpen die Unkräuter versickerte Nährstoffe wieder zur Oberfläche und lassen das Grundwasser kapillarisch in die oberen Schichten steigen. Die Wurzelmassen durchlockern und beleben den Boden, halten ihn aber gegen Wind- und Wassererosion fest. Die harmonisierende Wirkung der Unkrautwurzeln besteht auch in ihren Ausscheidungen und Chelaten, die den anderen Organismen zugute kommen. Gemähte Unkräuter fügen Mineralien und andere Nährstoffe dem Kompost zu. Im Heu und auf der Weide können die Tiere selektiv diese Pflanzen in ihre Nahrung einbauen, was ihre Gesundheit fördert« (Cocannouer 1964: 56). Cocannouer empfiehlt sogar, dass man hier und da ausgesuchte Unkräuter im Beet neben den Kulturpflanzen stehen lässt, die dann als »Mutterkräuter« ihren zivilisierten Vettern beistehen. Die besten »Mütter« sind Gänsedistel (Sonchus), Melde, Nachtschatten, Judenkirsche und Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia), die ihre Wurzeln in die B- und C-Horizonte senken und den Kulturpflanzen Wasser und Nährstoffquellen, erschließen. Gehackte Unkräuter können als Mulch in den Reihen einfach liegen bleiben. Kriechende Unkräuter wie Vogelmiere (Stellaria media), Portulak (Portulaca oleracea), Gundermann und Gauchheil können als lebendige Bodenbedeckung die Bodengare schützen. Alan Chadwick betont, dass gesunde, kräftige Unkräuter, wenn man ihnen beschränkt Lauf lässt, ätherische Lebenskräfte in den Garten ziehen und die Vitalität aller Pflanzen erhöhen. Er lässt seine Lehrlinge sogar Gänsedistel, Kreuzkraut (Senecio), roten Gauchheil (Anagallis arvensis), Ehrenpreis (Veronica), Wegerich (Plantago) und andere Wildkrautsamen unter die Wicken, Puffbohnen und den Roggen der Gründüngersaat mischen.
Auch für die Gartenfauna wirkt sich das Unkraut günstig aus. Regenwürmer verzehren abgestorbene Wurzeln und Blätter und benutzen die Wurzelpassagen als Gänge in den Untergrund, um kalkige und tonige Mineralien zu fördern. In Südamerika durchgeführte Studien zeigen, dass der Insektenfraß an Kulturpflanzen wesentlich verringert wird, wenn Wildkräuter als Nachbarpflanzen mit im Beet wachsen. Maisfelder mit Unkräutern hatten 40 bis 5 3 Prozent weniger Zikadenfraß und 68 Prozent weniger Drahtwurmfraß als von Unkraut gesäuberte Kulturen (Rodale 1977: 58).
Bargyla Rateaver, eine kalifornische Gartenbaulehrerin mit jahrzehntelanger Erfahrung, schreibt, dass Unkräuter wie die Gänsefüßler und Brennnesseln den Boden verbessern, weil sie überschüssige Salze und Metallionen in ihre Gewebe binden, dass Brennnessel, Wegerich, Löwenzahn und Disteln den Regenwurm mit ihren Wurzelausscheidungen begünstigen und dass besonders Goldrute, Nachtschatten, Portulak, Hirtentäschel, Amaranth und Klee den Boden durchfasern und gegen Abschwemmung schützen (Rateaver 1973: 91).
Eine große Artenvielfalt von Wildkräutern im Garten ist eigentlich ein Indikator eines gesunden Biotops. Wenn eine oder nur wenige Arten überhand nehmen, ist dies ein Zeichen der Störung. Forscher der britischen Landwirtschaftsorganisation »Soil Association« konnten mit Studien in Großbritannien und Dänemark belegen, dass auf Äckern, die mit Bio-Landwirtschaft betrieben werden, fünfmal mehr Wildpflanzen und 57% mehr Pflanzenspezies wachsen. Einige Pflanzenarten wurden ausschließlich auf Bio-Äckern gefunden (Natur & Heilen, 12, 2000, S. 66).
Wir wollen noch kurz einige günstige Pflanzennachbarschaften hervorheben. Stechapfel (Datura) und Fuchsschwanz (Amaranthus) fördern die Kürbissorten. Die Ackerwinde unterstützt den Zuckermais. Brennnessel und Scharfgarbe erhöhen den Ölgehalt der Heilkräuter. Melde und Gänsedistel bilden eine gute Gemeinschaft mit Gurken und Melonengewächsen. Senf hilft Weintrauben, Löwenzahn begünstigt Erdbeeren, Amaranth fördert alle Nachtschattengewächse, Bürzelkraut (Portulaca) ist ein ausgezeichneter Bodenbedecker für Mais; Baldrian, Brennnessel, Taubnessel, Schafgarbe und Gänsedistel sind allen Gemüsen behilflich. Was sollte da vernünftiger sein, als alle Unkräuter zu kennen und sie in dynamischer Weise in die Gartenbaukunst einzubeziehen?
Trotz ihrer Vorzüge muss man den »Wächtern des Bodens« doch zuweilen zu Leibe rücken. Besonders im Frühling oder bei aufgehender Saat muss man auf der Hut sein, dass sie die Kulturpflanzen nicht überwuchern. Man kann das Saatbeet zwei Wochen vor der Aussaat bereit machen und dann die aufkeimenden Unkräuter mit dem Kultivator vernichten, ehe man einsät. Dann muss man regelmäßig mit der Pendelhacke oder dem Kultivator die Reihen durchhacken, bis die Saat größer ist. Innerhalb der Reihen selbst kann man von Hand oder mit einer spitzen Unkrauthacke sich breit machende Unkräuter beseitigen. Sobald die Kulturpflanzen kräftig genug sind, kann man eine Bodenbedeckung geben, was die weitere Unkrautentwicklung unterdrückt. Einzelne Unkräuter lässt man absichtlich als »Mutterkräuter« stehen. Wenn die Unkräuter trotz allem ein Problem sind, deutet das auf eine Einseitigkeit im Boden oder in der Düngung hin. Der Boden braucht diese hartnäckigen Pflanzen einfach, um zu gesunden. Da es auf die Kräftewirkung dieser Unkräuter ankommt, kann man sie in diesem Fall sammeln und verjauchen. Viele Pflanzen vertragen ihre eigenen Jauchen nicht – man gibt dem Boden, was er braucht, nur in einer anderen Form.
Nur beim Gras, das die nächste Stufe in der Sukzession darstellt, muss man aufpassen. Das Gras nimmt seine Nährstoffe aus dem gleichen Horizont wie die Nutzpflanzen und muss daher entfernt werden. Quecke oder Schnurgras (Agropyrum repens) vermehrt sich stark, wenn man es verhackt, denn jedes Stückchen wächst zu einer neuen Pflanze heran. Man muss die unterirdischen Ausläufer sorgfältig aus dem Beet herausrechen. Die getrockneten Wurzeln ergeben einen hervorragenden medizinischen Tee für Nieren- und Blasenbeschwerden. Der Anbau von Buchweizen verdrängt die Quecke vollends. Auf alle Fälle sollten chemische Unkrautvernichtungsmittel gemieden werden, denn sie wirken verheerend auf den Boden, selektieren zum Teil hartnäckige Wurzelunkräuter – wie die Quecke – und vermehren den Schädlingsfraß.
Anstatt mit chemischer Kriegsführung und Flammenwerfern gegen die stillen Mitbewohner der Erde vorzugehen, wäre man besser beraten, sie als Nahrung oder Medizin zu genießen, wie es Elisabeth und Karl Hollerbach in ihrem Buch »Kraut und Unkraut zum Kochen und Heilen« vorschlagen (Hollerbach 1998). In anderen Kulturkreisen gibt es oft den Begriff »Unkraut« gar nicht, weil man weiß, dass jede Pflanze ihren Wert hat. Indianersquaws pflegen die Unkräuter in ihren Hügelbeeten mit Mais, Bohnen und Kürbis als Suppen- und Arzneikräuter mit den Kulturpflanzen zusammen. Auch die alten Europäer nahmen die wilden Gewächse in ihre Küche auf. Eine Analyse des Mageninhalts des Tollund-Mannes, der vor zweitausend Jahren dem Odin zum Opfer gehenkt und in ein dänisches Moor versenkt wurde, zeigt, dass sich sein letztes Mahl aus einem Gersten-Leinsamen-Brei mit vielen Ackerunkräutern als Zutat zusammensetzte (Glob 1975). Die Gerbsäure des Moors hat den Brei so gut erhalten, dass man folgende Pflanzen identifizieren konnte: Ampfer, Knöterich, Winde, Kamille und etliche Gräser. Ein anderer Däne, der Grauballe-Mann, der ebenfalls mit einem Strick um den Hals aus dem Leben schied, hatte ein Frühlingsmenü aus Klee, Melde, Scharbockskraut, Frauenmantel, Nachtschatten, Schafgarbe, Kamille, Pippau und sechzig anderen Pflanzen als Henkersmahlzeit genossen.
Bekannte essbare Unkräuter aus dem Gartenbeet sind Klettenwurzel, Sauerampfer, Löwenzahn, Wegmalve, Melde, Wegerich, Vogelmiere, Feldsalat (Valerianella), Gundermann, Ackersenf und viele andere, die man entweder als Rohkost im Salat, als Würze oder in der Suppe genießen kann.43 Man muss natürlich wissen, welche Teile essbar sind, und man muss die giftigen Kräuter mit Sicherheit unterscheiden können. Giftige Gartenunkräuter sind unter anderen die Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae), die Hahnenfußgewächse, Hundspetersilie, Ackergauchheil und Nachtschatten.44
36 Louis Kervran und Pierre Baranger (Laboratorium für organische Chemie, Ecole Polytechnique, Paris) führten Experimente durch, die andeuten, dass unter bestimmten enzymatischen und physiologischen Vorbedingungen pflanzliche Organismen innerhalb ihrer Gewebe elementare Transmutationen durchführen können (Kervran 1972; Spindler 1947, 1948; Baranger 1959).
37 Das ist eine klassische Kombination, die man zum Beispiel immer wieder auf den Hügelbeeten der Gärtner im Hochland von Sri Lanka antrifft.
38 Daran wird auch die Gentechnik nichts ändern können. Den Wissenschaftlern des Agrarkonzerns Monsanto schwebt vor, Kulturpflanzen so weit genetisch zu manipulieren, dass sie herbizidresistent werden. Die Äcker sollen dann mit einem Super-Herbizid (»Round-Up«) behandelt werden, das sämtliche Unkräuter vernichtet, so dass allein die erwünschte Kulturpflanze überlebt. Dadurch wird ein gewaltiger Selektionsdruck auf die Ackerwildkräuter ausgeübt. Irgendwann entwickeln sich Superunkräuter – ähnlich den superresistenten Bakterie nstämm- men im Krankenhaus –, die dann zum »Round-Up« sagen: »Du kannst mich mal!«
39 In die Gartenhecke gehören noch weitere Wildobstarten: der Vitamin-C-reiche Sanddorn, der Maulbeerbaum, die Mahonie, aus deren purpurnen, säuerlich schmeckenden Beeren ein wunderbares Gelee gekocht wird, und die Berberitze, deren saure rote Beeren in Persien gesammelt und zusammen mit Reis gekocht werden. Der Holunder (Sambucus niger), dessen Beeren zu Mus gekocht immunstimulierend wirken und aus dessen Blüten ein antiviral wirkender Schwitztee gebrüht werden kann, sollte als Tor zur Naturgöttin Holle einen Ehrenplatz in jedem Garten haben (Storl 2000a: 212).
40 Gehört zur Familie der Portulakgewächse (Portulacaceae).
41 Nachtkerzenöl enthält eine Vorstufe des Gewebehormons Prostaglandin. Das Öl hilft bei prämenstrualem Syndrom, bei endogenen Ekzemen, Alkoholvergiftung, Sjogrens Syndrom, milder Hypertension, Scleroderma und anderen schwer zu behandlenden Erkrankungen (Kindscher 1992: 162). Die schmackhaften, ölhaltigen Samen lassen sich leicht sammeln; man kann sie mit ins Frühstücksmüesli streuen oder ins Brot backen.
42 Zudem hatten sich die Kolonialherren in den ersten Jahrzehnten nach der Eroberung gewundert, woher die Indianer immer wieder die Kraft zur Rebellion nahmen. Sie entdeckten, dass die Ureinwohner den Fuchsschwanz aßen, den sie auf kleinen versteckten Bergfeldern anbauten (Knieriemen 2000: 40).
43 In Osteuropa hat sich dank jahrzehntelanger sozialistischer Mangelwirtschaft eine ausgeprägte Wildgemüsesammelkultur erhalten. Wildpflanzen halfen den Menschen, Hungerzeiten und Kriege zu überleben. Wertvolle Angaben zum Thema, inklusiv anregende Rezepte – etwa für eingesäuerte Gierschstengel – lassen sich z.B. dem Buch »Wildwachsende Pflanzen in unserer Ernährung« von A. K. Koschtschejew (Leipzig 1990) oder »Wildpflanzen für die Küche« von François Couplan (Aarau, AT Verlag 1997) entnehmen.
44 Giftkräuter aus dem Garten zu verbannen, weil man befürchtet, Kinder könnten davon naschen, ist Unsinn. Kinder sind allgemein intelligent genug, um zu lernen, welche Pflanzen stark giftig, leicht giftig, unbekömmlich oder zu genießen sind.